Die Antwort auf die Frage in der Überschrift ergibt sich von selbst, wenn wir lernen, was Gott ist und worum es sich bei der Religion handelt. Wenn wir verstehen, daß Gott Leben ist, ist das Studium, das wir betreiben, um Gott zu finden und zu erleben, so zweckdienlich wie nur irgend etwas sein kann. Wenn wir verstehen, daß Gott Liebe ist, nehmen wir die Suche nach Gott als ein lebenswichtiges Gebiet des Strebens und der Entfaltung auf. Wenn wir verstehen, daß Gott Wahrheit ist, stellen wir fest, daß die Frage der Zweckdienlichkeit durch das Studium der Religion beantwortet wird. Das Verlangen, Gott zu verstehen, führt uns zu dem Kernpunkt der Bedeutung unseres Daseins.
Daß die Zweckdienlichkeit der Religion angefochten wird, ist ein Hinweis darauf, daß Religion klarer definiert werden muß. Das ist heilsam. Veraltete Annahmen müssen beiseitegelegt werden, und die religiöse Anbetung muß von Riten und Zeremonien gereinigt werden, bevor die praktische Seite der Liebe und des Dienstes an der Menschheit eine lebensnahere Religion und eine reinere Demonstration der Gegenwart Gottes offenbaren wird. Durch seine Liebe für die Menschheit und dadurch, daß er Krankheit und Sünde heilte, definierte Jesus Religion. Wer in der heutigen Zeit von einer schweren Krankheit zu gesundem, tätigen Leben wiederhergestellt wurde, und zwar durch das Verständnis von der Gegenwart und Macht Gottes, dem ist die Frage der Zweckdienlichkeit gründlich beantwortet.
Die Suche nach Leben, Wahrheit und Liebe ist der Kernpunkt der Erfahrung jedes einzelnen. Wenn jeder genau wüßte, was er auf seiner Suche nach dem Guten zu finden gedenkt, würde er feststellen, daß es Gott ist. Jesus wies darauf mit den schlichten Worten hin: „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen.“ Matth. 6:33;
Anstatt zu fragen, ob Religion zweckdienlich ist, sollte man sich fragen: „Ist meine Religion zweckdienlich? Hat mein Verständnis von Gott Bezug auf die Nöte der gegenwärtigen Zeit?“ Wenn nicht, dann müssen wir tiefer zu erfassen suchen, was Gott ist und wie der Mensch sein Dasein von dieser göttlichen Quelle herleitet. Mary Baker Eddy sagt: „Um die Wirklichkeit und Ordnung des Seins in ihrer Wissenschaft zu erfassen, mußt du damit anfangen, Gott als das göttliche Prinzip alles Wirklichen anzusehen.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 275; Und sie fährt fort: „Keine Weisheit ist weise als Seine Weisheit; keine Wahrheit ist wahr, keine Liebe ist lieblich, kein Leben ist Leben als das göttliche; nichts Gutes gibt es außer dem Guten, das Gott verleiht.“
Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß Gott unendlicher Geist und daß der Mensch als Bild und Gleichnis Gottes geistig und vollkommen ist. Das ist die wahre Identität eines jeden von uns; und diese Beziehung zu Gott ist die Hauptstütze unseres Daseins, unserer Gesundheit und unserer Fähigkeiten. Gott ist göttliches Gemüt, und alle Intelligenz, die der Mensch zum Ausdruck bringt, kommt von diesem Gemüt. Gott ist göttliches Prinzip, und alle Aufrichtigkeit, Charakterstärke, Initiative und aller Scharfsinn stammen aus dieser Quelle. Gott ist Seele, und alle wirkliche Freude, Schönheit, Harmonie und Erfüllung haben ihren Ursprung in Seele. Wir können ohne weiteres sehen, daß unser eigenes Verständnis von Gott uns Entfaltung und Fortschritt erleben läßt.
Tatsache ist, daß man ohne Gott nicht existieren kann. Ganz gleich, wie nachdrücklich jemand Gott leugnen oder sich als Atheist bezeichnen mag — wenn Gott nicht existiert, dann existiert der Mensch auch nicht. Eine Wirkung muß eine Ursache haben. Der Materialist mag erklären, daß er unabhängig von Gott, oder Geist, existiert. Und es mag schwer sein, ihn von der Gegenwart und Macht Gottes zu überzeugen. Aber früher oder später wird er lernen, daß der Glaube an die Materie auf einer falschen Voraussetzung beruht und daß die Materie nicht die wirkliche Substanz des Daseins ist. Er wird gezwungen sein, über die Materie und über materielle Phänomene hinaus auf Geist zu schauen, um den Sinn des Lebens zu finden. Dann wird er der neuen Geburt näherkommen, die Jesus in seinen Lehren erklärt, und er wird vorbereitet sein, die Liebe Gottes und den Trost Seines Christus — die in der menschlichen Erfahrung kundgewordene Macht Gottes — zu erkennen und zu erleben.
Die anmaßende Frage: „Wer braucht schon Gott?“ wird ihre Antwort finden. Aber das ist kein Phänomen der Neuzeit. Die Bibel berichtet von dem gleichen Widerstandsgeist gegen Gott. In dem Psalmen lesen wir: „Die Toren sprechen in ihrem Herzen: ‚Es ist kein Gott.‘ “ Ps. 14:1; Kein Wunder, daß solch eine Haltung oft im Nihilismus und in Selbstauslöschung endet, denn wenn jemand Leben, Liebe und Wahrheit verneint, was bleibt ihm dann noch?
Wir sollten aber nicht annehmen, daß jeder, der die Zweckdienlichkeit der Religion in Frage stellt, Gott verneint. Es mag sein, daß sie einfach sagen, die Religion, wie sie bisher verstanden und angewendet wurde, sei nicht länger lebensnah und habe keinen Bezug auf unsere Zeit. Dies würde eine drastische Veränderung fordern. Aber die geforderte Veränderung fordern. Aber die geforderte Veränderung ist keine Veränderung vom Wesen Gottes, sondern eine Veränderung des Begriffs, den wir von Gott haben und den wir anwenden können. In dem Buch Vermischte Schriften sagt Mrs. Eddy: „Dieses Zeitalter strebt nach dem vollkommenen Prinzip aller Dinge; es strebt nach Vollkommenheit in der Kunst, der Erfindung und Herstellung. Warum also sollte die Religion sich immer gleich bleiben, und warum sollten wir nicht ein vollkommeneres und praktischeres Christentum erlangen?“ Vermischte Schriften, S. 232.
Laßt uns auf alle Fälle unseren Begriff von der Religion überprüfen und zusehen, daß er den Forderungen der heutigen Zeit gerecht wird. Wenn Gott gründlicher verstanden wird, werden wir die Gesetze Gottes verstehen, die Gesetze der göttlichen Versorgung, der Gesundheit und der Harmonie. Jesus demonstrierte diese Gesetze auf sehr praktische Art und Weise und zeigte uns, wie wir seinem Beispiel folgen können. Es liegt an uns, diese Art und Weise noch gründlicher verstehen zu lernen und zu dem vollen Ausdruck der Wissenschaft des Seins voranzustreben. Dann werden wir die Antwort auf die Frage der Zweckdienlichkeit in einer lebenswichtigen und lebendigen Religion finden.
    