Eines der häufigsten Probleme in der menschlichen Erfahrung ist der Wunsch nach einem Partner. Dieser Wunsch kann sich über alle Stufen unseres Lebens erstrecken. Doch hierfür gibt es — wie bei allen anderen Nöten — eine Lösung, die bei Gott beginnt und auf dieser Grundlage das menschliche Verlangen stillt. Ein stärkeres Bewußtsein von dem Einssein oder der Einheit des Menschen mit Gott zerstreut Furcht und stillt den Wunsch nach Trost und Geborgenheit.
Mrs. Eddy wirft in Wissenschaft und Gesundheit folgende Frage auf: „Wäre das Dasein ohne persönliche Freunde ein leeres Blatt für dich? Dann wird die Zeit kommen, wo du einsam sein und des Mitgefühls entbehren wirst; aber diese scheinbare Leere ist bereits von der göttlichen Liebe erfüllt.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 266. Aus dieser Feststellung ergibt sich logischerweise, daß das Dasein kein leeres Blatt zu sein braucht; und wenn wir die Wahrheit über des Menschen Einssein mit Gott finden, eine Wahrheit, durch die Gott uns stützt, brauchen wir erst gar nicht den Sorgen zu begegnen, die der Vorstellung entspringen, daß man von Personen abhänge. Wir können dem Problem vorauseilen.
Warum sollen wir so lange warten, bis wir aus dem Mangel oder aus der Belastung keinen Ausweg mehr sehen, ehe wir das göttliche Gegenmittel finden? Die Ganzheit und Vollständigkeit des Menschen, der zu Gottes Ebenbild erschaffen wurde, ist eine wissenschaftliche Wahrheit, die auf natürliche Weise die menschlichen Lebensumstände regiert. Wenn wir diese Wahrheit verstehen, wird sie für unsere Erfahrung zu einem Gesetz.
Die Bibel lehrt die große Wahrheit — und die Christliche Wissenschaft stellt sie deutlich heraus —, daß Gott das unendliche Gute ist und alles Gute von Gott kommt. Diese Wahrheit kann unsere Schritte leiten und das Gute in unserer Erfahrung zur Wirklichkeit werden lassen. Bevor wir irgendeine menschliche Not stillen können, müssen wir die grundlegende Tatsache der Allheit Gottes verstehen, daß Gott, das ewig Gute, Liebe, Wahrheit und Leben, Alles ist und daß der Mensch als Sein Bild und Gleichnis mit diesem gütigen Gott eins ist. Der Mensch spiegelt als Gottes Kind das vollständige Wesen Gottes wider. Er kann von Gott nicht getrennt werden, und ihm kann es auch nicht an lebenswichtigen Dingen mangeln.
In einer Zeit, in der Familienbindungen ernsthaft in Frage gestellt werden, müssen wir die geistigen Tatsachen erfassen, die die menschlichen Umstände heilen und regieren können. Gott ist unser Vater und unsere Mutter; Er liebt und erhält uns und ist stets bei uns. Diese Vater- und Mutterschaft Gottes kann, wenn sie verstanden wird und in unserem Denken und Tun zum Ausdruck kommt, uns — und durch uns — den Trost der Elternschaft geben, die Führung der Weisheit, die Zartheit familiärer Fürsorglichkeit. Das Einssein Gottes als Gemüt — das einzige Gemüt und das einzige Leben, in dem wir alle leben — kann die Zusammengehörigkeit aller Kinder Gottes, die Einheit aller Ideen des göttlichen Gemüts und die allumfassende Macht der Liebe offenbaren. Solche geistigen Wahrheiten helfen uns, den wahren Familien- und Kameradschaftssinn zu demonstrieren.
Wenn wir die Quelle und das Wesen des Guten mißverstehen, führt das zu Fehlern und Enttäuschungen. Verlassen wir uns in erster Linie auf Menschen und weltliche Wertvorstellungen anstatt auf Gott, das unveränderliche göttliche Prinzip, so werden wir verwundbar. Verletzt zu werden ist eine der häufigsten Befürchtungen in zwischenmenschlichen Beziehungen. Doch gibt es hierfür eine Lösung. Wenn wir darum beten, daß Gott uns führe und wir nur von Seinen Weisungen abhängen mögen, wird uns das zu den rechten Mitteln und Wegen sowie zu Erfahrungen führen, in denen wir uns geborgen fühlen. Freundschaften können sich auf geistige Werte gründen und die Verläßlichkeit des göttlichen Prinzips widerspiegeln.
