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Was braucht man, um zu gewinnen?

Aus der April 1993-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Das Training War furchtbar gewesen. Keiner ihrer Sprünge vom Turm hatte geklappt. Und sie hatte den wichtigsten Sprung in ihrem Repertoire — den zweieinhalbfachen Auerbachsalto — bei jedem Versuch verpatzt. Als sie sich abtrocknete, war sie wütend auf ihren Trainer, ihren Vater und die unbarmherzige Hitze in Texas.

Dabei hatten die Nationalen Meisterschaften im Kunstund Turmspringen für verschiedene Altersstufen vor zwei Tagen so gut begonnen. In der Gruppe der unter Siebzehnjährigen war sie beim Springen vom Ein-Meter-Brett Zweite geworden. Aber im gestrigen Wettkampf hatte sie einen einfachen Sprung verpatzt und war nur Dreizehnte geworden, obwohl sie die Favoritin gewesen war! Und nun sah es so aus, als ob sie auf dem besten Weg wäre, in dem Wettbewerb heute nachmittag — der Entscheidung im Springen vom Zehn-Meter-Turm — einen ähnlichen Reinfall zu erleben. Sie fühlte sich besiegt, bevor sie überhaupt angefangen hatte.

Bis zum Beginn des Wettbewerbs waren es aber noch ein paar Stunden, und sie ging mit ihrem Vater in den Umkleideraum, wo es kühl war und sie sich in Ruhe unterhalten konnten. Zuerst hätte sie lieber geweint als ihrem Vater zugehört, der versuchte, ihr Mut zu machen. „Warum soll ich da rausgehen und mich lächerlich machen?“ sagte sie unter Tränen. „Ich verliere ja doch nur wieder.“

Er wußte nicht, was er darauf antworten sollte. Er betete deshalb nur und war ein Weilchen still. Dann kamen ihm einige Gedanken, und er war sicher, sie kamen von Gott. So teilte er sie ihr mit.

„Was gestern oder heute morgen beim Training passiert ist, muß sich nicht wiederholen“, sagte er. „Du hast im ganzen Land an Wettkämpfen teilgenommen. Seit zehn Jahren trainierst du praktisch jeden Tag. Und die ganze Zeit hast du durch dein Springen auf deine besondere Art deine Liebe zu Gott gezeigt, Seine Nähe gespürt, Seine Eigenschaften ausgedrückt. Warum sollte sich das alles plötzlich ausgerechnet hier in Texas geändert haben? Ist es denn möglich, daß Gott dich vergißt? Kannst du plötzlich deine Fähigkeit verlieren, Seine Liebe, Seine Präzision und Anmut auszudrücken? Natürlich nicht.“

Die junge Kunstspringerin (die ich sehr lieb habe) dachte darüber nach und hörte auf zu weinen. Und dann fing sie tatsächlich an, sich auf den Wettkampf am Nachmittag zu freuen. Irgendwie wußte sie, daß Gott dort bei ihr sein würde — wie Er es immer gewesen war — und auch bei jedem anderen Teilnehmer.

Während des Wettbewerbs konzentrierte sie sich immer nur auf einen Sprung zur Zeit und verbrachte die langen Wartezeiten dazwischen damit, in Gottes Nähe zu ruhen. Wenn sie wieder mit einem Sprung an der Reihe war, dachte sie nur daran, ihre Liebe zu Gott und zu den Hunderten von Menschen auszudrücken, die um das weite Wasserbecken herumsaßen und die Springer lauthals anfeuerten.

Und das Ergebnis war reine Freude. Alle Teilnehmer sprangen gut. Meine junge Freundin achtete während des Wettkampfes kaum auf den Punktestand, doch am Schluß hatte sie die Silbermedaille gewonnen ... mit nur ein paar Punkten weniger als die Siegerin. Und der zweieinhalbfache Auerbachsalto, der ihr am Vormittag nicht gelingen wollte? Nach den Worten ihres Trainers war er „der Sprung des Tages“ — nahezu perfekt!

Ist dieser Umschwung der Dinge nur eine nette Geschichte zum Weitererzählen? Wurde meine Freundin durch ein paar aufmunternde Worte lediglich „psychisch aufgebaut“? Nein, hier trat das göttliche Gesetz in Kraft, ein Gesetz, das sie später in ihrer Karriere als dreimalige Siegerin in den Amerikanischen College-Meisterschaften im Kunstund Turmspringen und als Mitglied der Nationalmannschaft der Vereinigten Staaten immer wieder anwenden sollte. Es war, als ob sie auf einen „Ruf“ ihres Vater-Mutter Gottes reagierte. Auf den Ruf, das ganze Bündel von Fehlern, körperlichen Eigenschaften und persönlichen Angewohnheiten, das unsere Individualität auszumachen scheint, weit hinter sich zu lassen — und mehr von ihrem wahren, unbegrenzten Selbst als Gottes makellosem Kind auszudrücken.

