Der Prophet Jesaja gibt uns eine Botschaft von Gott, mit der wir Probleme zwischenmenschlicher Beziehungen lösen können: „Das aber ist ein Fasten, an dem ich Gefallen habe: Laß los, die du mit Unrecht gebunden hast, laß ledig, auf die du das Joch gelegt hast! Gib frei, die du bedrückst, reiß jedes Joch weg!“ Jes. 58:6.
Gerade heute lernen die Menschen, wie sie durch kompromißlose Anerkennung der Allmacht und Allgegenwart de göttlichen Liebe, Gottes, besser miteinander auskommen können. Wir lesen darüber in den Zeitschriften der Christlichen WissenschaftChristian Science (kr’istjәn s’aiәns) und hören es in den Mittwochabend-Zeugnisversammlungen der Kirche Christi, Wissenschafter. Solche Berichte über das Heilen zwischenmenschlicher Beziehungen ermutigen uns; doch wir müssen noch lernen, uns völlig dem Christus zuzuwenden, um unsere eigenen Probleme zu lösen.
Meine Aufmerksamkeit wurde einmal immer wieder auf die zitierte Bibelstelle gelenkt. Das Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy, half mir, den Vers zu ergründen und „aufzuschließen”.
Jemandem willentlich Zwang auflegen, ihn unterdrücken, menschlichen Willen anwenden?
Könnte ich so etwas tun?
Vielleicht tue ich es in der besten Absicht, aus menschlicher Liebe und Fürsorge, um dem anderen zu helfen, ihn vor Schaden zu bewahren, ihn zu führen oder um einer geliebten Sache zu dienen.
Dieses analysierende Forschen deckte viel Selbstgerechtigkeit und Eigenwillen auf ― Eigenschaften, die das geistige Wachstum behindern. Mrs. Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, schreibt: „... ich sehe, daß der Wille oder die sinnliche Vernunft des menschlichen Gemüts dem göttlichen Gemüt, wie es durch die göttliche Wissenschaft zum Ausdruck kommt, widerstreitet.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 111. Außerdem erklärt sie: „Jeder Christliche Wissenschafter, jeder gewissenhafte Lehrer der Wissenschaft des Gemüts-Heilens, weiß, daß der menschliche Wille nicht Christliche Wissenschaft ist, und dies muß er erkennen, um sich gegen den Einfluß des menschlichen Willens zu verteidigen. Er fühlt sich moralisch verpflichtet, die Augen seiner Schüler zu öffnen, damit sie die Natur und die Methoden des Irrtums jeder Art wahrnehmen können, besonders jede hinterlistige Art des Bösen, die getäuscht wird und täuscht.“ Ebd., S. 451.
Ich fragte mich, welche Grundlage eine solche hinterlistige Selbsttäuschung für sich beanspruchte. Glaube ich, Gottes Plan nachhelfen zu müssen? Meine ich, ein Sterblicher müsse stets andere Sterbliche beeinflussen und ihnen den Weg weisen, um der Wahrheit zum Sieg zu verhelfen? Soll man z. B. in Versammlungen immer wieder das Wort ergreifen, um seine eigene Meinung durchzusetzen? Es wurde mir klar, daß man durch öfteres Wiederholen der eigenen Ansicht nur erklärt, daß man sich vielleicht vom Irrtum hat täuschen lassen.
Ich fragte mich ferner: Braucht die göttliche Wahrheit das Bemühen eines Sterblichen, um Wahrheit zu sein ― ewige, auf sich selbst beruhende Wahrheit? Bedarf Gott der mehr oder weniger ängstlichen Fürsorge eines Sterblichen, um allgegenwärtige, allmächtige und allwissende Liebe zu sein? Glaube ich immer noch, daß Leben zerstörbar sei ― das Leben, das Gott selbst ist? Muß ich (oder könnte ich) dieses Leben beschützen? Überwiegt in meinem Bewußtsein immer noch die Illusion der Materialität?
Jetzt war es für mich an der Zeit, ruhig zu sein, beiseite zu treten ― einen persönlichen Sinn, die eigenwillige Ansicht über das, was recht ist, aufzugeben.
