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Für andere in einem Notfall beten

Aus der Oktober 1988-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Christen bekunden von Natur aus tiefe Liebe und aufrichtiges Interesse für ihren Nächsten. Wir fühlen uns verpflichtet, uns um andere zu kümmern, und dieses Gefühl erwächst unmittelbar aus unserer Liebe zu Gott. Christus Jesus stellte diese grundsätzliche Lehre wiederholt klar, so z. B. als er von den zwei höchsten Geboten sprach: „, Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt.‘ Dies ist das höchste und größte Gebot. Das andere aber ist dem gleich:, Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.‘ “ Mt 22:37–39.

Die Christliche Wissenschaft hält zweifellos an der überragenden Bedeutung dieser beiden Forderungen fest, die an christliche Anbetung und christliches Handeln gestellt werden. Zugleich lehrt die Christliche Wissenschaft, daß wahre Nächstenliebe auch bedeutet, nachdrücklich für die Rechte des individuellen Bewußtseins einzutreten — für das Recht auf eigenes Denken, in das kein anderer eingreift und dem kein anderer etwas aufzwingt; für das Recht, Gott im stillen Heiligtum des Gebets auf eigene Weise anzubeten; für das Recht, den eigenen Weg zum Heil zu finden. Dies sind heilige Privilegien, die einem anderen niemals abgesprochen werden sollten.

Diese Rechte des individuellen Bewußtseins berühren auch eine andere wichtige Frage: die der christlich-wissenschaftlichen Behandlung. So wie jeder Mensch das Recht hat, seine eigenen Gedanken zu denken und sein eigenes Gebet zu beten, so hat auch jeder im Krankheitsfall oder bei Verletzung das Recht auf freie Wahl der Behandlungsmethode. Der Christliche Wissenschafter würde nicht versuchen, einen anderen Menschen gegen seinen Willen dazu zu zwingen, sich auf Gebet zu verlassen, um geheilt zu werden. Grundsätzlich gilt, daß ohne Einwilligung des anderen keine metaphysische Behandlung gegeben wird. Wer die Christliche Wissenschaft studiert, weiß um diese Regel und hält sich daran, auch wenn er selbst fest davon überzeugt ist, daß Gebet das wirksamste Heilmittel ist.

Es gibt jedoch Situationen, wo wir, so scheint uns, vor einem Dilemma stehen. Wir verstehen die ethischen Grundsätze der Ausübung der Christlichen Wissenschaft, bedenken zugleich aber auch die Forderung, unseren Nächsten zu lieben „wie uns selbst“, was natürlich beinhalten würde, alles zu tun, was in unserer Macht steht, um unserem Nächsten in einer schwierigen Lage zu helfen. Wir geraten scheinbar in dieses Dilemma, wenn wir unmittelbar mit einer Not-situation konfrontiert werden, in die andere verwickelt sind. In so einem Fall ist möglicherweise weder die Zeit noch die Gelegenheit da, um die Zustimmung des anderen zu unserem Gebet einzuholen. Was sollen wir tun?

Stehen wir untätig herum? Selbstverständlich wissen wir, daß das niemals ausreichen würde oder richtig wäre. Vielleicht hat man uns auch schon einmal empfohlen, wir sollten „unsere eigenen Gedanken berichtigen“. Doch könnte das fälschlicherweise bloß auf eine gedankliche Übung hinauslaufen, auf eine Art mystische Formel, durch die wir uns jeder anderen Verantwortung entziehen. Natürlich ist es wichtig, daß wir für uns beten, um Verwirrung oder furchtsame Gedanken auszuräumen, denn derartige Gedanken würden uns hindern, im Notfall effektive Hilfe zu leisten. Bestimmt können wir aber noch mehr tun, als nur zu beten, um selbst von Furcht frei zu werden.

