Meine Frau und ich sahen einen Fernsehfilm über Arbeitslosigkeit in einer Industriestadt. Er handelte von einem Mann, der eine schwere Zeit zu überstehen hatte.
Er war seit längerem arbeitslos und konnte keine andere Stelle finden, auch nicht vorübergehend. Seine Ersparnisse waren aufgebraucht; unbezahlte Rechnungen häuften sich. Und nun fing er an, seine Frau und seine Kinder, die er herzlich liebte, anzuschnauzen.
Eines Tages schüttete er dann seinem Freund das Herz aus und vertraute ihm an, was ihn zutiefst bekümmerte. Er sagte im wesentlichen: „Ich habe ein anständiges Leben geführt. Ich habe hart gearbeitet. Ich liebe mein Vaterland und das, wofür es eintritt. Und doch bin ich am Ende. Ich habe meine Arbeit und meinen Lastwagen verloren. Und bald werde ich auch mein Heim und meine Familie verliern. Was habe ich falsch gemacht?“
Vor mehreren Jahren stellte ich mir dieselbe Frage. Und ich meinte, sehr wohl zu wissen, was ich falsch gemacht hatte.
Einige Monate zuvor hatte ich eine gutbezahlte Stellung in der Industrie aufgegeben und mich selbständig gemacht, um meinen Mitmenschen zu helfen. Obgleich ich an meiner neuen Arbeit Freude hatte, ging es uns finanziell nicht besonders gut. Eine Entscheidung zu treffen, die nur meine Frau und mich betraf, war einfach. Aber wir hatten drei kleine Kinder. Und der Gedanke, wie wir jetzt für sie sorgen sollten, machte mir sehr zu schaffen.
„War es richtig“, so grübelte ich allzuoft, „daß ich diese einträgliche Stellung aufgegeben habe?“
Eines Tages kam unser Sechsjähriger in mein Zimmer gestürmt und platzte mit der Frage heraus: „Sind wir reich oder arm?“
„Wie bitte?“
„Sind wir reich oder arm? Meine Freunde reden dauernd davon, wie reich oder arm unsere Nachbarn sind. Und ich weiß nicht, was wir sind.“
Er wußte es nicht. Er wußte es nicht! Der zermürbende finanzielle Druck, den meine Frau und ich empfanden, hatte ihn nicht im geringsten berührt. In diesem Augenblick sah ich unsere Lage in einem anderen Licht. Eine Woge geistiger Überzeugung von Gottes nie versagender, beständiger Fürsorge für Seine Kinder erfüllte mein Denken. Ich kam mir vor, als wäre ich drei Meter groß, so geistig erhoben, glücklich und frei fühlte ich mich!
Ich hob meinen Sohn hoch, drückte ihn herzlich und sagte: „Du bist reich. Du bist sehr reich. Du bist reich im Geist.“
Diese Antwort befriedigte ihn. Er grinste verschmitzt und lief wieder zum Spielen hinaus.
Etwa zur gleichen Zeit beschlossen meine Frau und ich, eine Liste all des Guten aufzustellen, das uns seit dem Beginn meiner neuen Tätigkeit ganz unerwartet zugeflossen war ― z. B. Einladungen zum Essen, sehr hübsche Kleidungsstücke für die Kinder, liebevolles Entgegenkommen von verschiedenen Seiten. Können Sie sich vorstellen, daß diese Liste viele Seiten umfaßte?
Als ich darüber nachdachte, sah ich, daß unseren menschlichen Bedürfnissen auf vielerlei ungewöhnliche Weise abgeholfen worden war, und mir wurde klar, daß ich mir des Guten, das wir bereits empfangen hatten, bewußt werden und erkennen mußte, daß es von Gott gekommen war und daß ich dafür dankbarer sein sollte.
Nun begann es mir zu dämmern, daß ich überhaupt nichts falsch gemacht hatte ― bis auf eines: Ich hatte zu sehr auf die Suggestion gehört, daß vielleicht Gott mein Leben doch nicht in allen Punkten regiert.
Um Gott nun weiterhin voll zu vertrauen, wie ich es mit allem Ernst getan hatte, als ich meine neue Laufbahn begann, mußte ich mein Denken immer wieder prüfen, um zu sehen, ob ich irgendeiner anderen Macht als Gott, dem Guten, erlaubte, mein Leben zu regieren.
