Was können wir tun, wenn eine Heilung noch nicht in Erscheinung tritt, obgleich wir begonnen haben, die geistige Tatsache zu erkennen, daß in Wirklichkeit alles gut ist? Wenn Schmerzen und unharmonische Zustände andauern, mag es an der Zeit sein, sich eingehender mit dem sterblichen Gemüt und seinen Ansprüchen zu befassen.
Da das unsterbliche Gemüt, Gott, unendlich und die einzige Wirklichkeit ist, kann sein mutmaßliches Gegenteil, das sterbliche Gemüt, nur eine falsche Annahme sein. Trotzdem können wir das sterbliche Gemüt nicht ignorieren, das behauptet, wir litten, seien krank oder erlebten etwas Unharmonisches. Wir fordern diese falschen Behauptungen durch Gebet heraus. „Wem ihr euch zu Knechten macht, um ihm zu gehorchen, dessen Knechte seid ihr" Röm 6:16., sagte der Apostel Paulus. Und diese Erklärung gilt heute noch.
Die Ansprüche des sterblichen Gemüts möchten uns betrügen, indem sie den Menschen als materiell statt als geistig darstellen. Sie möchten unser wahres Sein als das Ebenbild Gottes in Dunkelheit hüllen. Geistiges Heilen verlangt, daß wir lernen, die Lügen des sterblichen Gemüts zurückzuweisen und die Wahrheit zu demonstrieren. Zu diesem Zwecke sollten wir als erstes unsere Gedanken und Beweggründe prüfen.
Die meisten Menschen wissen, daß es unrecht ist, zu betrügen, zu hassen, sich zu rächen oder böse Gedanken zu hegen. Sie mögen ferner ohne Zögern zugeben, daß Leidenschaften, Begierden, Eigensinn und Neid schlechte Wesenszüge sind. Sie mögen jedoch überrascht sein, zu hören, daß Furcht, Sünde, Krankheit und Tod in die gleiche Sparte sterblicher Lügen fallen, die zurückgewiesen werden müssen. Aber genau das enthüllt die Christliche Wissenschaft!
Sie zeigt uns außerdem, wie wir beweisen können, daß uns Furcht, Sünde, Krankheit und selbst der Tod nicht beherrschen können. Wir haben das Recht und die Pflicht, sie mit der gleichen Entschlossenheit zurückzuweisen, mit der wir der Versuchung, zu betrügen oder zu hassen, widerstehen würden. Wenn wir uns im Gebet an Gott, das göttliche Gemüt, wenden und Ihn um Führung bitten, erkennen wir, daß Sünde, Furcht und Krankheit keine Wirklichkeit haben. Sie sind nichts, weil sie die Schöpfungen des sterblichen Gemüts sind, das ja selbst nur eine Illusion ist.
Manchmal mag es schwer sein zu erkennen, daß etwas, was uns scheinbar Vergnügen oder Schmerzen bereitet oder wie ein unharmonischer körperlicher Zustand aussieht, nichts ist. Aber die Schwierigkeit löst sich auf, wenn wir begreifen, daß dieses „Etwas" wie ein Nebel ist, der unsere Erkenntnis verhüllt, daß der Mensch geistig ist, das Ebenbild Gottes.
Es verlangt oft Mut, durch den Nebel hindurchzublicken und die geistige Wirklichkeit wahrzunehmen und zu bestätigen; aber das ist der Weg zur Heilung. Wenn die Materie und ihre sogenannten Gesetze unsere Aufmerksamkeit fesseln möchten, müssen wir sie als Fälschungen der unendlichen Wahrheit bloßstellen. Mrs. Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit: „Da das, was Materie genannt wird, unintelligent ist, kann es nicht sagen:, Ich leide, ich sterbe, ich bin krank, oder ich bin gesund.' Das sogenannte sterbliche Gemüt sagt dies aus und scheint seine Behauptung an sich selbst wahr zu machen." Wissenschaft und Gesundheit, S. 210.
Wir müssen erkennen, daß das göttliche Gemüt das einzige Gemüt ist; und wir müssen wissen, daß es immer gegenwärtig ist und in vollkommener Harmonie Ausdruck findet. Der negative Einfluß des sterblichen Gemüts läßt nach, wenn wir uns dieser geistigen Tatsache bewußt werden.
Wir sollten darauf achten, daß wir unser Wohlbefinden und unseren Fortschritt nicht in materiellen Begriffen messen, denn damit würden wir dem sterblichen Gemüt in unserem Denken Wirklichkeit verleihen. Statt dessen sollten wir materielle Vorstellungen aufgeben und sie durch ihre spezifischen geistigen Gegentatsachen ersetzen. Wir können z. B. Schwäche bekämpfen, indem wir dankbar anerkennen, daß Stärke und Gesundheit als geistige Attribute des immergegenwärtigen Lebens, Gottes, gegenwärtig sind. Materielle Annahmen haben keine Wirklichkeit vor Gott, Geist, der die einzige Wirklichkeit ist.