Eine herrliche Gewißheit und Dankbarkeit durchflutete mein Bewußtsein. Ich sah, daß selbst ein geringes Verständnis von Gottes geistiger Schöpfung, von der göttlichen Allmacht und Allgegenwart der göttlichen Liebe die Furcht zerstört, daß irgendwo irgend etwas schief gehen könne. Das nahm mir ein falsches Verantwortungsgefühl und veranlaßte mich, bewußter auf die allweise Führung Gottes zu vertrauen. Ich fühlte mich von Selbstgerechtigkeit und Eigenwillen frei.
Christus Jesus erzählte einst ein Gleichnis, das uns dazu anhält, den zarten Weizen, oder das Gute, im Bewußtsein zu behüten, damit er gedeihen kann, während das Unkraut, oder das Böse, im Denken getrennt und ausgejätet wird. S. Matth. 13:24-30. Wir müssen demütig einsehen, daß das Böse keine Substanz hat.
Manche Mutter und mancher Vater haben durch die Christliche Wissenschaft gelernt, das Gute, das in den Gemütern ihrer Kinder heranreift, geduldig zu pflegen und geistig wachsam genug zu sein, um die Unwirklichkeit schlechter Eigenschaften zu erkennen. Mrs. Eddy schreibt: „Das Zeitliche und Unwirkliche berühren niemals das Ewige und Wirkliche. Das Wandelbare und Unvollkommene berühren niemals das Unwandelbare und Vollkommene. Das Unharmonische und Selbstzerstörende berühren niemals das Harmonische und durch sich selbst Bestehende. Diese entgegengesetzten Eigenschaften sind das Unkraut und der Weizen, die sich niemals wirklich vermischen, obgleich sie (für das sterbliche Auge) bis zur Ernte nebeneinander wachsen; dann trennt die Wissenschaft den Weizen vom Unkraut durch die Erkenntnis, daß Gott immer gegenwärtig ist und daß der Mensch das göttliche Gleichnis widerspiegelt.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 300.
Für Pädagogen, Arbeitgeber, Politiker ― alle, die irgendwie mit Menschenführung zu tun haben ― ist Weisheit, die die Unwirklichkeit des Bösen und die Wirklichkeit des Guten aufzeigt, der Schlüssel, mit dem sie bisher verschlossene Bereiche der Verständigung, des Wissens, des Verständnisses, der Disziplin und des Erfolges aufschließen können.
Als Jesus die Kranken heilte, die Sünder umwandelte und die Toten wieder zum Leben erweckte, mußte er den Menschen zuerst einmal als vollkommen gesehen haben. Er band die Sterblichen nicht mit Unrecht, auch bedrückte er sie nicht. Er belastete sich selbst und andere nicht mit falschen Gedanken. Sein ganzes Wirken basierte auf Gottes geistiger, guter Schöpfung. Jesus sah den Menschen tatsächlich als Ebenbild Gottes, des Geistes. Er bewies, daß der Mensch vollkommen, gesund, harmonisch, lebendig, freudig ist und geliebt wird. Er bewies, daß diese Wahrheiten für alle Zeiten gültig sind. Deshalb wissen wir heute, daß der Mensch tatsächlich jetzt die Idee des Gemüts und mit Gott vereint ist.
Man kann also auch sagen: Laß los, was dich mit Unrecht gebunden hat! Laß los das falsche Bild, das dich allzulange getäuscht hat! Laß los deine Annahme, der Mensch sei ein materielles Gehäuse aus Fleisch und Blut mit einer Seele darin, mit guten und schlechten Eigenschaften. Laß los die Lüge, daß der Mensch von Gott getrennt sein könne. In dem Maße, wie wir dies tun, werden wir erkennen, daß alle unsere Beziehungen von Gott bestimmt und regiert werden.
Wir können uns freuen, daß alles, was wirklich besteht, im göttlichen Gemüt lebt und webt. Und wir können uns über die klare Erkenntnis freuen, daß alles, was nicht von Gott kommt, machtlos und unwirklich ist.
