Skip to main content Skip to search Skip to header Skip to footer

Die geistige Stärke des einzelnen

Aus der April 1989-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Kürzlich sah ich ein Profimatch zwischen zwei der besten Tennisspielerinnen der Welt. An einem entscheidenden Punkt machte die Spielerin, die im Match vorne lag, einen hervorragenden Aufschlag, den ihre Gegnerin nicht zurückschlagen konnte. Der Linienrichter erklärte den Aufschlag im Aus, aber die Gegnerin wußte, daß der Aufschlag gut gewesen war. Sie zögerte einen Augenblick, dann ging sie ruhig zur anderen Seite des Spielfeldes und gab den Richtern dadurch zu verstehen, daß der Aufschlag in der Tat ein rechtmäßiges As gewesen war.

Niemand hätte es der Spielerin verübelt, wenn sie die falsche Linienentscheidung akzeptiert hätte, denn praktisch alle Tennisspieler freuen sich über eine Linienentscheidung, die zu ihren Gunsten ausfällt — besonders, wenn eine Menge Geld und Prestige auf dem Spiel stehen, wie das bei diesem Match der Fall war. Aber diese Frau ließ sich nicht von dem Verhalten der Mehrheit leiten. Sie respektierte offensichtlich, was richtig und fair war.

Wie reagieren wir in unserem Beruf und im Privatleben, wenn wir merken, daß die Gepflogenheiten der Mehrheit nicht mit der höchsten Norm in Einklang stehen? Was tun wir, wenn wir entdecken, daß die Masse sich in eine falsche Richtung bewegt — eine Richtung, die Gott keine Ehre macht?

Ein inspiriertes Studium der Bibel hilft. Wir lassen uns dadurch von einer bloßen Zahl weniger beeinflussen und einschüchtern, und wir bekommen einen Schimmer von der geistigen Stärke des einzelnen. Die Bibel berichtet wiederholt von großen Menschenmengen, die von einzelnen, göttlich inspirierten Menschen ins Unrecht gesetzt wurden. Zum Beispiel wurde die Glaubwürdigkeit von allgemein akzeptierten Krankheiten durch augenblickliche Heilungen untergraben. Riesige Armeen wurden durch kleine Scharen von Menschen geschlagen, die sich absolut auf Gottes Schutz und Führung verließen. Die Menge ist also nicht unbedingt im Recht, ist nicht gleichbedeutend mit Macht oder Autorität.

Gottes Weisung folgend, besiegte Gideon eine gewaltige fremde Armee mit nur dreihundert Mann. Die Bibel berichtet, daß seine Gegner wie „eine Menge Heuschrecken [waren], und ihre Kamele waren nicht zu zählen wegen ihrer großen Menge, wie der Sand am Ufer des Meeres“ Ri 7:12.. Gideon war jedoch ganz speziell angewiesen worden, sich nicht auf Zahlen zu verlassen. Im Buch der Richter wird berichtet, daß er vor der Schlacht fast zweiunddreißigtausend Mann nach Hause schickte. Und der Sieg wurde von den restlichen dreihundert Mann mit Leichtigkeit errungen.

An einer anderen Stelle in der Bibel lesen wir, wie der Prophet Elia ganz allein die vierhundertfünfzig Propheten Baals herausforderte und in Mißkredit brachte. Nehemia beaufsichtigte den Wiederaufbau der zerstörten Mauern von Jerusalem trotz feindseliger und zahlenmäßig überlegener Nachbarn. Und der Prediger erzählt die Geschichte von einem armen, weisen Mann, der seine kleine und scheinbar hilflose Stadt von der Belagerung eines mächtigen Königs befreite. Siehe 1. Kön 18:19–39; Neh, Kap. 1–6; Pred 9:14–16 [nach Menge-Bibel und Zürcher Bibel].

