Als ich etwa acht Jahre alt war, fuhren meine Eltern mit mir in den Ferien ans Meer. An unserer Strandhütte vorbei führte ein hölzerner Steg zu einem Geschäft am Strand. Ich hatte als kleine Extrafreude ein bisschen Geld bekommen und durfte ganz allein zu dem Geschäft gehen, um mir einen Schokoriegel zu kaufen. Als ich in den Laden kam, sah ich dort einen Spielautomaten. Ich hatte zwar noch nie an einem solchen Ding gespielt, doch die Aussicht auf leicht verdientes Geld faszinierte mich. Ich stellte mir vor, ich könnte genug gewinnen, um mir einen Hamburger zu kaufen. Also steckte ich mein Geld in den Schlitz und gewann tatsächlich so viel, dass es für den Hamburger reichte. Dann dachte ich: Wenn ich noch ein bisschen weiterspiele, bekomme ich vielleicht auch noch genug für eine Limo. Aber meine Träume zerplatzten schnell — und damit endete ein für allemal meine Karriere als Glücksspieler. Ich verlor nicht nur meinen Gewinn, sondern mein ganzes Taschengeld obendrein. Mein kindliches Gemüt fand das absolut unfair, aber es lehrte mich, dass man sich auf die Verheißungen von Nervenkitzel und Gewinn durch Glücksspiel nicht verlassen kann.
Jedes Kind, jeder Mann und jede Frau sehnt sich nach einer verlässlichen und beständigen Quelle des Guten und das Christentum weist den Weg dorthin. Im Jakobusbrief heißt es: „Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab, von dem Vater des Lichts, bei dem keine Veränderung ist noch Wechsel des Lichts und der Finsternis.“ Jak 1:17. Das Vertrauen auf diese unveränderliche Quelle, auf Gott, ist ein Grundstein in der Lehre von Christian Science und das direkte Gegenteil von dem Verlass auf die Verlockungen des Glücksspiels.
Es scheint ein großer Sprung zu sein von meinem Erlebnis mit dem Glücksspiel zu einigen faszinierenden Entdeckungen der Quantenphysik — aber haben Sie ein wenig Geduld, Sie werden gleich verstehen! Bei der Debatte über die neuesten Theorien der Physik werden manchmal Begriffe benutzt, die dem Wortschatz des Glücksspiels entnommen sind. In dem Buch The Matter Myth schreiben die Verfasser Paul Davies und John Gribbin, dass man in der Quantenphysik nie sicher sein kann, wie sich ein bestimmtes Elektron verhalten wird. Wie beim Wetten können nur Wahrscheinlichkeiten genannt werden.The Matter Myth (New York: Simon and Schuster, 1992, S. 209. Oder Theoretiker vergleichen manchmal die Atomphysik mit dem Wetter. Wir können vorhersagen, dass die Chancen für Regen bei 50 Prozent stehen, aber das sagt nichts darüber aus, ob es nun wirklich regnen wird oder nicht. Die allgemein anerkannte Theorie über die Unsicherheitsrate in der Quantenphysik ist Heisenbergs Unbestimmtheitsprinzip. Allgemein ausgedrückt besagt dieses Prinzip, dass alle messbaren Quantitäten nicht voraussehbaren Fluktuationen unterliegen und dass daher keine sicheren Werte angegeben werden können, wie Davies in seinem Buch The Mind of GodThe Mind of God (New York: Simon and Schuster, 1992), S. 30. schreibt. Weiter lesen wir bei Davies und Gribbon: „Einstein fand die Unbestimmtheit der Quanten so schockierend, dass er sie mit der bissigen Bemerkung abtat:, Gott würfelt nicht mit dem Universum!' “The Matter Myth, S. 209. Aber Einstein war nicht in der Lage, auf physikalischem Wege nachzuweisen, dass es ganz bestimmte Gesetze gibt, die die Welt der Quantenmechanik ordnen — und auch kein anderer Physiker hat das nachweisen können. Davies und Gribbon schließen daraus, dass „Gott anscheinend doch würfelt“ Ebd..
Natürlich beruhen alle diese Theorien auf der Voraussetzung, dass Materie Substanz ist. Aus dieser Sicht scheinen denn auch unablässig Würfel zu rollen. Was Materiebausteine genannt wird, besteht aus lauter Unwägbarkeiten. Unsere instinktive Sehnsucht nach Sicherheit, Gewissheit und Ordnung wird durch Materie, egal, auf welcher Ebene oder welchem Gebiet, nicht gestillt. Wenn wir Schlussfolgerungen darüber ziehen wollen, wer wir sind und welchen Platz wir im Universum einnehmen, was unsere Substanz ist, wo unsere Sicherheit liegt — wenn wir nach der Freude und Verheißung des Lebens Ausschau halten —, brauchen wir einen anderen Standpunkt.
