Die Lieder, die in den Gottesdiensten aller Kirchen Christi, Wissenschafter, gesungen werden, enthalten viele kraftvolle Darlegungen der Wahrheit. Im Vorwort zum englischen Liederbuch (S. v) ist gesagt, daß „die Liebe und die Wahrheit, die in den Liedern im Liederbuch der Christlichen Wissenschaft zum Ausdruck kommen, schon vielen geholfen und viele ermutigt haben, und es in zunehmendem Maße auch weiterhin tun werden.” Die fortschreitende Erfahrung des einzelnen Christlichen Wissenschafters ist kurz dargelegt in den ersten Zeilen des Liedes Nr. 64:
Mein Weg vom Sinn zur Seele liegt vor mir,
Er führt aus Nacht und Nebel in den hellen Tag der Wahrheit.
Wir schlagen diesen Weg ein, wenn wir uns in die Christliche Wissenschaft zu vertiefen beginnen. Wenn wir diesen vorwärts führenden Weg verfolgen, erleben wir die Freude, daß jedes Problem gelöst wird. Denn dann führt jedes Überwinden einen Schritt heraus aus der mentalen Ansteckung der Undankbarkeit, der Zwietracht, der Krankheit und ähnlicher Gedankenzustände, in den mit Freude, Gesundheit und Eintracht verbundenen Bereich des Geistes. Dieser Weg führt nicht durch ein Gebiet, das noch nicht bewiesen oder vorgezeichnet ist. Christus Jesus ist unser Wegweiser. Der von ihm vorgezeichnete Weg ist von unserer geliebten Führerin Mary Baker Eddy im Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” und in ihren anderen Schriften klargelegt. Hat man den Weg einmal eingeschlagen, so kann man ihn nicht verfehlen, weil sich bei unserem Vorwärtsgehen die Ideen des göttlichen Gemüts beständig entfalten, und die Finsternis des materiellen Sinnes in der herrlichen Erkenntnis der Immergegenwart der Wahrheit vergeht.
Religiösgesinnte haben zu allen Zeiten gefragt: „Was für einen Grund haben Schmerz und Leiden in der menschlichen Erfahrung?” Mrs. Eddy gibt in ihrem Buch „Unity of Good” eine ungewöhnliche Antwort auf diese Frage. Sie schreibt (S. 57): „Anatomisch betrachtet haben die materiellen Sinne die Bestimmung, durch den Schmerz, den sie fühlen und veranlassen, die Sterblichen vor dem Herannahen von Gefahr zu warnen.” Schmerz ist also ein Anzeichen davon, daß man falsches Denken oder tierischen Magnetismus in sein Bewußtsein aufgenommen hat. Er ist der Weckruf zu der Erkenntnis, daß irrige Annahmen durch die wahren Ideen des Gemüts, der unendlichen Intelligenz, ersetzt werden müssen.
Ehe der geistige Sinn des Seins völlig verstanden wird, wäre es auf gewissen Stufen inneren Wachstums schwierig, falsche Gedankengänge zu entdecken, wenn sie nicht Schmerzen verursachten. Wenn der falsche Begriff jedoch aufgegeben wird und man sich an das aufgeklärte Verständnis hält, daß der Mensch Gottes Bild, Sein Ebenbild, ist, erfüllen Freude und Dankbarkeit das Denken, wenn der Christus oder die geistige Idee ins Bewußtsein kommt. Aus diesem Grunde kann der Wissenschafter ohne weiteres dem Apostel Paulus zustimmen, wenn er den Korinthern schreibt: „Darum will ich mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit, auf daß die Kraft Christi bei mir wohne.”
Diese Erklärung des großen Apostels ist besonders lehrreich, wenn man die Erfahrungen betrachtet, wodurch Paulus zu seiner Bestimmung geführt wurde. Auf feiner Reise nach Damaskus, die er ausdrücklich zu dem Zweck unternahm, die Christen zu verfolgen, dämmerte diesem Jünger, der damals Saulus hieß, das Licht des Christus, der Wahrheit. Zuerst wurde er blind und blieb drei Tage lang blind. Das Erlebnis erwies sich als eine liebevolle Warnung für den Apostel, und weil er es sich demütig zur Warnung dienen ließ, erlebte er eine vollständige Umwandlung, und sein Leben bekam einen ganz andern Zweck. Dann wurden ihm die Augen geöffnet, und er begann klar den Weg zu sehen, der ihm infolge seines tiefen, natürlichen Verlangens, Gott zu dienen, enthüllt worden war. Da er es ablehnte, sich der Selbstverdammung hinzugeben oder zurückzuschauen, folgte er von jener Zeit an eifrig in den Fußtapfen des Meisters. Obgleich sein Weg durch Sturm, Schiffbruch und sogar das Gefängnis führte, hielt er an dem Erschauten fest. Er predigte das Evangelium und heilte Kranke und Sünder.
