„Es ist kein anderes Gebot größer als diese“, erklärt Christus Jesus. Er bezieht sich auf die beiden grundlegenden „Du-sollst-Forderungen“: „Du sollst Gott, deinen Herrn, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüte und von allen deinen Kräften. Das andre ist dies: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ Mark. 12:30, 31. Diese beiden „Du-Sollst“ zeigen, wie wir unsere Erlösung ausarbeiten können.
Ist es selbstsüchtig, dieses Wie der Erlösung für uns zu suchen? Nein! Denn wir gehorchen dann der Bibel: „Schaffet, daß ihr selig werdet ... Gott ist’s, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen, zu seinem Wohlgefallen.“ Phil. 2:12, 13. Und wir kommen dann Mrs. Eddys Bitte nach: „Eines habe ich innig gewünscht, und ich bitte noch einmal ernstlich darum, daß die Christlichen Wissenschafter, hier und überall, täglich für sich selbst beten, nicht hörbar noch auf Knien, sondern im Herzen, demütig und inbrünstig.“ Vermischte Schriften, S. 127.
Eigentlich können wir die Erlösung eines anderen nicht ausarbeiten — so sehr wir es oft auch versuchen. Wir können nicht im Tandemstil ins Himmelreich kommen oder nach dem Motto „billiger im Dutzend“. Es gibt keine Sondertarife oder Gruppenangebote. Erlösung geht niemals über die Beziehung des einzelnen zu Gott hinaus. Arbeiten Sie Ihre eigene aus! Jesus tat das. Er zeigte uns, wie wir unsere Erlösung ausarbeiten können; er tat jedoch nicht unsere Arbeit für uns, noch enthob er uns einer einzigen individuellen Verantwortung.
Natürlich ist es wichtig, dem anderen zu helfen, und es ist der einzig praktische Weg, den Nächsten wie sich selbst zu lieben. Aber man muß immer zuerst die eigene Erlösung ausarbeiten, damit man weiß, wie man dem anderen helfen kann. Und helfen wir unserem Nächsten nicht am meisten, wenn wir nicht versuchen, seine Erlösung auszuarbeiten?
Ich will hier nicht versuchen, alle wesentlichen Punkte aufzuführen oder genau in Worte zu kleiden, was es bedeutet, für sich selbst zu beten, doch ich möchte einige „Du-sollst-Forderungen“ geradeso wiedergeben, wie sie mir bewußt geworden sind.
1. Du sollst tun, was du predigst! Was sollen wir tun? Die göttliche Metaphysik anwenden. Wie? Mrs. Eddy sagt es uns in Wissenschaft und Gesundheit: „Das Prinzip der göttlichen Metaphysik ist Gott; die Betätigung der göttlichen Metaphysik ist die Nutzbarmachung der Macht der Wahrheit über den Irrtum...“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 111. Und wo machen wir „die Macht der Wahrheit über den Irrtum“ nutzbar? Im Bewußtsein, in Ihrem und meinem — wo sonst?
Eine gute Botschaft! Sicherlich sind Sie und ich, wenn die Christliche Wissenschaft ehrlich studieren und beständig versuchen, sie zu leben, bereits von Gott dazu ausgerüstet, tätige Christliche Wissenschafter — Heiler — zu sein. Die Bibel beschreibt dieses Geschenk, das einem Handwerker, der heilige Arbeit verrichten sollte, von Gott gegeben wurde: „[Ich] habe ihn erfüllt mit dem Geist Gottes, mit Weisheit und Verstand und Erkenntnis und mit aller Geschicklichkeit.“ 2. Mose 31:3.
