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„Wer ist schuld?“ — eine Erkenntnis, die heilt

Aus der November 1993-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Ich Hatte Mich mit unserer Tochter Betsy zum Mittagsschläfchen hingelegt. Sie lag schon eine Weile ganz still da, und ich war gerade am Einschlafen, da hörte ich sie plötzlich mit fester Stimme sagen: „Es ist nicht deine Schuld!“ Es klang fast, als betete sie, so inbrünstig sagte sie diese Worte.

„Was hast du gesagt, Liebling?“ fragte ich.

„Ich habe zu Gott gebetet, Mami. Ich habe Ihn gebeten, meine Schuld von mir zu nehmen“, antwortete sie.

Wie ich mir aus ihren Erklärungen zusammenreimte, hatte eine ihrer Freundinnen sie am Morgen im Kindergarten geschlagen. Betsy hatte zurückgeboxt — und bald darauf wurden die Mädchen von ihren Erzieherinnen zur Rede gestellt.

„Sie ist schuld!“ klagte das andere Kind.

„Huhuu — nein, es ist ihre Schuld!“ protestierte Betsy.

Die Erzieherinnen hatten darauf bestanden, daß die beiden sich gegenseitig entschuldigten, aber augenscheinlich ließ diese ganze Geschichte Betsy keine Ruhe. Und so fragte ich sie, ob sie eine Antwort gehört habe, als sie Gott bat, ihre Schuld von ihr zu nehmen.

„Ja, Mami“, sagte sie aufgeregt, „Gott sagte:, Es ist nicht deine Schuld ,und es ist auch nicht ihre Schuld!' “ Und dann drehte sie sich ganz beruhigt und zufrieden zum Schlafen auf die andere Seite.

Wie natürlich war es für dieses Kind, sich in einer schwierigen Lage um heilende Wahrheiten an Gott zu wenden! Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß wir alle in jedem Augenblick Gemeinschaft mit Gott halten können, denn Gott ist das eine Gemüt, und der zu Seinem Ebenbild geschaffene Mensch ist von Seiner Weisheit und Liebe untrennbar. Gott, Gemüt, übermittelt dem Menschen unablässig Seine Gedanken. Wenn wir im Gebet auf sie lauschen, sie akzeptieren und ihnen vertrauen, dann lernen wir mehr über unser reines, vollkommenes Selbst als Gottes geistiges Bild und Gleichnis. Die Antwort, die Betsy bekam, ließ sie erkennen, daß das wahre Selbst des Menschen unschuldig, rein und von Natur aus gut ist, und sie konnte das auf ihr Erlebnis beziehen. Offensichtlich war es ihr wichtig, sowohl ihre Freundin wie auch sich selbst als unschuldig zu sehen. Sie akzeptierte diese geistige Tatsache — und konnte so mit sich selbst ins reine kommen und Frieden finden. Den Vorfall hat sie nie wieder erwähnt. Aber ich beschäftigte mich weiter mit der Frage, wie Konflikte durch ein Verständnis der geistigen Natur des Menschen gelöst werden können.

In der Bibel wird angedeutet, was der wirkliche Anstifter zum Streit unter den Menschen ist. Es heißt dort an einer Stelle im ersten Buch Mose: „Dan wird eine Schlange werden auf dem Wege und eine Otter auf dem Steige und das Pferd in die Fersen beißen, daß sein Reiter zurückfalle.“ 1. Mose 49:17. Ich hörte einmal einen Vortrag über die Christliche Wissenschaft, der sich mit diesem Bibelvers befaßte. Es wurde erklärt, daß diese Aussage über „Dan“ die Machenschaften des tierischen Magnetismus, des unpersönlichen Bösen, beschreibt. Stellen Sie sich einmal vor: Die Schlange beißt das Pferd in die Fersen. Das Pferd bäumt sich auf und wirft den Reiter ab. Der Reiter wird nun auf das Pferd wütend und schlägt es; das Pferd versetzt dem Reiter einen Tritt; der Streit geht weiter hin und her — und die Schlange, der wirkliche Urheber des Problems, verzieht sich still.