Ein Christlicher Wissenschafter litt einmal an immer wiederkehrenden Anfällen von Atemnot. Bei jedem Anfall wurde ihm christlich-wissenschaftliche Behandlung erteilt und der Zustand behoben; aber die Furcht, daß die Anfälle wieder kommen könnten, wurde nicht vollständig geheilt. Beim Lenken seines Kraftwagens auf einer Fahrt gab er eines Tages der Versuchung nach, über den Lenker eines anderen Wagens sehr ärgerlich zu werden. An jenem Abend hatte er einen Anfall, und als er sich diesmal bemühte, die Schwierigkeit völlig zu überwinden, fiel ihm die Erfahrung vom Nachmittag ein. Dann erkannte er, daß er seit Jahren der Einflüsterung nachgegeben hatte, sich „gerechter Empörung”, wie er es nannte, hinzugeben. Sofort sah er, daß Ärger unter der Maske „gerechter Empörung” nicht gottähnlich, noch eine Schöpfung des Geistes, Gottes, ist, und daß er nicht mesmerisiert werden konnte, zu glauben, daß Ärger ein Teil des Menschen, der Widerspiegelung des Geistes, sei. Infolge dieser Erfahrung konnte er von da an die erste Einflüsterung dieses Irrtums entdecken und abweisen. Dadurch, daß die Wahrheit den Irrtum aufgedeckt hatte und er demütig auf die Berichtigung der Wahrheit eingegangen war, wurde die Atemnot geheilt. Das Leiden zeigte sich nie wieder.
Der erlangte höhere Standpunkt bedeutete daher mehr als nur die leibliche Heilung, weil der Wissenschafter von jener Zeit an das Auftauchen irriger Annahmen zu entdecken begann, sie zurückwies und so den Strafen zuvorkam, die sie unvermeidlich in sich schließen. Er war über das neugefundene Freisein von der Knechtschaft einer unschönen Gemütsart glücklicher als über die Befreiung von dem körperlichen Schmerz. In Zeugnissen wird oft für die vom Beweisen des Gesetzes Gottes herrührende geistige Erleuchtung und Erneuerung mehr Dankbarkeit ausgedrückt als für das bloße leibliche Behagen.
Da Jesus verstand, daß der Geist das Leben ist, konnte er beständig auf jener geistigen Höhe des Denkens bleiben, wo er kommende Ereignisse vorhersehen konnte. Er allein wußte, was zu tun er berufen war. Daher wachte er allein im Garten Gethsemane. Seine Jünger schliefen. Da sie Jesu geistige Höhe nicht erreicht hatten, mußten sie warten, bis der Irrtum sich in ihrer eigenen Erfahrung zeigte, ehe sie die Notwendigkeit erkannten, den tierischen Magnetismus, der geltend machte, in ihr Denken einzudringen, zurechtzuweisen und zu zerstören.
Im Lehrbuch (S. 296) schreibt unsere Führerin: „Entweder hier oder hiernach muß Leiden oder Wissenschaft alle Trugvorstellungen in bezug auf Leben und Gemüt zerstören, und der materielle Sinn und das materielle Selbst muß wiedergeboren werden.” Man beachte, daß sie „Leiden oder Wissenschaft” sagt; es braucht nicht beides zu sein. Jesus sagte einmal, nachdem er das des Ehebruchs überführte Weib geheilt hatte: „Gehe hin und sündige hinfort nicht mehr!” Wenn die Sünde zerstört ist, ist die Heilung vollständig und dauernd, und nichts kommt der von den fesselnden Annahmen der Materialität erlangten Freiheit gleich.
Diese Freiheit findet man durch die beständige Pflege geistigen Denkens. Für die Mittel, um diesen Zweck zu erreichen, ist liebevoll gesorgt durch alle Schriften unserer Führerin, die Lektionspredigten, die Gottesdienste, die Sonntagsschule, die Zeitschriften, die Lesezimmer und die Vorträge.
So werden wir in reichem Maße gespeist und geführt, die Auffassung aufzugeben, daß das Dasein materiell sei, und freudig die Herrschaft und die Freiheit der Idee des Gemüts, des Vertreters des Gemüts, anzunehmen. Dies könnte nicht schöner dargelegt werden als in Mrs. Eddys Worten auf Seite 162 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift”: „Die Wirkung dieser Wissenschaft besteht darin, das menschliche Gemüt zu einer Änderung der Grundlage aufzurütteln, auf der es dann der Harmonie des göttlichen Gemüts weichen kann.” Die einzige Hoffnung, die die Menschheit heute finden kann, liegt in Geistigkeit, darin, daß man im Denken an der unbedingten Wahrheit der Allheit Gottes und der jetzigen Vollkommenheit des Menschen festhält.