Beachten Sie, daß die göttliche Gabe „alle Geschicklichkeit“ einschließt. Ist das in unserem Falle nicht das Know-how, die praktische Weisheit, „die Macht der Wahrheit über den Irrtum“ nutzbar zu machen? Wir wissen tatsächlich genug, wir sind gut genug, um damit anzufangen, diese Macht zu nutzen. Wir brauchen uns nicht anzustrengen, um wirksame Heiler zu werden, indem wir uns etwas aneignen, was unser Vater uns nicht bereits gegeben hat. Wir können den „alten Menschen“ ablegen, der stets etwas Negatives zu sagen hat. Beanspruchen Sie Ihr Geburtsrecht als individuelles Ebenbild Gottes, dann können Sie mit Ihrem Leben die Macht des Christus, der Wahrheit, bezeugen, die heilt und erlöst.
2. Du sollst — im Gebet, in der Behandlung, in allen Dingen — dort beginnen, wo du enden möchtest. Fangen Sie mit der Vollkommenheit an, und halten Sie daran fest. In Wissenschaft und Gesundheit lesen wir: „Das christusgleiche Verständnis vom wissenschaftlichen Sein und vom göttlichen Heilen umfaßt als Grundlage des Gedankens und der Demonstration ein vollkommenes Prinzip und eine vollkommene Idee — einen vollkommenen Gott und einen vollkommenen Menschen.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 259. Von dieser Grundlage aus bejahen und verneinen Sie oder umgekehrt. Erheben Sie sich über die Annahme von einer begrenzten „Person“, die durch ein sterbliches Gemüt bestimmt wird, und handhaben Sie diese Annahme. Gott nennt uns Seinen vollkommenen Menschen.
Erkennen Sie Ihre Identität an. Beten Sie für sich selbst — Sie sind Ihr erster „Patient“. Ihre Behandlung für andere findet in Ihrem Denken statt, ganz gleich, wen Sie als „Patienten“ bezeichnen. Beanspruchen Sie dann das eine Gemüt als Ihr Gemüt. Halten Sie daran fest, daß Sie sich niemals außerhalb des einen göttlichen Bewußtseins befinden können.
3. Du sollst anerkennen, daß so zu lieben, wie Jesus liebte, verlangt, daß man die beiden großen „Du-sollst-Forderungen“ befolgt, nicht nur die eine oder die andere — und ich muß zugeben, daß es mir schwerer fällt, meinen Nächsten zu lieben, als Gott zu lieben.
Es ist wirklich schwierig, manche Leute so zu sehen, wie ich mich zu meiner Freude sehe — nämlich als eine vollkommene Idee Gottes! Die Bibel erklärt jedoch: „Wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, wie kann er Gott lieben, den er nicht sieht?“ 1. Joh. 4:20. Und wie der Meister lehrte, umfaßt die göttliche Liebe reine und wahre Liebe. Wir bringen sie zum Ausdruck, wenn wir nicht nur unsere eigene wahre Identität lieben, sondern auch die unseres Nächsten. Diese Liebe macht frei; sie befreit uns von Selbsttäuschung.
4. Du sollst „Furcht“ als Anspruch handhaben. Sie ist machtlos, weil sie unwirklich ist, und sie ist unwirklich, weil Gott sie niemals geschaffen hat. Wäre sie wirklich, dann wäre sie ein Teil der vollkommenen Liebe und könnte nicht ausgetrieben werden. Furcht wird in dem Maße zerstört, wie wir beanspruchen, daß wir unter dem Gesetz der Liebe und ihrer ewigen Entfaltung des Guten stehen — und auf dem beharren, was wir beanspruchen. In Wirklichkeit gibt es nichts, vor dem oder weswegen wir uns fürchten müßten. Furcht ist eine Suggestion von etwas, was nicht besteht!