Das Bedürfnis nach einer Kameradschaft und der Wunsch, Einsamkeit zu überwinden, führen manchmal zu fragwürdigen Motiven und Mitteln. Eine Ehe mit dem falschen Partner kann z. B. zur schlimmsten Form der Einsamkeit führen. Es sollte offensichtlich sein, daß eine derart wichtige Entscheidung wie die Eheschließung der gründlichsten geistigen Vorbereitung und Führung bedarf. Wenn wir die wahre Grundlage der Individualität finden — unserer eigenen und der anderer —, haben wir auch die wahre Grundlage für Kameradschaft entdeckt. Und diese Grundlage ist mental und geistig, nicht lediglich physischer Art. Kurz, sie ist die Einheit des Menschen mit Gott.
Man muß nicht verheiratet sein, um die wahre, geistige Individualität des Menschen zu demonstrieren; aber nur wenn wir ein bestimmtes Maß an Vollständigkeit in uns entdecken, gehen wir in die Ehe, in der wir etwas zu geben und mit dem anderen zu teilen haben. In dem Maße, wie wir lernen, uns immer mehr auf Gott als die Quelle alles Guten zu verlassen, werden wir zur Einheit und Harmonie in der Familie und zu einer integren Freundschaft beitragen. Im Familienleben geht es mehr um ein „Geben“ als um ein „Nehmen“. Kinder können das frühzeitig lernen; sie werden dann nicht mit der falschen Erwartung belastet, sie müßten immer die Empfänger sein. Selbstsucht ist kein Teil unseres wahren, gottgegebenen Seins. Sie ist ein Irrtum, den wir uns angeeignet haben, und ein grundlegender Stolperstein auf dem Weg zum Glück.
Wahre Partnerschaft muß auf Selbstlosigkeit beruhen. Viel von dem, was vorgibt, Liebe zu sein, ist lediglich Selbstsucht — das Verlangen nach der Befriedigung der eigenen Wünsche. Werden sie nicht erfüllt, dann wandeln sie sich oftmals in das Gegenteil von Liebe. Die tragische Folge ist, daß Hoffnungen enttäuscht, Familien zerrüttet und Kinder im Stich gelassen werden. Mrs. Eddy macht folgende wichtige Beobachtung: „Glück besteht darin, gut zu sein und Gutes zu tun; nur was Gott gibt und was wir uns selbst und anderen durch Seinen Reichtum geben, verleiht Glück; bewußter Wert befriedigt das hungernde Herz, und nichts anderes vermag es.“ Botschaft an Die Mutterkirche für 1902, S. 17.
In dieser Lehre klingt die Lektion an, die Christi Jesu Leben veranschaulichte — daß Glück im selbstlosen Dienst am Nächsten zu finden ist. Schreibt doch Mrs. Eddy in Wissenschaft und Gesundheit: „Die geistig Reichen helfen den Armen in einer großen Brüderschaft, und alle haben dasselbe Prinzip oder denselben Vater; und gesegnet ist der Mensch, der seines Bruders Not sieht und ihr abhilft und das eigene Gute in dem des anderen sucht.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 518. Wenn wir das eigene Gute in dem des anderen finden, haben wir die Quelle alles Guten berührt. Denn es handelt sich nur um wahre Liebe, wenn sie die göttliche Liebe widerspiegelt. Eins zu sein mit Gott bedeutet, eins zu sein mit allem Guten. Das ist die Grundlage für Erfüllung und Vollständigkeit.
Oft wenden wir uns erst dann an Gott, nachdem wir uns auf Menschen verlassen haben und von ihnen enttäuscht wurden. So erging es auch Mrs. Eddy. Die Prüfungen, durch die sie hindurchging, hatten sie davon abgebracht, sich auf Menschen zu verlassen. Sie macht eine recht erstaunliche Feststellung, wenn sie sagt: „Der Christliche Wissenschafter ist allein mit seinem eigenen Sein und mit der Wirklichkeit aller Dinge.“ Botschaft an Die Mutterkirche für 1901, S. 20.