Die biblische Geschichte zeigt, daß das Böse selten von sich behauptet, in kleiner Zahl aufzutreten. Es sagt: „Legion heiße ich; denn wir sind viele.“ Mk 5:9. Im Buch der Offenbarung wird das Böse als „ein großer, roter Drache“ dargestellt, „der. .. sieben Häupter und zehn Hörner und auf seinen Häuptern sieben Kronen“ Offb 12:3. hatte. Und auf die gleiche Weise mag das Böse uns einreden wollen: „Dieses Problem ist einfach zu groß. Du hast dieses Problem schon so viele Tage, du hast so viele Schmerzen gelitten, und du hast schon so viele Gebete gebetet.“ Das Böse versucht, uns durch die Illusion bloßer Zahlen zu beeindrucken und zu deprimieren.

Aber David überwand den Goliat. Christus Jesus vertrieb die Legion der Teufel. Das Urteil ist also schon gesprochen! Die Ansprüche des Bösen — auch wenn sie allgemein geduldet werden oder mengenmäßig beeindruckend sind — besitzen keine wirkliche Substanz oder Wahrheit. Sie haben weder die Stärke noch die Autorität, die sie zu haben behaupten. Stärke und Autorität liegen bei dem einen Gott und bei jedem einzelnen, der bereit ist, ganz und gar auf der Seite der allmächtigen Liebe zu stehen.

Und dazu gibt Gott uns die Fähigkeit. Wir sind nicht dazu erschaffen worden, furchterfüllt vor dem Drachen zu stehen und seine vielen Häupter, Hörner und Kronen zu zählen. Wir sind aber dazu erschaffen worden, Gott anzubeten und auszudrücken, das allmächtige Gute zu bekunden und so die dem Menschen von Gott verliehene Herrschaft auszuüben. Wenn wir unsere Tage zunehmend der Demonstration des Guten widmen, erkennen wir schließlich, daß das Böse keine Identität hat und daß Gott dem Guten, das ein geistig Gesinnter vollbringen kann, keine Grenzen gesetzt hat.

Mrs. Eddy, die eine Kirche gegründet hat, in der großer Wert auf die gottgegebenen Fähigkeiten und Pflichten des einzelnen gelegt wird, drückt es folgendermaßen aus: „Ist nicht ein Mensch metaphysisch und mathematisch Nummer eins, eine Einheit, und daher eine ganze Zahl, von seinem göttlichen Prinzip, Gott, regiert und beschützt? Ihr müßt euch einfach ein wissenschaftliches, positives Bewußtsein der Einheit mit eurem göttlichen Urquell bewahren und dies täglich demonstrieren. Dann werdet ihr finden, daß einer, wenn er aufrichtig ist und recht handelt und somit das göttliche Prinzip demonstriert, ein ebenso wichtiger Faktor ist wie Millionen und aber Millionen. Ein Tautropfen spiegelt die Sonne wider. Ein jeder der Geringsten Christi spiegelt den unendlichen Einen wider, und daher ist die Erklärung des Sehers wahr, daß, einer mit Gott eine Mehrheit ist‘.“ Kanzel und Presse, S. 4.

Wir müssen natürlich sicher sein, daß unsere Opposition gegen weitverbreitete Sitten von Gott gelenkt ist. Einige Proteste, die im Namen einzelner „inspirierter" Menschen auftreten, haben vielleicht ihre Wurzel tatsächlich in Egoismus und dem Drang nach persönlicher Macht. Wir müssen die Ermahnung des Johannes beherzigen: „Ihr Lieben, glaubt nicht einem jeden Geist, sondern prüft die Geister, ob sie von Gott sind.“ 1. Joh 4:1. Dann, und nur dann, stellen wir fest, daß „es. .. dem Herrn nicht schwer [ist], durch viel oder wenig zu helfen“ 1. Sam 14:6..

Die unbegrenzten Fähigkeiten des einzelnen werden an einer Stelle im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit, hervorgehoben, wo Mrs. Eddy schreibt: „Mose förderte ein Volk bis zu der Anbetung Gottes im Geist anstatt in der Materie und veranschaulichte die vom unsterblichen Gemüt verliehenen großen menschlichen Fähigkeiten des Seins.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 200.

