Ein Mädchen bestieg den Bus, mit dem es zur Schule fuhr. Als es beim Fahrer bezahlte, stolperte es über seinen Regenschirm, ließ die Schultasche fallen und landete beinahe in den Armen eines Fahrgastes, der hinter dem Fahrer saß.
„Wie peinlich“, dachte das Mädchen. Es war solch ein unbedeutender Vorfall. Und doch war es während der ganzen Fahrt völlig niedergeschlagen. Es beschloß, am nächsten Sonntag mit seiner Sonntagsschullehrerin darüber zu sprechen.
Ein führendes Wörterbuch definiert „befangen“ als „übermäßig bewußt, daß andere einen beobachten; schüchtern ... verlegen“. Ein anderes Wörterbuch definiert diese mentale Bürde als „der eigenen Handlungen oder Zustände bewußt als zu einem selbst gehörend oder als von einem selbst ausgehend ... die unangenehme Empfindung, Gegenstand der Beobachtung anderer zu sein“. Diese mentale Last quält Erwachsene und Teenager gleichermaßen. Das Licht der Christlichen Wissenschaft deckt diese Bürde als eine Selbsttäuschung auf, die im persönlichen Sinn verwurzelt ist — die Überzeugung, daß wir materielle Personen seien, die gute und schlechte Eigenschaften haben. Befangenheit möchte versuchen zu begrenzen und zu verwirren — sie möchte uns der Freiheit und Freude berauben, unserer unbegrenzten Fähigkeit, das göttliche Gemüt zum Ausdruck zu bringen.
In der Schule litt das oben erwähnte Mädchen so sehr unter Befangenheit, daß es sogar ein Problem war, wenn es in den Lesesaal gehen mußte, um ein Wörterbuch zu benutzen — d. h., bis zu dem Augenblick, wo sie mit ihrer Lehrerin in der christlich-wissenschaftlichen Sonntagsschule darüber sprach.
Sie unterhielten sich über das erste Gebot: „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“ 2. Mose 20:3. Und sie schlugen „Götter“ im Glossarium in Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy nach, wo eine der vielen Definitionen lautet: „die Annahme, daß das unendliche Gemüt in endlichen Formen sei“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 587.. Sie hatten jedoch im Unterricht gelernt, daß das unendliche Gemüt Gott, Geist, ist und daß der Mensch gerade dieses unendliche Gemüt zum Ausdruck bringt. Sie erkannten folgendes: Um herauszufinden, was es bedeutet, dieser Ausdruck zu sein, man aufhören, sich vor einem falschen Gott zu verbeugen und zu denken, man sei ein in einer endlichen Form eingeschlossenes Gemüt, das sich einer endlichen Form bewußt ist; vielmehr muß man sich des wahren Selbst bewußt sein — des Menschen als Ebenbild des einen Ich bin.
Als das Mädchen um ein besseres Bewußtsein seines wahren Selbst betete, wurde es von den ständig auf sich selbst gerichteten Gedanken frei. Diese Freiheit zeigte sich in einem größeren Interesse an dem Wohlergehen anderer, in einem Bemühen, zu lieben und zu helfen. Als sie mehr darüber nachdachte, wie sie anderen helfen könnte, wurde ihr eigenes Bedürfnis nach einem unbeschränkten Ausdruck ihres wahren Selbst erfüllt. Sie begann, eine wichtigere Rolle bei Schulveranstaltungen zu spielen. Später, als sie erwachsen war, konnte sie ihre eigenen Radiosendungen verkaufen, produzieren und senden — eine Aufgabe, die sehr viel persönlichen Kontakt, einschließlich Interviews, umfaßte. Sie hat oft über die folgende Stelle aus einem von Paulus' Briefen nachgedacht: „Gott ist's, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen, zu seinem Wohlgefallen.“ Phil. 2:13. Je mehr wir Gott, nicht „Götter“, in uns zum Ausdruck kommen lassen, desto mehr finden wir die Freiheit des wahren Selbst.