Folgen Sie täglich Mrs. Eddys Weisung, sich gegen aggressive mentale Suggestion zu schützen. Siehe Handbuch Der Mutterkirche, Art. VIII Abschn. 6. Es gibt ein vollkommenes, ewiges, unzerstörbares Leben. Der Mensch bringt dieses eine vollkommene Leben jetzt und immerdar zum Ausdruck. Sie überwinden die Furcht, wenn Sie Ihren geistigen Ursprung bekräftigen. Beanspruchen Sie, daß Sie niemals ins Fleisch hineingeboren wurden oder ihm unterworfen sind. Sie sind Idee, vollkommen geistig — Sie leben, weben und sind in Gott, wo Sie vollständig und unantastbar sind. In diesem wahren Bewußtsein ist der Mensch furchtlos. Das übersteigt bloßen Glauben; Sie beten dann für sich selbst, wie Jesus es veranschaulichte. Weisen Sie jede Suggestion zurück, die den Gedanken nahelegt, Sie seien nicht vollkommen, und beharren Sie mit der Wahrheit, bis die Suggestion verschwindet.
Um ein Beispiel zu nennen: Als ich mich für die Christliche Wissenschaft zu interessieren begann, rauchte ich fünfzehn bis sechzehn Zigarren am Tag. Ich hatte vergeblich versucht aufzuhören. Ich stellte fest, daß das materielle, sterbliche Gemüt sich ungern sagen läßt, was es nicht tun soll. Es leistet Widerstand, trotzt und verleitet einen oft dazu, bewußt das Gegenteil zu tun.
Ein Freund fragte, ob ich das erste und zweite Gebot kenne. Ich versicherte ihm, daß das der Fall sei. Er wies mich jedoch darauf hin, daß ich einen Gott aus dem Tabakblatt gemacht hatte. Sofort beschloß ich, etwas zu tun, um den Geboten zu gehorchen. Mir war klar, daß ich dabei den menschlichen Willen auf die einzig erlaubte Weise anwenden würde, so wie es in Wissenschaft und Gesundheit beschrieben wird: „Die Kraft des menschlichen Willens sollte nur in Unterordnung unter die Wahrheit ausgeübt werden, sonst wird sie das Urteil irreführen und die niederen Triebe entfesseln. Dem geistigen Sinn steht es zu, den Menschen zu regieren. Der materielle, irrende, menschliche Gedanke wirkt schädlich auf wie durch den Körper.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 206.
Ich warf die Zigarren weg, aber am nächsten Abend war das Verlangen nach einer Zigarre sehr stark. Ich sagte mir: „Ja, ich werde mir eine anzünden. Aber ich werde die Wahrheit entzünden, nicht das Kraut. Ich werde die Wahrheit meines Sein, inhalieren‘ und die Suggestion, ausatmen‘, daß ich der Gefangene eines falschen Verlangens sei, daß ich unvollkommen sei, und mir etwas fehle, was das Rauchen mir geben kann.“
Innerhalb eines Tages hatte mich der Wunsch zu rauchen völlig verlassen. Ich hatte herausgefunden, daß das sterbliche Gemüt, wenn es sich nicht austreiben läßt, durch die göttliche Liebe, das göttliche Gemüt, Gott, aus sich selbst herausgeführt werden kann. Ich lernte eine wichtige Lektion. Gib dir nicht nur große Mühe, etwas zu beenden — gib dir noch größere Mühe, etwas Besseres anzufangen.
5. Du sollst beten, um die Annahme zu brechen, Materie sei Substanz. Da Geist allen Raum erfüllt, gibt es in Ihrem wahren Selbst keine Materie, keine materielle Substanz. Gott ist Ihre einzige Substanz; deshalb können Sie nicht verfallen, noch kann sich bei Ihnen Mißklang oder Krankheit zeigen. Machen Sie sich klar, daß Sie keine Substanz haben, die das sterbliche Gemüt benutzen oder beherrschen kann oder auf der es seine falschen Ansprüche geltend machen kann. Leben, Wahrheit und Liebe sind Substanz; das gleiche gilt für Intelligenz oder Gemüt — einschließlich aller rechten Tätigkeit. (Wie gesund, wie rein ist die Substanz, die Gott ausmacht; und da wir Sein Ebenbild sind, ist dies die Substanz, die wir besitzen und widerspiegeln!)