Ein wesentlicher Punkt der christlich-wissenschaftlichen Behandlung ist, daß man die Unwirklichkeit der Ansprüche erkennt, die das sterbliche Gemüt erhebt. Und es spielt keine Rolle, ob diese Ansprüche das Resultat unseres eigenen falschen Denkens oder des falschen Denkens anderer sind. Wir brauchen keine hilflosen Opfer zu sein.
Furcht, Sünde, Disharmonie beginnen aus unserem Leben zu verschwinden, wenn wir unser Denken aus den Tiefen materieller Annahmen und ihrer sinnlichen Verstrickungen emporheben und auf eine höhere, geistige Ebene stellen. Ein besseres moralisches Verhalten ist ein großer Schritt in der rechten Richtung. Es ist ein Zeichen der Integrität und des Glaubens an Gott. Wenn dieser Glaube rein und unerschütterlich ist und ein bedingungsloses Vertrauen in die göttliche Macht zum Ausdruck bringt, kann körperliche Heilung erfolgen.
Was ist nun unsere moralische Norm? Bemühen wir uns, mehr Ehrlichkeit, Liebe, Mitgefühl, Sanftmut und Mäßigkeit auszudrücken? Wenn wir in unserem täglichen Tun und Treiben die Zehn Gebote befolgen, beweist das eine hohe moralische Norm.
Hohe Moral ist wünschenswert und notwendig, denn sie zeigt, daß wir auf dem Weg zu geistiger Erleuchtung und Wiedergeburt — unserem wahren Ziel — Fortschritte machen. Wenn wir uns Gott anvertrauen und uns von Seinen Eigenschaften wie Weisheit, Reinheit und geistigem Verständnis leiten lassen, geben wir die falschen Vorstellungen des sterblichen Gemüts auf.
Um geistig Fortschritte zu machen, müssen wir unser Denken für die geistige Bedeutung der Zehn Gebote öffnen und die ihnen zugrundeliegenden Wahrheiten anwenden. Wenn unser Bewußtsein die Klarheit des göttlichen Gemüts ausdrückt und mit der Freude der göttlichen Liebe erfüllt ist, erleben wir Gottes Frieden und Kraft.
In dem Verhältnis, wie unsere Sorge um körperliche Zustände abnimmt, entfaltet sich uns die Fülle der geistigen Kraft. Dann werden Haß und Rache durch Liebe aufgelöst. Wenn wir die geistige Gegenwart von Gesundheit und Heiligkeit verstehen, können wir unharmonische Zustände, Sünde, Krankheit und die Furcht vor dem Tod überwinden. Die geistige Wirklichkeit tritt dann in Erscheinung. Das menschliche Bewußtsein erwacht zu der Erkenntnis, daß der Christus, die geistige Idee Gottes, des ewigen Gemüts, gegenwärtig ist. Wir ersetzen die falsche Vorstellung vom Menschen als einem leidenden Sterblichen durch das Verständnis, daß der Mensch geistig ist und beständig die Eigenschaften des Gemüts in ihrer Fülle und Vollkommenheit widerspiegelt.
Wenn wir uns der geistigen Wirklichkeit stärker bewußt werden und sie bekräftigen, können wir den materiellen Sinn durch dieses Verständnis herausfordern. Und wenn wir unser Denken über den falschen, materiellen Augenschein der Dinge zur Wahrheit, zum Gemüt, erheben, werden wir geheilt. Je mehr unser Bewußtsein von der geistigen Wirklichkeit erfüllt ist, desto schneller und deutlicher tritt die Heilung ein.
Jeder von uns hat die Gelegenheit und Fähigkeit, in seinem eigenen Tempo Fortschritte zu machen. Unser Glaube an Gott und unsere Erwartung des Guten sind unsere Leitsterne.
Bei unserem Bemühen um ein besseres Verständnis der Tatsache, daß das göttliche Gemüt den Menschen und das gesamte Universum immer völlig beherrscht, bereitet uns jeder Schritt auf den nächsten vor. Wenn Furcht und Krankheit verschwinden, beweisen wir auf wissenschaftliche Weise, daß das Böse nur eine Illusion ist. Wie dankbar wir für eine jede derartige Erfahrung sein können!
Christus Jesus demonstrierte viele Male die immergegenwärtige Macht des unendlichen Gemüts und die Unwirklichkeit des sterblichen Gemüts. In einem Fall benutzte er eine schrittweise Methode, die für seine Zuhörer lehrreich gewesen sein muß. Jesus sagte zu einem Lahmen, der zu ihm gebracht worden war: „Sei getrost, mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben." Mt 9:2. Jesus wußte, daß er das mit göttlicher Vollmacht sagen konnte. Und als gewisse Schriftgelehrte, die anwesend waren, bezweifelten, daß der Meister die Macht hatte, Sünden zu vergeben, ging er noch einen Schritt weiter und heilte den Gelähmten augenblicklich. Damit bewies er, daß Krankheit keine Wirklichkeit hat, sondern eine falsche Behauptung über den Menschen ist.
