„Danke!”— ein Wort, das man jeden Tag oft sagt und hört, das das kleine Kind gelehrt wird, das beim Erwachsenen nie außer Gebrauch kommen sollte. „Danke!” wird oft oberflächlich, sehr oft gedankenlos, aber häufig auch aus tiefer und aufrichtiger Anerkennung gesagt. „Danke!” ist ein Ausdruck der Anerkennung für erzeigte oder erwiesene Freundlichkeit, ein dankbarer Gedanke, die Bestätigung einer empfangenen oder angebotenen Gefälligkeit. Es ist ein anmutiger Ausdruck echter Höflichkeit. Es kann nicht wahrhaft aus einem selbstsüchtigen, widerwilligen, mürrischen Denken kommen. Ein liebloses, unwürdiges Herz, das es nicht verdient, kann es nicht anmutig annehmen. „Danke!” ist oft Öl für ein verletztes Denken; es ist wie der Honig von Blumen an einem dürren Ort. „Danke!” ist so alt wie Dankbarkeit und doch immer jung. „Danke!” gibt und empfängt.
Epiktet, ein griechischer Philosoph des ersten Jahrhunderts, beschrieb die Hohlheit der Unterwürfigkeit, die einem zum römischen Tribun Erhobenen erzeigt wurde, im Vergleich mit wahrer Dankbarkeit für erlangtes Glück. Mit Bezug auf die römischen Götter sagte er: „Wir danken den Göttern in Wahrheit für das, worein wir unser Glück setzen”. Obgleich er die wirkliche Quelle der Segnungen nicht erkannte, war sein Denken doch über die Furcht und Sühne hinaus vorgeschritten, worauf viele der alten Religionen gegründet waren. Aber schon vor Epiktet hatte, was ihm vielleicht unbekannt war, Christus Jesus durch seine Lehre, daß Gott die Liebe ist, die Religion vom Geist der Furcht befreit. Seine Offenbarung der Macht der göttlichen Liebe begann die damals bekannte Welt sofort zu durchdringen und hat vielleicht mittelbar dazu beigetragen, ein solch vorgeschrittenes Denken wie das des Epiktet und anderer tiefgründiger Denker jener Zeit hervorzurufen.
Die heilige Literatur der Hebräer, das Alte Testament, atmet in Lob und Preis den Geist wahrer Dankbarkeit gegen Gott für Seine wunderbaren Werke. Die in der Bibel mit „danken” übersetzten Wörter bedeuten segnen, bekennen, lobpreisen, verherrlichen, bezeugen, würdig sein, Gunst finden, darbringen. Die Psalmen sind, gesungen oder gesprochen, eine auserlesene Sammlung von Lobliedern, die fortleben und die geistige Freude der Menschen ausdrücken werden, solange es das gedruckte Wort gibt. In der autorisierten englischen Bibel haben wir eine wegen ihrer Schönheit und dichterischen Innigkeit berühmte Übersetzung des Urtextes.
Wie Daniel in der Gefangenschaft Gott dankte, ersehen wir aus folgender Bibelstelle: „Als nun Daniel erfuhr, daß solch Gebot unterschrieben wäre, ging er hinein in sein Haus (er hatte aber an seinem Söller offene Fenster gegen Jerusalem); und er fiel des Tages dreimal auf seine Kniee, betete, lobte und dankte seinem Gott, wie er denn bisher zu tun pflegte”. Das Dankgebet schützte ihn in der Löwengrube, in die er gerade wegen diese Danksagens und Anerkennens Gottes geworfen worden war. „Unter den Heiden” dankte David Gott mit den Worten: „Ich will ... deinem Namen lobsingen”. Als Christus Jesus zu den 70 Jüngern sprach, die sich über ihre Beweise freuten, erhob er das Denken auch noch hierüber und sagte: „Freuet euch aber, daß eure Namen im Himmel geschrieben sind”. Jesus, der mit Gott als seinem lieben Vater sprach, dankte dem Allmächtigen bei jeder Handlung. Seine mündlichen Dankesbezeugungen waren beredtes Zeugnis seiner sowohl vor als auch nach Erhörung seiner Gebete geäußerten geistigen Dankbarkeit. Paulus schrieb den Ephesern, denen er Rat und Grüße brüderlicher Liebe sandte: „Werdet voll Geistes: redet untereinander in Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern, singet und spielet dem Herrn in euren Herzen und saget Dank allezeit für alles Gott und dem Vater in dem Namen unsers Herrn Jesu Christi”. Heute wie vor alters ist der Geist der Freude und der Dankbarkeit ein Vorläufer geistiger Segnungen, eine Anerkennung der liebevollen Fürsorge Gottes.
