Vor nahezu 2000 Jahren hatte Johannes ein Gesicht, das im 12. Kapitel der Offenbarung berichtet ist, wo es heißt: „Es ward ausgeworfen der große Drache, die alte Schlange, die da heißt der Teufel und Satanas, der die ganze Weg verführt”.
Durch die ganze Bibel hindurch ist eine Schlange oder ein Drache zur sinnbildlichen Darstellung des Bösen metaphorisch gebraucht. Die Bibel ist reich an bildlicher Sprache und um ihre Lehren zu verstehen, muß man die innere Bedeutung biblischer Metapher, Allegorien und Gleichnisse wahrnehmen. Geistiges Unterscheiden enthüllt die dem Bild zugrunde liegende Wahrheit.
Der Drache ist, wie Johannes sagt, das, was „die ganze Welt verführt”. Er ist eine Erdichtung, die keine einzige Tatsache des wahren Seins enthält. Seine sogenannten Tatsachen sind bloß auf die materiellen Sinne gemachte falsche Eindrücke. Das Böse ist schmarotzerhaft. Es hängt von dem sterblichen Glauben ab, ihm den Anschein der Macht zu geben. Es wirkt als aggressive seelische Beeinflussung. Es redet einem ein, daß man gut daran tue, seine Einflüsterungen anzunehmen.
Die Allegorie im 1. Buch Mose zeigt das Wirken der Einflüsterung. Evas Worte: „Die Schlange betrog mich also, daß ich aß”, deckt das Verfahren der Tätigkeit des sterblichen Gemüts auf. Der Schlangenvorwand beabsichtigte, in Eva das Gefühl zu erwecken, daß sie etwas versäume, wenn sie das Böse nicht durch Erfahrung kennen lernt. Die Schlange repräsentiert den tierischen Instinkt, der, wenn nicht überwunden, den, der ihm frönt, in das Leiden stürzt, das jede Lüge, als wahr gehegt, unvermeidlich bringt.
Mary Baker Eddy schreibt (Rückblick und Einblick, S. 67): „Die Sünde war und ist die falsche Voraussetzung, daß Leben, Wesenheit und Verstand sowohl materiell als auch geistig und dazu von Gott getrennt sind. Die erste widerrechtliche Kundwerdung der Sünde war Endlichkeit”. Ließ nicht das Annehmen dieses Glaubens an Begrenzung Eva in der Allegorie auf den Vorwand der Schlange hören?
Glauben wir, daß wir begrenzt seien, daß unsere Fähigkeit oder Geschicklichkeit gehemmt sei, daß wir unfähig seien, alles zum Wachstum und Glück Nötige von Gott zu empfangen? Wenn ja, dann müssen wir unser Denken diesem Lügenargument des körperlichen Sinnes verschließen und dürfen uns nicht verführen lassen zu glauben, daß das Teilnehmen am Bösen unsere Intelligenz oder unser Glück fördern werde. Je mehr die Einflüsterungen des fleischlichen Gemüts angenommen werden, desto aufgeblasener wird ein Irrtum, bis er als Riesendrache erscheinen kann, aus dessen furchtbaren Klauen es kein Entrinnen zu geben scheint.
Das Bewußtsein des unbegrenzten Reichs der Geistigkeit, das immer zur Hand ist, daß wir es entdecken und Gebrauch davon machen können, wird uns nicht dem Irrlicht falscher Lehren folgen lassen. Die Lüge der Begrenzung oder der Endlichkeit muß bei unserem mentalen Auszug aus der Sterblichkeit entschlossen ins Auge gefaßt und besiegt werden. Die Menschen glauben allzuoft, sie seien begrenzt in Stärke, Mut, Gesundheit, Weisheit und in der Fähigkeit, rechte Entscheidungen zu treffen. Diese nörgelnden Einflüsterungen werden dadurch zerstört, daß man sieht, daß sie die Lügen der Schlange sind, und daß man die immergegenwärtige Schönheit, Erhabenheit, Wohltätigkeit und Vollständigkeit des göttlichen Gemüts wahrnimmt.
Man entrinnt sterblichen Begrenzungen nicht durch Träumerei, sondern durch intelligentes Erfassen der Tatsachen des göttlichen Seins. Diese Tatsachen erleuchten das geistige Denken und werden so als praktische Wirklichkeiten bewiesen.
Was für himmlisches Licht über dem menschlichen Bewußtsein dämmerte, als unsere geliebte Führerin nicht nur die wahre Art Gottes, sondern auch die völlige Unwahrheit des Drachens wahrnahm! Die Erkenntnis der Güte Gottes strömte in ihr Bewußtsein ein, wie ein herrlicher Sonnenaufgang die Erde erhellt. Gottes Güte zu erklären, war dem liebenden Herzen unserer Führerin instinktiv und natürlich. Aber dem Bösen die Maske abreißen, seine falsche Art bloßstellen, erforderte den größten geistigen Mut. Warum? Weil das fleischliche Gemüt seinen ganzen Widerstand gegen die es zerstörende Wahrheit aufbietet.
