Ich bin Christlicher Wissenschafter der dritten Generation, und ich bin sehr dankbar, daß ich in der Christlichen WissenschaftChristian Science (kr’istjәn s’aiәns) erzogen worden bin. Besonders dankbar bin ich dafür, daß ich in der Sonntagsschule der Christlichen Wissenschaft das klare Verständnis erlangte, daß alle Schwierigkeiten gelöst werden können, wenn wir uns an Gott wenden. Von den Heilungen, die ich erlebt habe, sind mir einige besonders wertvoll: die sehr schnelle Heilung einer offenen Wunde am Daumen, die Lösung finanzieller Schwierigkeiten während meines Studiums, das Ende eines lange bestehenden Hörfehlers, das Zustandekommen einer glücklichen Ehe zu einer Zeit, als man meinte, ich sei „zu alt, um mein Junggesellendasein zu ändern“, und die Heilung einer schmerzhaften Entzündung am Rücken, allein durch Gebet.
Der vielleicht größten Herausforderung stand ich vor ungefähr zwei Jahren gegenüber. Eine mit großen Schmerzen verbundene innere Krankheit, die den Rücken und ein Bein in Mitleidenschaft zog, fesselte mich ans Bett. Die normalen Körperfunktionen waren gestört, es traten Blutungen auf, und ich brauchte beträchtliche spezielle Pflege. Meine Frau, die ebenfalls der Christlichen Wissenschaft angehört, war mir in jener Zeit eine große Stütze. Das gleiche gilt für die beiden Ausüber der Christlichen Wissenschaft, mit denen ich im Laufe von fünf Monaten zu unterschiedlichen Zeiten zusammenarbeitete.
Der Zustand wurde nie ärztlich diagnostiziert. Aber einmal war ich doch versucht zu glauben, daß eine ärztliche Diagnose helfen könnte, die Flut der Vermutungen und Behandlungsvorschläge meiner Kollegen und Freunde, die keine Christlichen Wissenschafter sind, einzudämmen. Außerdem befürchtete ich eine Zeitlang, daß ich nicht mehr in der Lage sein würde, meine normalen Tätigkeiten je wieder aufzunehmen. In diesem Fall wäre ich berechtigt, die Versicherung, die mein Arbeitgeber für die Belegschaft bei Dienstunfähigkeit abgeschlossen hatte, für mich zu beanspruchen, aber nur dann, wenn ich ein ärztliches Gutachten vorlegte.
Zu keinem Zeitpunkt war ich jedoch wirklich davon überzeugt, daß in einer ärztlichen Diagnose und Behandlung die Lösung für meine Situation lag. Aber mein Vertrauen auf christlich-wissenschaftliche Behandlung — auf geistig wissenschaftliches Gebet — war an einem Tiefpunkt angelangt. Ich war deprimiert und sah der Zukunft pessimistisch entgegen. Dann erfuhr ich, daß die Versicherungsleistungen bei solch einem ernsten Anspruch nur geltend gemacht werden könnten, wenn mehrere Ärzte eine Diagnose stellen würden. Plötzlich wurde mir klar, daß ein materieller, ärztlicher Bericht nicht verläßlich ist, weil er nichts Richtiges über den wahren (geistigen) Zustand des Menschen aussagt. Und noch etwas wurde mir klar: Den körperlichen Symptomen einen Namen zu geben würde bedeuten, daß die Schwierigkeit den Anschein einer eigenen Identität erhielte, und damit würde man dem Zustand eine Art Wirklichkeit verleihen.
Was behandelt werden mußte, war die begrenzte Vorstellung über mich (und den menschen im allgemeinen), daß nämlich der Mensch in die Materie hineingeboren wird und aus ihr herausstirbt. Mary Baker Eddy hat in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift geschrieben (S. 246): „Berichte niemals über Alter... Zeittabellen über Geburt und Tod sind lauter Verschwörer gegen Männlichkeit und Weiblichkeit... Der Mensch, der vom unsterblichen Gemüt regiert wird, ist immer schön und groß. Jedes kommende Jahr bringt Weisheit, Schönheit und Heiligkeit zur Entfaltung.
... Leben und Güte sind unsterblich. Daher laßt uns unsere Daseinsanschauungen zu Lieblichkeit, Frische und Fortdauer gestalten anstatt zu Alter und Verkümmerung.“ Als ich über diese geistige Tatsache nachdachte, fiel mir ein, daß ich oft den Erfolg anderer im Verhältnis zu ihrem und meinem Alter verglich. Ich konnte jetzt erkennen, wie begrenzend das war (für andere und für mich), und ich hörte damit auf.
