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Es gibt noch mehr zu lernen

Aus der Juli 1986-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Wenn es nichts mehr zu lernen gäbe, wären Sie und ich nicht glücklich über die Christliche Wissenschaft
Christian Science (kr’istjən s’aiəns). Wenn wir sie wirklich so erschöpfend erfassen könnten, daß wir alles wüßten, was es über sie zu wissen gibt, dann hätten wir ihr Ende erreicht — und unser eigenes! Hätten wir „alles gelernt“, dann bliebe uns nichts zu tun übrig; wir könnten uns nicht weiterbilden oder verbessern.

Zum Glück ist eine solche Situation völlig aus der Luft gegriffen. Es wird immer noch mehr zu erkennen geben, weil die Christliche Wissenschaft kein akademisches Fach ist. Das, was wir über die unendlichen Wahrheiten über Gott, den Menschen und das Universum lernen können, erschöpft sich nie. Aber versetzen wir uns nicht manchmal selber in eine solche aus der Luft gegriffene Situation? Nehmen wir bewußt oder unbewußt an, wir hätten im wesentlichen das Ende dessen erreicht, was es für uns zu lernen gibt?

Vielleicht sind wir, um ein Beispiel zu nennen, schon seit einigen Jahren Christliche Wissenschafter, arbeiten aktiv in einer Zweigkirche mit und studieren treu die Lektionspredigt. Wir sind schließlich keine Anfänger!

Wirklich nicht? Im Vorwort zu Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift schreibt Mary Baker Eddy, die Entdekkerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, über sich selbst: „Wenn sich die Verfasserin auch heute einigen Fortschritts erfreut, so steht sie dennoch als ein williger Jünger an der Himmelspforte und wartet auf das Gemüt Christi.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. ix.

Mrs. Eddys Ansicht über sich selber mag uns dazu führen, unsere eigene Lage aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Vielleicht können wir dann zugeben, daß wir alle noch Anfänger beim Erlernen der unendlichen Dimensionen der Wissenschaft des Seins sind.

Wird ein solches Lernen je zu Ende sein? Nicht für den ehrlichen Christlichen Wissenschafter. Aber dieses Lernen ist nicht mühsam, so als müsse man ein Wissensgebiet nach dem anderen in sich aufnehmen. Ganz im Gegenteil! Dieses Lernen nimmt einem die Last, wie Christi Jesu Worte verheißen: „Nehmet auf euch mein Joch und lernet von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.“  Matth. 11:29, 30.

Geistiges Lernen bedeutet nicht, daß wir wie in der akademischen Welt Wissen anhäufen. Anstatt davon auszugehen, daß wir einem menschlichen Gefäß neues Wissen zuführen, um es damit zu füllen, legen wir bei dem geistigen Vorgang die falsche Vorstellung von einem leeren menschlichen Selbst ab. Wir begreifen immer mehr, daß ein Dasein als Bild und Gleichnis Gottes die ständige Fülle geistigen Verständnisses für dieses Gleichnis bedeuten muß. Und wir sehen uns allmählich als diese vollständige geistige Widerspiegelung Gottes, und nicht als ein weitgehend leeres sterbliches Wesen.

Oft ist es so, daß wir die Worte, die diesen Zustand beschreiben, kennen, aber mehr von ihrer Wahrheit empfinden müssen. Diese feste Überzeugung können wir gewinnen — und zwar dadurch, daß wir uns ganz der geistigen Erneuerung hingeben, die für die Christliche Wissenschaft von so grundlegender Bedeutung ist, aber allzuoft außer acht gelassen wird. Auch das Thema der Jahresversammlung 1985 — „Geistige Beobachtung und Selbstprüfung“ — stellt klar heraus: Um individuell und als Bewegung mehr Fortschritt zu erreichen, brauchen wir Selbsterkenntnis — wir müssen erkennen, was scheinbar als sterbliches Selbst die Stelle unserer geistigen Individualität einnimmt. Viele Menschen meinen, sie könnten die Fehler der anderen ganz leicht erkennen, glauben aber nicht, daß solche Fehler ihre eigene wahre Individualität verdecken! Daher schließen wirkliches Lernen und wirklicher geistiger Fortschritt Selbstprüfung und Selbsterkenntnis ein.

Wenn wir uns der falschen Gedanken nicht bewußt sind, die sich mit uns identifizieren, und sie einfach als Teil unseres wahren Selbst betrachten, dann erkennen wir nicht, daß wir diese Irrtümer ausschalten müssen oder können. Und so erhalten sie unter unserem Namen fortwährend neues „Leben“. Sie beeinträchtigen unsere Demonstration der reinen Christlichen Wissenschaft, ohne daß wir es überhaupt bemerken.

In den Anfängen der Christlichen Wissenschaft war es oft so, daß diejenigen, die Christliche Wissenschafter wurden, sich beeilten, ihre Fähigkeiten in den Dienst der Sache zu stellen, aber keinen wesentlichen Unterschied zwischen ihren persönlichen Meinungen und den Schlußfolgerungen sahen, die aus weiterem geistigen Wachstum hervorgehen. Durch ihre geistige Unreife hatten sie keine Ahnung von den Strömen des tierischen Magnetismus, die das Denken beeinflussen, und daher handelten sie konventionell oder genau so, daß es dem Fortschritt der neuen Kirche in höchstem Maße schadete.

