„Die Zeichen aber, die da folgen werden denen, die da glauben, sind die: in meinem Namen werden sie Teufel austreiben, mit neuen Zungen reden“ (Mark. 16, 17). So lautet des Meisters Verheißung, und er fügt hinzu (Vers 18): „Auf die Kranken werden sie die Hände legen, so wird's besser mit ihnen werden.“ Was ist diese neue Sprache, die er uns verheißen hat? Sind es nur neue Wörter? Oder ist es eine neue Denkart, ein neues Verständnis des Lebens, das für jedermann Eintracht und Macht in sich schließt, und das einem über alles Böse Macht gibt? Ein solches Verständnis des Lebens ist fraglos sehr wünschenswert.
In der Christlichen Wissenschaft, die Mary Baker Eddy entdeckte und in ihrem Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ darlegte, sind die Verheißungen unseres Meisters erklärt und für uns erfüllt. Diese Wissenschaft bietet uns ein rein geistiges Verfahren, um Schwierigkeiten zu überwinden, an denen die Anstrengungen der Menschen bisher scheiterten; sie ist das christliche, wissenschaftliche Verfahren, das Christus Jesus vor fast 2000 Jahren in Palestina anwandte. Nur durch geistiges Verständnis kann man die Antwort auf alle menschlichen und göttlichen Fragen finden.
Aber diese Wissenschaft mußte menschlich ausgedrückt werden, damit ihre heilende Bestimmung auf Erden in Erfüllung gehen kann. Ihr Wirken mußte die leidende Menschheit erreichen, um die Menschen in die Wärme und das Licht der göttlichen, heilenden Liebe emporzuheben. Und durch die Offenbarung der Christlichen Wissenschaft hat uns Mrs. Eddy gezeigt, wie dies getan werden kann.
Unsere Führerin spricht in ihren Schriften von den hindernden Beschränkungen, auf die sie stieß, als sie ihre geistige Botschaft in einer menschlichen Sprache, die geistige Tatsachen nicht angemessen erklären kann, ausdrücken mußte. Es ist offenbar unmöglich, geistige Ideen, die so unendlich hoch über der Wahrnehmung der materiellen Sinne stehen, durch materielle Ausdrücke angemessen zu erklären. Wir müssen immer eingedenk sein, daß Worte nur materielle Sinnbilder sind, die wir gebrauchen, um vorhandene Ideen anzudeuten; daß sie nicht die Ideen selber sind. Das muß der Grund sein, warum Mrs. Eddy in ihren Schriften zum Beispiel zwanzig verschiedene Wörter gebraucht hat, um Gott oder die Gottheit zu erklären, um, so weit die menschliche Sprache es vermag, die Vielseitigkeit und Unendlichkeit Seiner Allheit anzudeuten.
Um die neue Zunge, die Sprache des Geistes, zu verstehen und uns die Segnungen zunutze zu machen, mit denen Gottes fürsorgliche Liebe alle Seine Kinder jeden Augenblick überschüttet, genügt also ein bloßes Befassen mit den Wörtern so wenig, wie zu einem Verstehen des göttlichen Prinzips und seiner vollkommenen Ideen ein bloßes Befassen mit menschlich verstandesmäßigen Lehren genügt. Zum Ergründen der Wissenschaft des Gemüts ist vor allen Dingen ein gewisser geistiger Ausblick nötig, eine Empfänglichkeit des Denkens, eine demütige, geläuterte und hauptsächlich liebevolle Stellungnahme, so daß das höhergehobene Denken Gott, den Geist, das Gemüt verstehen kann; daß es verstehen kann, daß Gott das All ist, und daß wir als Seine Kinder Ihn widerspiegeln. Dieser Ausblick, diese Stellungnahme, diese Einstellung des Denkens wird nicht in einem Augenblick erreicht, sondern ist das Ergebnis des täglichen, stündlichen Bestrebens, ein wahrhaft christliches Leben zu führen, unsern Vater-Mutter Gott und Seine alle umfassende Familie zu lieben und immer bereit zu sein, unsern eigenen Weg aufzugeben und Seinen Willen zu tun.
