Skip to main content Skip to search Skip to header Skip to footer

In einer Hütte im Wald

Aus der Juli 1990-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


In dem Sommer, als ich zehn Jahre alt war, war ich nicht sehr begeistert vom Ferienlager. Meine beste Freundin im Lager und ich waren nämlich in verschiedenen Hütten untergebracht, weil wir so viel dummes Zeug machten, wenn wir zusammen waren. Wir waren beide von unseren älteren Schwestern gewarnt worden, daß wir uns zu benehmen hätten — sonst würde es was geben! Obwohl ich es unfair fand, daß man uns getrennt hatte, wollte ich doch einen schönen Sommer erleben.

Ich sah Letty fast nie. Und wenn ich sie sah, war immer irgendeine Betreuerin da, um uns auseinanderzubringen. Anscheinend dachten sie, wir würden etwas aushecken. Eines Nachmittags, nachdem wir in der Freizeit geschwommen hatten, gingen wir gemeinsam vom Strand zu unseren Hütten zurück. Letty sagte, daß ihr schlecht sei. Als ich sie anschaute, entdeckte ich zu meiner Überraschung, daß sie dem Weinen nahe war! Ich war ein bißchen besorgt. Als wir uns trennten, um trockene Kleidung anzuziehen, überlegte ich mir, was ich tun sollte.

Letty und ich lebten in verschiedenen Teilen der Vereinigten Staaten, doch wir hatten beide von klein auf die Sonntagsschule der Christlichen Wissenschaft besucht. Ich wußte nicht genau, ob sie wegen dieser Situation betete, doch ich dachte, daß ich es vielleicht tun sollte.

Während ich mir Shorts und ein Hemd anzog, kam eines der Mädchen aus ihrer Hütte den kleinen Hügel zu meiner Unterkunft heraufgerannt und bat mich, sofort zu Letty zu kommen, da sie sich so elend fühle. Als ich ankam, standen ihre Betreuerin und die anderen Mädchen aus der Hütte herum und sahen besorgt drein. Die Betreuerin fragte mich, ob ich bei Letty bleiben würde, bis es ihr besser ginge.

Ich dachte: „Natürlich bleibe ich. Ich meine, wer würde das denn nicht tun, wenn eine Freundin Hilfe braucht?“ Ich setzte mich neben Letty aufs Bett und streichelte ihr ein wenig den Rücken. Sie hatte ihr Gesicht im Kissen vergraben. So wußte ich nicht, ob sie leise weinte oder am Einschlafen war. Einen Augenblick lang war ich nicht sicher, was ich tun sollte. Dann dachte ich an die Worte eines Kirchenliedes, das wir beide mochten:

Wo Gottes Liebe führet,
Da bleibe ich im Licht.
Da Gott sich nicht verändert,
Fürcht’ ich den Wechsel nicht.
Ob auch die Stürme toben,
Mein Herz bleibt ungetrübt;
Ich werde nie verzagen,
Da Gott mich ewig liebt.Liederbuch der Christlichen Wissenschaft, Nr. 148.

Inzwischen schlief Letty. Diesmal war ich sicher. Doch ich blieb auf ihrem Bett sitzen. Im Lager war es nun ruhig. Alle anderen waren beim Essen.

Etwas änderte sich, während ich dort saß. Der Himmel vor dem Fenster sah blauer aus, und die Bäume schienen ein kräftigeres Grün zu haben. Es kam mir vor, als hätte ich eine Heilung erlebt, doch ich war nicht einmal krank gewesen — nur ein wenig besorgt. Was war geschehen?

Ich hatte meine Freundin lieb, doch das war es nicht wirklich, was sie beruhigt hatte oder sie heilen konnte. Natürlich wurde sie ruhiger dadurch, daß ich bei ihr saß. Sie wußte, daß ich Anteil nahm und nicht wollte, daß sie krank war. Aber menschliche Liebe allein und jemanden bei sich zu haben reichen zum Heilen nicht aus. Ich wußte, daß es etwas anderes gewesen sein mußte, und später fand ich heraus, was es war.

Während ich dort saß und über die Worte des Liedes nachdachte, begann ich, mich geborgen und getröstet zu fühlen. Ich hätte es in dem Moment nicht so richtig erklären können, doch dieses Gefühl war mir vertraut. Ich hatte es schon früher gehabt, wenn ich gebetet hatte oder jemand für mich gebetet hatte. Ich vertraute dem Gefühl, das mir sagte, Gott war genau dort bei mir und meiner Freundin. Die Krankheit und die Angst schienen einfach nicht mehr wirklich oder besonders wichtig zu sein. Doch das Gefühl von Gottes Liebe und Fürsorge erschien sehr wichtig und wirklich. Als Letty später aufwachte, war sie gesund.

Was ich gefühlt hatte — den Trost und die Sicherheit und die Heilung, die dadurch kam —, nennt man den Christus. Mary Baker Eddy sagt in Wissenschaft und Gesundheit: „Christus ist die wahre Idee, die das Gute verkündet, die göttliche Botschaft von Gott an die Menschen, die zum menschlichen Bewußtsein spricht.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 332.

Es hatte sich heilend auf die ganze Situation ausgewirkt, daß ich auf die Botschaft — die Wahrheit — von Gottes Gegenwart und Macht gehört hatte. Wenn wir die Gegenwart des Christus wirklich fühlen, ändern sich die Dinge, die nicht richtig sind.

Deshalb sah auch für mich an diesem Nachmittag alles ganz anders aus.

Allmählich sah ich ein, daß die Betreuerinnen sich nicht gegen die Freundschaft zwischen Letty und mir verschworen hatten. Ich hörte auf, meine Freundin und mich als freche kleine Kinder zu betrachten. Schon bald erkannten auch andere, daß wir vertrauenswürdiger waren. Dieser Sommer wurde einfach immer besser, und ich befreundete mich mit mehr Leuten als je zuvor im Lager.

Wenn Sie mehr Inhalte wie diese erforschen möchten, können Sie sich für wöchentliche Herold-Nachrichten anmelden. Sie erhalten Artikel, Audioaufnahmen und Ankündigungen direkt per WhatsApp oder E-Mail. 

Anmelden

Mehr aus dieser Ausgabe / Juli 1990

  

Die Mission des Herolds

„... die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit zu verkünden ...“

                                                                                                                            Mary Baker Eddy

Nähere Informationen über den Herold und seine Mission.