Im Wohnzimmer des kleinen Hauses reihen sich Kinderstühle zu einer Eisenbahn. Auf einem sitzt ein Wuschelteddy, auf einem zweiten ein Stoffbär, ein Glas mit Erdnußbutter steht auf einem dritten. „Wir reisen nicht ohne Vorräte“, witzelt die Mutter. Derweil geht der Dreijährige mit seinem Hammer daran, den vorderen Stuhl zu „reparieren“, und seine jüngere Schwester trapst ohne Unterbrechung umher, plappert dabei etwas von Telefonen und „Eis tum Mittach“ und ignoriert die Absicht des Spiels völlig, das von ihr verlangt, als Reisende im „Zug“ auf einem der Stühle zu sitzen.
Wo kleine Kinder sind, werden Gespräche begleitet, manchmal auch beherrscht, von dem Trappeln kleiner Füße und dem Plappern hoher Stimmchen inmitten verstreut liegender Sachen. Unser Gespräch bildete da keine Ausnahme.
Das Gespräch drehte sich um die Entscheidung einer Mutter, Verdienst und Beruf hintanzustellen und zu Hause zu bleiben, um für die Kinder da zu sein. Im folgenden lesen Sie, was diese junge Mutter über ihre Entscheidung sagt.
Wenn man sich dafür entscheidet, Kinder zu haben, muß man natürlich manches, was man gerne hätte oder täte, opfern. Trotzdem habe ich das nie als Verlust oder als ein Aufgeben der eigenen Identität empfunden. Sicher, man wird Kompromisse machen müssen. Aber auf kurzzeitigen Vorteil zu verzichten, um ein langfristiges Ziel zu erreichen, bedeutet Gewinn, nicht Verlust. Wenn es einem wirklich um Prioritäten geht, kann man mit chaotischem Denken aufräumen und Platz machen für das, was wirklich zählt: Liebe, Spontaneität, geistige Werte. Und diese geben schöpferischen Impulsen Raum.
Wir zum Beispiel können es uns nicht leisten, einfach loszugehen und Spielzeug zu kaufen, wenn es uns danach ist. So machen wir alle möglichen Spielsachen aus dem, was so herumliegt — Cornflakes-Kartons, Pappmaché für Kasperlepuppen, Stoffreste und „Funde“ wie Röhren oder Teppichreste. Wenn man die Annahme aufgibt, daß unsere Ressourcen oder Mittel begrenzt seien, beginnt man sich der Vielzahl der Möglichkeiten bewußt zu werden. Und dies gilt auch für Ressourcen wie Geduld, Ehrlichkeit, Energie.
Tatsächlich hatte ich lange Zeit das Gefühl, ich hätte nicht genug Energie, um insbesondere die Nachmittage zu Hause durchzustehen. Als ich eines Abends in Wissenschaft und Gesundheit die Definition Schöpfer las, erkannte ich etwas Neues, Überraschendes. Mrs. Eddy definiert Schöpfer als „Geist; Gemüt; Intelligenz; das belebende göttliche Prinzip alles Wirklichen und Guten; Leben, Wahrheit und Liebe, durch sich selbst bestehend;. .. Gott, der alles gemacht hat, was gemacht ist, und nicht ein Atom oder ein Element schaffen konnte, die das Gegenteil von ihm sind.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 583. Ich beschloß, daß es mir nicht so wichtig war, mehr Energie zu besitzen, wie mehr von dem Prinzip zu verstehen, das belebt. In einem Wörterbuch heißt es unter dem Stichwort „beleben“: „Leben geben. .. inspirieren. .. in die Tat umsetzen.“ Das göttliche Prinzip, die einzig wahre Quelle, gibt und erhält alles Leben. Diese Erkenntnis hob mein ganzes Denken in bezug auf dieses Thema auf eine sichere — eine geistige — Grundlage, und ich entdeckte, daß mir in der Tat bessere Ressourcen zur Verfügung standen.
Was Beruf und Kindererziehung betrifft, so muß, glaube ich, jede Familie wirklich Gottes Führung suchen und selbst herausfinden, was für sie das richtige ist. Für mich kam die Antwort nicht als plötzliche Einsicht. Monatelang betete ich und bemühte mich, widersprüchliche Gefühle zu klären, bis mir schließlich der Weg klar wurde.
Bevor unser erstes Kind im Juni geboren wurde, hatte ich mich vertraglich verpflichtet, im Herbst in meinem Beruf als Lehrerin weiterzuarbeiten. Die meisten meiner Bekannten standen voll im Berufsleben. Ich arbeitete schon seit Jahren, und es war auch ganz einfach so, daß wir mein Gehalt brauchten.
Aber als unser Sohn geboren war, fühlte ich mich verwirrt, ja beinahe betrogen. Ich wollte gern bei dem Baby bleiben, doch das ließ sich nicht mit unseren Vorstellungen davon, wie wir nach seiner Geburt leben würden, in Einklang bringen. Ich wußte, daß es keinen Sinn hatte, auch nur zu versuchen, inmitten dieser widerstreitenden Gefühle eine Entscheidung zu treffen, und ich erkannte, daß ich ehrlich sein und den tiefsten Eingebungen der göttlichen Liebe folgen mußte.