Man kann diese geistigen Ideen nicht bloß lehrmäßig, d. h. ohne sie durch Anwendung zu beweisen, erfassen. Wahrer Glaube muß Werke haben. Der Glaube und die Werke können nicht voneinander getrennt werden; das Verständnis und das Handeln sollten übereinstimmen; denn irgend eine der zahllosen Ideen Gottes verstehen bedeutet unwillkürlich die Zerstörung entgegengesetzter Annahmen, mögen sie sich in Krankheit, Leid, Streit oder in irgend einer andern Form bekunden. Daß Verständnis und Beweis ein und dasselbe sind, wurde nicht nur von jenen hervorragenden Gestalten, von denen wir im Alten Testament lesen, sowie von unserem Meister und seinen Jüngern und von der ursprünglichen christlichen Kirche bewiesen, sondern auch in heutiger Zeit von Tausenden von tätigen Christlichen Wissenschaftern in der ganzen Welt, sogar in dem siebenfach geheizten Ofen neuzeitlicher Kriegführung; und diese Tatsache kann zu jeder Zeit jeder beweisen, der demütig und ehrlich genug ist, um willens zu sein, die Wissenschaft des Christentums in die Tat umzusetzen. Gottes Wort heilt, wenn es verstanden wird. Keine Lage ist so schwierig, daß die Christliche Wissenschaft sie nicht erreichen könnte, da die Macht des unendlichen Gemüts die Unendlichkeit durchdringt.
Daher muß man diese neue Sprache, dieses „Wort des Lebens“, nicht nur hören, erforschen und reden. Es muß in unsern Herzen sein; es muß für uns Wesenheit sein; es muß der Augenschein der lebendigen, tatsächlichen Gegenwart des heilenden, rettenden Christus sein. Dann wird es auch für uns sein, was es für unsern verehrten Meister war: „die Auferstehung und das Leben“ (Joh. 11, 25), der Weg heraus aus allem materiellen Sinn.
Und wenn dieses Wort Gottes, diese neue Zunge, zu einer gewissen Zeit heilte, heilt es immer. Es löst alle unsere Zweifel und Befürchtungen und als Krankheit und Unstimmigkeit vergegenständlichten falschen Annahmen auf und versichert uns, daß unser liebender Vater-Mutter, das unendliche Prinzip der Christlichen Wissenschaft, die Liebe, allmächtig und immergegenwärtig ist. Wenn unser Denken durch hingebendes Ergründen des Buchstabens dieser göttlichen Wissenschaft dem göttlichen Prinzip treu wird, und das Befolgen des ausdrücklichen Befehls unseres Meisters: „Wachet und betet“ unser ganzes Bewußtsein vergeistigt, lernen wir die Sprache des Geistes verstehen, und wir entdecken wieder jenen ursprünglichen und vollkommenen Bewußtseinszustand, den Gott verordnete, „da mich die Morgensterne miteinander lobten und jauchzten alle Kinder Gottes“ (Hiob 38, 7). Dann werden wir sehen, daß das Blendwerk und die Trübsal des sterblichen Daseins im Sonnenschein des ewigen Tages Gottes vergehen.
Das Verständnis der Sprache der Seele bringt also Heilung. Dieses Verständnis weckt die Toten auf und bekehrt die Sünder, und zwar durch die Macht Gottes. Materielle Worte sind nur ein armseliger Ersatz für die Beredtsamkeit, die durch göttliche Eingebung kommt. Mrs. Eddy schrieb (Rückblick und Einblick, S. 10): „Nach meiner Entdeckung der Christlichen Wissenschaft schwand der größte Teil des Wissens, das ich aus Schulbüchern gesammelt hatte, wie ein Traum dahin. Das Lernen war so erleuchtet, daß die Sprachlehre ausgeschaltet war. Die Wortkunde war göttliche Geschichte, die in des Menschen Ursprung und Bedeutung die Idee Gottes verkündete. Die Satzlehre war geistige Ordnung und Einheit, die Verslehre der Gesang der Engel — nichts Weltliches, Ruhmloses.“
Die neue Zunge ist die Christliche Wissenschaft, die tatsächliche Offenbarung und Beweisung des harmonischen geistigen Seins, die das Reich Gottes auf Erden bringt; durch sie wird an Stelle aller veränderlichen Schatten des materiellen Daseins die große Wahrheit der unendlichen Vollkommenheit treten, und sie wird die Erde an allen Ecken und Enden mit dem hellsten Licht des Himmels erleuchten.