Es ist wichtig, daß uns die Schlange nicht entwischt! Die Ursache der Disharmonie in menschlichen Beziehungen — das unpersönliche Böse — muß als der Schuldige erkannt und vernichtet werden, oder es kommt so weit, daß jeder fälschlicherweise dem anderen die Schuld zuschiebt, wenn etwas schiefgeht. Wie aus der Heiligen Schrift zu ersehen ist, enthält der wirkliche von Gott geschaffene Mensch kein Element, das Disharmonie erzeugen kann, denn er bringt das Wesen seines Schöpfers zum Ausdruck und ist daher vollkommen gut. Da Gott das eine allwissende Gemüt ist, muß jeder Gedanke und jede Tat des Menschen notwendigerweise die Intelligenz und Güte dieses göttlichen Gemüts ausdrücken. Und daher kann das Böse, das Gegenteil Gottes, nicht die unumstößliche Wirklichkeit sein, die es zu sein scheint. Es muß eine irrtümliche Annahme sein, die in Gottes Schöpfung keine Wirklichkeit besitzt.

Mrs. Eddy macht uns das Wesen des Bösen sehr klar, wenn sie das Wort Schlange im Glossarium zu Wissenschaft und Gesundheit unter anderem als „Hinterlist; eine Lüge“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 594. definiert. Christus Jesus bezeichnet den Teufel, das Böse, als „Lügner und. .. Vater der Lüge“, „denn die Wahrheit ist nicht in ihm“ Joh 8:44.. Verstehen wir das, dann werden wir, wenn wir einen Streit mit anderen beilegen möchten, zuerst uns selbst fragen, ob sich vielleicht irgendwo eine „Schlange“ versteckt — eine raffinierte Lüge, die im Schatten lauert — und die Situation schürt.

Schlangenhafte Gedanken nehmen die verschiedensten Formen an. Manchmal erscheinen sie als Angst — vielleicht als Furcht vor Mangel, Mißerfolg oder Verlust oder als eine latente Furcht vor Sünde, Krankheit und Tod. Uns mag sich der Gedanke aufdrängen, daß unser Leben außer Kontrolle geraten ist, daß es vom Zufall oder allen möglichen Schicksalsschlägen beherrscht wird. Oder vielleicht präsentiert sich die Lüge als Versuchung — zum Beispiel als die Versuchung, etwas anderes als den einen Gott anzubeten: Geld etwa oder Alkohol, Drogen, Körperlichkeit, materielles Prestige oder persönlichen Besitz.

Jeder von uns weiß, wie leicht solche hinterlistigen Gedanken unsere Gefühle und Handlungen beeinflussen können. Aber wir besitzen die geistige Wachsamkeit, mit der wir diese Lügen entdecken und ihnen verbieten können, uns zu manipulieren. Durch ein tieferes Verständnis von der geistigen Tatsache, daß Gott allmächtiges, allgegenwärtiges Gemüt ist und daß der Mensch einzig und allein Seiner immerwährenden göttlichen Regierung untersteht, kann die Gefahr, von bösen Suggestionen „gebissen“ zu werden, ausgelöscht werden. Jesus erklärte, daß wir diese Herrschaft besitzen. Er sagte: „Seht, ich habe euch Macht gegeben, zu treten auf Schlangen und Skorpione, und Macht über alle Gewalt des Feindes; und nichts wird euch schaden“ Lk 10:19. — womit er die Macht des Christus, der Wahrheit, über das Böse beschreibt.

Bei Konflikten neigt man dazu, alles für bare Münze zu nehmen, Partei zu ergreifen und jemandem die Schuld zu geben. Aber für die Heilung einer solchen Situation ist es wichtig, daß wir über das „Wer“ hinausschauen und uns fragen, was die versteckte „Schlange“ sein könnte — die hinterlistige Lüge, die in der bösen Suggestion lauert, die jemanden zu manipulieren scheint.

