Jeder Mensch ist ein Gedankenhaushalter und braucht nur die Gedanken seiner eigenen Wahl zu beherbergen. Er ist sein eigener Türhüter und sollte wie ein wachsamer Posten immer den Ruf: „Wer da?” auf den Lippen haben. Wer auf seinem Posten wach bleibt, gerät nicht in falsche Gedankengesellschaft.
Christus, die Wahrheit, ist der Prüfstein für den Ursprung und die Wahrhaftigkeit jedes Gedankens. Viele ziellose Einflüsterungen mögen Böses, Fehlschlag, Krankheit prophezeien; aber es sind betrügerische Unheilstifter, die nicht den Stempel der Wahrheit tragen. Theoretisch weiß jeder Schüler der Christlichen Wissenschaft zwischen einem wahren Gedanken und einer falschen Annahme zu unterscheiden; aber es fragt sich, ob er dieses köstliche Wissen, das sein Geleitbrief zum Himmel ist, auch immer anwendet.
Richtige Beweisgründe müssen im rechten Geiste angewendet werden gemäß der Erklärung der Mrs. Eddy in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 418): „Durch die wahrheitsgemäßen Argumente, die du anwendest, und besonders durch den Geist der Wahrheit und Liebe, den du hegst, wirst du die Kranken heilen”. Die göttliche Wahrheit und Liebe schließen alles in sich: sie schließen den Irrtum aus. Sie stehen in keinem wirklichen Wettkampf, und sie dürfen in unserem Denken keinen unechten Wettbewerber haben. Betrachten wir jede Lage, so schwierig oder feindselig sie auch sei, in heilendem Geiste und lassen wir nur solche Gedanken zu, wie Gott sie über Sein Ebenbild und Sein Weltall hegt, so ist unsere Zurechtweisung des Irrtums scharf, bestimmt, bündig und unser Sieg gewiß.
Jeder Christliche Wissenschafter ist ein beflissener Gastgeber, ein eifriger Beherberger geistiger Ideen, und er befolgt deren Geheiß. Er ist nicht nur auf der Hut gegen herannahende diebische Einflüsterungen, sondern er paßt auch immer gerade auf die geistigen Eingebungen auf, die er braucht. Er bringt selbstbedauerndes Klagen und anmaßende Selbstgerechtigkeit, die einen die heilende Berührung des Geistes und die Eingebung geistiger Ideen vergessen ließen, zum Schweigen. Wir brauchen die jeweils nötigen heilenden Ideen nicht von weit herzurufen; wir haben nur die verhältnismäßig kleine Aufgabe, sie zu beherbergen, wodurch der Irrtum ausgeschlossen wird.
Wenn wir noch nicht vollständige Treue gegen das göttliche Prinzip gelernt haben und sich gelegentlich ungeladene Gäste unbemerkt in unsere Gedankenwohnung einschleichen und Unruhe verursachen, können wir diesen falschen Gedankenzustand berichtigen, indem wir sofort die immer gegenwärtigen Botschaften der Liebe und der Wahrheit erfassen, die dann an Stelle der uns überlistenden irrigen Annahmen und Empfindungen treten. Die Christlichen Wissenschafter befinden sich nicht bloß im Verteidigungszustande, in mutlosem Kampfe sich an die Wand lehnend. Sie gehen zum göttlichen Angriff über, und die beherbergten rechten Ideen vertreiben die entsprechenden falschen Annahmen und Befürchtungen aus ihrem Denken.
