Jedesmal wenn wir über Religion sprachen, meinte er, das sei ein schwieriges Thema. Er sagte immer: „Religion, das ist doch alles Unsinn." Er war ein alter Freund aus der Kindheit und ich kannte ihn gut. Bestimmt glaubte er auch an Gott; er war jedenfalls kein Atheist. Eines Tages dann ging mir auf, warum er nicht über Religion sprechen wollte: Er hatte Angst vor Gott.
Alles, was er über Gott wusste, hatte er im Alter von sechs Jahren im Religionsunterricht gelernt. Er bekam damals solche Angst vor der Strafe Gottes, dass er nicht mehr an diesem Unterricht teilnehmen wollte. Seine Eltern bestanden nicht darauf und so wuchs er ohne besondere religiöse Erziehung auf. Hätte er gelernt, was Gott wirklich ist, dann hätte sich ihm als Erwachsener zweifellos ein erfreulicherer Ausblick aufs Leben geboten.
Genau das ist der Grund, warum es so wichtig ist, dass kinder die richtigen und wahren Tatsachen über Gottes liebevolles Verhältnis zum Menschen erfahren. Die Menschen haben oftmals Angst vor etwas, was sie nicht kennen. Ihre Furcht ist das Ergebnis von Unwissenheit oder von falschen Informationen, die sie erhalten haben. In Wissenschaft und Gesundheit schreibt Mary Baker Eddy: „Unsere Unwissenheit über Gott, das göttliche Prinzip, bringt scheinbare Disharmonie hervor und das richtige Verständnis von Ihm stellt die Harmonie wieder her.“ Wissenschaft und Gesundheit, S.390.
Warum hat jemand Angst vor Gott? Warum jemand Ihn lieber aus dem Denken verbannen, wie das bei meinem Freund der Fall war, oder es manchmal sogar vorziehen, gar nicht an die Existenz Gottes zu glauben? Vielleicht weil der Betreffende glaubt, Er sei ein zorniger, strafender Gott. Doch Gott ist nicht eine Art Übermensch, ein alter Mann, der auf den Wolken sitzt und Seine armen Kinder richtet und verdammt.
Heutzutage haben die Naturwissenschaften die unendliche Weite des Universums bewiesen, und Raumkörper fotografieren und erforschen sogar andere planeten. Können gebildete Menschen einen begrenzten, menschenähnlichen Begriff von Gott Überhaupt noch akzeptieren? Nur eine geistig wissenschaftliche Erkenntnis von Gott als unendlichem Gemüt, als Prinzip, als Wahrheit, kann den Sucher wirklich befriedigen. An solcher Gotteserkenntnis ist nichts Unlogisches, nichts Übernatürliches oder Abergläubisches. Der Augenblick ist gekommen, in der richtigen Richtung zu suchen und von alten Vorstellungen Abschied zu nehmen. In den erhebenden Beweisen von Gottes immer naher Hilfe, die Christus Jesus uns geliefert hat, finden wir eine Theologie, die sowohl wissenschaftlich als auch geistig ist. Durch die von Mary Baker Eddy entdeckte christliche wissenschaft, Christian Science, kann das Christentum heute wissenschaftlich erforscht und praktiziert werden.
In den ersten Kapiteln der Evangelien gab Jesus der Welt ein Gebet, das allgemein als das Vaterunser bekannt ist. Es beginnt mit den an Gott gerichteten Worten „Unser Vater“ Siehe Mt 6:9–13. und zeigt eine zärtliche Beziehung zwischen Gott und Seinen Kindern auf. Im Vaterunser ist nichts enthalten, was Anlass zur Furcht geben könnte. Das Gebet versichert uns, dass Gott der Vater von uns allen ist, dass Sein Reich oder Seine Herrschaft hier besteht, dass Gott uns stärkt, uns vergibt, leitet und erlöst und dass Seine Kraft ewig andauert.
Gott, der Liebe und Prinzip ist, verlangt nicht, dass wir auf dem Weg zur Erkenntnis Gottes Leiden durchmachen. Seine Segnungen sind allumfassend. Wenn wir besser verstehen, was Gott ist und was Seine Beziehung zum Menschen ist, wird die Suche nach Wahrheit sogar noch attraktiver und lässt uns mehr Zeichen der Gegenwart Gottes überall um uns her erkennen. Seine Allgegenwart, Seine Allheit, ist unser Schild und Schutz.
