Auf Seite 103 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” gibt Mrs. Eddy für den in der Christlichen Wissenschaft angewandten Ausdruck tierischer Magnetismus die Erklärung: „In der Christlichen Wissenschaft ist der tierische Magnetismus oder der Hypnotismus die spezielle Bezeichnung für den Irrtum oder das sterbliche Gemüt. Er ist die falsche Annahme, daß Gemüt in der Materie ist, und daß es beides ist, böse und gut; daß das Böse ebenso wirklich wie das Gute, ja noch mächtiger ist”. Es ist von hoher Bedeutung, daß in dieser Begriffsbestimmung dem tierischen Magnetismus nicht die geringste Wirklichkeit zuerkannt wird. Ja, in dem den soeben angeführten Worten unmittelbar folgenden Satze erklärt Mrs. Eddy: „Diese Annahme besitzt nicht eine einzige Eigenschaft der Wahrheit”.
Tierischer Magnetismus ist also in der Christlichen Wissenschaft „die spezielle Bezeichnung für den Irrtum”. Was ist aber „Irrtum”? Um diese Frage wissenschaftlich zu beantworten, müssen wir die wahren Grundlagen des Seins, die Wahrheiten über Gott und Seine Schöpfung, betrachten. Welches sind einige dieser Wahrheiten? Die Christliche Wissenschaft offenbart, daß Gott das unendliche Gemüt oder der Geist ist, und daß Er das unendlich Gute ist. Sie lehrt auch, daß, da Gott der Geist und das unendlich Gute ist, die sogenannte Materie und das Böse nur ein mutmaßliches Dasein haben, mit andern Worten, daß die Materie und das Böse unwirklich sind. Das Wesen des „Irrtums” wird auf die Weise klar. Es ist die falsche Annahme, daß die Materie und das Böse wirklich seien, daß die Materie und das Böse Macht haben, wirkliche Wirkungen hervorzubringen, während doch Gott, das Gute, allein wirklich ist, die einzige Kraft ist, die wahre Wirkungen hervorbringt.
In Wirklichkeit gibt es keine andere Gegenwart oder Intelligenz als die Gegenwart oder Intelligenz Gottes, keine andere Macht als die Macht des göttlichen Gemüts, und diese Macht ist immer gut. „Der tierische Magnetismus hat”, wie Mrs. Eddy auf Seite 102 in Wissenschaft und Gesundheit schreibt, „keine wissenschaftliche Grundlage; denn Gott regiert alles Wirkliche, Harmonische und Ewige, und Seine Kraft ist weder tierisch noch menschlich”. Wie wunderbar die Christliche Wissenschaft Gott verherrlicht, indem sie Ihn als das unendlich Gute anerkennt! Und wie sie das unwirkliche Wesen alles dessen bloßstellt, was der Annahme nach dem göttlichen Wesen entgegengesetzt ist!
Wir sehen also, daß wir, wenn wir den tierischen Magnetismus in Betracht ziehen, uns mit etwas abgeben, was vollständig unwirklich ist, obgleich geltend gemacht wird, daß er Wirkungen hervorbringe, die das Gegenteil des Guten sind. Das Böse, das in der Welt so überhandzunehmen scheint, ist nichts als die Scheinwirkung des tierischen Magnetismus, die Scheintätigkeit des sterblichen Gemüts — eines dem göttlichen Gemüt entgegengesetzten mutmaßlichen Gemüts. Läßt man sich durch diese falsche Tätigkeit täuschen, hält man sie für wirklich und nimmt man ihre Einflüsterungen an, so kann man das werden, was man krank oder sündig nennt. Jede Erscheinungsform der Sünde — Neid, Eifersucht, Zorn, Haß, Bosheit, Wollust usw.— ist also die Wirkung des tierischen Magnetismus. Da aber der tierische Magnetismus keine wissenschaftliche Grundlage, keine wirkliche Ursache hat, hat auch die Sünde keine wissenschaftliche Grundlage oder wirkliche Ursache und ist daher ein unwirklicher Bewußtseinszustand.