Oft überbringt der ungeladene Gast Furcht Empfehlungsbriefe von seinen Freunden Entmutigung, Teilnahmslosigkeit, Weltlichkeit in der Absicht, selber zugelassen zu werden. Aber das Beherbergen dieses Gastes unter den Gedanken des Christlichen Wissenschafters ist nicht entschuldbar. Wir lesen im Buch Hiob: „Da die Kinder Gottes kamen und vor den Herrn traten, kam der Satan auch unter ihnen. Der Herr aber sprach zu dem Satan: Wo kommst du her?” Der Irrtum schleicht sich leicht unerkannt im Namen des Guten ein. „Der Satan” flüstert uns auch neben unserem rechtschaffenen Verlangen, gehorsam, mutig und gewissenhaft zu sein, gerade die gegenteiligen Eigenschaften ein und sucht sie uns anzuhängen. Aber der Christliche Wissenschafter weiß, daß nur die Gedanken des göttlichen Gemüts echt, intelligent, immer tätig sind, und daß Furcht nicht zu diesen Gedanken gehört und ihre Tätigkeit nicht aufhalten kann. Wer treu und redlich ist, sollte daher keinen Augenblick Furcht hegen. Dieser unwillkommene Gast wird dadurch verbannt, daß man ihn mit der Widerspiegelung der göttlichen Liebe, die furchtlos ist, verdrängt.
Unbegehrte Gäste bestürmen den heiligen Tempel unseres Bewußtseins und suchen unsere bewußte Empfänglichkeit für das Gute zu vermindern und dadurch unsern Widerstand gegen unerwünschte Annahmen zu schwächen. Aber diese Zeiten, diese Gelegenheiten, diese Scheingesinnungen sind keine Tatsachen; denn sie sind kein Teil des göttlichen Gemüts. Es sind nur Vorwände des sterblichen Gemüts, „der Geist des Widerchrists”, der den Christus nie überwältigen, noch das christusähnliche Denken täuschen kann.
Die Stimme der Wahrheit verstummt nie, und der Mensch vernimmt sie unaufhörlich durch den geistigen Sinn. Wird trotz der Tatsache, daß die Wahrheit und die Liebe sich immer äußern, eingewendet, daß der materielle Sinn uns betäube, so brauchen wir diese Lüge nur umzukehren und uns an die Erklärung zu halten: „Ein hörend Ohr und sehend Auge, die macht beide der Herr”. Wir sollten auch auf den Segen der entsprechenden Erklärung der Mrs. Eddy Anspruch erheben (Wissenschaft und Gesundheit, S. 209): „Der geistige Sinn ist eine bewußte, beständige Fähigkeit, Gott zu verstehen”. Dieser tätige Vorgang bringt die Lüge, daß wir unfähig seien, recht zu denken, zum Schweigen. Nichts kann die bleibende geistige Widerspiegelung hindern. Wer das göttliche Gemüt widerspiegelt, kann nicht falsch denken; denn in Wirklichkeit gibt es keine Unterbrechung des wahren Denkens, des wahren Wissens, des wahren Seins.
Auf Seite 391 in Wissenschaft und Gesundheit schreibt Mrs. Eddy: „Verbanne die Annahme, daß du irgendwie einem einzigen auf dich eindringenden Schmerz Aufnahme zu gewähren brauchst, der nicht durch die Macht des Gemüts vertrieben werden könnte”. Nach dieser wertvollen Anweisung ist eigentlich nicht der Schmerz zu verbannen. Es wird von uns nur gefordert, die Annahme, daß wir Schmerzen beherbergen können, zu verbannen. Dies kann in dem Maße geschehen, wie wir erkennen, daß es im Gemüt kein falsches Beherbergen, keine falsche Annahme, keinen Schmerz gibt.
Gerade wie Elia durch gewissenhaftes Lauschen, das er zweifellos durch beständiges Pflegen der Geistigkeit erworben hatte, schließlich über dem Sturmwind, an dem Gott und der Mensch keinen Teil haben, das „stille, sanfte Sausen” vernahm, so können wir in dem Augenblick, wo ungeladene Gäste auf uns einstürmen, den Ruf Christi, der Wahrheit, geistig hören und befolgen: „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. So jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich eingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir”. Wie innig, wie beständig diese Aufforderung der wahren Idee ist, die jedes menschliche Bewußtsein, das sie beherbergt, speist und erfrischt!
