Die Christlichen Wissenschafter sind über das Wesen des Gottes, den sie anbeten, nicht im geringsten im Zweifel. Sie verstehen, daß Er das allmächtige Gemüt oder der allmächtige Geist, die unendliche Wahrheit, die unendliche Liebe ist. Während sie also wissen, daß Gott unendliche Macht besitzt, wissen sie auch, daß er diese Macht mit unendlicher Zärtlichkeit ausübt. „Zartheit begleitet alle Macht, die der Geist verleiht”, schreibt Mrs. Eddy auf Seite 514 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift”, und diese Worte stimmen mit denen des Propheten Zephanja überein: „Der Herr, dein Gott, ist bei dir, ein starker Heiland; er wird sich über dich freuen und dir freundlich sein und vergeben und wird über dir mit Schall fröhlich sein”.
Das Wissen, daß Gott die unendliche Liebe ist, zerstört die Lüge, daß Er Trübsal sende, rachsüchtig und grausam sei. Der Christliche Wissenschafter denkt nie, daß Gott das Böse kenne oder Böses tue. Was für eine Erleichterung, nicht denken zu müssen, daß der Allmächtige strafe oder Strafgesetze erlassen habe! Dagegen weiß der Christliche Wissenschafter, daß Sünde—Böses denken und Böses tun—unvermeidlich ihre eigene Strafe über den bringt, der Böses denkt und Böses tut, daß ferner die Strafe aufhört und sogar die scheinbaren Folgen der Sünde verschwinden, wenn der Sünder die Sünde bereut, aufhört, Böses zu denken und Böses zu tun, und rechtschaffen denkt und handelt.
Wie viele leiden heute der Annahme nach unter den Sünden der Vergangenheit, unter vielleicht in Unwissenheit begangenen Sünden! Was ihnen not tut, ist ein Verständnis der Macht und Zärtlichkeit Gottes, das Wissen, daß Er in Seiner unendlichen Liebe nur Gutes für den Menschen will. Hierin liegt, daß Seine Macht zur Erneuerung, zur Erlösung der Menschen stets zur Verfügung steht, und daß die Menschen sich nur von der Sünde mit ihren traurigen Folgen abzukehren brauchen, um der Strafe ein Ende zu machen, da sie sich dadurch wieder dem Gesetz des Guten unterordnen. Die Sterblichen müssen sich von falschen Annahmen über Gott befreien. Sie müssen, um der Knechtschaft der Unwissenheit und der Sünde zu entrinnen, Ihn verstehen, wie Er ist: unendlich liebreich und mächtig.
Da Gott allgegenwärtig ist, ist nichts als der Geist, die Wahrheit, die Liebe, das Gute überall gegenwärtig. Hieraus folgt, daß das, was die Menschen Materie oder Böses nennen, keine Wirklichkeit, keine Macht haben kann. Was gibt es also zu fürchten? Wie die Christliche Wissenschaft zeigt, befinden sich die Menschen in der Knechtschaft irriger Annahmen. Diese müssen zerstört werden, und sie können durch das Verständnis Gottes, das die Christliche Wissenschaft gibt, zerstört werden. Das ganze Menschengeschlecht muß erkennen lernen, daß Gott alle Macht besitzt, daß Er Seine ganze geistige Schöpfung durch Seine Macht erhält, und daß die sogenannte Materie oder das Böse unwirklich, also machtlos ist.
Wird Gott als das Gemüt erkannt, so erkennt man, daß Seine Schöpfung aus Ideen besteht. Der Mensch ist also die Idee Gottes. Als Idee Gottes muß der Mensch überdies das göttliche Wesen widerspiegeln. Mit andern Worten, der Mensch ist das Ebenbild Gottes, und infolgedessen bringt der wirkliche Mensch die Eigenschaften des göttlichen Gemüts einschließlich Kraft, Liebe, Zärtlichkeit, Intelligenz, Fähigkeit—sogar in unbegrenztem Umfange—zum Ausdruck. Die Sterblichen, die dies nicht wissen, bleiben weiter in der Knechtschaft des materiellen Sinnes. Die Last kann nur durch geistiges Verständnis abgeworfen werden. Sie müssen die Wahrheit über Gott und den Menschen verstehen lernen und diese Wahrheit beweisen; dadurch befreien sie sich von dem falschen Glauben an Begrenzung.
