Nichts auf der Welt schmerzt so sehr wie das Gefühl, versagt zu haben. Wer hätte sich nicht schon mal gefragt: „Ob ich wohl jemals Erfolg im Leben haben werde? Werde ich es jemals zu etwas bringen?“ Man kann nur erahnen, wie frustriert sich Mose gefühlt haben mag, nachdem er den Pharao wieder und wieder gebeten hatte, das Volk Israel freizugeben, und seine Bitten erfolglos geblieben waren. Aber Mose gab nicht auf und so gelang es ihm schließlich doch, mit Gottes Hilfe und Führung seinen Vorsatz auszuführen und den Pharao umzustimmen. Auch der Prophet Elia glaubte versagt zu haben; er ging in die Wüste von Beerscheba und bat Gott, ihn doch sterben zu lassen. Aber Mose, Elia und andere Menschen in der Bibel fanden bei Gott und Seinen Engeln die Inspiration, die nötig war, um Schwierigkeiten zu meistern. Durch Gebet zu Gott fanden sie eine Lösung für ihre Probleme.
Als Mary Baker Eddy Wissenschaft und Gesundheit veröffentlichen wollte,wurde ihr Buch von mehreren Verlegern abgelehnt. Doch sie gab nicht auf.
Die Bibel berichtet, wie sehr Jesu Jünger nach seiner Kreuzigung mit Gefühlen der Entmutigung und des Misserfolgs zu kämpfen hatten. Es war doch offensichtlich, dass der Messias versagt hatte; er war seinen Feinden erlegen und gekreuzigt worden. Niedergeschlagen kehrten die Jünger zu ihrem früheren Beruf zurück, bis sie Christus Jesus nach der Auferstehung wiedersahen. Da begriffen sie, dass sein scheinbarer Misserfolg (die Kreuzigung) tatsächlich den wunderbarsten Sieg der menschlichen Geschichte in sich barg, denn für Gott und Seinen Christus gibt es kein Versagen.
Wenn man Misserfolge als Herausforderungen ansieht anstatt als Niederlagen, dann können sie dazu dienen, uns zu läutern und zu erheben. Erfolg dagegen mag bisweilen eine größere Gefahr in sich bergen als Misserfolg; er kann dazu verleiten sich mit dem Status quo zufrieden zu geben, anstatt die großartigen Möglichkeiten wahrzunehmen, die Gott für unseren weiteren Fortschritt schon bereithält.
Als ich Anfang zwanzig war, bewarb ich mich bei einem Unternehmen um einen Arbeitsplatz; aus einer großen Anzahl von Bewerbern wurde ich aufgrund meiner Erfahrung für diesen Posten ausgewählt und konnte umgehend meine Stelle antreten. In diesem Unternehmen wurden die Mitarbeiter alle sechs Monate einer Beurteilung unterzogen, deren Ergebnis für die Gehaltserhöhung ausschlaggebend war. Ich war überzeugt, dass ich wegen meiner Qualifikation eine sehr gute Beurteilung erhalten würde. Bei einem Gespräch mit meinem Vorgesetzten stellte sich jedoch heraus, dass man mit meiner Leistung nicht voll zufrieden war. Von den dreißig Personen in unserer Abteilung erhielt ich die niedrigste Gehaltserhöhung. Das war ein harter Schlag für mein Ego! Ich war tief verletzt und überlegte, was ich tun sollte. Ich hatte fest mit einer soliden Gehaltserhöhung gerechnet und ich hätte eine finanzielle Aufstockung dringend brauchen können; noch mehr aber sehnte ich mich nach Anerkennung. Und nun diese Demütigung! Welch ein Fiasko!
Ich betete, um zu erkennen, wie ich mich verhalten sollte, und mir wurde klar, dass ich nicht das Bild von einem Versager akzeptieren wollte. Ich durfte mich jetzt nicht entmutigen lassen, sondern musste standhaft bleiben wie Mose, als er mit dem Pharao verhandelte. Als ich meine Situation aus einer geistigen Perspektive betrachtete, erkannte ich, dass göttlich verliehene Eigenschaften nicht begrenzt oder ignoriert werden können. Diese Eigenschaften sind Teil unserer geistigen Identität und stets gegenwärtig.
