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Disziplinierte Inspiration

Aus der Juli 1986-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Kürzlich sah ich im Metropolitan Museum of Art in New York eine Sonderausstellung der Gemälde des im siebzehnten Jahrhundert wirkenden italienischen Malers Caravaggio. Durch die besondere Verwendung von Licht und Schatten und die Betonung des realistischen, menschlichen Details bewies der Künstler, daß er sowohl Schönheit als auch Technik zu schätzen und zu gebrauchen wußte. Dies waren die Werke eines wahrhaft großen Künstlers.

Dann las ich jedoch über sein verhältnismäßig kurzes Leben, das von notorischer Unbeständigkeit und persönlichem Versagen gekennzeichnet war. Und ich dachte, wie großartig es gewesen wäre, wenn die Christliche Wissenschaft schon damals bekannt gewesen wäre und ihm hätte helfen können, seine Schwierigkeiten zu überwinden. Wer weiß, wie viele Meisterwerke er noch geschaffen hätte?

Ein Talent wie Caravaggios scheint selten zu sein. Jedoch haben wir alle etwas Einmaliges, was wir der Welt geben können: unser eigenes, wahrhaft inspiriertes Verständnis von Gott. Wie können wir aber die Selbstdisziplin besser zum Ausdruck bringen, die unsere Inspiration voll erblühen läßt?

Es gibt natürlich viele Antworten. Geduld, Beharrlichkeit und Liebe tragen sicherlich die guten Früchte, die uns und andere segnen. Mrs. Eddy gibt uns in den Vermischten Schriften in ihrem Artikel „Der Weg“ eine Antwort, die vielleicht ganz besonders auf dieses Thema angewandt werden kann. Sie spricht von drei Wachstumsstufen im geistigen Fortschritt des einzelnen — Selbsterkenntnis, Demut und Liebe. Diese aufwärtsstrebenden Eigenschaften des Denkens sind alle gleich wichtig, aber Demut hat eine besondere Beziehung zum Thema Inspiration.

Unsere Führerin schreibt über Demut: „Diese Tugend siegt über das Fleisch; sie ist der Genius der Christlichen Wissenschaft. Man kann niemals aufsteigen, ehe man in seiner eigenen Wertschätzung herabgestiegen ist. Die Demut ist Linse und Prisma für das Verständnis des Gemüts-Heilens; man muß sie besitzen, um unser Lehrbuch zu verstehen; sie ist unerläßlich für das persönliche Wachstum, und sie weist auf den Plan ihres göttlichen Prinzips und Gesetzes der Ausübung hin.“ Verm., S. 356.

Wer Demut zum Ausdruck bringt, rebelliert nicht gegen die Disziplin, die sowohl Gott als auch die menschliche Gesellschaft seiner Inspiration auferlegen, denn seine Arbeit konzentriert sich wahrhaftig auf Gott, nicht auf sein Selbst. Wir erlangen echte Demut, wenn wir erkennen, daß die Talente, die wir haben, die Freude, die wir empfinden, die Liebe und Schönheit, die wir zum Ausdruck bringen — ja selbst unser metaphysisches Verständnis —, keine persönlichen Fähigkeiten und Eigenschaften sind. Sie sind der natürliche Ausdruck unserer wahren Identität als Mensch, Gottes geistiges Ebenbild. Die Inspiration, die von Gott kommt, ist immer mit Selbstdisziplin verbunden, denn solche Inspiration drückt ganz natürlich das Gesetz des göttlichen Prinzips, Seele, aus. Wenn wir wissen, daß unser wahres Selbst von Seele, Gott, regiert wird, haben wir die Kraft, jeder Suggestion von Unausgeglichenheit oder Maßlosigkeit, die die Schönheit, die Durchführung oder den Erfolg unserer Arbeit oder unseres Lebens beeinträchtigen möchte, zu widerstehen und sie zu überwinden. Mrs. Eddy schreibt im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit: „Der Mensch, der Gottes Regierung widerspiegelt, regiert sich selbst.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 125. Die Quellen der geistigen Freude sind uns ständig zugänglich, wenn wir von Gott regiert werden, denn wir befinden uns dann im Einklang mit Seinem Gesetz der Harmonie, in dem Mißklang keinen Platz hat.

