Die Christliche Wissenschaft ist eine Religion der Liebe. Sie hat ihren Ursprung in Gott, dem göttlichen Prinzip, Liebe. Erbarmen mit denjenigen, die sich bemühen, Krankheit und Gebrechen zu überwinden, ist der Kern der Christlichen Wissenschaft.
Deshalb ist es so wichtig, auf welche Art und in welchem Ton die Christlichen Wissenschafter die geistige Heilmethode aufrechterhalten, die sich allein auf Gott verläßt. Das ist besonders wichtig, wenn wir einem Freund oder Verwandten helfen wollen, der im Augenblick in ärztlicher Behandlung steht.
Christlich-wissenschaftliches Heilen und ärztliche Behandlung gehen zwar von zwei völlig entgegengesetzten Standpunkten an die Frage der Gesundheit heran, aber dennoch kann ein Christlicher Wissenschafter viel tun, um das Erbarmen des heilenden Christus denen näherzubringen, die zögern, sich ganz auf Gottes Heilkraft zu verlassen. Dieses Erbarmen veranschaulicht Mrs. Eddy in Wissenschat und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift mit folgenden Worten: „Keine Macht kann der göttlichen Liebe widerstehen.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 224.
Ärztliche Behandlung geht grundsätzlich von der Annahme aus, daß der Mensch physisch sei und aus Materie bestehe, daß mit ihm etwas nicht in Ordnung sei und das Problem durch physische Mittel behoben werden müsse. Das christlich-wissenschaftliche Heilen gründet sich auf die Voraussetzung, daß der Mensch in Wirklichkeit vollkommen, der geistige Ausdruck des vollkommenen Lebens ist. Das Leben des Menschen hat seinen Ursprung in Gott, Geist, der das Leben selbst ist. An beide dieser entgegengesetzten Ansichten zu glauben ist nutzlos. Denn sie sind unvereinbar und können zusammen keinen gesunden Zustand herbeiführen.
Obgleich eine erbarmungsvolle Haltung anderen gegenüber immer erforderlich ist, müssen wir verstehen, daß es kein Ausdruck von Liebe ist, jemanden, der sich freiwillig in ärztliche Behandlung begibt, spezifisch im Sinne der Christlichen Wissenschaft zu behandeln. Die göttliche Liebe ist auch göttliches Prinzip. Von ungewöhnlichen Umständen abgesehen — z. B. wenn jemand zu ärztlicher Behandlung gesetzlich verpflichtet ist, sie aber nicht wünscht — , wäre eine christlich-wissenschaftliche Behandlung bei gleichzeitiger ärztlicher Behandlung ein Verstoß gegen die auf göttlichem Prinzip beruhende Regel der Liebe. Die uns regierende göttliche Liebe fordert, daß wir nicht zum Konflikt im Denken eines Menschen beitragen.
Und doch verlangt uns danach, wenn wir das Wunder christlich-wissenschaftlichen Heilens erfahren haben, etwas zu tun, um einem uns nahestehenden Menschen, der sich in großer Not befindet, zu helfen. Und die göttliche Liebe bereitet uns den Weg, damit wir dem Betreffenden die nötige erbarmungsvolle Fürsorge zukommen lassen können. Diese Fürsorge kann sowohl auf göttlicher wie auf menschlicher Ebene zum Ausdruck kommen.
Gott, göttliche Liebe, sorgt für Seine geliebte Idee, den Menschen — für die wahre Identität eines jeden — , indem Er den Menschen als Sein vollkommenes Ebenbild erhält, sieht und kennt. Wir könnten sagen, daß Gott für die vollkommene und unschuldige Identität des Menschen sorgt, weil Gott ihn so erschaffen hat und kennt.
Jeder, der auch nur etwas von der Christlichen Wissenschaft versteht, kann daher denjenigen, die zur Zeit nicht fähig oder bereit sind, die Theologie der Christlichen Wissenschaft anzunehmen, dadurch helfen, daß er ihre wahre, vollkommene Identität als Mensch, als Gottes geistiger und unverletzlicher Ausdruck, hegt und liebt. Dieses Hegen ist nicht christlich-wissenschaftliche Behandlung. Es befaßt sich weder mit den eventuellen besonderen Irrtümern im Denken der betreffenden Person, noch korrigiert es sie metaphysisch. Vielmehr geben wir damit Gott die Ehre, erkennen Seine unendliche Liebe an, die den Menschen ewiglich mit zärtlicher Fürsorge umgibt, und sind dankbar dafür. Offensichtliche, menschliche Nöte ignorieren wir nicht; doch wir weigern uns, zu akzeptieren, daß Krankheit und Unvollkommenheit in irgendeiner Weise zu dem von Gott geschaffenen Menschen gehören. Das ist unsere individuelle Widerspiegelung der göttlichen Liebe, die die Atmosphäre in unserer Umgebung und alles, was wir sagen, denken oder tun, durchdringt. Wir sind immer dafür verantwortlich, unser eigenes Denken in Einklang mit der Wahrheit zu erhalten, daß Gott dem Menschen Vollkommenheit verliehen hat. Und diese Reinheit wissenschaftlichen und liebevollen Denkens zieht oft diejenigen an, die Gott suchen.
