Diese Frage stellte vor mehr als zweitausend Jahren der Prophet Maleachi seinen jüdischen Landsleuten. Damit auch klar sei, wie diese Frage aufzufassen sei und wen er als den gemeinsamen Vater verstanden haben möchte, fügte er auch gleich die deutliche Frage hinzu: „Hat uns nicht ein Gott geschaffen?" Mal 2:10. Maleachi bezog sich damit auf die Schöpfungsgeschichte im ersten Buch Mose.
Angesichts der Geschehnisse im früheren Jugoslawien, wo sich religiös geprägte Konflikte gewalttätig entladen, aber auch angesichts der Vorgänge im Nahen Osten und in Afrika, können wir heute wie seinerzeit Maleachi die nächste Frage stellen: „Warum verachten wir denn einer den andern und entheiligen den Bund mit unsern Vätern?"
Gott als Vater und Mutter ist das sichere Fundament für echten Frieden.
Wer aber ist dieses wir? Sind die Christen dabei ausgenommen, weil Maleachi ja noch nichts von Jesus Christus wusste und seine jüdischen Nachfahren ihn erst vierhundert Jahre später kennen lernten? Oder weil jüdische Priester es waren, die Jesus anklagten „als einen, der das Volk aufwiegelt" LK 23:14. und ihn dem römischen Prokurator Pilatus überantworteten, damit der ihn verurteile und kreuzigen lasse? Als Christen mit der Kenntnis um eine nicht gewaltfreie frühe Geschichte des Christentums wissen wir heute, dass die Fragen von Maleachi auch uns betreffen. Und Christus Jesus als Begründer unserer Religion hat klare Antworten auf Maleachis Fragen gegeben — Antworten, die wir darum als für uns verbindlich betrachten können.
Alle Menschen, ganz gleich, welchem Volk oder welcher Religion sie angehören mögen, können lernen, dass sie in Wahrheit Kinder eines Gottes sind, der sie alle gleichermaßen liebt und jedem Menschen, als Seinem Kind, alle von Ihm verbürgten Rechte zugesteht. Als die Jünger Jesus baten, er möchte sie beten lehren, gab er ihnen das Gebet, das wir noch heute als das „Vaterunser" Siehe Mt 6:9–13. Kennen und lieben. Und in seinem „hohepriesterlichen Gebet", wie es die Theologen nennen, bittet Jesus kurz vor seiner Gefangennahme und Verurteilung seinen Vater für alle, die sein Wort „angenommen" haben. Und er fährt fort: „Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben werden, damit sie alle eins seien. Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir." Joh 17:20, 21. Also darf die ganze moderne Menschheit den Vater von Jesus Christus als den ihrigen annehmen, wenn sie bereit ist, an Christus Jesus zu glauben und Gott in kindlicher Liebe zu vertrauen und zu gehorchen. Welch einen Segen schließt diese Erkenntnis für alle Menschen ein!
Jahrhundertelang wurde die Christenheit durch falsche Lehren über Gott und Sein Verhältnis zu den Menschen irregeführt, und oft trat „im Namen Gottes" menschliche Herrschsucht an die Stelle von gegenseitiger Achtung. Das neu-alte Verständnis von Gott und Seiner Schöpfung, das Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin von Christian Science, der Menschheit gab, brachte auch die wahre Beziehung zwischen Gott und dem Menschen wieder zur Geltung, die durch die ganze Bibel hindurch erkennbar ist. Sie erklärt in ihrem Hauptwerk Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift mit Bezug auf den Apostel Paulus und seine feurige Predigt über Gott an die Griechen in Athen: „Vater-Mutter ist der Name für die Gottheit, der auf Sein zärtliches Verhältnis zu Seiner geistigen Schöpfung hinweist. Wie es der Apostel in Worten ausdrückte, die er mit innerer Zustimmung von einem klassischen Dichter zitierte: ‚Wir sind seines‘“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 332. Damit spricht Mrs. Eddy alle Menschen an, ganz gleich, welchem Volk oder welcher Rasse sie auch angehören. Sie hilft uns, Jesu Lehre als die Wahrheit verstehen zu lernen, die die ganze Menschheit einschließt und die sie von den Lasten der vergangenheit befreien kann. Alle Menschen als Kinder Gottes zu erkennen und sie als unsere Brüder und Schwestern zu sehen und damit Gott als Vater und Mutter und eine über allem stehende, liebevolle Autorität anzuerkennen ist nicht nur das sichere Fundament, sondern auch das Baumaterial und gleichzeitig die einzige, aber absolut zuverlässige Garantie für einen echten und dauernden Frieden unter den Menschen.
„Im Hause muss beginnen, was leuchten soll im Vaterland“‚ erklärte vor zweihundert Jahren Jeremias Gotthelf. Der schweizerische Bauerndichter verstand aber als Dorfpfarrer nicht nur „die Leiden und Freuden eines Schulmeisters“ zu schildern, sondern ebenso die manchmal sehrhandfesten und hitzigen Auseinandersetzungen seiner Mitbürger. Mit der anschließend nötigen Versöhnung veranschaulichte er aber die auf einem starken Glauben an Gott beruhenden menschlichen Bedingungen, die in einem Staatswesen erfüllt sein müssen, damit eine erfolgreich funktionierende Demokratie unter ihren Bürgern gewährleistet ist. Eigensinn, Unehrlichkeit und Profitdenken erkannte auch er, wie seine biblischen Vorfahren. als schlechte Voraussetzungen für das harmonische Zusammenleben in der Familie wie im Staat.
In einem Brief an die „Ersten Mitglieder“ schrieb hundert Jahre später Mrs. Eddy: „Der aufrechte Mensch wird von einem festen Prinzip geführt, das ihn bestimmt, nichts als das Ehrenhafte zu tun und zu verabscheuen, was niedrig und unwürdig ist; daher bleibt er immer der gleiche — zu allen Zeiten der zuverlässige Freund, der liebevolle Verwandte, der gewissenhafte Geschäftsmann, der pflichtgetreue Arbeiter, der auf das öffentliche Wohl bedachte Bürger.“ Vermischte Schriften, S. 147. In einem weiteren Abschnitt weist sie noch auf konkrete Charaktereigenschaften hin, die die bereits angeführten verbürgen. In dem Maße, wie diese heute allgemein als von hauptsächlicher Bedeutung akzeptiert werden für die Familie, die Geschäftswelt und besonders auch für die in der Politik stehenden Frauen und Männer, werden große Fortschritte im harmonischen Zusammenleben der Völker sichtbar werden.
Was Maleachi mit seiner Frage angedeutet hatte, lehrte auch Paulus, indem er erklärt: „Ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen.“ Eph 4:6. Heute haben allen Menschen die Möglichkeit, dieses Verständnis zu erlangen. Alle können in ihrem eigenen Leben beweisen, dass wirklich alle Menschen Gottes Kinder sind, und damit werden sie auch Seinen Segen überall auf der ganzen Welt erfahren und verbreiten können!