Denken wir nur daran, was ein Rettungsschwimmer am Strand tut, wenn jemand zu ertrinken droht. Mit Liebe und Mut, ganz auf sich gestellt, eilt er dem Ertrinkenden sofort zu Hilfe. Der Rettungsschwimmer hilft so, wie er es am besten versteht, und das so schnell wie möglich. Unter solchen Umständen gibt es keine Möglichkeit, alle Betroffenen um gegenseitiges Einverständnis zu ersuchen. Kommt nicht in diesem Augenblick höchster Not das Verlangen nach Hilfe mit zum Ausdruck?

In dem Artikel „Aufdringliches mentales Heilen“ wendet sich Mrs. Eddy dieser Frage zu, wann es angebracht sei, eine metaphysische Behandlung zu geben. Sie erklärt dort: „Die richtungweisende Regel zur Ausübung der Christlichen Wissenschaft ist die Goldene Regel:, Wie ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, also tut ihnen auch.‘ “ Aus diesem Artikel geht klar und deutlich hervor, daß eine christlich-wissenschaftliche Behandlung niemals „unangekündigt“ oder ohne Einwilligung des anderen gegeben werden darf.

Mrs. Eddy schreibt jedoch auch: „Für die meisten bestehenden Regeln gibt es einzelne Ausnahmen...“ Eine mögliche Ausnahme wird mit folgenden Worten geschildert: „Ein anderer Anlaß, unerbeten Hilfe zu gewähren, mag ein Unfall sein, wenn keine Zeit für Förmlichkeiten bleibt und keine andere Hilfe nahe ist.“ Mrs. Eddy fügt dann hinzu: „In ein brennendes Haus einzudringen und die schlummernden Insassen aufzurütteln wäre recht, unrecht aber wäre es, Türen aufzubrechen und durch das Fenster einzusteigen ohne dringende Not.“ Vermischte Schriften, S. 282.

Natürlich ist es selbst bei einem Unfall immer richtig, wenn wir uns, sofern möglich, eine Zustimmung zu unserem Gebet einholen. Ist in einem Notfall jedoch keine andere Hilfe da oder wird um keine andere Hilfe nachgesucht, so können wir sicherlich mehr tun, als nur „unsere eigenen Gedanken berichtigen“. Ginge die Behauptung zu weit, daß wir unter solchen Umständen gar die Pflicht haben, mehr zu tun? Es kann Situationen geben, in denen mutiges Handeln erforderlich ist. Und wir können sofort beten und spezifische Arbeit tun mit den Wahrheiten, die wir in der Christlichen Wissenschaft über Gott und den Menschen gelernt haben.

Gott, unendlicher Geist, allumfassende Liebe und allwissendes Gemüt, regiert in Seiner Schöpfung alle Tätigkeit in Übereinstimmung mit Seinem Gesetz der universalen, nie endenden Harmonie. Das Leben des Menschen wird durch dieses göttliche Gesetz immerdar erhalten und ist niemals zufälligen Geschehnissen oder Unfällen ausgeliefert. Der Mensch ist die reine, geistige Widerspiegelung Gottes — heil und frei — und drückt die Kontrolle und Herrschaft aus, die der Intelligenz des göttlichen Gemüts, die er widerspiegelt, eigen sind. Des Menschen Sein ist nie ins Wanken geraten, wurde nie verletzt, wurde niemals von Gott, dem ewigen Guten, getrennt.

Solche wissenschaftlichen Wahrheiten erweisen sich in einem Notfall als große Hilfe. Gottes Liebe und Wahrheit sind immer da, um die Not des Augenblicks zu stillen. Und wir werden niemals darum verlegen sein, auf die beste Art und Weise zu helfen, die wir kennen. Wenn wir uns sofort an Gott wenden und demütigen Herzens danach streben, die beiden „größten“ Gebote zu erfüllen und die Goldene Regel einzuhalten, werden wir erkennen, wie wir am wirksamsten und zum Wohle aller Betroffenen beten können.

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