Von Zeit zu Zeit werden wir ausgewählte Artikel, Schriftleiterartikel oder Gedichte aus vergangenen Veröffentlichungen herausbringen.
Es ist uns nicht möglich, alle hervorragenden Arbeiten der Vergangenheit zu veröffentlichen. Unsere Absicht ist nicht, christlich-wissenschaftliche „Klassiker“ herauszusuchen oder herausragenden Persönlichkeiten „das Wort zu erteilen“. Einige Beiträge mögen von bekannten Lehrern der Christlichen Wissenschaft stammen; andere wurden von vergleichsweise unbekannten Personen geschrieben.
Die Artikel und Gedichte sind hauptsächlich nach ihrer Relevanz für heutige Bedürfnisse ausgewählt worden. Sie werden feststellen, daß Sprache und Stil von der heutigen Norm leicht abweichen, aber vielleicht teilen Sie unsere Meinung, daß wahre geistige Erleuchtung niemals unmodern wird.
Wir hoffen, es wird Ihnen ebensoviel Freude machen wie den jetzigen Schriftleitern, über das selbstlose, geistige Engagement all jener Christlichen Wissenschafter nachzudenken, die so viel zur Sache der Christlichen Wissenschaft beigetragen haben und deren Worte und Beispiel noch heute zu uns sprechen.
Man könnte sagen, ein Ausüber der Christlichen Wissenschaft steht zu seinem Patienten in einer ähnlichen Beziehung wie ein sauberes Fenster zu einem Zimmer. Das Fenster läßt das Licht ein, doch ist es weder das Licht noch die Quelle des Lichts. So wie man keinen Gedanken an das Fenster verschwendet, wenn man die Landschaft betrachtet, so ist auch der Ausüber jenem erhabenen Ausblick auf Gott und auf Seine Schöpfung völlig untergeordnet; und der Patient hat ein Recht auf diesen Ausblick. Kein echter Christlicher Wissenschafter möchte auf sich oder auf seine persönlichen Ansichten aufmerksam machen. Die beste Unterstützung, die einem Patienten zuteil werden kann, besteht darin, ihm zu helfen, selbst richtig zu denken. Je früher der Patient lernt, sein Denken und Handeln zu berichtigen, desto eher wird er Harmonie zum Ausdruck bringen und ein nützliches Mitglied der Gesellschaft werden.
Es versteht sich von selbst, daß man in der Praxis der Christlichen Wissenschaft nicht die Lebensgeschichte eines Patienten kennen muß, um ihn zu heilen. Das Verständnis des unwandelbaren göttlichen Prinzips und nicht die Kenntnis falscher menschlicher Annahmen ermöglicht es uns, zu heilen und geheilt zu werden. Wir können es uns nicht leisten, Klatschgeschichten zu erzählen oder sie uns anzuhören, unter dem Vorwand, wir deckten ja den Irrtum auf. Irrtum wird aufgedeckt, wenn wir erkennen, daß er unwirklich ist. Solange uns Irrtum wirklich erscheint, haben wir ihm noch nicht seine Maske abgenommen. Es gibt daher keine Entschuldigung dafür, daß wir das Böse unbeachtet lassen; wir müssen standhaft das biblische Gebot beherzigen: „Laß dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ Röm 12:21.
Mary Baker Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift: „. .. die Betätigung der höheren Gefühle — Hoffnung, Glaube, Liebe — [ist] das Gebet des Gerechten. Dieses Gebet, das von der Wissenschaft anstatt von den Sinnen regiert wird, heilt die Kranken.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 206. Wie klar wird hier dargelegt, daß diese Hoffnung und dieser Glaube allein in Gott zu finden sind und daß diese Liebe Liebe zum Guten bedeutet und übersinnlich ist, nicht sentimental.
