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Gott hat die Herrschaft, nicht die Droge

Aus der Juli 1990-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Bis zu ihrer Pensionierung war Beraterin in einer staatlichen Einrichtung für Alkohol- und Drogenabhängige in Washington, D. C., USA. In den siebzehn Jahren ihrer Tätigkeit dort arbeitete sie mit Menschen, die zwischen fünf und dreißig Jahre lang drogenabhängig gewesen waren. Zum Zeitpunkt dieses Interviews leitete sie zusätzlich zu ihren anderen Aufgaben eine freiwillige, nicht konfessionsgebundene Bibelstudiengruppe, eine Veranstaltung unter anderen, die in diesem Zentrum zur Bekämpfung des Drogenmißbrauchs angeboten wurden. Wir baten Frau Long, uns über die Ergebnisse der Arbeit mit dieser Gruppe zu berichten. Obwohl sie selbst die letzte wäre, die große Erfolge für die Bibelgruppe in Anspruch nähme, zeigen die Erfahrungen, die sie beschreibt, eines ganz klar: Die zeitlosen Antworten, die die Bibel gibt, können die Würde und den Sinn des Lebens selbst dort wiederherstellen, wo Drogenmißbrauch sie nahezu zerstört hat.

Wie kam es zu der Bibelstudiengruppe?

Viele Menschen, mit denen ich arbeite, halten sich selbst für hoffnungslos süchtig. Und in einer unserer Sitzungen beschloß ich, sie zu fragen, was sie über Gott denken. Ich fragte jeden einzelnen: „Glauben Sie an Gott?" Sie bejahten diese Frage. Aber ihr Verhalten widersprach ihrer Antwort. Der Gott, den sie gewählt hatten, war die Droge. Sie war der beherrschende Einfluß in ihrem Leben. Ich versuchte ihnen zu zeigen, daß ihr Handeln nicht mit dem übereinstimmte, was sie sagten.

Ein Teilnehmer war so begeistert, daß er nach den Gruppensitzungen immer wieder zu mir kam. Schließlich fragte er: „Können wir nicht eine Gruppe einrichten, in der wir nur über Gott und über Religion sprechen?" Dreimal kam er mit dieser Bitte zu mir, und jedesmal lehnte ich ab. Beim letzten Mal sagte ich: „In Ordnung, wenn Sie noch zwei Leute finden, die daran teilnehmen wollen, werde ich mich beim Klinikchef dafür verwenden." Er fand zwei weitere Interessenten. Ich ging zu meinem Chef, und er gab seine Einwilligung.

Wir begannen damit, daß wir einige Grundregeln für unsere Arbeit aufstellten. Wir beschlossen, in der Klinik keine Plakate auszuhängen, um Leute für die Gruppe zu werben. Wir bitten Gott um Führung. Wir drängen niemanden dazu, zur Gruppe zu kommen. Aber die Gruppe ist von drei Teilnehmern auf ungefähr zwanzig angewachsen. Und sie besteht jetzt schon zwei Jahre.

Warum hat die Gruppe Ihrer Meinung nach so eine Resonanz gefunden?

Das hängt, glaube ich, damit zusammen, daß die Gruppe auf den Gedanken gegründet ist, daß Gott Liebe ist, daß Er alle, jeden einzelnen, liebt. Die Resonanz gründet sich wirklich darauf und auf das Gebet, mit dem ich jede Sitzung vorbereite. Denn ich merke, wenn ich viel Arbeit investiere, läuft die Gruppe reibungslos.

Wenn Sie sagen, daß Sie „viel Arbeit investieren", meinen Sie dann, daß Sie beten, bevor sich die Gruppe trifft?

Ja. Ich gehe nicht mit einer festen Tagesordnung in die Sitzung. Sie erwächst aus dem Gebet. Und manchmal kommen von den Gruppenmitgliedern heikle Fragen, und dann bete ich intensiv, während die Gruppensitzung weitergeht. Ich weiß, Gott wird mir einen Weg zeigen und mir helfen. Und genau das geschieht dann auch.

Viele Mitglieder der Gruppe haben zum Beispiel etwas getan, worauf sie alles andere als stolz sind; also untersuchen wir die Geschichte von Mose. Mose tötet einen Mann, um einen anderen zu verteidigen. Dennoch bedient sich ungefähr vierzig Jahre später Gott dieses Mannes, um ein Volk dahin zu bringen, Ihm zu dienen, und um dieses Volk aus der Knechtschaft zu führen. Das können die Gruppenmitglieder auf sich selbst beziehen, weil es auch in ihrem Leben Situationen gegeben hat, in denen sie sich aufgrund ihres früheren Verhaltens von Gott abgeschnitten glaubten.