Ich sah, was ich hier ganz speziell zu erkennen hatte: Da Gott das unendliche, allmächtige Gute war, konnte das Böse ― das gerade Gegenteil von allem, was Gott ist ― absolut keine Macht oder Gewalt über mich haben. Ich vergegenwärtigte mir, daß ich das gottgegebene Recht hatte, in meinem Denken auch den leisesten Zweifel an Gottes fortwährender liebevoller Fürsorge für mich und meine Familie durch Gebet scharf zu verurteilen.
Als ich in diesem Sinne betete, wuchs in mir die Überzeugung, daß ich den zu der Zeit für uns alle richtigen Weg eingeschlagen hatte. Und für unsere unmittelbaren Bedürfnisse war gesorgt; unsere ganze finanzielle Lage begann sich zu ordnen.
Das heißt aber nicht, daß wir nie wieder finanzielle Schwierigkeiten hatten. Tatsächlich hatten wir viele Geldsorgen zu überwinden, aber wir handhabten sie von da an in ganz anderer Weise. Wir begannen mit der Tatsache, daß Gott uns mit allem reichlich versorgt und daß Er allmächtig ist, anstatt zu befürchten, daß eine böse, Gott unähnliche Macht oder widrige Umstände Mangel, Begrenzung, Fehlschlag oder Verzweiflung herbeiführen könnten. Jede Schwierigkeit wurde in den folgenden Jahren wunderbar und vollständig gemeistert, so auch die Finanzierung des Studiums unserer drei Kinder.
Heutzutage haben viele Menschen Geldsorgen, selbst dort, wo ein wirtschaftlicher Aufschwung zu verzeichnen ist. Doch wenn man finanzielle Schwierigkeiten hat, bedeutet das nicht unbedingt, daß man etwas falsch macht. Man kann vielerlei ganz richtig machen. Wichtig aber ist, daß man seine Gedanken und sein Leben immer wieder prüft, um sich zu vergewissern, daß sie von Gott kommen.
Wenn wir unser Leben auf Gottes Güte gründen, erweist sich an uns die biblische Verheißung: „Es wird dir kein Übel begegnen, und keine Plage wird sich deinem Hause nahen.“ Ps 91:10. Wir müssen jedoch sehr wachsam sein, damit wir Gott ― und Gott allein ― treu bleiben und an der Wahrheit über Ihn und Seine Schöpfung festhalten. Gott, dem unendlichen Geist, mangelt es nie an Gutem, noch hört Er jemals auf, Seiner Schöpfung Gutes zu geben. Der unendliche Geist hängt niemals von etwas Materiellem ab, auch nicht von dessen Anhäufung oder Schwinden. Geist und der Mensch, der die Schöpfung des Geistes ist, werden niemals von etwas Sterblichem berührt, sie sind deshalb ganz und gar vollständig, ohne daß man etwas hinzufügen oder wegnehmen müßte.
Aber wie hilft uns dies, wenn wir uns Mangel und Not gegenübersehen? Wenn wir die geistigen Tatsachen erkennen ― wenn wir wissen, daß Gott gut ist und daß wir wirklich Seine Schöpfung sind ―, ist es, als ob wir an einem sonnigen Tag in einem verdunkelten Zimmer die Jalousien und Fensterläden öffneten. Das Licht der Wahrheit strömt herein und segnet uns auf vielfältige Weise. Es zeigt uns Möglichkeiten für das Gute, an die wir vielleicht nie gedacht haben. Wir stellen fest, daß unsere menschlichen Bedürfnisse gestillt werden, und zwar in reichem Maße.
Was hält dann unsere Fensterläden geschlossen? Was läßt unsere Gedanken wie gebannt um das kreisen, was wir nicht haben, so daß wir wie gelähmt zu sein scheinen, zu nichts Besserem imstande, als uns miserabel zu fühlen und uns selbst zu bemitleiden?
Es ist nichts anderes als der nichtzerstörte Glaube an eine andere Macht als Gott, das Gute. Diese Annahme argumentiert u. a., daß Zufall, Umstände oder irgend etwas in unserem Wesen dem, was gut und wahr ist ― dem, was erhebt, was rein und vollkommen ist ―, entgegenwirkt. Wenn wir dieser Annahme nachgeben oder ihr nicht widerstehen, lassen wir uns immer wieder aus dem Gleichgewicht bringen, besonders wenn wir grundsätzlich heilsame und sittliche Werte vertreten und dafür arbeiten. Der Glaube an das Böse oder die Furcht davor würde die Behauptung verteidigen, das Böse habe ein Recht, in unserem Leben zu existieren, und besitze eine sogenannte Macht, Kummer und Niedergeschlagenheit hervorzurufen.
