Auf einer Wanderung durch die Wildnis des Shenandoah-Nationalparks, der im Osten der Vereinigten Staaten liegt, erfreute ich mich an dem ausgedehnten, tiefen Urwald mit seiner vielfältigen Pflanzen-und Tierwelt.
Jeder Hügel und jede Schlucht, die alle romantische Namen tragen, haben etwas Besonderes aufzuweisen: die riesengroßen Hemlocktannen in einem kleinen Gebiet, das als „Limberlost“ bekannt ist; die mindestens sieben Wasserfälle des „White Oak Canyon“; den abgetragenen, gerundeten Kamm des „Old-Rag“-Berges; die Würde des Appalachen-Pfades, der sich von Maine bis nach Georgia zieht.
Viel Wild streift durch ein Naturschutzgebiet wie Shenandoah. Stundenlang habe ich ein Rehkitz beobachtet, das von seiner Mutter für den Tag sicher gebettet in einem Dickicht lag, in das die Sonnenstrahlen helle Flecken warfen. Bären durchziehen das Reservat, und die Frage, ob der majestätische Kuguar zurückgekehrt ist, wird mit großem Interesse und viel Neugierde diskutiert. Und auch kleine Tiere haben ihren Platz im Ökosystem des Waldes: Stinktiere, Waschbären, Backenhörnchen, Salamander.
In einer solchen Umgebung kann man nicht umhin, über Dinge des Geistes nachzudenken. Was ist unser richtiges Verhältnis zur Natur, und was ist das richtige Verhältnis der Natur zu uns? Was für eine Haltung und Verantwortung haben wir, die wir mit der höchsten Intelligenz auf Erden ausgerüstet sind, gegenüber der Natur und ihren Schätzen?
Die Bibel lehrt Gottes Gebote an die Menschen: „... füllet die Erde ... und herrschet ... “ 1. Mose 1:28. Die Christliche Wissenschaft, die die geistige Bedeutung der Bibel herausstellt, erklärt, daß es der geistige Mensch ist, der Herrschaft über die Erde hat. So schreibt Mrs. Eddy in ihrem Buch Wissenschaft und Gesundheit: „Er ist die zusammengesetzte Idee Gottes und schließt alle richtigen Ideen in sich ... “ Wissenschaft und Gesundheit, S. 475.
Das ist ein gewaltiger Sprung von der fleischlichen Vorstellung vom Menschen zur Betrachtung des Menschen im höchsten geistigen Sinn — als der ideale Mensch, der seinen Ursprung im Geist, in Gott, hat, als Sein eigener Ausdruck, Sein geliebtes Kind. Wenn dieses wahre Wesen eines jeden von uns erkannt wird, beeinflußt es unmittelbar alles, was auf der menschlichen Ebene in Erscheinung tritt.
Betrachten wir doch einen Augenblick den Menschen als die Idee Gottes. „Idee“ stellt eine besondere Beziehung des Menschen zu Gott dar — der nicht nur unser Vater, der Elohim, der Allerhöchste, die göttliche Vorsehung und unser Hirte ist, sondern auch die höchste Intelligenz, die logischerweise als das göttliche Gemüt definiert wird. Als die geistige Schöpfung des Gemüts (die wahre Identität dessen, was wir als Männer und Frauen sehen) ist der Mensch die höchste Idee dieses Gemüts. Der Mensch spiegelt Gottes höchste und vollkommenste Intelligenz wider.
Andere Ideen der göttlichen Intelligenz bekunden Gott nicht in diesem Umfang. Die geringeren Ideen erscheinen der Welt als Bär, Rotwild oder Spinnentiere; als Baum, Blume oder Fisch. Der Ursprung und das Endziel einer jeden Idee sind rein geistig, und sie kommen durch das göttliche Gemüt, Gott, zum Ausdruck. Jede geistige Identität — von der geringsten geistigen Idee bis zur zusammengesetzten Idee, dem Menschen — spiegelt Gott individuell wider und besitzt daher alles, was sie benötigt, um zu leben und um nützlich und schön zu sein.
In Wissenschaft und Gesundheit wird diese geistige Wirklichkeit folgendermaßen beschrieben: „Das Universum spiegelt Gott wider. Es gibt nur einen Schöpfer und nur eine Schöpfung. Diese Schöpfung besteht in der Entfaltung geistiger Ideen und deren Identitäten, die von dem unendlichen Gemüt umfaßt und immerdar widergespiegelt werden. Diese Ideen erstrecken sich vom unendlich Kleinen bis zur Unendlichkeit, und die höchsten Ideen sind die Söhne und Töchter Gottes.“ Ebd., S. 502.
Als die zusammengesetzte Idee oder volle Darstellung Gottes schließt der Mensch in seinem Sein alle rechten Ideen ein, und diese sind ihrem grundlegenden Wesen nach aktiv, harmonisch, vollständig und wohlwollend.