Wir mögen uns wohl fragen, welche gedanklichen Eigenschaften einen einzelnen Mann befähigten, ein ganzes Volk zu fördern. Mose war gehorsam gegen Gott und hatte auch großen Mut und große Ausdauer — Eigenschaften, die wir sicherlich bis zu einem gewissen Grad selbst zum Ausdruck bringen können. Aber die Bibel hebt einen wesentlichen Charakterzug dieses Mannes hervor: „Mose war ein sehr demütiger Mensch, mehr als alle Menschen auf Erden.“ 4. Mose 12:3. Wenn wir in der geistigen Arbeit, die Gott für uns vorgesehen hat, Erfolg haben wollen, täten wir gut daran, Demut zu entwickeln. Wir können den Eigenwillen und die Eitelkeit aufgeben, die oft mit Zahlen verbunden sind, und still lernen, uns von Gott führen zu lassen. Wenn wir uns bewußt nur von Gott führen lassen, ist der heilende Einfluß unseres Lebens unbegrenzt.

Unsere Opposition gegen die Annahmen der Mehrheit wird jedoch wirkungslos bleiben, wenn lediglich eine andere Annahme dahintersteht. Unser Glaube an die Christliche Wissenschaft wird zum Beispiel nicht die vielen Menschen überstimmen, die glauben, daß jedes Jahr eine bestimmte Anzahl von Erkältungen zu erwarten sei. Wenn wir uns einer solchen Meinung der Mehrheit widersetzen, muß unsere Ablehnung, wie Mrs. Eddy sagt, „auf der Wissenschaft“ beruhen. Sie schreibt in bezug auf den enormen Glauben an Arzneimittel: „Wenn die allgemeine Annahme der leblosen Arznei diese oder jene Wirkung zuschreibt, so ist die individuelle Ablehnung oder der individuelle Glaube, sofern er nicht auf der Wissenschaft beruht, nur eine Annahme, die von einer Minderheit vertreten wird, und eine solche Annahme wird von der Mehrheit regiert.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 155.

Es ist also unsere Aufgabe, unseren Protest gegen das Böse auf die göttlich begründete Wissenschaft unseres Seins zu stützen und nicht auf bloße persönliche Behauptung. Auf sich allein gestellt, macht eine Meinung oder ein Wille selten eine allgemein akzeptierte Krankheit zunichte. Wenn aber unsere individuelle Ablehnung auf der Wissenschaft beruht, beugen wir uns der Tatsache, daß Gott und der Mensch ewiglich eins sind — nicht, weil irgendein Sterblicher das behauptet, sondern weil Gott das sozusagen behauptet. Und in dieser kostbaren Einheit ist kein Raum für Krankheit.

Die Erklärung in der Heiligen Schrift, daß der Mensch zu Gottes Bild geschaffen wurde, wird von drei entscheidenden Worten eingeleitet: „Und Gott sprach. . .“ 1. Mose 1:26. So kommt also des Menschen Identität allein von Gott und wird niemals von der breiten sterblichen Meinung bestimmt.

Wenn wir die unveränderliche Wirklichkeit dessen, was Gott sagt, akzeptieren, bauen wir wahrlich „auf der Wissenschaft“. Wir erkennen, daß Gottes Ebenbild mit endloser Herrschaft, Gesundheit und Harmonie ausgestattet wird und daß Krankheit kein Teil dieser wahren Individualität ist und niemals von Gott unterstützt oder auch nur erlaubt wird. Uns wird langsam klar, daß nicht Millionen menschlicher Gemüter, sondern Gott des Menschen Gesetzgeber ist. Und wir erkennen, daß jeder einzelne das Recht und die Intelligenz hat, auf der Seite der läuternden, erlösenden, allmächtigen Liebe Gottes zu stehen.