Vielleicht spürte die Frau, die von langjährigem Blutfluß geheilt wurde, gerade diese Liebe in Christus Jesus. Die Bibel sagt: „Und eine Frau hatte den Blutfluß zwölf Jahre gehabt; die hatte alle ihre Nahrung an die Ärzte gewandt und konnte von niemand geheilt werden. Die trat hinzu von hinten und rührte seines Kleides Saum an; und alsbald stand ihr Blutfluß.“ Luk. 8:43, 44.
Als dieser Vorfall sich ereignete, war Jesus eigentlich auf dem Wege zu einer Familie, die ihn ausdrücklich um seine Hilfe gebeten hatte. Und die Bibel gibt keinen Hinweis darauf, daß er sich der Frau im besonderen bewußt war, ehe sie sein Gewand berührte. Doch, wie die Bibel berichtet, wurde sie geheilt: „Er aber sprach zu ihr: Meine Tochter, dein Glaube hat dir geholfen. Gehe hin in Frieden!“ Luk. 8:48.
Jesus veranschaulichte, daß es dieses geistige Bewußtsein von des Menschen Einssein mit Gott ist, das heilt. Es ist ein Hervorströmen des Christus, der Wahrheit, die sich in unserem eigenen geistig erhobenen Verständnis ausdrückt, daß jeder in Wahrheit die geliebte, gehegte und unveränderbar vollkommene Idee Gottes ist. Diese Widerspiegelung der Fürsorge der göttlichen Liebe kann, ja sollte verspürt werden, wenn wir einen Freund im Krankenhaus besuchen, an einer behinderten Person auf der Straße vorübergehen, einen ans Haus gefesselten Verwandten anrufen.
Wir wissen nie, wann unsere hohen geistigen Gedanken vielleicht jemanden auf gleiche Weise berühren werden, wie die Geistigkeit und Liebe der frühen christlichen Apostel auf die Notbedürftigen in ihrer Umgebung wirkten. Die Bibel berichtet: „Es geschahen aber viel Zeichen und Wunder im Volk durch der Apostel Hände“; und nachdem erwähnt wird, daß eine „Menge“ gläubig wurde, heißt es weiter, „daß sie die Kranken sogar auf die Gassen hinaustrugen und sie auf Betten und Bahren legten, damit, wenn Petrus käme, zum wenigsten sein Schatten einige von ihnen überschattete“ Siehe Apg. 5:12–15..
Die Menschen spürten die Gegenwart oder den „Schatten“ von Petrus’ heilenden Gedanken, wenn er vorüberging. Genauso sollten die Menschen den heilenden Christus in unserem Denken spüren. Wenn wir auch Personen, die sich in ärztlicher Behandlung befinden, keine christlich-wissenschaftliche Behandlung geben, so können wir doch zart und sanft ein Christlicher Wissenschafter sein, indem wir Gottes Liebe widerspiegeln in unseren Gedanken über andere, in dem Erbarmen, das wir empfinden, und der freudigen Überzeugung von der Allheit der göttlichen Liebe. Solche Liebe weckt Vertrauen und ermutigt das ringende Herz, sich der göttlichen Liebe zuzuwenden.
Die meisten Menschen, die nicht bereit sind, Hilfe bei der Christlichen Wissenschaft zu suchen, und zögern, ihr zu vertrauen, handeln im Grunde so, weil sie sie nicht verstehen. Daher ist höchstes Erbarmen die einzig christliche Haltung einem Menschen gegenüber, der mit Furcht ringt. Physische Symptome und Erscheinungsformen können oft furchterregend sein. Doch wenn man Gottes Allheit, Seine Güte, Seine vollkommene Allerhabenheit und Seine Fürsorge für Seinen Ausdruck, den Menschen, kennenlernt und spürt, weicht die Furcht.
Wie wichtig ist es daher für jeden, der Trost und Heilung sucht, mehr über Gott als alles umsorgende, unendliche Liebe zu lernen. Die Christlichen Wissenschafter sollten ein Licht sein — ein Licht widergespiegelter geistiger Liebe zur Menschheit. Wie wundervoll ist es, wenn Menschen durch die geistige Liebe, die wir ausdrücken, einen kleinen Schimmer ihres eigenen wahren Selbst erlangen können! Die Menschen müssen sich so sehen, wie Gott sie kennt. Sie werden dann den heilenden Christus spüren und nach der Botschaft der Wahrheit streben, der Botschaft von der Vollkommenheit des Menschen als Gottes Idee.
Erbarmen und die geistige Heilmethode sind unzertrennliche Gefährten. Wenn wir die göttliche Liebe und göttliche Wahrheit in unserem Denken widerspiegeln, werden die Menschen die Hilfe, nach der sie sich in Wirklichkeit sehnen, finden — die Christliche Wissenschaft.