Es erfordert Demut wie auch das Ablegen persönlicher Meinungen und oftmals Ausdauer, um zu beten, bis uns klar geworden ist, daß die Lüge von dem betreffenden Menschen getrennt ist. Aber auf diese Weise beginnen wir mit der Ausübung der uns von Gott verliehenen Fähigkeit, „auf Schlangen zu treten“. Diese gebeterfüllte Arbeit befreit uns allerdings keineswegs von der Notwendigkeit, das Böse im eigenen Leben zu überwinden und die eigenen Fehler zu korrigieren, noch erlaubt sie uns, die Missetaten anderer einfach zu ignorieren. Aber sie bringt die falschen Annahmen, die wahren Schuldigen, in unserem Denken an die Oberfläche, so daß sie berichtigt werden können und Erneuerung und Heilung eintreten kann.

Mein Mann und ich hatten einmal einen heftigen Streit, der ganz plötzlich ausgebrochen war. Später, als ich allein war, durchlebte ich die Szene in Gedanken immer wieder und versuchte zu begreifen, was passiert war. Je öfter ich den Vorfall wiederkäute, desto wütender wurde ich, bis ich schließlich zu dem Punkt kam, wo ich die ganze Angelegenheit beiseite schob und dachte: „Worüber rege ich mich eigentlich so auf? Das ist sein Problem." Als ich so die Schuld von mir abgewälzt hatte, fühlte ich mich sehr viel besser.

Am nächsten Morgen wachte mein Mann mit schmerzenden Vorderzähnen und entzündetem Gaumen auf. Er konnte kaum essen, und so bat er mich, ihm christlich-wissenschaftliche Behandlung zu geben. Während wir beteten, lauschte ich still auf heilende Ideen. Und plötzlich sah ich ein Bild vor meinem geistigen Auge. Es war die erwähnte Szene aus dem ersten Buch Mose — von einem Reiter, der sein Pferd schlägt, und dem Pferd, das dem Reiter einen Tritt versetzt. Aber die Geschichte endete nun anders: Der Reiter gab seinem Pferd einen letzten Schlag — direkt auf die Nüstern. Dann ließ er es auf der Straße stehen und ging weiter.

Da erkannte ich, daß ich mich am Nachmittag zuvor von einem „Schlangengedanken“ hatte verleiten lassen, als ich meinem Mann die Schuld gab, statt die tatsächliche Quelle der Disharmonie ausfindig zu machen und zu zerstören. Ich mußte die meinem Mann angeborene Reinheit und Unschuld sehen. Mir wurde nun klar, daß er, das Kind Gottes, nicht nur die geistigen Eigenschaften des Gemüts ausdrückte, das ihn geschaffen hatte, sondern daß er auch vom Gemüt umgeben war und nie außerhalb von Gottes liebevoller Macht und Fürsorge sein konnte. Diese Gedanken führten mich zu der Erkenntnis, daß keiner an dem Streit schuld war. Und plötzlich entdeckte ich einen bestimmten Furchtgedanken, der unbewußt unsere Unterhaltung am Tag zuvor beeinflußt hatte. Als ich diese Furcht nun als unbegründet erkannte und die Wahrheit über Gott und den Menschen sah, löste sich die Spannung, die zwischen uns bestanden hatte, und mein Mann war schnell geheilt.

Wenn wir um Heilung von Disharmonie beten, dürfen wir uns nicht dazu verleiten lassen, an der Oberfläche des Problems hängenzubleiben. Vielmehr müssen wir ihm auf den Grund gehen. Die Schlange muß immer aus dem Nest gezogen und als Lüge erkannt werden. Dann können wir sie durch die Christus-Kraft zerstören.

Betsys Erfahrung zeigte, wie leicht es ist, böse Suggestionen aufzudecken und zu zerstören, wenn wir uns mit kindlichem Vertrauen an Gott wenden. Machen wir von dieser gottverliehenen Fähigkeit Gebrauch, dann fällt es uns leichter, heilende Lösungen für alle Konflikte zu finden, die es zu bewältigen gilt. So werden wir uns selbst, unsere Familie und unser Gemeinwesen segnen und wesentlich zur Förderung des Friedens unter allen Menschen beitragen.

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