Sind wir demütig, so können wir auch die Annahme überwinden, unsere Arbeit sei so inspiriert, daß sie keiner Überarbeitung und keiner Verbesserung bedürfe. Beim Malen, beim Schreiben und ganz besonders beim Beten erhaschen wir oft einen Schimmer von einer inspirierten Idee, die von Gott kommt, aber diese Ahnung muß deutlicher gemacht und erweitert werden, wenn wir wirklich demonstrieren wollen, was wir gesehen haben, und anderen helfen wollen, diese geistige Schau zu erlangen. Göttliche Ideem müssen zu menschlichen Problemen in Beziehung gebracht werden, und zwar in einer Sprache, die für andere klar verständlich ist; und die göttliche Liebe verlangt von uns die Demut, die bereit ist, so lange zu arbeiten, bis die Idee demonstriert und die Botschaft klar und deutlich ist. Eine heilende Idee funkelt vor Klarheit.

Welch beispielhafte Demut zeigte doch unser großes Vorbild, Christus Jesus, in seinem Leben! Die unvergleichliche Tief seines Verständnisses von Gott und seine Fähigkeit, spontan und ganz selbstverständlich zu heilen, verführten ihn nicht dazu, sich anderen gegenüber für überlegen zu halten. Im Geiste liebevoller Einheit mit der ganzen Menschheit sagte er zu seinen Jüngern: „Ich ... bin unter euch wie ein Diener.“ Und er fuhr fort: „Und ich will euch das Reich bescheiden, wie mir’s mein Vater beschieden hat.“ Luk. 22:27, 29.

Wie mitfühlend und geduldig der Meister anderen Menschen gegenüber war und ihnen half! Wenn er egoistisch gedacht hätte, gäbe es heute kein Christentum, denn es hätte keinen Vertreter des Christus gegeben, der uns den Weg gezeigt hätte. Und diese Christus Liebe ist es, die es dem einzelnen ermöglicht, erfolgreich mit anderen zusammenzuarbeiten. Jesu Demut erlaubte es ihm nicht zu sagen: „Ich habe euch etwas zu geben, was ihr akzeptieren müßt.“ Jesu Selbstlosigkeit ermöglichte es denen, die für die Wahrheit empfänglich waren, seine dargebrachte Botschaft anzunehmen.

Und wenn wir Selbstlosigkeit demonstrieren, auf die göttliche Entfaltung des Guten vertrauen und insbesondere erkennen, daß es in Gottes Reich keine Überlegenheit und keine Unterlegenheit gibt, wird die Inspiration, die wir ausdrücken, in harmonische Übereinstimmung mit anderen gebracht. Wir alle spielen eine gleich wichtige Rolle bei der freudigen Aufgabe, Gottes Zeugen zu sein. Wie ernsthaft sollten wir daher beten, um von rechthaberischer Selbstgerechtigkeit, von Ungeduld über die Mängel anderer, von übertriebener Einschätzung unserer eigenen Leistung frei zu werden, damit die Inspiration, die Gott uns gibt, der menschlichen Gesellschaft zum Nutzen gereichen möge.

Christus, Wahrheit, zeigt uns den gewaltigen Unterschied zwischen Egoismus und Demut. Egoismus besteht darauf, das zu tun, was er will — er versucht, sich mit ungeduldigem Elan über die Meinungen anderer hinwegzusetzen. Von Eigenwillen angetrieben, mag der Egoismus scheinbar eine Zeitlang Großes leisten. Aber wenn die Inspiration nicht der im Bewußtsein erblühenden göttlichen Liebe, dem göttlichen Prinzip, entspringt, ist ihr Ausbruch von Originalität nicht von Dauer, da sie nicht wirklich in ewigen Wahrheiten verwurzelt ist.

Demut andererseits möchte sich in des Vaters Weinberg nützlich machen. Wenn wir wahrhaft demütig sind, können wir nicht mit anderen aneinandergeraten, weil wir willens sind, das eine herrschende Gemüt als das einzige Gemüt anzuerkennen und zu warten, bis das Gemüt seine eigene herrliche Schöpfung zum Vorschein bringt. Wir lernen dann auch verstehen, daß geistige Wunsch, dem Vater zu Diensten zu sein, die Inspiration und die Möglichkeit mit sich bringt, diesen Wunsch zu erfüllen. Wenn wir das tun wollen, was Gott von uns erwartet, dann gibt Er uns die Fähigkeit, es zu tun.

Wie großartig ist es doch, zu wissen, daß die Inspiration, die wir der Sache der Christlichen Wissenschaft und der Menschheit entgegenbringen müssen, von unserem himmlischen Vater kommt! Daher muß sie mit der Originalität der Seele erglühen, von der Integrität des göttlichen Prinzips regiert werden — und ewiglich Zeugnis ablegen von der heilenden Majestät der Liebe.

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