Waren Sie schon einmal enttäuscht? „Ja“, werden die meisten Leser sagen. Aber Hand aufs Herz, hat ein Verweilen in enttäuschten Gefühlen jemals weitergeholfen? Sich einer Enttäuschung hinzugeben führt oft zum Grübeln. Und über eine mißliche Lage nachzugrübeln trägt wirklich nicht zur Lösung bei. Doch ein Denken, das bestrebt ist, eine Enttäuschung zu überwinden, indem es sich mit Gott verbindet, wird durch göttliche Gnade, durch Christus, Wahrheit, emporgehoben.
Die Christliche Wissenschaft zeigt uns, daß Gott Geist ist und daß der Mensch, Seine Idee, geistig, also unsterblich und sündlos ist. Der Mensch ist in seinem wahren geistigen Wesen aufrichtig, ehrlich, liebevoll und rein. Gott, der immergegenwärtige und allmächtige Liebe ist, kann nie enttäuschen Demzufolge kann Seine geistige Idee, der Mensch, weder enttäuschen noch enttäuscht werden, denn er bringt Gott zum Ausdruck.
Enttäuschung kann das Ergebnis eines Verlasses auf materielle Mittel und Methoden sein, die versagt haben. Zu diesem Thema schreibt Mrs. Eddy in Wissenschaft und Gesundheit: „Die Materie erhält sich nicht selbst. Ihre falschen Stützen versagen eine nach der anderen. Die Materie hat nur dadurch eine Zeitlang Erfolg, daß sie unrechtmäßigerweise in den Gewändern des Gesetzes einherstolziert.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 372.
Da das harmonische Gesetz Gottes das einzig wirkliche Gesetz ist, wird, wenn wir im Gebet an dieser Tatsache festhalten, der einer Enttäuschung zugrundeliegende Irrtum entlarvt und zerstört. Das Gesetz Gottes ist das Gesetz der Liebe, die keinen Feindesbegriff, keinen Mißerfolg und keine Spannungen kennt. Dieses Gesetz, täglich gelebt, zerstört das Böse. Wenn das menschliche Bewußtsein für göttliche Führung offen ist, dann verschwinden irrige Annahmen, und die von Gott, dem göttlichen Gemüt, kommende Inspiration — Gedanken der Reinheit, Gesundheit und Sicherheit — strömen in unser Bewußtsein. Diese Inspiration wirkt sich auf praktische Weise auf unser tägliches Leben aus.
Vielleicht ist zum Beispiel jemand enttäuscht von der Politik und ihren Vertretern, von Menschen, die die in sie gesetzten Hoffnungen nicht erfüllen. Oder Enttäuschung könnte sich einstellen, wenn Wünsche nicht erfüllt werden oder Pläne fehlschlagen. Es kann aber durchaus sein, daß in solchen Fällen etwas Besseres auf uns wartet und wir unsere Wünsche und Beweggründe läutern müssen.
Josef im Alten Testament ist ein gutes Beispiel dafür. Siehe 1. Mose 37:23—45:5. Er wurde von seinen eifersüchtigen Brüdern in eine Grube geworfen, dann an vorüberziehende Ismaeliter verkauft und nach Ägypten gebracht. Als Sklave Potifars, der Kämmerer und Oberster der Leibwache des Pharao war, landete er wegen falscher Anschuldigungen durch Potifars Frau im Gefängnis.
Trotz dieser Schwierigkeiten, die ihn scheinbar so ungerecht befallen hatten, ist nirgendwo zu lesen, daß er wegen seines scheinbar bösen Schicksals verzagte oder eine ungewisse Zukunft befürchtete. Kein Wort spricht von Enttäuschung. Durch Liebe, Geduld, Sanftmut und Wahrhaftigkeit demonstrierte er seine wirkliche, geistige Einheit mit Gott. Er war aufgeschlossen für die Führung Gottes. Es heißt in der Bibel: „Und der Herr war mit Josef, so daß er ein Mann wurde, dem alles glückte.“ Seine Empfänglichkeit für göttliche Ideen machte ihn zu einem weisen Ratgeber, und deshalb gab der Pharao ihm eine Position, die es Josef ermöglichte, vielen Menschen zu helfen. Ja, Ägypten, umliegende Länder und seine eigenen Brüder, denen er trotz ihres Anschlags und Verrats nicht zürnte, wurden dadurch vor einer Hungersnot bewahrt.
Das göttliche Gesetz der Liebe in der menschlichen Erfahrung zerstört das Böse, Beleidigungen und Enttäuschungen, weil Gott sie nicht kennt. Was Gott nicht kennt, kann Seine Widerspiegelung, der Mensch, nicht erleben. Gott ist Liebe. Der Mensch empfängt diese Liebe und drückt sie aus, wie sie ist: rein und selbstlos.
Im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft beschreibt Mrs. Eddy, was Josef verkörperte und zum Ausdruck brachte: „Joseph. Ein körperlicher Sterblicher; ein höherer Begriff der Wahrheit, der die sterbliche Annahme, oder den Irrtum, rügt und die Unsterblichkeit und Allerhabenheit der Wahrheit zeigt; reine Liebe, die ihre Feinde segnet.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 589. Diese „reine Liebe“ kann nicht enttäuscht werden. Doch kann es Zeiten geben, wo wir Enttäuschung überwinden müssen.
