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DIE BIBEL ALS ZUSAMMENHÄNGENDES GANZES

[Diese Artikelserie zeigt die stetige Entfaltung des Christus, der Wahrheit, die ganze Heilige Schrift hindurch.]

Verhör und Verurteilung

Aus der März 1975-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Als am Freitag, nach dem Verhör vor Kaiphas, der Morgen dämmerte, hielt der Sanhedrin offenbar eine formellere Sitzung ab, bei der er das über Jesus verhängte Urteil bestätigte. Wenn auch die Juden den Nazarener des Todes schuldig erklärten, so besaß doch allein die römische Obrigkeit die Macht, diese Strafe zu verhängen und zu vollstrekken. Daher wurde Jesus von seinen Häschern vor Pontius Pilatus, den Landpfleger, gebracht (s. Matth. 27:1, 2; Mark. 15:1; Luk. 23:1; Joh. 18:28).

An dieser Stelle flicht Matthäus den Bericht darüber ein, wie Judas sich der schrecklichen Folgen seines Verrats bewußt wird. Als die Hohenpriester und Ältesten keine Notiz davon nahmen, daß er seinen Verrat an einem unschuldigen Menschen bereute, warf er die dreißig Silberlinge in den Tempel und beging Selbstmord (s. 27:3-10).

Auf die erste Frage des Pilatus: „Was bringet ihr für Klage wider diesen Menschen?“ gaben Jesu Häscher die ausweichende Antwort: „Wäre dieser nicht ein Übeltäter, wir hätten dir ihn nicht überantwortet.“ Als er ihnen erwiderte, sie sollten ihn dem jüdischen Gesetz gemäß richten, kam ihre wirkliche Absicht ans Licht, nämlich daß er getötet würde (s. Joh. 18:29-31). Fast unmerklich änderten sie den Wortlaut ihrer eigenen Anklage auf Gotteslästerung, um das Interesse eines römischen Beamten zu gewinnen. Sie behaupteten, Jesus habe es verboten, an die römische Regierung Steuern zu zahlen, und erklärt, er sei ein König (s. Luk. 23:2).

Wie Johannes berichtet, gingen die Ankläger des Meisters nicht in das römische Richthaus, damit sie sich nicht durch das Betreten einer unreinen „heidnischen“ Stätte verunreinigten. Pilatus verhörte Jesus also nicht vor dessen Feinden (s. 18:28). Als Pilatus ihn wegen seiner angeblichen Königswürde befragte, stellte er bald fest, daß der Meister keinen Anspruch darauf erhob, König im weltlichen Sinn zu sein. Seine Nachfolger waren keine Kämpfer; er besaß kein irdisches Reich. „Da sprach Pilatus zu ihm: So bist du dennoch ein König? Jesus antwortete: Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, daß ich für die Wahrheit zeugen soll. Wer aus der Wahrheit ist, der höret meine Stimme. Spricht Pilatus zu ihm: Was ist Wahrheit?“ (Siehe V. 33-38.)

Da ging Pilatus wieder hinaus, und da er ein gerechter Mann war, wie er es verstand, erklärte er, daß er keine Schuld an Jesus finde. Doch die Hohenpriester und Ältesten brachten weitere Beschwerden gegen ihn vor, auf die der Meister — zu Pilatus' Verwunderung — nichts erwiderte. Sie behaupteten unter anderem, er habe sein Werk als Unruhestifter in Galiläa begonnen. Als Pilatus erfuhr, daß Jesus ein Galiläer war, versuchte er diesen unangenehmen Fall an Herodes Antipas abzuschieben, der Vierfürst von Galiläa war und zu der Zeit Jerusalem besuchte (s. Matth. 27:12-14; Mark. 15:3-5; Luk. 23:4-7).

Herodes war darüber nicht verstimmt. Der Nazarener hatte schon lange seine Neugier erweckt, und nun hoffte er zu sehen, wie Jesus ein Wunder vollbrachte. Aber dieser schwieg auch unter seinem langen Verhör, während die Hohenpriester und Schriftgelehrten ihre Sache weiter vorantrieben. Jesus wurde ausgelacht und verspottet und zu Pilatus zurückgeschickt (s. Luk. 23:8-11).