Beim Behandeln von Krankheit sollten wir an unsere gottverliehene Fähigkeit, von der göttlichen Macht Gebrauch zu machen, denken. Die göttliche Wissenschaft zeigt, daß, da Gott nur das erschuf, was Ihm gleich ist,—das Gute—,Krankheit unwirklich ist. Hieran sollten wir immer denken, wenn wir die falsche Annahme Krankheit zu überwinden suchen. Beim Heilen von Krankheit durch geistiges Verständnis versuchen wir nicht, etwas Wirkliches zu zerstören, sondern etwas, was im Grunde eine Täuschung des Bewußtseins oder eine Trugvorstellung ist, zu überwinden. Krankheit ist die Folge des Glaubens an die Wirklichkeit der Materie oder des Bösen, und sie wird zerstört durch Anwendung der Eigenschaften, die der Mensch als das Ebenbild Gottes zum Ausdruck bringt, wie göttliche Intelligenz, Liebe und Kraft.
Niemand sollte glauben, daß Krankheit unheilbar sei. Wer es tut, begrenzt in der Annahme die Macht und die Liebe Gottes. Wir sollten den materiellen Sinn, der für die Wirklichkeit von Krankheit eintritt, zum Schweigen bringen und an Stelle seiner Unwahrheiten die Wahrheiten setzen, die der geistige Sinn enthüllt. Was not tut, ist ein klarerer geistiger Blick. Sehr oft verschwindet, wenn beim Ausüben der Christlichen Wissenschaft das Denken vergeistigt und Gottes Schöpfung vollkommener Ideen als die einzige Schöpfung erkannt wird, der Glaube an Unheilbarkeit, und Heilung erfolgt außerordentlich schnell. Und wie leicht sieht man nach gewonnener Schlacht, daß es ein Ringen mit dem falschen materiellen Sinn war!
Es liegt heute das große Bedürfnis vor, die Zärtlichkeit und Macht der göttlichen Liebe allgemein in menschlichen Beziehungen zu üben: der Geist des geliebten Meisters sollte weit mehr in Erscheinung treten, als es der Fall ist. Glauben wir nicht, daß wir christlich seien? Was heißt das aber anders, als daß wir uns bemühen, Christus Jesus in der Zärtlichkeit, die er ausdrückte, und in der geistigen Kraft, die er über das Böse bekundete, nachzufolgen? Wir können uns nicht verhehlen, daß die christlichen Völker der Welt insoweit hinter dem christlichen Ideal zurückbleiben, als die einzelnen Christen ihm in ihrem Leben nicht entsprechen. In dem Maße, wie christliche Männer und Frauen die Zärtlichkeit und Macht des Geistes an den Tag legen, wird diese Zärtlichkeit und Macht bei den Völkern unfehlbar in Erscheinung treten.
Dasselbe trifft in den alltäglichen Beziehungen jedes einzelnen zu. Männer und Frauen lassen Selbstsucht, Stolz, Neid und Eifersucht anstatt Liebe, Demut und die Erkenntnis, daß das Gute allumfassend und allen gleich zugänglich ist, herrschen, und die Folge ist Zwietracht und Leiden. Mrs. Eddy schreibt in ihrem außerordentlich weisen Kapitel über die Ehe (Wissenschaft und Gesundheit, S. 57): „Beide Geschlechter sollten liebevoll, rein, gütig und stark sein”. Diese Worte lassen sich auf alle menschlichen Beziehungen anwenden. Wären Männer und Frauen unwandelbar „liebevoll, rein, gütig und stark”, bewiesen sie beständig die Zärtlichkeit und Macht des Geistes, so wäre die unvermeidliche Folge, daß im häuslichen Leben Freude und Einmütigkeit herrschte, in den Gemeinden Friede und Gedeihen blühte und bei den Völkern Gerechtigkeit die Oberhand bekäme.
Die Christlichen Wissenschafter sind gewiß, daß die Zeit für diese Dinge gekommen ist; denn die Erkenntnis Gottes und Seiner Idee, des Menschen, breitet sich heute über die ganze Erde aus. Sie sind wie der Psalmist gewiß, daß „der Herr wird seinem Volk Kraft geben; der Herr wird sein Volk segnen mit Frieden”.
