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Der Mut, anderen zu helfen

Aus der Oktober 1988-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Selbstlose Taten berühren uns zutiefst. Wenn wir von Menschen hören, die besondere Anstrengungen gemacht haben, um in Notsituationen anderen zu helfen, sind wir stolz auf den sogenannten „menschlichen Geist“. Aber ist da nicht noch mehr im Spiel?

Der folgende Bericht einem jungen Mitglied Der Mutterkirche aus Süd-Pasadena, Kalifornien, USA, läßt erkennen, daß in diesen Fällen sehr viel mehr am Werk ist als ein Anflug von Wohlwollen und Energie. Echte Heldentaten zeigen uns allen etwas von unserem wirklichen Wesen und unserer Aufgabe als Ausdruck Gott, des göttlichen Geistes. Wenn wir uns in Krisenzeiten bewußt Gott, der Liebe, zuwenden, finden wir eine Kraft und Weisheit, die unsere menschlichen Fähigkeiten übersteigen.

Vor den Weihnachtsfeiertagen fuhren einmal mein jüngerer Bruder und ich mit dem Auto zu unserer Schwester. Wir fuhren die Nacht durch. Wir sollten sie abholen und von ihr aus weiterfahren in die Berge, wo sich die ganze Familie treffen wollte. Auf dem Weg zu unserer Schwester waren die Wetterbedingungen äußerst schlecht. Es war neblig, windig und sehr kalt. Aber ich war die Strecke oft gefahren und machte mir keine Sorgen.

Die Nacht über wechselten mein Bruder und ich uns mit dem Fahren und Schlafen ab. Ungefähr um fünf Uhr morgens kamen wir zu einem Gebirgspaß in der Nähe meiner Schwester. Die Autobahn verlief an dieser Stelle fünfspurig in Fahrtrichtung. Durch den Nebel hindurch sah ich die Schlußlichter der Wagen vor mir, aber sie machten mich etwas stutzig. Plötzlich wurde mir klar, daß es einen Unfall gegeben hatte, der sich zu einer Massenkarambolage entwickelte. Ich trat sofort auf die Bremse, aber nichts geschah. Die Straße war völlig vereist.

Meine ersten Worte waren: „Gott ist Liebe; Gott ist Liebe!“ Ich versuchte zu verhindern, daß der Wagen ins Schleudern geriet, als plötzlich mein Bruder aufwachte. Vor uns sahen wir durch den Nebel eine Wand von Autos quer über die ganze Autobahn. Im stillen wußte ich, daß der Mensch Gottes immer in Sicherheit ist. Wir machten uns auf den Aufprall gefaßt, aber er kam nicht. Irgendwie kam der Wagen wenige Zentimeter vor dem Zusammenstoß zum Stehen.

In dem Augenblick wurde es mir ganz klar, daß ich mit dem Wagen schnellstens aus dem Weg fahren mußte. Ich schaltete den Rückwärtsgang ein und schoß durch die einzige Lücke, die am Unfall vorbei in Sicherheit führte. Einige Fahrer folgten uns, aber dann prallten zwei Wagen aufeinander. Damit war die Lücke geschlossen und die gesamte Autobahn blockiert. Wir fuhren an den Straßenrand. Mein Bruder und ich waren heil davongekommen, und das Auto war auch nicht beschädigt. Keinen einzigen Augenblick war ich von Panik oder Angst erfüllt gewesen.

Wir stiegen aus und eilten den anderen zu Hilfe. Viele waren noch in ihren Wagen eingeklemmt, und es gab Verletzte. Mein Bruder und ich krochen über die nassen Fahrzeuge und halfen den Leuten aus ihren Wagen heraus oder trugen sie in Sicherheit. Einige Zeilen aus dem Gedicht „Der Mutter Abendgebet“ gingen mir immer wieder durch den Kopf. Das Gedicht ist von Mary Baker Eddy, der Entdekkerin und Gründerin der Christlichen WissenschaftChristian Science (kr’istjən s’aiəns). Die Worte halfen mir, meine Gedanken auf das zu konzentrieren, was wahr ist und was in Wirklichkeit vor sich ging.

