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Wie werden Sie mit Kritik fertig?

Aus der Mai 1998-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Wie würden Sie reagieren, wenn Sie in einem an Sie gerichteten Brief läsen: „Ihr Brief. .. hat aber im Detail Ungenauigkeiten"? Als ich diese Stelle und die anschließenden Vorhaltungen in einem Schreiben an mich zur Kenntnis nahm, war ich zuallererst etwas betupft. Dann überprüfte ich, ob diese Aussagen den Tatsachen entsprachen, und anschließend fragte ich mich, aus welcher Haltung heraus diese Worte gewählt worden waren und wie man die beabsichtigten Korrekturen ohne jeden Stachel hätte formulieren können.

Über den Anflug von Kränkung kam ich hinweg, da ich als Christlicher Wissenschaftler gelernt habe, nicht persönlich betroffen auf solche Situationen zu reagieren, so wie das Licht nicht auf die Finsternis reagiert. Zum maßgebenden Leitfaden ist mir in solchen Situationen der Gedanke geworden, dass das eigene Bewusstsein Aussagen, die einem missfällig erscheinen, mit „Widerhaken" versieht. Vermischte Schriften, S. 223.

Und damit ist gemeint, dass jeder selber dafür verantwortlich ist, wie er auf Kritik und scheinbare Beleidingungen reagiert und ob sie Wirkung in ihm zeigen oder nicht.

Sicher wäre es für mich möglich gewesen, die „Ungenauigkeiten im Detail" zu vermeiden, gewiss hätte es eine tolerantere und entgegenkommendere Art bei deren Korrektur gegeben. Aber warum sollen wir überhaupt auf solche Kleinigkeiten, auf solch feine Unterschiede des Umgangs miteinander achten?

Das griechische Wort „Kritik" bedeutet „Beurteilung". Auch Jesus, unser gottgesandtes Vorbild, übte Kritik, nahm also Beurteilungen vor, wenn er z. B. die Priestereitelkeit und Gesetzesstarre der Pharisäer aufdeckte und scharf geißelte. Matt 23:13. Er unterschied dabei den heuchlerischen und eigenmächtigen sterblichen Menschen und das von Gott geschaffene demütige, selbstlose, von echter Liebe motivierte Ebenbild Gottes. Diese geliebte Idee Gottes kann nur die heilende, liebende Aktivität ihres Schöpfers widerspiegeln. Und je eindeutiger wir diese Tatsache für uns und unsere Mitmenschen anerkennen, desto mehr nähern wir uns diesem göttlichen Ideal an.

Sind denn Vorstellungen, welche behaupten, der Mensch sei in der Lage, dem göttlichen Idealbild zu entsprechen, überhaupt realistisch? Gehen sie nicht vollständig an jeder Erfahrung, ja am „Wesen der Welt", vorbei? Wenn wir hellsichtig erkennen, dass unser eigenes Bewusstsein der Verursacher unserer Beleidigung ist, dass es selbst die Kritik „mit Widerhaken versieht", können wir ganz gewiss ohne zu zögern beginnen, den persönlichen Sinn vom geistig-göttlichen zu unterscheiden und zu trennen. Dabei können wir in dem Wissen um das wahre Wesen einer göttlichen Idee zunächst das Motiv für die Kritik ergründen und werden häufig finden, dass der andere seinem höchsten Verständnis gemäß gehandelt hat. Und so können wir Schritt für Schritt lernen, mit unseren Mitmenschen verständnisvoller, einfühlender, toleranter zu sein und ihnen ihre Fehler immer bereitwilliger zu verzeihen.

Mir selber hat auf diesem Wege am meisten die Einsicht geholfen, dass meine eigene sterbliche Anfälligkeit und Mangelhaftigkeit das Wohlwollen und viel Langmut von meinen Mitmenschen braucht. Diese Überlegungen verschaffen mir die grundlegende Einsicht, dass umgekehrt alle meine Menschenschwestern und -brüder in der genau gleichen Weise meine Einfühlung und meinen Langmut verdienen und benötigen. Ohne ein von liebevoller Toleranz motiviertes Verständnis müsste ich mich zerquälen und seelisch immer mehr elendiglich eingehen. Bitterkeit, Unzufriedenheit und Enttäuschung wären die Folge davon, sodass ich nach außen immer unverträglicher würde und damit immer weniger liebenswert wäre.

Das Kristisieren entspringt einer negativen, nörglerischen Haltung. Es mindert den Andern herab, empfindet Schadenfreude über die von ihm gemachten Fehler und nimmt ihn nicht für voll in seiner Gotteskindschaft. Kristisieren heißt im Grunde, mit dem Mitmenschen lieblos umzugehen, und solche Lieblosigkeit erzeugt sehr leicht entsprechende Gegenreaktionen. Ein Kritisierender dürfte selten anziehend wirken!

Dagegen kann man mit den Augen der mütterlichen Liebe Gottes die Probleme der Umwelt erkennen und auf einen Missstand hinweisen, zu dessen Korrektur beitragen, ja echt Gutes bewirken. Es ermöglicht oft sogar Heilung von Unvollkommenem, Fehlbarem sowie von Sünde und Krankheit. In den Evangelien wird von Jesus gesagt, dass er „den Menschen (vor ihm) ansah und liebte", bevor er mit ihm sprach, auf seine Anliegen einging und auf Schwächen hinwies. Siehe Mk 10:21. Er handelte dabei aus seiner stets gebetvoll mit Gott verbundenen Haltung heraus. Und die sichere Folge davon war die Heilung.

Mary Baker Eddy, die als Entdeckerin von Christian Science und Verfasserin des Christian Science Lehrbuches selbst oft Zielscheibe von harscher Kritik war, gibt uns einen himmlisch erleuchteten Leitfaden für unser mitmenschliches Verhalten. In einem ihrer Gedichte schreibt sie: „Und Herz für Herz zeigt zart' Versteh'n, / wenn wir uns treffen, wenn wir gehn."Liederbuch der Christlichen Wissenschaft, Nr. 30. Mit anderen Worten: Während unserer Begegnungen, aber auch in Gedanken vor- und nachher sind und bleiben wir in dem Bewusstsein der göttlichen Harmonie, das sich in liebevollem Verständnis und freundlichem Umgang miteinander zeigt. Aus dieser Grundhaltung heraus wird dann allenfalls nötige Kritik klarsichtig, angemessen und liebevoll vorgetragen und damit frei von allem Verletzenden und Quälenden sein.

„Und Herz für Herz zeigt zart' Versteh'n,/wenn wir uns treffen, wenn wir gehn." Mary Baker Eddy

Wie einladend ist es doch, solch gütig-verstehendes, sensibles Verhalten zu praktizieren und damit erlösend und heilend gegen sich und die Andern zu wirken! Es ist unser segenbringender Beitrag zum Frieden, der sich für die ganze menschliche Familie auswirkt! Darum ist es immer das Beste, unsere Denk- und Äußerungsweise nüchtern und achtsam zu überwachen, damit sie wirklich dem Gebot der Nächstenliebe immer getreulicher entspricht.

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