Einer, der seit zwei Jahren dabei ist — er hat keine einzige Sitzung versäumt —, erzählte, daß ihm vorher nie eingefallen wäre, sich für Gottes Kind zu halten. Und als er dann erkannte, daß sein Leben kostbar ist, weil Gott ihn geschaffen hat, wurde ihm klar, daß auch das Leben anderer kostbar ist. Er sagte, er habe aufgehört zu denken: „Dieser Mensch hat das und das getan, also leg ihn um."

Über welche Themen sprechen Sie noch?

Wir sprechen viel über Familie. Und wir sprechen auch über Besitz und Diebstahl, wir sprechen über Rassismus; wir sprechen über fast alles. Aber wenn wir darüber sprechen, geschieht das von der Grundlage der Bibel aus. Wir sprechen über den Menschen, der Gottes Gebote hält.

Darum geht es ja eigentlich: daß sie erkennen, daß Gott die Herrschaft hat, daß die Bibel nicht etwas ist, was man ins Bücherregal stellt und nur sonntags oder zu Weihnachten hervorholt oder wenn jemand stirbt oder heiratet. Es ist etwas, was man täglich lebt. Ich sage: Wenn du auf die Nase fällst, steh wieder auf und versuch es noch einmal. Gott ist Alles, und das wichtigste ist, Ihn an die erste Stelle zu setzen und seinen Nächsten zu lieben wie sich selbst. Und wenn wir das tun, erfüllen wir das ganze Gesetz, wie Christus Jesus sagt. Unser Leben ändert sich, und alles wird besser.

Ich möchte, daß die Gruppenmitglieder alles, was in ihrem Leben geschieht, in der Gruppen zum Thema machen. Zum Beispiel ereignete sich folgendes. Jemand kam neu in die Gruppe. Er war ziemlich aufgeregt. Er sagte, er wolle einen Bekannten mit Benzin übergießen und ihn anzünden, um ihn umzubringen. Jeder in der Gruppe half diesem Mann zu erkennen, daß das, was er tun wollte, falsch war. Als wir uns das nächste Mal trafen, kam er nicht nur wieder, sondern er brachte auch den Bekannten mit, den er hatte umbringen wollen.

Jemand, der immer noch mit der Sucht zu kämpfen hatte, sagte: „Wißt ihr, das ist das erste Mal in meinem Leben, daß ich länger als ein Jahr von Drogen frei bin." Er war von früher Jugend an immer wieder in Erziehungsheimen gewesen. Er sagte, der Grund, daß er seit einem Jahr frei sei, sei seine Teilnahme an der Bibelgruppe. Er bemühte sich, die Dinge, über die wir sprachen, in die Praxis umzusetzen.

Ein anderer in unserer Gruppe, der als Eisenbahnvagabund vom Diebstahl gelebt hatte, wurde aufgefordert, die Bibel zu lesen und zu Gott zu beten und Ihn um Hilfe zu bitten. Er fand Arbeit und eine Wohnung. Er war ein bißchen traurig, daß er nicht länger an den Gruppensitzungen teilnehmen konnte, weil er nun arbeiten mußte. Aber ich sagte ihm: „Sie haben doch Ihre Bibel in der Tasche und können damit vieles bewältigen."

Leute kommen zur Gruppe und bitten: „Betet für mich." Wir hatten jemanden in der Gruppe, dessen Sohn mit einem Gehirnschaden zur Welt kam. Der Sohn war schon lange im Krankenhaus, und es sah nicht so aus, als ob er überleben würde, und so bat uns der Vater immer wieder zu beten.

Wir beten still, und dann sprechen wir das Gebet des Herrn. Ein Grund dafür ist, daß viele Gruppenmitglieder sich nicht für wert hielten zu beten oder nicht wußten, wie sie beten sollten. Und deshalb sagte ich: „Wir beten einfach still. Denkt einfach über euch selbst und über Gott nach, bevor wir das Gebet des Herrn sprechen." Na, jedenfalls: der kleine Junge ist jetzt munter und läuft, und der Vater ist glücklich.

Ich glaube, der Grund dafür, daß die Gruppe funktioniert hat und noch funktioniert, liegt darin, daß sie sich auf Gott gründet und auf den Menschen, der zu Seinem Bild geschaffen ist.