Solch ein Ruf ist nichts Geringeres als der Christus selbst, der zu uns spricht — eine Botschaft direkt von Gott, die uns auffordert, nach einem höheren Ziel zu streben, als wir es uns je vorgestellt hätten, nach dem Ausdruck der Vollkommenheit selbst. Ein Schreiber des Neuen Testaments schildert anschaulich, wozu er selber berufen wurde: „Meine Brüder, ... eins aber sage ich: Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist, und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus.“ Phil 3:13, 14.

Wir müssen alle hin und wieder Niederlagen einstecken (und manchmal sogar eine ganze Reihe von Niederlagen!). Vielleicht geht eine Beziehung auseinander, oder ein Vorhaben, das uns sehr am Herzen lag, scheitert, oder eine Krankheit will nicht weichen. Aber das Versagen von heute ist in Wirklichkeit die Verheißung von morgen, wenn es uns dazu führt, unsere Ziele neu auf Gott auszurichten. Und diese Verlagerung des Schwerpunkts ist an sich schon ein Gebet, das Hoffnung und Heilung mit sich bringt. Mrs. Eddy, die die Christliche Wissenschaft entdeckte, schreibt in ihrem Buch Vermischte Schriften: „Erfahrung führt zum Sieg, nie zur Niederlage: und aus der Niederlage erhebt sich das Geheimnis des Sieges.“ Verm., S. 339.

Worum geht es überhaupt bei sportlichen Erfolgen? Nur darum, als Erster die Ziellinie zu überqueren, die schnellste Zeit zu erzielen, die meisten Punkte zu sammeln? Das Internationale Olympische Komitee war im Jahr 1988 anderer Meinung.

Viele von uns erinnern sich an den traurigen Augenblick, als das Komitee einem Goldmedaillengewinner den Titel aberkannte, weil er Drogen genommen hatte, um seinen Körper für diesen Wettkampf fit zu machen. Die Komiteemitglieder und die meisten der anwesenden Athleten haben es ganz klar gemacht, daß es bei den Olympischen Spielen nicht um einen Triumph moderner Drogen geht, sondern um den Triumph des menschlichen Geistes.

Dieser Triumph des Geistes ist es, der unsere Herzen höher schlagen läßt, wenn wir spannende Augenblicke erleben, sei’s bei sportlichen Wettbewerben, sei’s bei Hochschulabschlußfeiern oder großartigen Theateraufführungen. Im vergangenen April hörte ich selbst einen ganzen Nachmittag lang die Beifallsstürme, als die Läufer des Bostoner Marathons einer nach dem anderen auf ihrem Weg zum Ziel, das nur eine Straße weiter lag, an meiner Wohnung vorbeikamen. Natürlich bekamen die Ersten ohrenbetäubenden Applaus. Aber den bekamen auch die Teilnehmer im Rollstuhl und alle, die später kamen. Sogar sieben Stunden nachdem die Sieger das Rennen beendet hatten, feuerte die Menge noch die letzten Nachzügler an, die mit äußerster Anstrengung ihrem persönlichen Triumph an der Ziellinie entgegengingen.

Was macht solche Siege möglich? Für viele ist es die selbstlose Tat, über das Menschliche hinaus nach dem Göttlichen zu streben — materielle Begrenzungen zu überwinden und die geistige Wirklichkeit der eigenen Individualität als Gottes Kind zu sehen. Und wie können wir über unsere begrenzten persönlichen Möglichkeiten hinausgehen, außer daß wir uns der unendlichen Quelle aller Möglichkeiten zuwenden — Gott? Gottes geistige Mittel zu benutzen — und das zur Verherrlichung Gottes zu tun —, das ist ein wahrer christlicher Triumph. Es ist ein innerer, ein geistiger Sieg, den wir erringen, ganz gleich, was die Anzeigetafel sagt. Und niemand kann ihn uns nehmen, weil er seine Wurzeln sicher in Gott hat. Ein Schreiber des Neuen Testaments drückt es so aus: „Gott aber sei gedankt, der uns allezeit Sieg gibt in Christus.“ 2. Kor 2:14. Da Gott immer bei uns ist, besitzen wir alle das, was man braucht, um zu gewinnen.

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