Von Krankheit kann dasselbe gesagt werden wie von Sünde: Krankheit ist immer die Scheinwirkung des tierischen Magnetismus. Betrachten wir die Frage einen Augenblick auf folgende Weise! Kann, da Gott das unendlich Gute ist, Krankheit, die nicht gut ist, von Ihm kommen? Nein! Weil Krankheit nicht von Gott, der einen Quelle aller Wirklichkeit, kommt, kann sie nur eine mutmaßliche Wirkung des sterblichen Gemüts, des Irrtums oder des tierischen Magnetismus sein. Dies ist der wahre Sachverhalt, was auch das scheinbare Wesen der Krankheit sei.
Ähnlich verhält es sich mit jeder andern Form von Widerwärtigkeit: keine hat eine wissenschaftliche Grundlage, jede ist nur das Scheinergebnis des tierischen Magnetismus. Alle Anfechtungen der Menschen sind also die Folge des Glaubens, daß das Böse wirklich sei und sich des Platzes, den Gott oder das Gute einnimmt, bemächtige. Untersuchen wir die Probleme, die heute die Welt bedrängen, so finden wir, daß die meisten Menschen das Böse als wirklich ansehen und sich beim Suchen der Lösung dieser Probleme beständig von diesem irrigen Glauben verwirren lassen. Mit andern Worten, sie wissen nicht, was die Christliche Wissenschaft lehrt, nämlich daß jeder widerwärtige Zustand die Wirkung des sogenannten tierischen Magnetismus ist und durch das Verständnis, daß nur das Gute wirklich ist und allein Macht hat, erkannt oder vernichtet werden muß.
Wie ganz anders das Problem der Sünde und der Krankheit — ja, aller Widerwärtigkeit — im Lichte der Christlichen Wissenschaft aussieht! Wenn wir diese Lehre verstehen, glauben wir nicht mehr, daß die Sünde eine wirkliche Grundlage habe, sondern sehen sie als die Folge davon an, daß wir die falschen Ansprüche des Übels für wahr halten; wir glauben nicht mehr, daß Krankheit eine wissenschaftliche Grundlage habe und auf wirklichem Gesetz beruhe, sondern erkennen sie als die Wirkung des Glaubens an die Wirklichkeit und Macht der Materie oder des Bösen, das durch den sogenannten tierischen Magnetismus wirkt. Da der Christliche Wissenschafter dies weiß, befaßt er sich mit dem Zerstören der Sünde oder mit dem Heilen von Krankheit nicht so, als ob Sünde und Krankheit wirklich wären. Er versteht die Nichtsheit der sogenannten Tätigkeit des tierischen Magnetismus, spricht ihr alle Wirklichkeit ab und ist sich bewußt, daß wo das Böse zu sein beansprucht, nur das harmonische Sein besteht.
Nichts ist gewisser, als daß Christus Jesus sowohl die tückischen Verfahren des Irrtums — des tierischen Magnetismus — als auch ihre Unwirklichkeit durchschaute, sagte er doch mit Bezug auf den Teufel oder das Böse: „Er ist ein Lügner und ein Vater derselben”. Aber seine Erkenntnis der Unwirklichkeit des Bösen hielt Jesus nicht davon ab, die Sünde bloßzustellen. Er ging sogar noch einen Schritt weiter: er heilte den Sünder, wenn dieser bußfertig war, wie er die Kranken heilte, wenn sie ihn gläubig um Hilfe baten.
Mit ihrer klaren, unzweideutigen Lehre von der Allheit Gottes, des Guten, und dadurch, daß sie das Böse als vollständig unwirklich bloßstellt, segnet die Christliche Wissenschaft heute die Menschheit in großem Maße. Und alle, die diese Lehre verstehen, sind Mrs. Eddy dankbar für die Anleitung, die sie ihnen in ihren Schriften hinsichtlich der Behandlung der Ansprüche des tierischen Magnetismus gegeben hat. Wenn der Irrtum als angreifende Gedankeneinflüsterung sie verleiten möchte, an die Wirklichkeit des Bösen zu glauben, und sie krank, sündig, unglücklich oder niedergeschlagen zu machen oder ihnen einzureden sucht, daß das Gute begrenzt sei, lassen sie sich nicht täuschen. Sie erkennen die Einflüsterung als tierischen Magnetismus und daher als etwas, was nicht zu wahrem Bewußtsein gehört, und schützen sich so dagegen. „Der Herr ist gütig und eine Feste zur Zeit der Not und kennt die, so auf ihn trauen”.