Die falschen Annahmen, daß Leben in der Materie und deshalb endlich sei, daß es widerstreitende persönliche Gemüter gebe, daß der Mensch von Gott getrennt sei und demnach der Zufall eine Rolle spiele, sind Elemente der Enttäuschung. Aber diese Annahmen können aufgegeben werden. Gott kennt sie nicht, denn Gott ist das einzige Gemüt, absolute, unsterbliche Liebe, unendliches Leben. Wir selbst und unser Nächster sind in Wirklichkeit der Ausdruck dieses Gemüts. Von diesem Standpunkt aus sehen wir, daß die Lösung nicht in der Vergeltung liegt, sondern in der Vergebung und darin, daß wir als Gottes Kinder unsere ununterbrochene Freude beanspruchen.
Dies kann durch Lauschen auf Gott geschehen, aber nicht durch Beschäftigung mit den die Enttäuschung herbeiführenden und begleitenden Umständen. Gedanken an Enttäuschungen zurückzuweisen, ob sie nun aus gestörten zwischenmenschlichen Beziehungen, beruflichen Mißerfolgen oder einer verzögerten Heilung hervorgehen, ist eine nützliche Entrümpelung. Das Denken wird frei und empfänglich für den heilenden Christus. Meine Frau und ich hatten Gelegenheit, dies zu beweisen.
Wir befanden uns auf eines Fahrradtour, die mehrere Tage dauern sollte. Am Vormittag eines wundershönen Tages stürzte meine Frau und schlug hart auf den betonierten Radweg auf. Ich half meiner Frau beim Aufstehen, denn ihre Knie schmerzten sehr. Wir dachten über die Stelle aus der Bibel nach, in der es in bezug auf Gott heißt: „Denn nicht von Herzen plagt und betrübt er die Menschen.“ Klgl 3:33. Wir schlossen daraus, wie es auch im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft bestätigt wird, daß es in Gottes Reich keine Unfälle gibt, weil Er das einzige Gemüt ist und alles beherrscht. Als die Schmerzen verschwanden, fuhren wir weiter. Plötzlich wurden das linke Handgelenk und der Daumen meiner Frau dick und schmerzten sehr. Wir fuhren weiter bis zum Zielort des ersten Tages. Es stellte sich uns nun die Frage, ob wir die Radtour beenden sollten.
Um sich entscheiden zu können, ließ sich meine Frau die Hand röntgen. Im Krankenhaus mußte ich auf dem Flur vor dem Arztzimmer warten. Ich saß nun da und nützte die Zeit zum Beten. Bei dieser geistigen Arbeit erkannte ich unter anderem an, daß meine Frau in Wirklichkeit heil ist, weil sie von Gott untrennbar ist, und daß sie, weil sie geistig ist, in jeder Hinsicht vollkommen ist. Ich erwartete, daß sie durch dieses Gebet geheilt würde. Als aber die Prozedur beim Arzt zu Ende war, kam meine Frau heraus und hatte Hand und Unterarm in Gips. Laut Aussage des Arztes hätte meine Frau Glück, wenn der Gipsverband nach acht Wochen abgenommen werden könnte, denn es war ein komplizierter Bruch.
Enttäuschung wegen der scheinbar nicht eingetretenen Heilung wollte in mir aufkommen. Aber sogleich erkannte ich, daß dies eine völlig falsche Reaktion war, die nicht nur nutzlos war, sondern auch schädlich sein konnte. Enttäuschung und ähnliche Gefühle sind Gehilfen des sterblichen Gemüts, die den Blick trüben und das Denken lähmen. Ich wies also diese Enttäuschung energisch zurück, weil ich wußte, daß kein ernsthaftes Gebet vergeblich ist und Gott den Menschen erhält. Gemeinsam beteten meine Frau und ich weiter, bis wir die ruhige innere Zuversicht gewannen, daß wirklich kein Grund zur Sorge bestand, denn Gott und der Mensch sind als Prinzip und Idee vollkommen und untrennbar. Der Mensch kann nie aus der göttlichen Fürsorge und Liebe herausfallen.
Ich fuhr mit dem Fahrrad zu unserem Ausgangspunkt zurück und holte meine Frau mit dem Auto ab. Vom Arzt erhielt meine Frau ein Kuvert mit dem Befund und der Anweisung zur Weiterbehandlung im heimischen Krankenhaus. Dort wurde wieder eine Röntgenaufnahme gemacht. Als der Arzt das Röntgenbild betrachtete, war er etwas ratlos, denn er konnte keinen Bruch feststellen. Er schickte meine Frau nach Hause mit der Bitte, in einer Woche wiederzukommen, weil er glaubte, sich geirrt zu haben. Vor dieser nächsten Röntgenaufnahme wurde dann der Genauigkeit wegen der Gipsverband entfernt, aber wieder konnte der Arzt keinen Bruch feststellen, und meine Frau spürte keine Schmerzen. Er sagte, daß sie weitere sechs Wochen einen Gipsverband tragen müsse, falls die Hand anschwelle. Zwar schmerzte die Hand in den nächsten Tagen durch den ständigen Gebrauch, aber sie schwoll nicht an.
Befürchtungen wurden durch folgende Wahrheit in Wissenschaft und Gesundheit zurückgewiesen: „Gemüt ist die Quelle aller Bewegung. .. “ Wissenschaft und Gesundheit, S. 283. Deshalb kann Tätigkeit, die in Übereinstimmung mit dem göttlichen Gesetz ausgeübt wird, nicht schaden.
Als meine Frau ein Zeugnis für die Mittwochabendversammlung ausarbeitete, waren die letzten Schmerzen wie weggeblasen. Dankbarkeit hatte tatsächlich die Schmerzen weggeschwemmt. Das Resultat: Statt Enttäuschung hatten Dankbarkeit und Verlaß auf die erhaltende Liebe Gottes geistige Erleuchtung und Heilung gebracht.