Mary Baker Eddy, die des Meisters Verfahren des Christusheilens wiederherstellte, lehrt, daß geistiger Sieg geistiges Danksagen begleitet. Sie schreibt (The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany, S. 174): „Heute kann meine Seele nur singen und sich erheben. Immer mehr fühle ich, daß Gottes Liebe, Allgegenwart und Allmacht mich umgibt. Jeden Tag erkenne ich Ihn besser, liebe ich Ihn mehr und bete ich demütig, Ihm besser zu dienen. Werden wir, wenn wir so (wiewohl schwach) suchen und finden, uns schließlich nicht miteinander in der siegreichen Kirche freuen?” Jesus brachte den Geist frommer Danksagung und Erkenntnis zum Ausdruck, als er zum Himmel aufblickend Gott für die Erhörung seines Gebets dankte und dann Lazarus auferweckte. Ein solch aufgeklärtes Danksagen ist ein notwendiger Bestandteil des Gebets, das heilt.
Wir können mit Bezug auf uns oder andere fragen: Was verhindert den Ausdruck der Dankbarkeit? Die Antwort ist in den meisten Fällen: Gedankenlosigkeit, Undankbarkeit, dem Christus unähnliche Eigenschaften wie Selbstbewußtsein, Selbstsucht, Haß, Uneinigkeit —„die Werke des Fleisches”, wie Paulus derlei Irrtümer nennt. Aber „die Frucht des Geistes” schließt, wie er zeigt, der Barmherzigkeit und Dankbarkeit verwandte liebliche Eigenschaften in sich. Ein Kind lehren, sich anmutig zu bedanken, wenn auch nur mit einem einfachen „Danke!”, heißt es auf den Weg des Friedens und der Gefälligkeit führen. Einen Erwachsenen lehren, daß ein dankerfülltes Herz Ausdruck verlangt, läßt dieses Herz überfließen und seinen Reichtum mit anderen teilen. Der Christliche Wissenschafter lernt bald verstehen, daß Liebe, die sich in seinem Denken in selbstloser, inniger Dankbarkeit gegen Gott bekundet, ein einfacher Schritt vorwärts seiner Heilung entgegen ist; denn solche Dankbarkeit anerkennt Gott als den Urheber seines Seins, als das göttliche All. Dankbarkeit gegen den Geber alles Guten hat schon manche vollständige Heilung von Sünde, Krankheit, Furcht oder Zweifel bewirkt; ohne sie kann das Ziel, die Heilung, nicht erreicht werden.
Wie seine Führerin dankt der Christliche Wissenschafter Gott morgens, mittags und abends. Er dankt Gott durch das Singen herrlicher Lieder in unseren Gottesdiensten. Er dankt Ihm in dem „täglichen Gebet” (Kirchenhandbuch, Art. VIII, Abschn. 4), das Mrs. Eddy Der Mutterkirche gab, daß alle Mitglieder es beten sollen. Er strahlt diese Dankbarkeit gegen seine ganze Umgebung durch freundliche Rücksichtnahme, liebevolles Denken, aufrichtige Worten aus. Wie Gott alle Seine Kinder mit Segnungen überschüttet, so sollen sie Ihm unaufhörlich danken, ihr Dank soll diese Segnungen voll anerkennen, und sie sollen Ihm freudig dafür dankbar sein. Wenn der Christliche Wissenschafter diesen Grad von Dankbarkeit gegen Gott erreicht, wird seine Dankbarkeit zur Tat: in Arbeit für seine Kirche, in freundlichem Handeln an seinen Mitmenschen, in Gebet und Lobpreisung.
Eine den Christlichen Wissenschaftern jetzt vorliegende wichtige Arbeit, an der sich alle vom Unerfahrensten bis zum Erfahrensten beteiligen können, ist der Bau des neuen christlich-wissenschaftlichen Verlagshauses. Wer vor 25 Jahren beobachtete, wie der erste Teil des jetzigen Verlagshauses durch die Freigebigkeit und Dankbarkeit der damaligen Kirchenmitglieder gebaut wurde, und wer gesehen hat, wie es zur Aussendung der Botschaften des Guten stetig erweitert wurde, erkennt, daß das so sehr benötigte neue Gebäude ein Ausdruck tiefer Dankbarkeit für die unter seinem Dach zubereitete geistige Nahrung ist. Im Verlagshaus werden die Werke unserer Führerin herausgegeben und verkauft, wird die Bibel verkauft und werden die von Mrs. Eddy ins Leben gerufenen Zeitschriften gedruckt. Es ist das Verlagshaus des christlich-wissenschaftlichen Feldes, und seine Herstellung bietet dem Feld Gelegenheit, Mrs. Eddy aufs neue „Danke!” zu sagen. Und wir bauen es mit Danksagung wie die Bauleute, die sich freuten, als sie den Grund zum Tempel in Jerusalem legten, „und sangen umeinander und lobten und dankten dem Herrn, daß er gütig ist und seine Barmherzigkeit ewiglich währet über Israel. Und alles Volk jauchzte laut beim Lobe des Herrn, daß der Grund am Hause des Herrn gelegt war”.