Kraft, Freude, Friede, holde Gegenwart,
die schützend birgt, was noch des Werdens harrt,
liebreich des Nestlings zagen Flug bewacht:
Dein Fittich trag empor mein Kind heut nacht! Vermischte Schriften, S. 389.

Obwohl viel Lärm und Verwirrung herrschte, hörte ich in diesem Augenblick plötzlich ganz deutlich einen Hilferuf. Ich lief zum Rand der Autobahn, die an dieser Stelle mehr als dreißig Meter über dem Tal verläuft. Der Nebel verdeckte mir die Sicht, aber ich hörte von unten eine Frau um Hilfe rufen. Ich schrie ihr zu weiterzurufen, während mein Bruder versuchte, zu ihr zu gelangen. Nach ein paar Minuten hörte ich meinen Bruder von dort unten, er rief mir zu, ich solle herunterkommen. Ich fand die Stelle, wo Straße und Talwand zusammenstießen, und rutschte den steilen Hang hinab. (Der Abhang war so vereist und matschig, daß ich abwechselnd fiel und kroch.) Die ganze Zeit über wiederholte ich ein Gebet, das ich als Kind gelernt hatte; ich wußte, daß die darin enthaltene Wahrheit genügte, um meine Schritte sicher zu leiten.

Ich weiß, daß Gott ist, wo ich bin,
So bin ich nie allein.
Er sorgt, Er schützt und führet mich,
Hüllt mich in Liebe ein. „ Allgegenwart“, Das Haus mit den bunten Fenstern (Boston: The Christian Science Publishing Society, 1956).

Ich fand meinen Bruder, doch bevor ich auf die junge Frau blickte, machte ich mir kurz klar, daß sie als Gottes Idee vollkommen war. Als ich bei ihr ankam, sah ich, daß ihre Beine schwer verletzt waren. Mein Bruder und ich setzten uns ruhig zu ihr und sprachen ein paar Minuten mit ihr. Wir versicherten ihr, daß alles gut sein werde. Sie erzählte uns, daß sie im Nebel die Orientierung verloren habe und über die Leitplanke gestiegen sei, um nicht angefahren zu werden. Da sie im Nebel nichts sehen konnte, hatte sie gedacht, daß auf der anderen Seite der Leitplanke fester Boden sei, aber statt dessen war sie ins Leere getreten und in die Tiefe gestürzt.

Während ich mit ihr sprach, ging mein Bruder und sammelte die Decken, die die Leute von der Straße zu uns herunterwarfen. Im stillen debattierte ich mit mir, ob ich versuchen sollte, etwas von meinen Gedanken und Gebeten in Worte zu fassen. Ich wollte die Frau nicht verwirren oder erregen, aber ich wollte auf jeden Fall die Gewalt der Furcht und Schmerzen brechen, die sie geradezu hypnotisiert hatten. In dem Augenblick kam mein Bruder mit den Decken und sagte zu der Frau: „Wissen Sie, Gott ist Liebe!“ Und sie antwortete: „Ja, ich ich weiß.“ Er schien genau die richtigen Worte gesprochen zu haben. Sie entspannte sich sichtlich.

Schließlich kamen genug Leute zu Hilfe, so daß wir die Frau zur Autobahn bringen konnten, wo eine Ambulanz bereitstand. Mein Bruder und ich entschieden, daß wir nun gehen konnten, weil Unfallwagen zur Stelle waren und andere Helfer gekommen waren.

Mit einigen Stunden Verspätung kamen wir bei meiner Schwester an, und Sie können sich ihre Überraschung vorstellen, als sie ihre zwei Brüder kalt, verschmutzt und grinsend vor der Tür stehen sah.

Ich bin nicht nur für den Schutz und die Furchtlosigkeit, die mein Bruder, meine Schwester und ich erlebten, tief dankbar, sondern auch dafür, daß wir anderen Hilfe leisten konnten durch die Kraft und innere Ruhe, die wir durch die Christliche Wissenschaft gewonnen haben.