Zu jener Zeit hatte ich ziemlich viel über Anfang und Ende nachgedacht. Ich war krank geworden, als ich gerade für die höchstmögliche Beförderung in meinem Beruf geprüft wurde und meine Frau ein Baby erwartete. Ich mußte klarer verstehen, daß der Mensch ewig und geistig ist — daß er nie geboren wurde, nie stirbt, sich immer im Zustand der Vollkommenheit und Vollständigkeit befindet. Die Bibel lehrt uns im Brief an die Epheser (4:22, 24): „Legt von euch ab den alten Menschen mit seinem früheren Wandel, der sich durch trügerische Begierden zugrunde richtet... und zieht den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit.“ Dieser Rat regte mich zu tiefem Nachdenken an. Ich mußte die dem „alten Menschen“ zugehörigen Vorstellungen, die sich auf den Glauben gründen, der Mensch sei sterblich, durch den Begriff vom „neuen Menschen“ ersetzen, den uns die Christliche Wissenschaft gibt: daß der Mensch zum Ebenbild Gottes erschaffen ist. Als ich mich darum bemühte, machte ich Fortschritte.
Dann, gerade als ich sicher ohne Krücken gehen konnte, erlitt ich einen Rückfall. Ein Auge war blutunterlaufen und schmerzte. Einige Tage lang konnte ich auf diesem Auge nichts sehen. Die wöchentliche Bibellektion im Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft enthielt damals folgende Stelle aus Wissenschaft und Gesundheit (S. 448): „Blindheit und Selbstgerechtigkeit klammern sich fest an die Sünde.“ Beim Lesen dieses Satzes ging mir plötzlich auf, daß ich mich nur zu gern dem Selbstmitleid hingab und einem eingewurzelten Hang, zu kritisieren. Ich betete, um zu erkennen, daß das wahre Wesen des Menschen nicht das Ergebnis menschlicher Vererbung oder der Umwelt ist, weil der Mensch die Widerspiegelung der unendlichen Individualität Gottes, des Guten, ist. Die Antwort auf dieses Gebet kam, als ich mich und andere mehr und mehr in diesem Licht sah. Ein Ergebnis war, daß ich von lange anhaftenden Charakterfehlern, wie den beiden zuvor erwähnten, frei wurde. Auch mein Sehvermögen besserte sich, bis es schließlich völlig wiederhergestellt war.
Mit der täglichen Hilfe eines Ausübers und durch mein hingebungsvolles Studium der Bibel und von Wissenschaft und Gesundheit vollzog sich die Heilung dieser inneren Krankheit Schritt für Schritt, bis ich wieder völlig gesund war.
Wie ich es heute verstehe, war das wichtigste Ergebnis dieser Heilung eine tiefere Überzeugung davon, daß der Mensch nichts anderes als das Kind Gottes ist — nicht materiell, sondern völlig geistig.
Als Folge dieser Heilung fühlte ich auch den echten Wunsch, alle meine Kollegen, die mit mir für die Beförderung in Frage kamen, mehr zu schätzen. Ich betete und studierte, um eine tiefere Liebe für meinen Mitmenschen zu empfinden, um von dem Gefühl frei zu werden, ich stünde mit ihnen im Wettstreit, und um zu erkennen, daß Gott das einzige Ego ist. Einige Tage bevor die neuen Verträge ausgehändigt wurden, gewann ich bezüglich dieser Situation einen unerschütterlichen Frieden.
Als es dann so weit war, stand in meinem Vertrag nichts über eine Beförderung, aber ich fühlte keinerlei Bedauern oder Bitterkeit. Erst einen Monat später erfuhr ich, daß die Prüfung noch nicht abgeschlossen war und daß immer noch Beförderungen ausgesprochen wurden. Bald darauf wurde ich befördert und später in die Kommission berufen, die Kollegen für eine höhere Laufbahn auswählt.
Heute weiß ich, daß man in dem Bestreben, den Menschen geistig und vollkommen zu sehen, nicht nachlassen darf. Wie ich erlebt habe, wird dieses Bestreben durch tätige Mitgliedschaft in einer Zweigkirche, durch Mitgliedschaft in Der Mutterkirche, durch Klassenunterricht und Mitgliedschaft in einer christlich-wissenschaftlichen Schülervereinigung in hohem Maße gefördert. Durch meine Beteiligung an diesen Kirchentätigkeiten habe ich gelernt, Christi Jesu Aussage (Mt 5:48): „Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist“ nicht als undurchführbaren menschlichen Befehl, sondern als die Wahrheit des Seins zu betrachten. Diese Erkenntnis hat meinem Leben einen wunderbaren Sinn und eine Richtung gegeben.
Ripon, Wisconsin, USA
