Jonathan und David verband eine innige Freundschaft, die auf gegenseitiger Wertschätzung beruhte.
Obwohl Jonathan der Sohn König Sauls war und David der Sohn Isais, eines gewöhnlichen Bürgers, erkannten sie einander als völlig gleichgestellt an. Jonathans Demut und Davids Wissen um seine eigene Würde machten solch eine ausgewogene Freundschaft möglich.
Durch die Christliche Wissenschaft können wir lernen, einander als individuelle Ideen zu sehen, als vollständige Widerspiegelung Gottes, des Gemüts. Erkennen wir unsere Vollkommenheit gegenseitig an, dann werden wir im Umgang miteinander ausgeglichener, wir treffen gemeinsam Entscheidungen, unterstützen uns gegenseitig und leben miteinander in Harmonie.
Einige von uns mögen sich jedoch angewöhnt haben, den persönlichen Launen anderer nachzugeben; und ein solches Verhalten kann zu Unterwürfigkeit in der Beziehung führen. Dies ist tatsächlich eine Art mentaler Sklaverei, die gegen unser Recht verstößt, Gottes Willen zu tun. Christus Jesus sagte: „Niemand kann zwei Herren dienen.“ Matth. 6:24.
Die Freiheit, die Gott uns gegeben hat, kann sich kein anderer aneignen. Eigenwilliges Verhalten ist ein Versuch, genau das zu tun. Und oft wünscht sich derjenige, der einen anderen so behandelt, selbst berichtigt zu werden; denn wir alle möchten, daß man uns gern hat und respektiert. Wir alle werden von unserem Vater-Mutter Gott zärtlich geliebt; und die göttliche Liebe zeigt uns, wie wir uns gegenseitig unterstützen können.
Die Kinder eines gerechten Gottes sind nicht Werkzeuge der Knechtschaft oder des Eigenwillens, und wir können dies überall dort beweisen, wo Unterdrückung herrscht, sei es in der Ehe, einer Freundschaft, einer Religionsgemeinschaft oder am Arbeitsplatz. „Es war schwer, die unbezahlte Sklavenarbeit in den Vereinigten Staaten auf gesetzmäßigem Wege aufzuheben; doch die Aufhebung der mentalen Sklaverei ist eine weit schwierigere Aufgabe“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 225., schreibt Mrs. Eddy in Wissenschaft und Gesundheit.
Die Christliche Wissenschaft zeigt uns, wie wir Unterwürfigkeit in zwischenmenschlichen Beziehungen verhüten können. Sie lehrt uns, andere und auch uns selbst als die wirklich aufrechten und achtbaren Ideen Gottes zu schätzen, jeden einzelnen als vollständige individuelle Widerspiegelung des Gemüts. Wir können nicht uns selbst als den Ausdruck des einen Gemüts erkennen und gleichzeitig an materielle Gemüter mit despotischen oder knechtischen Eigenschaften glauben. Eine solche Annahme ist nur eine sterbliche Suggestion, die unsere mentale Zustimmung fordert.
Gott ist das einzige Gemüt. Der Mensch ist die ununterbrochene Widerspiegelung des Gemüts. Wenn wir verstehen, daß dies unser wahrer Status ist, können wir weder dominieren noch uns unterwerfen. Gott liebt jeden von uns zu sehr, um zu erlauben, daß andere uns zu ihrem eigenen Vorteil mißbrauchen! „... wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit“ 2. Kor. 3:17., schreibt Paulus.
Können wir eine Beziehung, die scheinbar aus dem Gleichgewicht geraten ist, wieder ins Gleis bringen?
Ja, denn sie ist nur aus dem Glauben an viele Gemüter entstanden. In Wahrheit aber ist Gemüt, Gott, das einzige Bewußtsein; und der Mensch spiegelt das Gemüt wider. Geistige Ideen, die aufwärts streben und befreien, gelangen über den Christus, den ewigen Boten des Gemüts, in empfängliches Denken.