Erzählen Sie uns mehr darüber, wie Sie sich auf die Sitzungen vorbereiten.

Ich studiere die Bibellektion im Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft. Und dann das Gedicht von Mary Baker Eddy, das mit den Worten beginnt: „Hirte, über Berge steil / zeig den Weg mir klar.. ." Darauf greife ich ziemlich oft zurück.

Haben Sie manchmal mit Entmutigung zu kämpfen?

Wir arbeiten hier seit vielen Jahren. Ich habe Fortschritte und innere Umwandlung miterlebt. Aber ich habe nur bei zwei Leuten erlebt, daß sie völlig von Methadon frei wurden und die Klinik verlassen konnten. Ich bete weiter und halte daran fest, daß es wie mit dem Senfkorn ist, wenn sie den Glauben haben. Man arbeitet und bittet Gott um Führung.

Wie erhalten Sie sich die Freude an Ihrer Arbeit und das Gefühl, daß das, was Sie tun, etwas bewirkt?

Was mir einzig und allein hilft, ist das Wissen, daß das Böse letzten Endes unwirklich ist. Die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft
Christian Science (kr’istjən s’aiəns), Mary Baker Eddy, schreibt über das, was sie das „Ende des Irrtums" nennt: „Schon heute wird diese materielle Welt zum Kampfplatz widerstreitender Gewalten. Auf der einen Seite wird Disharmonie und Schrecken sein, auf der anderen Wissenschaft und Friede. Der Zusammenbruch der materiellen Annahmen mag Hungersnot und Pestilenz, Not und Elend, Sünde, Krankheit und Tod zu sein scheinen, die neue Phasen annehmen, bis ihre Nichtsheit zutage tritt. Diese Unruhen werden bis zum Ende des Irrtums fortbestehen, bis alle Disharmonie in geistiger Wahrheit verschlungen sein wird." Dadurch, daß ich das verstehe, kann ich weitermachen.

Neulich kam jemand, mit dem ich gearbeitet hatte, noch einmal zu mir, um mir zu sagen, daß er seit etwas sechs Monaten von „Straßendrogen" frei sei. Es ist ein schönes Gefühl, wenn so etwas passiert. Aber es ist schwer, jemanden so weit zu bekommen, daß er von Drogen frei wird und frei bleibt. Es scheint so viele Faktoren zu geben, die ursächlich zur Abhängigkeit beitragen. Und sobald man einen dieser Faktoren ausgeschaltet hat, taucht ein neuer auf.

Aber der entscheidende Faktor ist wohl der, daß diese Leute im Grunde nicht glauben, ohne den Einfluß irgendeiner Art von Droge leben zu können — sei es Heroin, Kokain, Alkohol oder was immer sie als Krücke zu brauchen glauben, um sich vollwertig zu fühlen. Und darum haben wir auch die Bibelgruppe — damit sie erkennen können, daß sie tatsächlich vollständig sind, weil Gott sie so geschaffen hat. Er hat sie nicht als Drogenabhängige geschaffen.

Sie haben über mehrere Beispiele von Verhaltensänderungen berichtet. Ist das ein Hauptziel Ihrer Arbeit?

Es hat Verhaltensänderungen gegeben, aber das Wesentliche ist, die Drogenabhängigen dahin zu bringen, daß sie die Einheit des Menschen mit Gott sehen. Ihnen das Wissen zu vermitteln, daß Gott die Herrschaft hat und nicht die Droge, von der sie glauben, daß sie ihr Leben beherrscht. Wir sprechen viel über die Umwelt. Ich versuche ihnen die Erkenntnis zu vermitteln, daß sie sich ihre eigene Umwelt schaffen. Sie tragen sie in ihrem Denken mit sich. Manchmal glauben sie: „Wenn ich in eine andere Gegend ziehen könnte, würde ich ein besserer Mensch." Aber es ist nicht nur die Wohngegend, man schafft sich seine Umwelt im Bewußtsein. Und wenn jemand anfängt, mehr von seinem wahren Wesen und mehr von Gott zu erkennen, ändert sich sein Leben. Diese Erkenntnis setzt eine grundlegende Umwandlung in Gang: von einer Person, die von Drogen abhängig ist, hin zu jemandem, der von Gott und Seiner Idee abhängt. Dann entsteht Fortschritt, Verhaltensweisen ändern sich, alles ändert sich.