„Gott ist die Liebe.“ 1. Joh 4:8. Das sagt der Apostel Johannes. Liebe ist also ein Synonym für Gott. Die Theologie von Christian Science zeigt uns einen liebevollen Vater, der immer da ist, wenn wir uns an Ihn wenden. Mrs. Eddy sagt es sehr deutlich: „Denke daran: Du kannst in keine Lage gebracht werden, sei sie auch noch so ernst, wo die göttliche Liebe nicht schon vor dir gewesen ist und wo ihre liebreiche Lektion dich nicht erwartet.“Die Erste Kirche, Christi, Wissenschaftler, und Verschiedenes, S. 149. Wenn es eine Lektion zu lernen gibt, dann ist es immer eine liebevolle.
Wissenschaftliches Gebet zu Gott ist nicht durch die äußere Lage begrenzt. Es ist mehr als nur eine Bitte an ein übernatürliches Wesen, etwas für uns zu tun. Wissenschaftliches Gebet heißt Gott auf intelligentem, logischem und inspiriertem Weg zu suchen und zu verstehen. Es bedeutet, dass man die Gesetze Gottes, des Prinzips, anwendet, die die Harmonie in unserem Leben herstellen. Dazu ist keine psychologische Forschung notwendig, kein Analysieren des menschlichen Denkens. Es hat weder etwas mit Psychoanalyse noch in irgendeiner Weise mit einer theologischen Verdammung zu tun. Doch es hat sehr viel zu tun mit dem ehrlichen Wunsch, Gutes zu tun und gut zu sein. Der Wunsch, Gott als unseren Vater-Mutter zu verstehen, trennt uns nicht von anderen, sondern bringt uns unseren Mitmenschen näher durch eine umfassendere Freundschaft und eine reinere Liebe zu ihnen.
Während meiner Jahre an der Hochschule wuchs in mir der Wunsch, mich mehr mit der Bibel und Wissenschaft und Gesundheit zu befassen, trotz der enormen zeitlichen Anforderungen, die meine akademischen Aufgaben an mich stellten. Als ich mein Studium vertiefte, im fachlichen wie im religiösen Bereich, gab es eine natürliche Auslese, die mir zeigte, wer meine wahren Freunde waren. Ich wurde kontaktfreudiger und mein Freundeskreis erweiterte sich beträchtlich, obwohl einige Leute mich davor gewarnt hatten, „so viel Religion zu studieren“, weil mich das absondern würde. Genau das Gegenteil geschah.
Dann hatte ich Gelegenheit, an einem internationalen Studententreffen in Der Mutterkirche, der First Church of Christ, Scientist, in Boston, teilzunehmen. Dort fand ich mich unter Tausenden von Studenten aus aller Welt wieder. Obwohl wir uns gerade erst kennen gelernt hatten, fühlten wir uns eng verbunden, denn wir hatten alle etwas gemein, was das Allerwichtigste in unserem Leben war: den tiefen Wunsch, Gott besser zu verstehen und der Menschheit zu dienen. Ich kehrte nach Brasilien zurück, wo ich damals lebte, und machte meinen Hochschulabschluss mit diesem größeren Ziel im Blick. Und ich fühlte mich bestärkt in dem Wunsch, das Studium geistiger Wahrheiten fortzusetzen, wobei mir nun sehr bewusst war, dass ich überall in der Welt Freunde hatte, die das Gleiche taten.
Hat mein Interesse an Gott mich je isoliert oder mir etwas Gutes vorenthalten? Nein! Stattdessen öffnete es mir eine Welt neuer Möglichkeiten, Erfüllung zu finden. Es lohnt sich also geistig unternehmungslustig zu sein — zu erkennen, wer Gott ist. Das ist hilfreich für unser eigenes Leben. Und es ist von großer Bedeutung im Leben von Kindern und jungen Leuten. Gott besser zu kennen fördert unseren Fortschritt und bringt jedem von uns mehr Gutes. Ganz ohne Zweifel ist Religion wichtig. Gott selbst lenkt und bereitet den Weg für unsere Errungenschaften und unseren geistigen Fortschritt. In Wissenschaft und Gesundheit heißt es: „Wenn du aus wahren Beweggründen arbeitest und betest, wird dir dein Vater den Weg öffnen.“Wissenschaft und Gesundheit, S. 326.
O Arauto da Christian Science