Anstatt einem Patienten menschliche Schritte vorzuschreiben, die er unternehmen soll, wird der wirksame Helfer Erleuchtung und Hoffnung bringen und dem Patienten zugleich anraten, mit allen Mißhelligkeiten im Gebet zu Gott zu gehen, anstatt vor ihnen davonzulaufen. Gott war am Roten Meer bei Mose, bei Daniel in der Löwengrube und bei Jesus am Kreuz, und Er ist auch jetzt da, um jene zu retten und zu heilen, die sich Ihm zuwenden. Wir können uns ganz gewiß darauf verlassen, daß unser himmlischer Vater Seine Kinder auf dem rechten Pfade führt und daß wir unseren Patienten Seiner liebevollen Führung anvertrauen können. Obwohl ein häufiger Ausüberwechsel in den meisten Fällen nicht wünschenswert erscheint, so hat doch der Patient das uneingeschränkte Recht, den Ausüber zu wechseln, wann immer er das möchte. In dem Augenblick, in dem der Patient wünscht, daß die Behandlung eingestellt werde, ist er nicht länger Patient, und niemand kann ihn dann als solchen beanspruchen.
Der Ausüber muß wachsam sein, damit er sich nicht von dem Ziel des Heilens ablenken läßt. Es gibt heute viele fortschrittliche Bewegungen, die zweifellos durch den Sauerteig der Wahrheit entstanden sind, der in der Welt am Wirken ist. Doch so hilfreich diese Bewegungen auch sein mögen, man sollte sich der Tatsache bewußt bleiben, daß sie die Auswirkung, nicht aber die primäre Ursache für die menschliche Besserung sind. Ein Ausüber, der sich für die Verbreitung dieser Bewegungen einsetzt, erhöht nicht seine Effizienz, wenn er auf diese Weise von seinem höchsten Ziel abgelenkt wird: das Gemüt zu erlangen, das auch in Christus Jesus war. In diesem Zusammenhang gilt Mrs. Eddys Hinweis aus dem Buch Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes: „Wenn wir das Umfassende über dem Technischen, das Prinzip über seinen Begleiterscheinungen, die Ursache über der Wirkung, den Glauben über dem Sichtbaren verlieren, dann verlieren wir die Wissenschaft des Christentums...“ Miscellany (Verschiedenes), S. 149: “Losing the comprehensive in the technical, the Principle in its accessories, cause in effect, and faith in sight, we lose the Science of Christianity.”
Die Heilkraft tut sich durch Geistigkeit kund; deshalb sollte sich das Denken des Ausübers nur im Reich des Geistigen bewegen, wo das göttliche Gemüt das einzige Heilmittel für alle sterblichen Schwierigkeiten ist. Dieses geistige Bewußtsein ist das genaue Gegenteil träumerischer Geistesabwesenheit. Es erfordert unsere ganze Wachsamkeit, Weisheit und Intelligenz. Es bedeutet „Gott mit uns“ — Leben mit uns, Wahrheit mit uns, Liebe mit uns — der Himmel unter uns.
Das folgende Zitat von Phillip Brooks erschien im Christian Science Sentinel vom 6. Januar 1906: „Gott hat uns keine große Gelehrsamkeit gegeben, damit wir alle Probleme lösen, auch nicht unfehlbare Weisheit, damit wir lenkend in das Leben unserer Mitbrüder eingreifen; Er hat aber jedem von uns die Kraft gegeben, geistig zu sein und durch unsere Geistigkeit das Leben all derer zu erheben, zu erweitern und zu erleuchten, mit denen wir in Berührung kommen.“ Es ist nicht uninteressant, daß Mary Baker Eddy mit Bleistift unter dieses Zitat geschrieben hat: „Obiges Zitat enthält das Geheimnis meines Lebens.“
Mögen Ausüber und Patient dieses Geheimnis so tief ergründen, daß universalem Heilen nichts mehr im Wege steht.
Dieser Artikel erschien zum ersten Mal im Christian Science Sentinel vom 24. August 1918.