Wenn Länder und Wohnstätten mit einem feindlichen Überfall bedroht werden und ungewöhnliche Gefahren am Horizont auftauchen, erreicht das Sehnen nach einem sicheren Ort seinen Höhepunkt. Die Menschen fragen: Ist man denn heutzutage überhaupt irgendwo sicher? Gibt es eine Zuflucht vor dem Unglück, wenn materielle Verteidigungen so unzulänglich scheinen? Ja, es gibt in der Tat einen Ort der Sicherheit, bereitet für jedermann, der ihn betritt. Es ist ein altbekannter Ort, den jedoch jeder selber entdecken muß, zu dem jeder selber seine Zuflucht nehmen muß, den sich jeder selber zur sicheren Wohnstätte machen muß. Wir finden den Weg dorthin in der Bibel enthüllt. Im 91. Psalm ist der Ort „der Schirm des Höchsten” genannt. Wer dort weilt, „bleibt unter dem Schatten des Allmächtigen”. Er ist daher kein bloßer materieller Ort, sondern eher ein der Beobachtung der körperlichen Sinne verborgener Bewußtseinszustand. Er ist die tröstende, schützende Gegenwart der göttlichen Liebe im Herzen.
Die Bibel ist voller Sicherheitsverheißungen und Geschichten von Fällen, in denen diese Verheißungen erfüllt sind. Christenkinder werden diese Geschichten göttlicher Befreiung früh in der Erwartung gelehrt, daß sie sie verstehen und sich derselben ewigen Macht des Schutzes vor Gefahr in ihrem eigenen Leben anvertrauen werden. Warum dies nicht allgemeiner geschieht, liegt daran, daß die geistige Bedeutung dieser Geschichten nicht praktisch verstanden wird, daß das ewige geistige Gesetz, das sie veranschaulichen, nicht erkannt worden ist.
Dieses Gesetz ist in „dem vornehmsten Gebot” verkörpert: „Du sollst lieben Gott, deinen Herrn, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüte”. Unsern Vater-Mutter Gott lieben, also Ihm dienen, gehorchen, vertrauen und Rat von Ihm annehmen, heißt im Denken und Handeln so klar geführt werden, daß wir vor Schaden geschützt leben, in jenem Land der Sicherheit wohnen, das Gott Seinen Kindern verheißen hat.
In der gegenwärtigen Zeit ist die unserer Kindheit so vertraute Geschichte von Noah besonders anwendbar. „Noah führte ein göttliches Leben”. Sein weitblickendes Auge wurde gewahr, daß das damalige Menschengeschlecht so vergnügungssüchtig und verderbt war, daß eine verheerende Umwälzung unvermeidlich war. Seinem geistig wachsamen Denken wurde enthüllt, mit andern Worten, Gott ließ ihn wissen, daß er für sich und seine Lieben einen Ort der Sicherheit bereiten müsse. Während die anderen um ihn her gleichgültig ihren kurzsichtigen Vergnügungen weiter frönten und die sich zusammenziehenden Wolken nicht beachteten, sammelte Noah sorgfältig und gehorsam das Notwendige, machte eine Arche bereit, zu der er seine Zuflucht nehmen konnte. Es kam der Tag, an dem ihn die Weisheit in die Sicherheitsstätte gehen hieß, und er nahm mit sich, die er liebte und für die er verantwortlich war, mit genug Nahrung für alle. Dann brach das angedrohte Ungewitter los. Als Noah alles Wichtige mit in die Arche nahm, wie Gott ihm geboten hatte, nahm er weder Furcht noch Zweifel mit hinein. Und nachdem er in die Arche gegangen war, „schloß der Herr hinter ihm zu”, wie wir lesen. Wenn also Gott uns sicher einschließt, sind Furcht und Zerstörung ausgeschlossen.
Obgleich die Fluten stiegen und diese Zuflucht umtosten, hoben sie die Arche höher; und schließlich blieb sie auf dem Berge stehen, bis Noah und die Seinen auf Gottes Gebot daraus hervorgingen, um die göttliche Verheißung zu empfangen, daß das Böse die Erde nie mehr vollständig verheeren werde. Es wird immer für jedes gehorsame Herz eine Zuflucht vor Gefahr geben.
Im Glossarium in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 581) gibt Mary Baker Eddy die geistige Bedeutung des Wortes „Arche” als „Geborgenheit” und „das Verständnis des Geistes, das den Glauben an Materie zerstört”. Und „Noah” (S. 592) definiert sie als „die Erkenntnis der Nichtsheit der materiellen Dinge und der Unsterblichkeit alles Geistigen”. Heutzutage, wo wir von einer andern Sintflut des Bösen bedroht scheinen, können auch wir, wenn wir horchen wollen, die Stimme Gottes uns sagen hören, daß wir keine Zeit zum Bauen einer Sicherheitsarche, in der wir Frieden und Geborgenheit finden können, versäumen sollen. Lernt die Welt durch bittere Erfahrung nicht die Nichtsheit materieller Dinge und die Unsterblichkeit solche geistigen Wirklichkeiten wie Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Freiheit und Rechtschaffenheit verstehen? Jetzt ist die Zeit, uns zurückzuziehen und unsere mentalen Türen zu schließen, um im Verborgenen zu beten und zu lobpreisen, den Lärm der Sinne zum Schweigen zu bringen, selbst während wir unserem Nächsten hilfreich die Hand reichen und der Liebe Schutz auf alle ausdehnen, die unsere Gedanken umschließen. Wenn wir so geistig mentale Bereitschaft üben, werden wir in Notlagen bereit, hilfreich und furchtlos sein.
Wir haben in neuester Zeit von wunderbaren Befreiungen aus Gefahr als Ergebnis eines festen und dankbaren Verlasses auf die Gegenwart der Macht und des Schutzes Gottes gehört. Gott und das Wirken Seines Gesetzes haben sich nie geändert. Dieses Gesetz wirkt für uns geradeso, wie es für die drei Hebräer wirkte, die aus dem „glühenden Ofen” befreit wurden. Dankbarkeit gegen Gott und Verlaß auf die Allgegenwart des Geistes brachte die tatsächliche Vision des Wandelns des Christus mit ihnen mitten im Feuer ans Licht. Der Christus ist mit vielen in jüngster Zeit selbst mitten im Feuer der Schlacht und der Fliegerangriffe gewandelt, und hat vielen den Ort der Sicherheit gezeigt. Niemand braucht je von der zärtlichen, liebevollen Gegenwart ausgeschlossen zu sein, die mit ihrem starken Schutz vor Furcht und Ermüdung Mißgeschick lindert.
Mag in diesem Traum sterblicher oder materieller Erfahrung auch kommen, was will, wir können mit den Worten des Psalmisten ganz vertrauensvoll erklären: „Allein du, Herr, hilfst mir, daß ich sicher wohne”.