Da Gott völlig gut ist, Gesundheit statt Krankheit schafft, Überfluß statt Begrenzung und Leben statt Tod, können wir wohl zugeben, daß das Böse und selbst der Tod überwindbar sind. Nicht nur, weil uns das gesagt worden ist, sondern weil es in unserer wahren Natur liegt, uns auf Gottes wirkliche und mächtige Güte zu verlassen. Gott ist wahr, und die sterbliche Anschauung vom Menschen ist eine Lüge. Wir entwickeln daher moralische und geistige Stärke, wenn wir lernen, zwischen Gottes Wahrheit und menschengemachten Annahmen zu unterscheiden.

Durch andächtiges Gebet und eingehendes Studium der Bibel sowie der Schriften Mrs. Eddys sind wir imstande, das wahre, wissenschaftliche Wesen Gottes und des Menschen von menschlichen Meinungen und Philosophien zu unterscheiden. Dabei gewinnen wir ein unerschütterliches Verständnis von Gottes Allmacht und Allgegenwart und von der Vollkommenheit des Menschen. Wenn wir das als Gottes Gesetz und nicht bloß als menschlichen Glauben akzeptieren, dämmert unserem Bewußtsein die Tatsache, daß das Böse ohnmächtig und abwesend ist. Wir entdecken, daß die ehrfurchtgebietende Größe und das Ausmaß des Bösen eine falsche Vorstellung sind, daß das Böse überschätzt wurde und als Null gezählt werden muß. Und obwohl wir durch geistiges Wachstum und Wiedergeburt die Nichtsheit des Bösen Schritt für Schritt beweisen müssen, bleibt doch die geistige Tatsache bestehen: Das Böse hat keine Macht. Wir erkennen, daß Gottes vollkommener und vollständiger Schöpfung nichts hinzugefügt oder genommen werden kann, und das gilt auch für den Menschen. Dieses Verständnis führt den einzelnen ganz natürlich zu tieferem Frieden und zur Heilung.

Christi Jesu Heilarbeit zeigt uns, welch heilende Wirkung die Opposition eines einzelnen hat, wenn sie „auf der Wissenschaft“ beruht, das heißt auf dem richtigen Verständnis von Gott und von des Menschen Identität. Er bewies, daß Krankheit keine Notwendigkeit ist. Obgleich Millionen menschlicher Gemüter an Lepra glaubten und die Krankheit fürchteten, konnte dies Jesu Verständnis von der Wirksamkeit und Macht der göttlichen Liebe nicht im Wege stehen.

Als zehn aussätzige Männer ihn um Heilung anflehten, wurden sie in wenigen Augenblicken völlig rein. Siehe Lk 17:12–14. Jesus bewies überzeugend: „Es ist dem Herrn nicht schwer.“ Der Meister bewies, daß der unberechtigte Anspruch des Bösen auf Stärke und Üppigkeit ungültig und machtlos ist, wenn er richtig abgelehnt wird.

Können wir überhaupt daran zweifeln, daß ein einzelner, der in Übereinstimmung mit Gottes Wahrheit handelt, größere Stärke hat als die Menge, die menschengeschaffenen Annahmen gehorcht? Wir brauchen nur still, beharrlich und mutig auf der Seite der befreienden Liebe Gottes zu stehen. Dann werden wir voller Freude sehen, daß allgemein geduldetes Übel die zärtliche, allmächtige Fürsorge, die Gott jedem Seiner Kinder schenkt, nicht zunichte machen kann. Wir entdecken, daß unsere Fähigkeit, als einzelner Gutes zu vollbringen, unendlich ist, weil wir tatsächlich Gottes unendlicher, geistiger Ausdruck sind. Und wir stellen fest, daß Stärke nicht aus eigenwilligen persönlichen Einstellungen resultiert, sondern aus dem Gehorsam gegen Gottes Wort.

Wenn Sie mehr Inhalte wie diese erforschen möchten, können Sie sich für wöchentliche Herold-Nachrichten anmelden. Sie erhalten Artikel, Audioaufnahmen und Ankündigungen direkt per WhatsApp oder E-Mail. 

Anmelden

Mehr aus dieser Ausgabe / April 1989

  

Die Mission des Herolds

„... die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit zu verkünden ...“

                                                                                                                            Mary Baker Eddy

Nähere Informationen über den Herold und seine Mission.