Ob es sich um Krankheit oder Sünde handelte, Jesus demonstrierte die unendliche Macht des göttlichen Gemüts und die Nichtsheit des sterblichen Gemüts auf überzeugende Weise. Für die Menschenmenge war jedoch die körperliche Heilung der sichtbare Beweis, den sie brauchte, um die Gegenwart des Christus zu begreifen.
Die Christliche Wissenschaft erweckt die Menschheit aufs neue zu der geistigen Tatsache, daß der heilende Christus immer bei uns ist. Körperliche Heilungen durch Gebet sind eine gegenwärtige Möglichkeit, und sie beweisen, daß das sterbliche Gemüt machtlos und unwirklich ist.
Ich erlebte das vor einiger Zeit, als aus einer harmlosen Zahnentzündung plötzlich ein großes Problem wurde. Ich trat diesem Zustand mit dem Gedanken entgegen, daß das göttliche Gemüt, Prinzip, die Wurzel aller wahren Tätigkeit ist.
Obwohl ich mich ernsthaft im Gebet an Gott wandte und bis zu einem gewissen Grade die Gegenwart der Wahrheit erkannte, nahmen die Schwellung und die Schmerzen zu. Für mich war das ein deutliches Zeichen, daß ich mich speziell mit dem sterblichen Gemüt befassen mußte. Die Tatsache, daß ich während des Mittagsschlafes keine Schmerzen gespürt hatte, war hilfreich. Ich folgerte, daß die Schmerzen nicht von der Materie verursacht wurden, ob ich nun schlief oder wach war, sondern von den falschen Annahmen des sterblichen Gemüts, das mir einreden wollte, die Materie könne Leben und Gefühl haben.
Sie können sich meine Freude vorstellen, als kurz darauf die Schmerzen vollständig verschwanden. Danach war es einfacher für mich, die Unwirklichkeit des noch verbleibenden körperlichen Problems zu sehen. Ich wandte mich von dem körperlichen Augenschein zu der geistigen Wirklichkeit, daß der Mensch immer vollkommen und vollständig ist.
Ich betete noch etwa fünfzehn Stunden, hatte aber keinerlei Schmerzen mehr. Dann brach ein großes Geschwür auf. Die Schwellung verschwand schnell; die Heilung war vollständig.
Als ich Gott für diesen klaren Beweis der Unwirklichkeit des sterblichen Gemüts dankte, bemerkte ich plötzlich eine weitere Heilung — eine Heilung, um die ich fast ein Jahr lang gebetet hatte. Mein Gehör war wieder normal! Trotz der Schwierigkeiten beim Hören hatte ich an dem Gedanken festgehalten, daß das wirkliche Gehör sich auf geistiges Hören gründet und daß ich immer bestens auf Gott hören kann.
Hier hatte ich nun den herrlichen Beweis, daß das göttliche Gemüt gegenwärtig und mächtig ist: die vollständige Heilung wurde offensichtlich, nachdem ich die falsche Vorstellung, die das sterbliche Gemüt vom Menschen hat, gezielt und mit Ausdauer herausgefordert hatte. Ich sah, daß reines Denken uns für den immergegenwärtigen, heilenden Christus empfänglich macht.
Bei der christlich-wissenschaftlichen Behandlung beschränkt sich die Handhabung des sterblichen Gemüts gewöhnlich nicht auf das Denken des Patienten. Sie schließt das Behandeln allgemein verbreiteter menschlicher Annahmen ein, wie z. B. der Erwartung, daß Schmerzen eine Begleiterscheinung körperlicher Disharmonie seien. Wir alle können lernen, uns vor äußeren Einflüssen zu schützen, indem wir in unseren Gebeten ihre Wirklichkeit systematisch verneinen. Das erhält unser Denken klar und hilft uns, den ganzen Tag über die immergegenwärtigen Eigenschaften des göttlichen Gemüts besser zum Ausdruck zu bringen.
Wissenschaft und Gesundheit ermutigt uns: „Nimm Besitz von deinem Körper und regiere sein Empfinden und Tun. Erhebe dich in der Stärke des Geistes, um allem zu widerstehen, was dem Guten unähnlich ist." Wissenschaft und Gesundheit, S. 393. Wenn wir den Ansprüchen des sterblichen Gemüts widerstehen, beweisen wir, daß wir bereit sind, durch geistige Mittel geheilt zu werden. Es gibt uns die Zuversicht, daß wir die Nichtsheit körperlicher Disharmonie durch das geistige Verständnis von der heilenden Gegenwart des göttlichen Gemüts demonstrieren können.