Der menschliche Körper ist die Kundwerdung des menschlichen Denkens; er kann nicht von sich aus Wucherungen oder Absonderungen bilden oder Disharmonie bekunden. Und weil Gott die Quelle alles wahren Denkens ist, kann nur Vollkommenheit in Erscheinung treten. Studieren Sie Seite 185:5–19 in den Vermischten Schriften, und beachten Sie besonders, was Mrs. Eddy darüber sagt, wie Sie den falschen Identitätsbegriff zurückweisen sollen und wie gründlich Sie das tun sollen. Sie verlangt, daß wir „allem entsagen, was einen sogenannten materiellen Menschen ausmacht“ — uns nicht nur bemühen, ihn zurechtzubringen.
6. Du sollst Vertrauen in christlich-wissenschaftliche Behandlung haben. Gottes Wort heilt, und ich bezweifle die Ergebnisse genausowenig, wie ich eine mathematische Lösung bezweifeln würde. Erwarten Sie Gutes. Seien Sie klüger als der Teufel: Treten Sie dem Irrtum entgegen, bevor er zu Ihnen kommt. Zuversicht, die Erwartung des Guten, ist bei der Behandlung überaus wichtig. Wenn wir danach streben, das Bewußtsein der Behandlung aufrechtzuerhalten, erkennen wir bald, daß wir weder etwas heilen noch wir die Heilung vollbringen. Gott ist es, der durch den einzelnen gehorsamen Menschen heilt. Gehorsam macht uns für die Heilung empfänglich. Vergessen Sie also nicht sich selbst!
7. Du sollst anerkennen, beanspruchen, demonstrieren, daß es nur eine Ursache gibt. Stolz, Habgier, Zorn, Gefräßigkeit, Neid, Faulheit und Begierde sind als die sieben Punkte der Sünde bezeichnet worden, aber sie sind nicht die Ursache. Verneinen Sie die Sünde als Ursache. Jede Wirkung ist eins mit dieser einzigen Ursache, Gott, dem Guten, und drückt sie harmonisch aus. Das sterbliche Gemüt ist kein Schöpfer, und die vermeintliche „Wirkung“, der sterbliche Mensch, ist es auch nicht. Das eine Böse, das alles Böse umfaßt, ist die Annahme, der Mensch sei von Gott getrennt, sei materiell und materiellen Annahmen unterworfen. Da der Mensch jedoch als Widerspiegelung stets mit Gott zugleich besteht, kann der Mensch (die Wirkung) nicht sein oder tun, was Gott (die Ursache) nicht ist oder tut. Da der Mensch nicht schuldig ist und der Mensch Ihr wahres Selbst ist, sind Sie nicht schuldig, und Sie können das beweisen! Als der individuelle Ausdruck Gottes ist jeder von uns ewiglich untrennbar vom göttlichen Prinzip, Gott, und eins mit Ihm.
Wie ich bereits zu Beginn sagte, versuche ich hier nicht, alle Punkte aufzuführen, die beim Gebet um Erlösung wesentlich sind. Nur genug, um, wenn nötig, Anregungen zu geben. Zweifellos haben Sie Ihre eigenen „Du-sollst-Forderungen“. Ich hoffe es. Wenn nicht — bedienen Sie sich!
Denken Sie daran: Wenn Sie Schwierigkeiten haben, etwas zu überwinden, mag es nicht genügen, sich nur zu bemühen, es zu beenden. Sie müssen sich noch größere Mühe geben, etwas Besseres anzufangen — wie ich mit den ersten beiden Geboten und dem Rauchen. Und achten Sie darauf, daß Sie den menschlichen Willen nur „in Unterordnung unter die Wahrheit“ gebrauchen, wie Mrs. Eddy sagt.
Sollen Sie ihre Ermahnung beachten? Ja, DU SOLLST!
