Wenn wir an kriegerische Ereignisse, an Naturkatastrophen oder an den Hunger denken, den große Teile der Menschheit erdulden, empfinden wir dann selbstgefällige Zufriedenheit und Dankbarkeit, weil es uns persönlich gut geht, weil bei uns Ruhe ist und wir verschont wurden? Das wäre nicht die höchste Form von Dankbarkeit. Sie ist weit entfernt von der wirksamen Anwendung der Christlichen Wissenschaft.
Diese Einstellung würde der des reichen Mannes in Jesu Gleichnis entsprechen, der sagte: „Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat auf viele Jahre; habe nun Ruhe, iß, trink und habe guten Mut!“ Aber in der Bibel heißt es weiter: „Gott sprach zu ihm: Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern; und wes wird's sein, das du bereitet hast?“ Luk. 12:19, 20; Die Grundlage dieser selbstsüchtigen, selbstzufriedenen Einstellung ist die Auffassung, daß die Materie Substanz sei und daß sie wirklich sei. Die Bibelstelle macht die Unrichtigkeit dieser Anschauung klar.
Das Gute ist geistig, die einzige Substanz; daher ist es ewig und kann ebensowenig zerstört werden wie das Prinzip des Guten, Gott. Die Jagd nach Reichtum um jeden Preis ist von Angst und einem Glauben, daß das Gute begrenzt sei, begleitet. Das deutet darauf hin, daß die wahre Natur des Guten nicht verstanden wird. Es ist deshalb wichtig, alle Eigenschaften, die das göttliche Wesen nicht widerspiegeln, als falsch zu erkennen und aus dem Denken auszumerzen. Furcht, Neid und Habgier gehören nicht zum wirklichen Menschen. Sie sind Charakterzüge des sterblichen Gemüts, das glaubt, durch krampfhaftes Festhalten am Materiellen etwas gewinnen zu können.
Treues Festhalten an der Wahrheit hingegen — am höchsten Begriff des Rechten —, das durch Liebe, Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und die Bereitwilligkeit, das Wohl der Allgemeinheit voranzustellen, zum Ausdruck kommt, bereitet die Grundlage für einen Reichtum, der alle segnet. Wenn wir nach dem gegenwärtigen, unvergänglichen Reich Gottes trachten, lernen wir, geistige Eigenschaften zu betätigen. Wer nach diesem Reich trachtet, braucht sich nicht um die Zukunft zu sorgen, denn er hat sich unter die Fürsorge und Obhut Gottes gestellt.
Wir sind deshalb aufrichtig dankbar, weil wir durch die Lehren der Christlichen Wissenschaft ein Verständnis der Wissenschaft des Seins erlangt haben, mit dem wir beweisen können, daß das Böse machtlos ist, daß es weder Ort noch Person ist, mit anderen Worten, daß das Böse in jeder Form unwirklich ist. Durch geistiges Verständnis können wir beweisen, daß das Böse sich nicht als Mangel oder Katastrophe bekunden kann.
Dankbarkeit ebnet in den täglichen Begebenheiten viele Wege, öffnet die Türen zum Herzen der Mitmenschen und trägt dazu bei, daß sich der Strom des Guten, der reinen Zuneigung und Hilfsbereitschaft ungehindert ergießt. Die Christliche Wissenschaft lehrt uns, daß Dankbarkeit — ein Anerkennen der geistigen Tatsachen von der unwandelbaren Liebe Gottes und Seiner vollkommenen Schöpfung — heilend wirkt. Das Gute wird in unserer Erfahrung in Erscheinung treten, wenn wir uns des Guten bewußt werden. Wahre Dankbarkeit kennt keinen Zweifel; sie beruhigt das von Sorgen geplagte Herz und vertreibt die Nebel der Ausweglosigkeit, denn durch Dankbarkeit halten wir unsere Verbindung zu Gott aufrecht.