Wenn wir von der Freundschaft lesen, die zwischen Jonathan und David bestand, stellen wir fest, wie ausgewogen ihre Beziehung war und wie sehr sie auf Gegenseitigkeit beruhte. Jonathan war so um David besorgt, daß er sein Leben riskierte, als Saul, Jonathans eigener Vater, seinen Freund zu hassen begann. Und Davids Klagen über den Tod seines Freundes sprachen von seiner Liebe zu Jonathan. Siehe 1. Sam. 18–20 und 2. Sam. 1:17–27.
Eine solche Liebe kommt von Gott, der Liebe, Prinzip ist. In Wirklichkeit spiegelt jeder von uns die göttliche Liebe wider. Die Christliche Wissenschaft gibt uns daher keine Berechtigung, etwas zu dulden, was der Liebe, dem Prinzip, unähnlich ist, wie persönlicher Wille, diktatorische oder gebieterische Charakterzüge. Auch veranlaßt Gott uns nicht, Unwahrheiten über uns selbst zu akzeptieren und us z. B. selbst geringzuschätzen oder uns zu unterwerfen. Sie können nicht zur Liebe gehören, denn sie verletzen, ärgern und frustrieren. Die göttliche Liebe kann keine solchen falschen Charakterzüge verleihen. „Liebe ist der Befreier“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 225., steht in Wissenschaft und Gesundheit.
Die uns von Gott verliehenen Gaben der Entscheidungsfreiheit und individuellen Unabhängigkeit — unser Recht, den Willen unseres Vaters zu tun — sind so beständig wie unser Verständnis von Prinzip, Liebe. Der persönliche Wille kann sich des göttlichen Willens nicht ermächtigen. Wir können daran festhalten, daß ungeachtet der Situation, in der wie uns gegenwärtig zu befinden scheinen, unser Recht, Gottes Weisungen zu befolgen und unser wahres Selbst als achtbare Kinder Gottes zu würdigen, persönliche Zumutungen oder Selbsterniedrigung ausschließt. Wenn wir diesen mentalen Standpunkt vertreten, können wir das Selbstvertrauen eines Menschen beanspruchen, der weiß, daß er Gottes Kind ist. Unsere Freiheit ist mehr als ein persönliches Recht. Sie kommt von Gott, ist geistig und wird allen in gleichem Maße verliehen. In Wahrheit gibt es keine Untertänigkeit, nichts, was auch nur auf widerstreitende Gemüter hindeuten könnte, denn Gemüt ist eines. Gemüt ist Geist. Gemüt ist Alles.
Unsere Gedanken bestimmen weitgehend unsere Erfahrung. Wenn wir auf den immergegenwärtigen Christus, die Wahrheit, aufmerksamer lauschen, werden unsere Gedanken und unser Verhalten anderen gegenüber die Objektivität des Geistes selbstverständlicher widerspiegeln. Wir können die unendlichen, befreienden Kräfte des Gemüts wahrnehmen. Diese Erkenntnis wird dann jegliches Gefühl der Unterwürfigkeit oder die Neigung, anderen unseren Willen aufzuzwingen, ersetzen.
Selbst wenn sich noch kein Fortschritt zeigt, können wir darauf bestehen, daß Gebet immer wirksam ist. Wir können sicher sein, daß der Christus stets tätig ist und das individuelle Denken verändert und formt. Wenn sich diese Wandlung in unserer Erfahrung vollzieht, werden sich unsere zwischenmenschlichen Beziehungen sichtlich verbessern, und wir werden sowohl von Herrschsucht wie von Unterwürfigkeit erlöst.
Eine junge Bekannte von mir ging eine enge Beziehung mit einer anderen Person ein. Anfangs beruhte diese Freundschaft auf gegenseitiger Unterstützung. Aber später wurde sie zu einem Verhältnis, das beiden schadete. Einer der beiden wurde sehr tyrannisch. Aus Angst, die Freundschaft könnte in die Brüche gehen, unterwarf sich der andere den Forderungen. Das wirkte sich auf die individuelle Freiheit beider nachteilig aus. Sie verloren ihre Anerkennung und Achtung füreinander.