Als Chris Heinbaugh uns über diese Erfahrung schrieb, legte er Briefe von seinem Bruder und seiner Schwester bei. Beide sind wie Chris in der Christlichen Wissenschaft erzogen worden. Ferner schickte er uns einen Brief zu von der Frau, der er und sein Bruder auf der vereisten Straße geholfen hatten. Sicher werden unsere Herold-Leser diese ergänzenden Erläuterungen zu diesem Erlebnis mit Interesse lesen.

Ich möchte den Bericht meines Bruders bestätigen und auch meine Dankbarkeit für Gottes Liebe und Führung ausdrücken. Wie mein Bruder schon sagte, schlief ich, als wir ins Schleudern gerieten, und erwachte zu den Worten: „Gott ist Liebe; Gott ist Liebe!“ Während des ganzen Vorfalls unterstützten mein Bruder und ich uns gegenseitig, indem wir grundsätzliche geistige Wahrheiten bekräftigten. Der Unfall erscheint mir wie ein sterblicher Traum, der er ja auch war, aber die Liebe, die in jener Nacht zum Ausdruck gebracht wurde, ist für mich heute noch sehr wirklich und tröstend.

Ich bin sehr dankbar für die Christliche Wissenschaft, und besonders für die christlich-wissenschaftliche Sonntagsschule, die jede Woche eine Quelle der Inspiration und Führung für mich ist.


An dem Morgen, an dem meine Brüder mich abholen wollten, sollten sie um vier Uhr früh ankommen. Aber ich hatte nichts von ihnen gehört, und es war nun nach fünf. Um meine innere Unruhe zu beschwichtigen, griff ich zu einem Buch, das ich gerade zur Hand hatte und das für die Zeit passend war: eine Sammlung von Artikeln über Weihnachten, die Mrs. Eddy für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften geschrieben hatte. Es trägt den Titel Was Weihnachten für mich bedeutet. Ich las darin immer wieder über den zu Gottes Ebenbild geschaffenen Menschen, der vollkommen und ewig ist. Gottes Fürsorge für Seine Kinder ist immer gegenwärtig und vollständig. Ich wußte, daß meine Brüder von Gottes Liebe umgeben waren und ich deshalb um ihre Sicherheit nicht zu fürchten brauchte.

Kurz nachdem ich mit diesen Ideen gearbeitet hatte — und innerlich ruhig geworden war —, klopfte es an der Tür. Ich öffnete, und da standen meine beiden Brüder, etwas mitgenommen vom Wetter.

Wenig später erzählten sie mir bescheiden von dem Vorfall auf der Straße und wie sie während der ganzen Zeit gewußt hatten, daß Gott ständig bei ihnen war und sie im Dienste ihres himmlischen Vaters waren.

Ich bin stolz darauf, wie meine Brüder sich verhalten haben, als so viele in Not waren. Sie folgten wahrlich dem „stillen, sanften Sausen“ der Wahrheit.


Lieber Chris,

vielen Dank für Deinen Brief. Ich bin tief gerührt, daß Ihr, Du und Dein Bruder, Euch nach meiner Genesung erkundigt habt. Ich kann nun wieder ohne Hilfe gehen und bin im April an meinen Arbeitsplatz zurückgekehrt. Mein Orthopäde will im Januar die Nägel aus meinen Beinen entfernen ...

Ich fand Dein Zeugnis wunderschön. (Ich habe eine Kopie davon behalten.) Du ... hast den Vorfall ganz richtig beschrieben. Als ich gestürzt war und um Hilfe rief, war ich voller Furcht; ich glaubte nicht, daß mich jemand hören oder finden würde. Als Ihr kamt und mit mir über Gottes Liebe spracht, wußte ich, daß alles gut sein würde. Ich werde dafür immer dankbar sein...

Der Unfall hätte viel schlimmer sein können, und ich weiß, daß ich alles so verhältnismäßig gut überstanden habe, weil Gott mich beschützte und weil ich zwei wundervolle Menschen bei mir hatte, die mir gut zusprachen und mich daran erinnerten. Worte können nicht beschreiben, wie sehr Ihr mir mit Eurer Gegenwart damals geholfen habt. Ich danke Euch nochmals, und möge Gott Euch beide segnen.


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