Mrs. Eddy sah, daß die Machtansprüche des Drachens zahllos sind. Sie sah vor sich den Kampf mit Unwissenheit, Aberglauben, Vorurteil, Atheismus, Pantheismus, Kirchentum, materiellen Verfahren der Behandlung von Krankheit, Neid, Haß, Verleumdung und Bosheit. Bei dem Kampf des sterblichen Gemüts gegen das Aufdecken seiner erdichteten Art war es nicht zu verwundern, daß sie standhafter geistiger Einsicht bedurfte, die sie stützte.
In seinem Gesicht des Bösen sah Johannes den Drachen als „den Ankläger”, als einen, der die Schuld einem andern zuschiebt. Diese kennzeichnende Eigenschaft des Drachens sollte uns aufwecken, uns zu hüten, daß wir das Werkzeug des Drachens werden, indem wir andere bezichtigen, an unseren sogenannten Widerwärtigkeiten schuld zu sein. In diesem Kampfe müssen böse Annahmen mit ruhiger Furchtlosigkeit gehandhabt und als unpersönlich gesehen werden. Wissenschaftliches Wohlwollen überwindet Übelwollen. Die Christlichen Wissenschafter übernehmen die Verantwortung für ihre persönlichen Gedanken und Handlungen. Nur dadurch können sie die Christliche Wissenschaft beweisen und das Annehmen der Lügen des Drachens als Tatsachen vermeiden.
Warum wurde Jesus gehaßt und gekreuzigt? War es, weil er den Teufel, das Böse, als eine gewaltige Macht erklärte, die gefürchtet und besänftigt werden sollte? Nein, so überwand Jesus das Böse nicht. Jesus nannte das Böse bei seinem wahren Namen und kennzeichnete es mit den Worten: „Wenn er die Lüge redet, so redet er von seinem Eigenen; denn er ist ein Lügner und ein Vater derselben”.
Mrs. Eddy lernte nicht nur durch ihre Anfechtungen sondern auch durch geistigen Scharfsinn den Grund würdigen und verstehen, warum Jesus „von den Menschen verachtet und abgelehnt wurde”. Sie schreibt in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 345): „Dieser Gedanke der menschlichen materiellen Nichtsheit, den die Wissenschaft einprägt, bringt das fleischliche Gemüt zur Wut und ist die Hauptursache der Feindschaft des fleischlichen Gemüts”. Ihr ganzes Leben lang war Mrs. Eddy bestrebt, Gott zu gehorchen. Wenn wir die von ihr entdeckte Wissenschaft verstehen und beweisen wollen, müssen wir beten, wie sie betete, und arbeiten, wie sie arbeitete.
Viele Theologen in der Vergangenheit, die Jesu Lehre, daß der Teufel oder das Böse eine Lüge ist, nicht verstanden, haben den Teufel oder Drachen durch ein Persönliches Wesen dargestellt. Das Böse persönlich machen, hat seine falschen Ansprüche nie ein Jota herabgesetzt. Glauben, daß unser Problem ein Familien-, ein Finanz-, ein Rassen- oder Nationalitätenproblem sei, heißt den Anspruch des Drachens, daß das Böse Persönlichkeit, Ort und Tätigkeit habe, anerkennen. So halten wir uns in Knechtschaft, anstatt bestrebt zu sein, ein Bewußtsein der Welt des Geistes zu erlangen, worin alles Sicherheit, Harmonie, Freiheit ist.
Die Unwahrheiten des materiellen Sinnes können wir nur überwinden, wenn wir folgende Erklärung unserer Führerin im vollen Maße annehmen (Wissenschaft und Gesundheit, S. 71). „Das Böse hat keine Wirklichkeit. Es ist weder Person, Ort noch Ding, sondern einfach eine Annahme, eine Trugvorstellung des materiellen Sinnes”. Liebe und Erbarmen üben, schließt böse Annahmen aus unserem Denken aus. Das irrige Zeugnis der Sinne ist auf die Materie beschränkt. Es kann sich nicht mit dem geistigen Bewußtsein messen oder es zerstören.
Es steht von Mose geschrieben, daß „er sich hielt an den, den er nicht sah, als sähe er ihn”. Diese Fähigkeit, über den Schleier der Materie hinauszublicken, gibt einem die Kraft, den tückischen Lügen der Schlange triumphierend entgegenzutreten.
Die großen Wahrheiten der Christlichen Wissenschaft bewahren die Gebote Gottes und halten das Zeugnis Christi Jesu heilig. Die Christliche Wissenschaft ist wie ein reiner Springquell, der unser ganzes Leben mit seiner perlenden Flut erfrischt. Die neue Zunge ist in der geistigen Bedeutung der Bibel zu finden. Das „stille sanfte Sausen” wird über dem Brüllen des Drachens klarer gehört werden, wenn wir in Ruhe und Demut horchen und warten, bis der Geist spricht.
Das Böse ist immer in jeder Gestalt eine sinnlose und leblose Trugvorstellung. Das Meistern des Drachens beginnt mit der Erkenntnis seiner Unwahrhaftigkeit und dem Zurückweisen seiner Machtansprüche. Heute wie vor alters wird mit unüberwindlicher, beweisbarer Unschuld und Reinheit ausgerüstete geistige Stärke den Drachen auswerfen.