Haben Sie das Gefühl, daß es dort, wo Sie arbeiten, gefährlich ist?

Ich spüre selten Angst. Und der Grund dafür ist hauptsächlich die Christliche Wissenschaft. Es ist die Einheit Gottes und das Wissen, daß man zu keiner Zeit von Ihm getrennt sein kann. Das bewahrt mich davor, Furcht zu haben. Hin und wieder komme ich in Situationen wie die folgende: Ich gehe allein auf der Straße und höre jemanden hinter mir. Aber wenn ich dann versuche, mir etwas von dem ins Bewußtsein zu rufen, was wir in der Christlichen Wissenschaft lernen — wenn ich mir meiner Untrennbarkeit von Gott bewußt werde —, bewahrt mich das davor, Furcht zu haben. Das ist meine einzige Erklärung. Denn wenn ich keine Christliche Wissenschafterin wäre, hätte ich Angst.

Manchmal, wenn ich in meinem Büro mit jemand spreche, der zuviel PCP geraucht hat, hätte ich sonst sicherlich Angst.

Was tun Sie, wenn jemand, der unter Drogen steht, in Ihrem Büro plötzlich auf dem Trip ist?

Ich fange an zu beten. Ja, ich bete viel.

Wodurch wurde Ihr Interesse an der Christlichen Wissenschaft geweckt?

Ich litt eine Zeitlang unter Depressionen; nichts schien zu klappen. Ich erinnerte mich daran, daß uns ein Professor an der Universität einmal vom Christian Science Monitor erzählt hatte. Jedesmal wenn ich eine andere Zeitung las, schien es nur Nachrichten über Tod und Sterben zu geben. Und so begann ich, den Monitor zu abonnieren. Und wenn ich den Monitor las, las ich auch den religiösen Artikel. Und da fand ich eine kleine Anzeige unter dem religiösen Artikel, in der stand, wie man Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy anfordern konnte.

Also bestellte ich mir Wissenschaft und Gesundheit, die Taschenbuchausgabe. Und ich begann, darin zu lesen. Es war revolutionär. Ich fragte mich, wer ist diese Frau? Ich hielt sie für eine Zeitgenossin, und ich schaute nach, wann sie die Christliche Wissenschaft entdeckt hatte, und es war 1866! Und doch waren die Ideen so aktuell. Ich las weiter, und als ich zu dem Teil kam, wo es darum geht, sich in bezug auf Heilung tatsächlich auf Gott zu verlassen, sagte ich: „Das ist zwar eine sehr schöne Vorstellung, aber ich glaube nicht, daß es funktioniert." Doch ich las das Buch weiter, und nachdem ich es gelesen hatte, bemerkte ich, daß sich bestimmte Dinge einfach änderten. Ich hörte auf zu rauchen. Dann hörte ich auf zu trinken. Und schließlich, als ich einmal krank war, beschloß ich, einen Ausüber der Christlichen Wissenschaft anzurufen, aber letztlich ging ich dann doch zum Arzt. Doch ich las weiter. Ich las und las. Das nächste Mal, als ich krank wurde, rief ich einen Ausüber an, und ich wurde geheilt.

So beschloß ich, zur Kirche zu gehen. Meinen Sohn nahm ich mit. Er entwickelte eine richtige Liebe zur Kirche und zur Sonntagsschule, und er bat mich immer wieder, doch seine Sonntagsschullehrerin kennenzulernen, und so traf ich mich mit ihr. Sie war eigentlich die einzige Person, die ich kannte, mit der ich über die Wissenschaft reden konnte. Eins zog das andere nach sich, und so ging es immer weiter, und mein ganzes Leben wurde einfach umgestaltet. Ich verließ mich wirklich auf Gott.

Frau Long, warum tun Sie, was Sie tun?

Ich glaube, der eigentliche Grund ist Liebe zu den Menschen und die Tatsache, daß sie frei sein könnten, wenn sie nur aufwachen und um sich schauen würden. Ich weiß, wenn es ihnen gelingt, mehr von Gott und Seiner Idee, dem Menschen, zu verstehen — dem Menschen, der Sein geistiges Gleichnis ist —, können sie sich selbst von der Abhängigkeit befreien. Sie können ohne Beeinträchtigung leben, wie andere Menschen — von Drogen frei. Weil die Sucht eine Lüge ist. Ich kann es nicht anders sehen. Das ist für mich sonnenklar.

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