Unser Wegweiser Christus Jesus aber erkannte keine Gott entgegengesetzte Macht an. Keinesfalls glaubte er, das Böse sei auch nur für einen Augenblick wahr. Er ließ sich von ihm nicht einschüchtern, noch ließ er sich von ihm hypnotisieren oder umhertreiben. Kein Argument, das das Böse rechtfertigte, ließ er gelten. Er sah das Böse oder den Teufel, wie das Böse im Neuen Testament genannt wird, als das, was es ist: „ein Lügner“, der „nicht in der Wahrheit“ steht, „denn die Wahrheit ist nicht in ihm“ Joh 8:44.. Und auch heute ist noch keine Wahrheit in bösen Ansprüchen oder Suggestionen. Wie wäre das möglich, wenn Gott, das ewige Gute, alle Macht hat?
Mrs. Eddy schreibt in ihrem Buch Wissenschaft und Gesundheit: „Wir verlieren die hohe Bedeutung der Allmacht, wenn wir, nachdem wir zugegeben haben, daß Gott oder das Gute allgegenwärtig ist und Allgewalt besitzt, dennoch glauben, es gäbe eine andere Macht, das Böse genannt.“ Und in dem vorhergehenden Satz sagt sie: „Wir begraben den Begriff von Unendlichkeit, wenn wir zugeben, daß, obwohl Gott unendlich ist, das Böse in dieser Unendlichkeit eine Stätte hat, denn das Böse kann keine Stätte haben, wo aller Raum von Gott erfüllt ist.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 469.
Wenn uns das immer klarer wird und wir es in unserem Bewußtsein täglich von neuem aufbauen und dann von dieser Grundlage aus handeln, können wir jede Lüge über Gottes Schöpfung erkennen und zurückweisen. Wir lehnen es ab, uns vom Bösen beeinflussen zu lassen. Statt dessen streben wir danach, zu beweisen, was der Mensch wirklich ist: das geistige und vollkommene Ebenbild Gottes, heil und unberührt, makellos und vollständig, jetzt und für alle Zeiten. Gottes Mensch ― der wir alle in Wirklichkeit sind ― wird niemals herumgeworfen wie eine Figur auf dem Schachbrett in einem Wagen auf holpriger Straße. Er befindet sich sozusagen stets auf festem Boden mit Gott, dem unendlichen, allmächtigen Geist.
Sogar wenn es scheint, als hätte uns eine Widerwärtigkeit zu Boden geworfen, können wir wissen, daß der unendliche Geist uns beständig die nötige Kraft, Intelligenz und geistige Erkenntnis gibt, um wieder aufzustehen ― und wenn nötig, immer wieder aufzustehen ―, bis wir schließlich endgültig und unwiderruflich siegen. Und wir siegen bestimmt, wenn unser Verständnis und unser Vertrauen auf Gott, die einzige wahre Quelle des Seins des Menschen, wächst.
In zunehmendem Maße werden wir sehen, daß das Gute, das wir erleben, unsere Erwartungen bei weitem übersteigt. Aber wir werden auch erkennen, daß der Gewinn, das endgültige Ziel, nicht darin liegt, Dinge zu bekommen, sondern darin, ein Verständnis von der Wahrheit zu gewinnen ― ein Verständnis davon, was es bedeutet, recht zu handeln.
Und rechtes Handeln läßt sich nicht mit der Bemühung eines ohnmächtigen Wohltäters vergleichen — eines Sterblichen, der dem überwältigenden Unrecht der Welt gegenübersteht. Es bedeutet vielmehr, von der Grundlage des unendlichen Guten, des göttlichen Geistes, aus zu leben. Es fordert beständige Läuterung unseres Denkens und Lebens. Es verlangt, daß wir jeden Machtanspruch des Bösen entschieden zurückweisen und verwerfen. Rechtes Handeln ist auf geistigem Gesetz aufgebaut, und daher ist es Schutz und Verteidigung.
Wenn unser Leben sich in der rechten Richtung bewegt — auf Geist zu —, können wir etwas Einmaliges und Segenbringendes für die Welt tun. Wir wissen, wie wir recht handeln können. Und wir gehen vorwärts und arbeiten vertrauensvoll, siegreich und geben Gott allein die Ehre.