Ihnen erschien das, was Mrs. Eddy vorschlug, manchmal naiv: Einige Theologen vertraten die Überzeugung von der Macht des persönlichen Charismas; Geschäftsleute glaubten, daß man durch verschiedene rein menschliche Verfahren schneller Fortschritt erreichen könne als durch die weniger glanzvolle, aber grundlegend mächtige Vergeistigung des Bewußtseins, die zu richtigen Entscheidungen führt.

Mrs. Eddy wußte, daß der Fortschritt der Sache der Christlichen Wissenschaft in erster Linie von der Geistigkeit ihrer Anhänger abhing. Nur die Geistigkeit ermöglichte es ihnen, in präziser Übereinstimmung mit dem Ziel des Geistes zu leben, die unendliche Rechtmäßigkeit des Gemüts widerzuspiegeln. Mit unmißverständlichen Worten beschrieb sie die Lage, die sich ihr bot. Sie sprach davon, daß „Kinder das Stellwerk“ bedienten. Und sie sagte: „Anstatt sich darauf zu verlassen, daß das Prinzip von allem, was wirklich existiert, Seine Schöpfung selbst regiert, möchten Eigendünkel, Unwissenheit und Stolz das Wirken Gottes regeln. Die Erfahrung zeigt, daß Demut der erste Schritt in der Christlichen Wissenschaft ist, in der alles durch Weisheit, Wahrheit und Liebe, nicht durch den Menschen oder durch materielle Gesetze, beherrscht wird.“ Vermischte Schriften, S. 354.

Daraus ist zu ersehen, daß es viel mehr bedeutet, ein Christlicher Wissenschafter zu sein, als lediglich die grundlegenden Punkte christlicher Metaphysik zu lieben und zu versuchen, sie anzuwenden. Es fordert, daß wir in Jesu Fußtapfen treten und alle menschlichen Annahmen für die erhabene Tatsache der Göttlichkeit aufgeben.

Glauben wir, daß ein einigermaßen gutes menschliches Wesen ein geeignetes Gefäß für geistiges Lernen sei? Christus Jesus warnte vor den Folgen dieser Annahme, als er sagte: „Niemand füllt jungen Wein in alte Schläuche; sonst zerreißt der junge Wein die Schläuche, und der Wein kommt um samt den Schläuchen; sondern man soll jungen Wein in neue Schläuche füllen.“  Mark. 2:22.

In der Christlichen Wissenschaft gibt es keine Möglichkeit, geistiges Wissen zu vermehren, ohne gleichzeitig das sogenannte sterbliche Selbst aufzugeben, das irrigerweise meint, es besitze dieses Wissen. Die meisten von uns legen die Vorstellung von einem materiellen Selbst nur allmählich ab. Doch muß es ein konsequenter und ständiger Vorgang sein, wenn wir unsere geistige Inspiration nicht verlieren oder in ein gegorenes Gebräu verwandeln lassen wollen! Mrs. Eddy schreibt: „Wenn man seine häßliche Gemütsverfassung nicht erkennt und sie nicht bereut, so tief bereut, daß man sie nie wieder bereuen muß, dann wird das Wachstum des Christlichen Wissenschafters verzögert, und in gewissen krankhaften Fällen hört es ganz auf.“ Verm., S. 107.

Engstirnigkeit, Härte, verborgene Ängste, weltliche Faszinationen, versteckte Irrtümer männlicher oder weiblicher Vorherrschaft, Bereitschaft „für einen guten Zweck“ zu manipulieren, fehlende Erkenntnis, daß man mit Demonstrationen von Heilungen ungeheilte Sünden des sterblichen Charakters nicht „gutmachen“ kann — all das und noch viele andere Dinge müssen weichen.

Es gibt keinen Grund, sich vor der Selbstprüfung zu fürchten. Zugegeben, wir mögen erschreckende Mängel oder Schwächen finden, die wir nicht sehen wollten. Aber das sollte uns nicht verwundern. Wer meint denn wirklich, daß ein Gemüt in der Materie ein Recht oder einen Grund haben könnte, als vollkommen betrachtet zu werden? Dieses vermeintliche Gemüt oder diese vermeintliche Persönlichkeit ist alles andere als vollkommen. Doch glücklicherweise gehört alles wirklich Gute, das wir je in unserem Bewußtsein geschätzt haben, dem Gemüt oder Geist an, das Gott ist. Außerdem ist das Gute, das wir schon erkannt haben, nur ein kleiner Hinweis auf die Vollkommenheit unseres individuellen Daseins als Gottes Ausdruck. Wir können es uns sehr wohl leisten, den sterblichen Mängeln entgegenzutreten, da sie ja nur die Lügen sind, die Anerkennung unserer eigenen unsterblichen, vollkommenen Individualität verbergen.

Wenn wir diesen Standpunkt erreichen, befinden wir uns an der Schwelle unendlichen Lernens und unendlichen Seins. Es gibt immer noch mehr zu lernen.


Was zuvor geschrieben ist,
das ist uns zur Lehre geschrieben,
auf daß wir durch Geduld und den Trost
der Schrift die Hoffnung festhalten.

Römer 15:4

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