Früher oder später muß sich jeder mit der Tatsache auseinandersetzen, daß er im Grunde genommen allein ist mit Gott; und mit Gott zu sein bedeutet, mit Seinen geistigen Ideen zu sein. Jesus, der im Garten Gethsemane allein war, nachdem ihn alle seine menschlichen Gefährten im Stich gelassen hatten (seine Jünger schliefen), wandte sich ganz an Gott und unterstellte seinen eigenen Willen dem Gottes. Das war die Lösung seines Problems. Gewiß erkannte er in jenem Augenblick seine Einheit mit Gott, dem göttlichen Leben, noch umfassender und wußte, daß ihn nichts von seinem Vater trennen konnte.
Müssen wir schmerzliche Erfahrungen durchmachen? Die Antwort hängt davon ab, inwieweit wir bereit sind, die damit verbundene Lektion zu lernen. Wie leicht fällt es uns, uns aus der Abhängigkeit von Menschen zu befreien und uns den geistigen Quellen zuzuwenden — uns vollständig auf Gott zu verlassen? Menschen hungern oft sehr nach Erfüllung. Es stellt sich dann die Frage: Worin liegt wirklich das Bedürfnis, und wie kann ihm abgeholfen werden? Obwohl das menschliche Gemüt meint, hier handele es sich um ein physisches Bedürfnis, so ist doch die eigentliche Lösung jenseits der Körperlichkeit in der geistigen Befriedigung dieses Bedürfnisses zu suchen. Der Psalmist beschrieb es mit den folgenden Worten: „Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott.“ Ps. 42:3.
Viele Menschen sind auf der Suche nach etwas, was ihr Leben erfüllt. Haben sie herausgefunden, worin es besteht, so erkennen sie, daß Gott es ist. Wir finden Erfüllung, wenn wir die Gegenwart Gottes und des Menschen geistige Natur als Gottes Ebenbild klarer verstehen. Wiederum besteht die elementare Lösung in dem Einssein mit Gott. Das wahre Wesen des Menschen drückt die göttliche Vollständigkeit und die Allheit der Liebe aus. Im göttlichen Charakter gibt es keine Schwachpunkte. Je besser wir diese Tatsache verstehen, um so mehr werden unsere zwischenmenschlichen Beziehungen moralisch gefestigt, unsere Freundschaften verläßlicher und wird unser Leben von einer geistigeren Gesinnung geprägt. Ohne einen geistigen Zweck hat das Leben nur wenig Sinn.
Jesus liebte seine Jünger. Sein menschliches Leben ist Zeugnis für großes Mitgefühl und eine Mission der Hilfsbereitschaft und des Heilens für die Menschheit. Obwohl die überlieferten Berichte dies nicht direkt sagen, so müssen doch dieser Lehrer und seine Schüler manch glückliche Stunde miteinander verbracht haben. Da menschliche Zuneigung der göttlichen Liebe nahe kommt, bringt sie Herzlichkeit und Freude in unseren Alltag. Wenn wir die rechte Anschauung erlangen, daß die göttliche Liebe die Quelle alles Guten ist, bringen wir auf ganz natürliche Weise den menschlichen Ausdruck der göttlichen Liebe in unsere Erfahrung.
Manche Menschen empfinden eine außerordentlich starke Zuneigung zur Person Jesus und sehen in ihm den idealen Menschen. Aber auch das könnte leicht ein menschliches Festhalten an einer Persönlichkeit sein, und nicht ein Sichverlassen auf Gott, das göttliche Prinzip des Seins. Jesus ermutigte niemanden zur persönlichen Abhängigkeit. Ja, er sagte: „Es ist euch gut, daß ich hingehe. Denn wenn ich nicht hingehe, so kommt der Tröster nicht zu euch.“ Joh. 16:7. Jeder kann entdecken, daß der Tröster der Christus ist, die wahre Idee von dem Einssein des Menschen mit Gott, dem Guten, das Jesus veranschaulichte. So ist denn dieser Trost immer bei uns.
Freundschaften haben ihre Berechtigung, aber wir brauchen das Alleinsein nicht zu fürchten. Die tägliche Zwiesprache mit Gott ist eine heilige Zeit. Die göttliche Intelligenz, in der sich unser himmlischer Vater spiegelt und die im Alltag angewandt wird, leitet uns in die rechte menschliche Situation, wo keine weltlichen Elemente vorherrschen und das geistige Verlangen seinen rechten Platz hat und in den Vordergrund rückt. In unserem menschlichen Dasein gibt der Christus den Ton an und offenbart in immer größerem Maße Erfülung — unser Einssein mit Gott.
