Als mein sohn klein war, machte er einmal eine Zeit chronischer Angst durch. Nacht für Nacht weigerte er sich, in seinem Zimmer zu schlafen, denn er hatte Angst, Drakula würde durch sein Fenster ins Zimmer einsteigen. Vergebens versuchten wir ihm zu erklären, daß sich jemand diese Phantasiegestalt, die er offensichtlich vom Fernsehen her kannte, nur ausgedacht hatte und daß sie sich in Wirklichkeit niemanden „holen“ konnte.
Als wir nach mehreren Monaten noch immer keinen Fortschritt gemacht hatten, kam mir der Gedanke, meinen Sohn zu fragen, ob er eine Lösung für seine Angst wisse. Ich fragte ihn also, wie er sich denn vor Drakula sicher fühlen würde. Ich werde seine Antwort niemals vergessen, weil sie so bizarr war: „Blau“, sagte er. „In Blau bin ich sicher.“
Ich war an einem Punkt angelangt, wo ich willens war, alles auszuprobieren, und so tünchten wir das Zimmer meines Sohnes, einschließlich der Zimmerdecke, blau. Wir legten auch einen blauen Teppich aus und hängten blaue Vorhänge vor das Fenster. Und, seinem Wort getreu, als die Farbe des Zimmers blau war, ging er friedlich zu Bett und kümmerte sich nicht weiter darum, ob Drakula am Fenster stand. Auf diese Weise verschwand die Angst vor einem unwirklichen Ungeheuer.
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