Ich wurde von tiefreligiösen Eltern erzogen und brachte als Kind und junges Mädchen Sonntags fast den ganzen Tag in der Kirche zu. Als die Zeit kam, einen Beruf zu wählen, beschloß ich, Krankenpflegerin zu werden; denn der Dienst für die Menschheit dünkte mich sehr verlockend. Nach vollendeter Ausbildung wurde ich eingetragene Krankenpflegerin. Ich brachte den größten Teil meiner Jugendzeit in Ausübung dieses Berufs in verschiedenen Eigenschaften sowohl mit Privatpflege als auch in Krankenhäusern zu.
Im Vorfrühling des Jahres 1933 versagte jedoch meine Gesundheit, und ich war gezwungen, meine Stellung aufzugeben. Da auch die Ersparnisse, die ich während der Jahre meiner Tätigkeit angelegt hatte, gesperrt waren und ich kein eigenes Heim hatte, wohin ich gehen konnte, ergriff mich schnell tiefste Verzweiflung. Die Ärzte der Anstalt, in der ich diente, schenkten mir alle nötige Aufmerksamkeit; aber statt daß es mir besser ging, ging es mir physisch und mental immer schlechter. Nach einigen Monaten beständiger ärztlicher Behandlung ließ ich mich freiwillig in eine Staatsirrenanstalt aufnehmen.
Nachdem ich ein ganzes Jahr krank gewesen war, wurde ich an einem Frühlingstage ins Freie gebracht. Der Tag schien mir schöner als irgend einer, dessen ich mich in langer Zeit erinnern konnte. Das junge grüne Gras schien so zart und weich; die Bäume mit ihren neuen hellgrünen spitzenähnlichen Blättern schienen so lebendig, und der Himmel war ein hellblauer Baldachin, der diese ganze Pracht einhüllte. Als ich so emporblickend dalag, dachte ich: „Diese Welt ist wirklich schön, und es gibt Leute, die sagen, daß hinter allem dem, was wir sehen, ein Gott der Liebe sei. Wenn dies wahr ist, wie kann ein Gott, der die Liebe ist, geflissentlich verfügen, daß eines Seiner Geschöpfe sollte beiseitegelegt und nutzlos werden, besonders eines, das so überaus gern nützlich sein wollte? Da muß irgendwo etwas nicht stimmen”. Und dann schien „ein stilles sanftes Sausen” mir zuzuflüstern: „Warum erwägst du denn nicht die Christliche Wissenschaft?” Ich war erstaunt über den Gedanken; aber gleichsam antwortend sagte ich: „Ja, warum denn nicht?”
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