In Wissenschaft und Gesundheit schreibt Mrs. Eddy: „Ehrlichkeit ist geistige Kraft.“ Science and Health (Wissenschaft und Gesundheit), S. 453: “Honesty is spiritual power.” Ich fühlte, daß mit dieser Ehrlichkeit mehr gemeint war, als sich einfach — sei’s aus Vernunftgründen oder gefühlsmäßig — dem Strom der Zeit anzupassen. Ich entschloß mich, meinen tiefsten Empfindungen und Gebeten zu vertrauen. Obwohl es unseren ursprünglichen Plänen widersprach, wollte ich gern zu Hause bei unserem Baby bleiben. Mein Mann war damit einverstanden, und wir waren zuversichtlich, daß wir all den Mut, all die Kraft und die Mittel haben würden, die wir brauchten.
Aber ich hatte mein Wort gegeben und einen Lehrvertrag unterzeichnet. Schließlich rief ich die Direktorin der Schule an. Sie nahm meine Nachricht ausgesprochen wohlwollend auf und sagte, sie sei eigentlich nicht überrascht. Sie habe geahnt, daß sich meine Einstellung zur Berufstätigkeit ändern würde, wenn das Baby erst einmal da sei. So lachten wir zusammen darübar, daß ich mich im voraus festgelegt hatte, etwas zu tun, was alle anderen taten.
Und die finanzielle Situation? Es schien nur zu klar zu sein, daß wir zwei Einkommen brauchten. Aber ich hatte einfach das Empfinden, daß ich am besten für die Familie sorgte, wenn ich zu Hause blieb. Größeres Vertrauen auf die Liebe Gottes würde uns weiterhelfen.
Und das tat es, Tag für Tag. Einmal brauchte unser Sohn einen neuen Schneeanzug. Eines Nachmittags öffnete ich die Haustür, um die Post hereinzuholen, und am Türknopf hingen ein sehr schöner Anorak und eine Schihose. Später stellte sich heraus, daß jemand die Sachen dort hingehängt hatte, der ein paar Straßen weiter wohnte und den ich nicht einmal kannte.
Wir erlebten wunderbare Beweise, daß Bedürfnisse vollständig gestillt werden, nicht nur teilweise. In diesem Zusammenhang habe ich oft an die Botschaft gedacht, die die Psalmen für uns haben, zum Beispiel: „Wie köstlich ist deine Güte, Gott, daß Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel Zuflucht haben! Sie werden satt von den reichen Gütern deines Hauses.“ Ps 36:8, 9.
Christus Jesus lehrte seine Nachfolger unmißverständlich, was es fordert und welchen Segen es bringt, völlig auf Gott zu vertrauen. In meinem eigenen Leben begann ich Schritt für Schritt zu erkennen, daß ich mich in allem, was meine Familie brauchte, auf Gott verlassen konnte. Dazu gehörte auch, daß ich meinen beruflichen Werdegang der Wahrheit anvertrauen konnte und nicht von irgendeinem Zeitplan abhängig war. So war ich in der Lage, durch Heimarbeit ein Einkommen zu erwerben, indem ich mich als freischaffende Künstlerin betätigte, ein Nachmittagsprogramm für Kinder gestaltete und Arbeiten am Computer verrichtete.
Ein weiteres Zitat von Mrs. Eddy scheint mir meine eigenen Prioritäten zu bestätigen: „Ist nicht die Fortpflanzung des Menschengeschlechts eine größere Verantwortung, eine ernstere Verpflichtung als die Pflege deines Gartens oder die Zucht und Vermehrung deiner Herden? Nichts sollte auf Kinder übertragen werden, was des Fortbestehens unwürdig ist.“ Science and Health (Wissenschaft und Gesundheit), S. 61: “Is not the propagation of the human species a greater responsibility, a more solemn charge, than the culture of your garden or the raising of stock to increase your folcks and herds? Nothing unworthy of perpeturity should be transmitted to children.”
Wenn man, wie ich, zu Hause ist, lernt man ganz konkret, was das Wort „Nächster“ oder „Nachbar“ eigentlich heißt. Und mir ist klargeworden, daß mein Anwenden der Christlichen Wissenschaft die Nachbarschaft einschließen muß. Gemüt, Gott, versorgt in der Tat jeden einzelnen unserer Nachbarn, denn von einem geistigen Standpunkt aus ist der zentrale Punkt der, daß wir alle einen Vater-Mutter Gott haben.
Ich erinnere mich, daß einmal das Kind von Nachbarn mit einer ansteckenden Krankheit ins Krankenhaus gebracht wurde. Alle schienen panische Angst zu haben. Die Gespräche in der Nachbarschaft waren nicht sehr erfreulich; angsterfüllt wurden Gerüchte ausgetauscht über Diagnosen und den Ursprung der Krankheit und darüber, was für unsere Kinder zu erwarten sei. Ich hatte Furcht.