Einer der beiden verstand, daß die Christliche Wissenschaft heilt. Der andere nicht. Ich hatte Gelegenheit, mit dem, der sich auf die Christliche Wissenschaft verließ, über das Wesen des Menschen nachzudenken, der das vollkommene Kind Gottes ist. Es wurde uns klarer, daß Gott, das eine Gemüt, immer die Herrschaft hat und daß es weder böse Absichten noch persönliche Unterdrückung, noch eine Neigung zur Unterwürfigkeit geben konnte, da Gottes Idee das Gemüt zum Ausdruck bringt. In Gottes Reich konnte niemals jemand Handlungen ausgesetzt sein, die dem menschlichen Willen, der Grobheit oder dem Wunsch zu unterjochen entsprangen. Wir hielten daran fest, daß Gott Geist ist und es deshalb kein materielles Gemüt geben kann, das außerhalb Gottes Reich existiert und selbstsüchtige Neigungen geltend macht oder sich ihnen unterwirft.
Dankbar erkannten wir, daß Gott jedes Seiner Kinder liebt, erhält, umsorgt und nährt. Liebe ist Prinzip — sie verändert sich nicht, schwankt niemals, regiert immer. Wir wußten, daß jeder einzelne von Gott geliebt wird.
Das göttliche Gemüt erschafft ganz gewiß keine knechtischen oder halsstarrigen Gedanken. Von Gott kommen nur hilfreiche Ideen. Es kann auch kein materielles Gemüt geben, das den Irrtum rechtfertigen würde! Der Christus erleuchtet unser Denken und läßt uns erkennen, daß wir alle gleiche Rechte haben; daß wir fähig sind, einander zu unterstützen, und daß sich jeder individueller Freiheit erfreut.
Binnen kurzem war die Beziehung dieser beiden jungen Leute von dem niederdrückenden Element frei. In ihrem Denken entfalteten sich neues individuelles Wachstum und zunehmende Stärke, die in ihren Handlungen Ausdruck fanden. Meine junge Bekannte, die sich auf die Christliche Wissenschaft verließ, erkannte sofort die individuelle Würde und den individuellen Wert. Heute sind die beiden sehr gute Freunde.
Wir können uns alle vergegenwärtigen, daß uns die göttliche Liebe, das Prinzip, von Unterwürfigkeit befreit. Die Liebe stellt in einer menschlichen Beziehung das richtige Gleichgewicht her. Wir können andere an dem, was wir von Liebe, Prinzip, verstehen, teilhaben lassen und unsere Freundschaften auf diese Weise bereichern. Unausgewogene Beziehungen können dadurch berichtigt werden, daß wir uns die Vollkommenheit aller in zunehmendem Maße vor Augen führen. Unsere individuelle Würde, die wir als Kinder des vollkommenen Gottes haben, heilt sowohl die Neigung zur Unterwürfigkeit wie zur Herrschsucht, wenn wir diese Tatsache verstehen. Gott, die göttliche Liebe, wird uns im rechten Augenblick genau das geben, was wir nötig haben, vorausgesetzt, wir hören auf Ihn. „Warte geduldig, bis die göttliche Liebe auf den Wassern des sterblichen Gemüts schwebt und den vollkommenen Begriff bildet“ Ebd., S. 454., heißt es in Wissenschaft und Gesundheit.
Gott hilft einem jeden von uns und gibt uns das rechte Gefühl für Gleichwertigkeit, Achtbarkeit, Ausgewogenheit, Führung. Wir müssen lediglich anerkennen, daß Er alles gibt und beherrscht. Dann können wir lernen, diese Tatsache in unseren Freundschaften zum Ausdruck zu bringen. Die göttliche Liebe, das Gemüt, wird uns zeigen, wie wir das tun können, und dafür sorgen, daß wir Freundschaften finden, die beide Partner segnen.