So ist in der endgültigen ontologischen Bedeutung die Berechtigung dafür gegeben, die Welt Gottes, des Geistes, als die Einheit von Gott und Seinem Ausdruck, dem Menschen, zu akzeptieren, der das Weltall der Ideen in sich schließt: ein Gott und Seine geistige Schöpfung, der Mensch; darüber hinaus kein Raum, kein Gesetz, keine Bewegung, kein Leben — nur Gott, der sich selbst zum Ausdruck bringt, und der Mensch als Sein Ausdruck.
Die Erklärung, die uns die Christliche Wissenschaft über Gott, den Menschen und die Erde gibt, hilft uns, das richtig zu erfassen und zu schützen, was uns in unserem täglichen Leben als Pflanzen- und Tierwelt sowie als Ressourcen und Elemente der physischen Welt erscheint. Wenn wir unseren Teil zur Verbesserung der Umwelt beitragen wollen, müssen wir uns unbedingt auf den Begriff „Wahrnehmung“ konzentrieren. Wie wir uns selbst und unsere Umwelt wahrnehmen, bestimmt in weit größerem Maße, als wir annehmen mögen, die Zukunft dieser Umwelt.
Sehen wir den Baum auf unserem Zeltplatz oder in unserer Straße lediglich als ein physisches Gebilde, das den Launen des Menschen und den Naturgewalten ausgesetzt ist? Oder beginnen wir, die der Schöpfung, Gott und dem Menschen, einschließlich des Weltalls, innewohnende ausschließlich geistige Natur wahrzunehmen? Eine solche Wahrnehmung ist eine religiöse Erhebung, eine Glaubenshandlung, nicht wahr? Sie fordert von uns, alles zu verneinen, was die körperlichen Sinne uns vorgaukeln, durch die materiellen Bilder hindurchzuschauen und etwas von der Wahrheit des Seins zu erkennen.
Doch werden wir — angesichts der heutzutage vorherrschenden praktischen Denkweise — fragen, zu welchen Folgen die Anwendung dieser richtigen Anschauung vom Menschen und der Natur führt. Was waren die Folgen für Moses hungerleidendes Volk in der Wüste? Oder für Christi Jesu Freunde in dem vom Sturm bedrohten Schiff? Für jeden, der sich um diese wirklich wissenschaftliche Wahrnehmung bemüht und danach lebt, können die Folgen heute die gleichen wie damals sein: Segnungen in Form von besserer Versorgung, besserer Gesundheit, zunehmender Harmonie für sich, für andere, für die Umwelt. Die geistige Wahrnehmung ist also ein metaphysischer Vorgang — ein Vorgang, der über das Physische hinausgeht —, und doch hat er einen unmittelbaren Einfluß auf das, was das physische Reich zu sein scheint.
Schon die Fragen, die wir mitunter hegen — wie, warum und ob dieser metaphysische Vorgang auf Wahrheit beruht und nützlich sein kann —, sind in hohem Maße die Feinde der Menschheit und der Natur. Nur wenige von uns sind hinreichend frei von diesem an der Materie orientierten, den Fortschritt hemmenden Widerstand, den Furcht und Zweifel hinsichtlich unserer individuellen Fähigkeit, die zusammengesetzte Idee Gottes zu erkennen, ausüben. Zweifel an Gott und Seiner Schöpfung ist blinder und unwissender Irrtum, der von allen zurückgewiesen werden muß, die die Wirklichkeit der Angelegenheiten des Geistes anerkennen oder beginnen, sie anzuerkennen.
Was für eine Rolle spielt daher jeder von uns im Leben! Geist so wahrzunehmen, wie er im Universum vom Menschen einschließlich aller rechten Ideen und Tätigkeiten zum Ausdruck gebracht wird! Durch Gottes Macht können wir wissen, daß dieses Universum vollkommen geistig, dynamisch, unversehrt ist. Die Welt wird gesegnet, wenn wir wissen, daß jede Erscheinungsform der Natur geistig ist; wenn wir in unserem Denken und Handeln bekräftigen, daß in Wirklichkeit jede Erscheinungsform in diesem Augenblick von Gott versorgt und erhalten wird, und wenn wir allen Zweifeln und Ängsten hinsichtlich dieser Wahrnehmung und ihrer Wirksamkeit widerstehen. Diese Rolle können wir alle zu jeder Zeit spielen — für die Tiere, die Pflanzen und die sogenannte unbelebte Natur.
Als Beschützer der Erde hat uns Gott durch Seine unendliche und vollkommene Liebe die für diese Aufgabe nötige Kraft verliehen. Jeder von uns besitzt diese Kraft und kann sie segenbringend anwenden — für die Naturschutzparks in Amerika, für die Flüsse Europas, für die Savannen in Afrika, für die Dschungel Asiens, für den australischen Busch, für die urwüchsigen Regenwälder Südamerikas und für die Inseln und Tiefen der großen Weltmeere.
Herr, mein Gott, du bist sehr herrlich ...
Du machst Finsternis, daß es Nacht wird;
da regen sich
alle wilden Tiere ...
Wenn aber die Sonne aufgeht,
heben sie sich davon
und legen sich in ihre Höhlen.
Wenn du ihnen gibst, so sammeln sie;
wenn du deine Hand auftust,
so werden sie mit Gutem gesättigt.
Psalm 104:1, 20, 22, 28