An jenem Abend bat ich einen Ausüber der Christlichen Wissenschaft, mit mir zu beten. Ich hatte den innigen Wunsch, ohne Furcht zu sein, sowohl was mich und meine Familie, aber auch was unsere Nachbarn betraf. Ich erinnere mich nicht an Einzelheiten des Gesprächs, aber ich spürte die Tiefe der Liebe — die heilende Macht und Gegenwart Gottes. Die Furcht verschwand. Sie nahm nicht allmählich ab, bis sie sich schließlich ganz auflöste; sie wich ganz einfach von mir.
Am nächsten Tag war das Gespräch unter Nachbarn erneut von Furcht bestimmt, und eine Bekannte wandte sich mit der Frage an mich: „Was sollen wir tun?“ Erstaunt hörte ich mich antworten: „Wir werden uns nicht fürchten!“ Das beendete für jenen Tag die Diskussion, und, soweit ich weiß, gab es unter den Nachbarn kein weiteres Gerede mehr über dieses Problem. Selbst als das betreffende Kind nach Hause zurückkehrte, hörte ich keine von Furcht bestimmten Theorien mehr noch irgendwelches aufgeregtes Gerede, das an sich schon ansteckend ist.
Wir müssen bereit und willens sein zu beten, damit nichts Aufnahme findet als allein das Gute, und wir müssen bereit sein, unsere Kinder zu korrigieren, wenn es nötig ist. Wenn zum Beispiel ein Kind ein anderes schlägt, muß es gleich korrigiert werden. Es hat etwas zu lernen, und ein festes, liebevolles „Das kannst du nicht tun!" ist besser als ein ärgerliches Zurechtweisen. Das wichtigste jedoch ist, daß wir die Berichtigung durch die Erkenntnis unterstützen, daß Liebe und Unschuld für Gottes Kind natürlich sind.
Oder nehmen wir an, ein Kind hat zu wenig Zutrauen zu sich selbst. In diesem Fall könnte die Tatsache, daß das Kind als Gottes Widerspiegelung in Wirklichkeit bereits alles hat, was es braucht, Angelpunkt unseres Gebets sein. Das Kind spiegelt Gott, die göttliche Wahrheit, wider, und dies regiert seine Tätigkeit und stillt all seine Bedürfnisse. Es geht nicht darum, daß wir möglichst viele erzieherische Aktivitäten starten; „das belebende göttliche Prinzip" vielmehr verleiht jedem seine wirklichen Eigenschaften.
Das bedeutet für mich, daß der Vorrat an Liebe, Freude oder Mut, den Gottes Kinder besitzen (und das schließt natürlich auch meinen Mann und mich ein), nicht begrenzt ist. Zu lieben entspricht unserem Wesen. Wir sind der Beweis alles dessen, was Gott, Wahrheit, schafft. Es ist nicht so, daß sich hier bei uns zu Hause ein kleines bißchen Wahrheit ereignet und eine andere Art von Wahrheit etwas im Haus nebenan bewirkt. Wahrheit ist allgegenwärtig. Gottes Kind ist vollständig.
Zu Hause zu sein verlangt von uns zu beten, nicht nur für uns selbst oder für die eigene Familie, sondern für die ganze Familie der Menschen. Zu Hause zu sein gibt uns Gelegenheiten, zu beten und zu studieren, und das ist mir sehr wertvoll. Ich versuche, mehr über den geistigen Menschen, Gottes Widerspiegelung, zu lernen. Es gibt in Wahrheit keinen Mittler zwischen Gott und dem Menschen. Ich meine, es ist meine meine Aufgabe, zwischen Gott und Seinen Kindern zu vermitteln. Menschlich gesehen ist es meine Aufgabe, sie zu leiten und mich um sie zu kümmern. Aber ich brauche nicht zu versuchen, sie nach einem bestimmten Bild zu formen. Widerspiegelung erfolgt direkt; sie gelangt nicht über mich zu den Kindern. Die Kinder haben eine primäre Beziehung direkt zu Gott.
Worüber ich ferner in Verbindung mit Kindern nachdenke, ist, daß Gott, da Er Liebe ist, uns auf genau die Weise Erfüllung bringt, die für uns richtig ist. Das schließt menschliche Bedürfnisse ein — meine ebenso wie die der Kinder. In der Liebe, die unendlich ist, gibt es nur die Einheit des Gemüts, das sagt: „Ich bin Alles-in-allem.“ Daher sehe ich uns alle gern als Seine Nachkommen, als Kinder des Lichts, die alles in sich tragen, was sie brauchen. Und das erfüllt unsere Vormittage und Nachmittage.
Klingt Ihnen das zu ideal? Wenn man das, was man in vier Jahren gelernt hat und worüber man in dieser Zeit gebetet hat, in einem Gespräch zusammenfaßt, hört es sich einfach an. Aber nichts von all dem, was man mit Kindern tut, ist einfach — weder das Mit-ihnen-Leben noch das Mit-ihnen-Lernen. Was ich erfahren habe, ist, daß Ehrlichkeit und Vertrauen auf Gott gelebt werden können und uns Erfüllung bringen.
 
    