Dankbarkeit verleiht unseren Bestrebungen mehr Selbstlosigkeit und führt zu hingebungsvollem Dienen, weil sie die Erkenntnis vermittelt, daß das Gute allen reichlich zur Verfügung steht. Im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit, sagt Mrs. Eddy: „Dankbarkeit ist weit mehr als eine Dankesäußerung in Worten. Taten drücken mehr Dankbarkeit aus als Worte.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 3; Auf der folgenden Seite erklärt sie: „Am meisten bedürfen wir des Gebetes inbrünstigen Verlangens nach Wachstum in der Gnade, das in Geduld, Sanftmut, Liebe und guten Werken zum Ausdruck kommt. Wir sind es unserem Meister schuldig, seine Gebote zu halten und seinem Beispiel zu folgen; dies ist der einzig würdige augenscheinliche Beweis unserer Dankbarkeit für alles, was er getan hat.“
Wir sind dankbar für Heilung durch die Christliche Wissenschaft, weil sie die alleinige Macht Gottes und unser zunehmendes Verständnis dieser Macht veranschaulicht. In der dankbaren Vergegenwärtigung der unendlichen Liebe Gottes können wir keinen Mangel an Liebe erleben. Die Widerspiegelung Gottes kann nicht anders als liebevoll, freundlich und rücksichtsvoll sein. Die sterblichen Schatten der Minderwertigkeit, der mangelnden Versorgung und mangelhaften Gesundheit können in einem Bewußtsein, das die Allmacht, die Güte und die ewige, unzerstörbare Substanz Gottes, des Guten, anerkennt, nicht bestehen bleiben.
Dankbarkeit und Liebe sind miteinander verbunden. Indem wir unser Denken klären, tragen wir zur Klärung jeder Situation bei. Mißtrauen, Mißgunst, Opportunismus, Furcht und Haß und auch Kummer verschwinden. Dankbarkeit für gegenseitige Zuneigung und das Wissen, daß Liebe unveränderlich ist, weil sie geistig ist, ihren Ursprung also in Gott hat, erhält die Harmonie zwischen Ehepartnern aufrecht und schützt die Ehe. Die wirklichen Interessen und Bedürfnisse aller finden Erfüllung.
Das Kind, das dankbar ist für die Liebe und Fürsorge seines Elternhauses, kann durch die Lehren der Christlichen Wissenschaft lernen, daß es immer in dem sein wird, das seines Vaters ist. Das bedeutet auch, daß es von der göttlichen Fürsorge und Führung nie getrennt werden kann. Gehorsam und Hilfsbereitschaft sind natürliche Begleiterscheinungen einer solchen Einstellung.
Christliche Wissenschafter betrachten Probleme, ganz gleich, ob scheinbar körperlicher, persönlicher oder allgemeiner Art, nicht als Schicksalsschläge, denen sie unentrinnbar ausgeliefert sind. Sie sind dankbar, weil diese Probleme Gelegenheiten sind, die Unwirklichkeit jeder Art des Bösen und der Sünde auf der Grundlage der Vollkommenheit, Unzerstörbarkeit, Reinheit und Beständigkeit des göttlichen Prinzips, der Liebe, zu beweisen.
Wir lesen in der Bibel: „Siehe, ich habe dir geboten, daß du getrost und unverzagt seist.“ Jos. 1:9; Mancher wird sich fragen, wie er das anstellen soll, getrost und unverzagt zu sein. Dies ist keine unlösbare Frage. Fangen wir an, uns in Erinnerung zu rufen, wofür wir dankbar sein können! Unser geistiges Verständnis wird uns helfen, in der rechten Art Bilanz zu ziehen. Fangen wir also an, unsere Segnungen aufzuzählen! Dieses Aufzählen und Erinnern kommt einem Aufsteigen aus einem dunklen Tal auf helle, freudige Höhen gleich.
Christi Jesu Leben ist ein Vorbild wirksamer Dankbarkeit. Er konnte Lazarus aus dem materiellen Traum des Todes erwecken und für den menschlichen Sinn wiederherstellen, weil er die Unzerstörbarkeit Gottes, der das einzige Leben des Menschen ist, verstand und dankbar anerkannte. Es wird berichtet: „Jesus aber hob seine Augen empor.“ Keinen Augenblick beherbergte er die Annahme von Leben in der Materie, er war sich vielmehr der Gegenwart des göttlichen Lebens bewußt. Vor den am Grabe Versammelten sagte er: „Vater, ich danke dir, daß du mich erhört hast.“ Joh. 11:41. Er demonstrierte die Unzerstörbarkeit des Menschen, als Lazarus aus dem Grabe aufstand.
Überprüfen wir also, warum und wofür wir dankbar sind! Wir sind dankbar, weil Gott Liebe ist und wir in jeder Situation lieben und dadurch der Menschheit helfen können, die Unwirklichkeit von Sünde, Krankheit und Tod zu beweisen. Des Himmels Fenster stehen für alle offen.