Mary Baker Eddy schreibt: „Wenn die Sterblichen keinen Fortschritt machen, werden sich die Misserfolge der Vergangenheit wiederholen, bis alles unrechte Tun ausgelöscht oder korrigiert worden ist.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 240. Ich sah ein, dass ich zuerst meine Denkweise über mich ändern musste, bevor andere mich in einem anderen Licht sehen konnten. Ich musste durch die menschliche Situation hindurchschauen, die mich glauben machen wollte, dass ich gedemütigt worden war und die Dinge sehen, wie Gott sie sah. Es ging nicht darum, mehr Geld zu verdienen, sondern darum, mein geistiges Verständnis von der wahren Identität des Menschen als Bild und Gleichnis Gottes zu vertiefen. Ebenso musste ich lernen, auch meine Kollegen als vollkommene und geliebte Ideen des Vaters zu sehen; es war wichtig, die Talente meiner Mitarbeiter anzuerkennen und dankbar für sie zu sein.
In den folgenden sechs Monaten wurde ich mit verschiedenen Tätigkeiten betraut. Bei der Erledigung einer Routineaufgabe, die mir mein Vorgesetzter übertragen hatte, entdeckte ich, dass das Unternehmen eine bestimmte technisch rechtliche Auflage nicht erfüllte und dadurch in Schwierigkeiten geraten könnte. Ich informierte den Geschäftsführer, der für diesen Hinweis sehr dankbar war und ihn weiterleitete. Allmählich wuchs die Wertschätzung der Vorgesetzten für meine Arbeit. Bei der nächsten Beurteilung schnitt ich als einer der Besten ab und erhielt nicht nur die höchstmögliche Gehaltserhöhung für das Halbjahr, sondern man kompensierte mich auch für das, was ich vorher nicht erhalten hatte. Später wurde ich auf einen anderen Posten befördert, auf dem ich mehr Verantwortung übernehmen konnte.
Schwierigkeiten können oftmals die Ursache und der Ansporn für Fortschritt sein. Der bekannte Historiker Arnold Toynbee hat einmal gesagt, dass nur die Völker Fortschritte erzielen, die sich mutig und unermüdlich den Herausforderungen stellen.
Als Mary Baker Eddy ihr Hauptwerk Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift veröffentlichen wollte, wurde ihr Buch von mehreren Verlegern abgelehnt, da sie sich keinen Profit davon versprachen. Doch sie gab nicht auf. Unbeirrt arbeitete sie weiter und nutzte die Zeit, um an ihrem Werk zu feilen und es zu vervollständigen. Das Buch wurde schließlich veröffentlicht; es entwickelte sich zu einem Bestseller und war ausschlaggebend für die Entstehung der internationalen Christian Science Bewegung. Dies alles wäre niemals vollbracht worden, wenn sich Mrs. Eddy von dem Widerstand hätte entmutigen lassen. In späteren Jahren schrieb sie einmal: „Die Sache der Christian Science gedeiht in der ganzen Welt und steht für immer als eine ewige und beweisbare Wissenschaft da, und ich betrachte diesen Angriff auf mich nicht als eine Prüfung, denn wenn diese Dinge aufhören zu segnen, dann werden sie aufhören, sich zu ereignen.“ Die Erste Kirche Christi Wissenschaftler, und Verschiedenes, S. 143
Auch uns kann jeder widrige Umstand zum Segen gereichen und uns Gott näher bringen. Mit der Hilfe des Vaters können wir uns über Misserfolge erheben und unbegrenzten Fortschritt erleben. Denken wir an die Jünger Jesu, die nach der Auferstehung und Himmelfahrt ihres geliebten Meisters eine neue Sicht auf die göttliche Wirklichkeit erlangten. Sie erkannten, dass Leben, Gott, unendlich ist, dass der Christus heilt und errettet, erlöst und segnet. Dieses Verständnis befähigte sie, das Evangelium aller Kreatur zu predigen und effektivere Heilarbeit zu leisten, denn sie waren nun gewiss, dass es für Gott und Seinen Christus kein Versagen gibt.