Wie aus den Evangelien hervorgeht, war es Brauch, daß der Landpfleger zum Passahfest einen bekannten jüdischen Gefangenen freigab, wobei er die Wahl dem Volk überließ. Als Pilatus Jesus zum letztenmal verhörte, versammelten sich die Menschen, um diese jährliche Gefälligkeit zu erbitten. Wie wir wissen, war das einfache Volk gewöhnlich auf der Seite des Meisters, und Pilatus schlug vor, ihn zu züchtigen und loszulassen, nachdem er klargemacht hatte, daß weder seine Untersuchungen noch die des Herodes den Beweis erbracht hätten, daß der Mann des Todes schuldig sei. Da er dem Neid der Hohenpriester entgegenarbeiten wollte, stellte er das versammelte Volk vor die Wahl. Wen sollte er losgeben: „Jesus, von dem gesagt wird, er sei der Christus“ oder Barabbas — einen Mann, dessen Beiname ebenfalls Jesus war, wie uns überliefert wird —, der wegen Mord gefangengenommen worden war, den er während des von ihm angestifteten Aufruhrs begangen hatte? Johannes bezeichnet Barabbas als einen „Räuber“, d.h. einen Verbrecher, wie die Römer einen bewaffneten Aufrührer betrachten würden (s. Matth. 27:15-18; Mark. 15:6-10; Luk. 23:13-16).

In diesem kritischen Augenblick, so erzählt uns Matthäus, wurde Pilatus durch eine Botschaft seiner Frau unterbrochen, die ihm sagen ließ: „Habe du nichts zu schaffen mit diesem Gerechten; ich habe heute viel erlitten im Traum seinetwegen“ (27:19). Ironischerweise mag die Botschaft das Gegenteil bewirkt haben. Durch sie gab es eine kurze Unterbrechung, in der die Priester das wankelmütige Volk bearbeiten konnten. Als dann Pilatus die Sache wieder aufgriff und seine Frage wiederholte, bekam er als Antwort das Gegenteil von dem, was er erhofft hatte. Die Menschenmenge wählte Barabbas (s. Matth. 27:19-21; Mark. 15:11; Luk. 23:18, 19; Joh. 18:40).

Johannes berichtet etwas ausführlicher darüber und sagt: „Da nahm Pilatus Jesus und ließ ihn geißeln“ — anscheinend nicht der erste Schritt, um den Gefangenen zu töten, wie Matthäus und Markus es verstehen, sondern eine Strafe, ehe er freigesetzt wurde. Die Soldaten verspotteten ihn, setzten ihm eine Dornenkrone auf und legten ihm ein Purpurkleid an. Als aber die Hohenpriester und Diener schrien: „Kreuzige! kreuzige!“, wiederholte Pilatus sein Urteil: „Ich finde keine Schuld an ihm“ (s. Joh. 19:1-6). Jesu Feinde waren beharrlich. Ihre Behauptung, daß jemand, der „sich selbst zu Gottes Sohn gemacht“ habe, nach ihrem Gesetz sterben müsse, jagte Pilatus Furcht ein, und noch einmal befragte er Jesus, erhielt jedoch keine Antwort. Als er Jesus daran erinnerte, daß es in seiner Macht stehe, ihn zu kreuzigen oder freizusetzen, antwortete Jesus: „Du hättest keine Macht über mich, wenn sie dir nicht wäre von oben her gegeben.“

Pilatus hoffte immer noch, die Entlassung des Gefangenen bewerkstelligen zu können. Als jedoch die Menge rief, daß er an dem Verrat am römischen Kaiser mitschuldig sei, wenn er diesen Mann, der sich einen König nannte, freispreche, wurde Pilatus schwach. Er ließ Jesus aus dem Richthaus bringen und versuchte vielleicht noch einmal an die Treue der Landsleute des Gefangenen zu appellieren. Als er aber sagte: „Sehet, das ist euer König!“, rief das Volk ihm zu: „Weg, weg mit dem! Kreuzige ihn!“ Die Priester hatten sogar ihren Nationalstolz vergessen: „Wir haben keinen König denn den Kaiser“ (s. Joh. 19:7-15).

Mit den Worten des Matthäus: „Da aber Pilatus sah, daß er nichts ausrichtete, sondern vielmehr ein Getümmel entstand, nahm er Wasser und wusch die Hände vor dem Volk und sprach: Ich bin unschuldig an seinem Blut; sehet ihr zu!“ Dann überantwortete er Jesus den Kriegsknechten, daß er gekreuzigt würde (s. 27:24-26; vgl. Mark. 15:15; Luk. 23:24, 25; Joh. 19:16).

Matthäus erzählt uns, daß das Volk überheblich die Schuld für dieses Verbrechen auf sich nahm. Doch wer sich mit dem Neuen Testament befaßt, denkt an das Gebet Jesu noch am gleichen Tag, daß denen, die nicht wissen, „was sie tun“, vergeben werden möge (Luk. 23:34), und an die spätere Erklärung des Apostels Paulus: „Das fleischliche Gemüt“ — weder ein Römer noch ein Jude — „ist Feindschaft wider Gott“ (Röm. 8:7 — n. der engl. Bibel).

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