Vor einigen Jahren lebte ich in einem moslemischen Land. Ich wohnte in einem kleinen Bungalow am Strand, der an ein armes Stadtviertel angrenzte. Dort hatte ich viele Freunde. Einer von ihnen war der Imam — der Vorbeter in der Moschee. Hin und wieder sprach ich mit diesem sympathischen Herrn über seine Religion, weil ich sie besser verstehen wollte.
Eines Tages beschloß ich, ihn zu fragen, wie der Islam Gott definiert. Ich war überzeugt, daß ich als Christlicher Wissenschafter die beste Definition hatte — als ob die Definition von Gott etwas wäre, was man besitzen kann, und nicht etwas, wonach man sein Leben ausrichten sollte! Als ich über den Strand zu seinem sehr bescheidenen Haus hinüberging, hegte ich wohl ähnliche Gedanken wie der Pharisäer in Jesus Gleichnis vom Pharisäer und Zöllner im Tempel.
Nach der üblichen Begrüßung stellte ich meine Frage. Die Antwort, die er mir gab, wurde zu einer der wichtigsten Lehren meines Lebens. „Wenn du alle Zweige von allen Bäumen in der Welt als Schreibfedern nehmen würdest“, antwortete er, indem er ein Bild aus dem Koran benutzte, „und das Wasser aller Seen, Flüsse, Ströme, Brunnen und Meere der Welt als Tinte, könntest du doch nicht all die Namen, all die Eigenschaften Gottes aufschreiben.“ Verblüfft schwieg ich einen Augenblick. Da fügte er hinzu: „Weißt du, du bist ein besserer Moslem als die meisten Moslems um mich herum.“ Ich faßte das so auf, daß ihm meine Lebensweise gefiel.
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