Und diesen anderen Standpunkt gewinnen wir durch das zunehmende Verständnis, dass das Universum ein Erzeugnis des Geistes, nicht der Materie, ist und dass es daher nicht von materiellen Zuständen oder so genannten Gesetzen regiert wird. Von dieser Basis aus ist es möglich, die wirkliche Ordnung, Harmonie und atemberaubende Präzision des Universums und die unbegrenzten Möglichkeiten zum Guten wahrzunehmen. Hier wird das Universum mit den Gesetzen Gottes erklärt. Gott, der eine Schöpfer, wird in der Bibel beschrieben als einer, der das Universum mit überragender Weisheit und Macht ordnet. Gott fragt Hiob: „Wo warst du, als ich die Erde gründete? ... Kannst du die Sterne des Tierkreises aufgehen lassen zur rechten Zeit oder die Bärin samt ihren Jungen heraufführen?“ Hiob 38:4, 32. Gott, dessen alles regierende Weisheit Sein Universum in eleganter Ausgewogenheit und Symmetrie, in Gleichgewicht und Vollständigkeit ins Leben rief, ist Geist und Seine Schöpfung ist durch und durch geistig. Dieser Gott, unser Gott und Vater, experimentiert nicht mit Seiner vollkommenen Schöpfung. Hier rollen keine Würfel, denn Gott ist das Prinzip des Universums, das Er erschuf und ununterbrochen erhält. Seine unendliche Weisheit, die für das in der Materie befangene Denken so unfasslich ist, ordnet alles exakt bis ins kleinste Detail — und zwar nach verständlichen göttlichen Gesetzen.
Der Mensch, das Bild und Gleichnis dieses göttlichen Prinzips, kann unmöglich vom Zufall regiert, vom Zufall angezogen oder auf irgendeine Weise durch die Ungewissheiten dessen beeinflusst werden, was bisweilen eine außer Kontrolle geratene Materiewelt zu sein scheint. Das wahre Selbst des Menschen ist weder ein Glücksspiel noch ein Glücksspieler — ob im Kasino, auf dem Aktienmarkt, auf der Autobahn oder im Flugzeug. Wir können uns nicht von der Harmonie unseres Schöpfers, des Geistes, abkoppeln. Ebenso wenig ist der Mensch ein Roboter oder eine hirnlose Puppe in der Hand eines unbeugsamen Gottes. In der Unendlichkeit des Geistes bestehen unbegrenzte individuelle Ausdrucksformen. Die Individualitäten, die Gott erschafft, spiegeln alle Seine Eigenschaften, darunter auch Spontaneität, Freude und Liebe, wider.
Können wir uns darauf verlassen, dass dieses Prinzip uns unsere wahren Bedürfnisse erkennen lässt und sie präzise und fehlerlos stillt? Ja. Das Akzeptieren der Gewissheit eines vom göttlichen Guten geordneten Universums öffnet unser Denken, so dass wir dieses Gute erleben und ausdrücken können. Wir lernen, dass alles Leben auf den Befehl Gottes, des Gemüts, entsteht. Solches Leben ist voller Kreativität, Frische, Güte und Freude. Geistiges Leben ist die Erfüllung der Verheißung Jesu: „Es hat eurem Vater wohlgefallen, euch das Reich zu geben.“ Lk 12:32. Dieses Reich ist das Himmelreich, von dem Jesus sagte, dass es in uns ist.
Unter der Regierung Gottes werden mit Bestimmtheit alle Bedürfnisse gestillt. Zuversichtlich stillte Jesus einen schweren Sturm. Er war sich sicher, dass sich das Steuergeld im Maul eines Fisches finden würde. Er heilte Krankheit mit Autorität. Seine Werke veranschaulichen ein unwandelbares göttliches Prinzip, das als die einzig wahre Substanz am Wirken ist, die es gibt: die Substanz des Geistes.
Wegen des anerzogenen Glaubens, dass Materie ihr Ursprung, ihre Substanz und ihr Heim sei, suchen die Sterblichen, wie die Bibel es ausdrückt, „viele Künste“ in dem Bestreben, in irgendeiner Weise ein Gefühl von Sicherheit zu erlangen. So glauben die Menschen an einen launenhaften Gott und beten das an, was Schicksal oder Glück genannt wird. Mancher fühlt sich seinen Sternen zu Dank verpflichtet. Ein anderer klagt über sein Schicksal und den Fluch, der auf ihm zu liegen scheint — und weiß nicht von dem unveränderlichen göttlichen Prinzip des Menschen und den Gesetzen Gottes, die tatsächlich das Universum regieren. Manchmal wird durch ausgeklügelte Systeme, die sich auf die Position gewisser Sterne oder andere abergläubische Prophezeiungen stützen, ein falsches Gefühl von Sicherheit vermittelt. Doch früher oder später müssen wir alle die Wirklichkeit kennen lernen, in der wir jederzeit harmonisch geborgen sind. Weder die grellen Neonlichter und das elektronische Geklingel und Gepfeife in den Spielhallen noch die begrenzten Vorstellungen von einem physischen Universum können die stille, sanfte Stimme der göttlichen Wahrheit übertönen oder Gottes aufs Vollkommenste geordnete Schöpfung verdrängen.
Bei allen verlockenen Glücksspielen wie auch beim Studium der Quantenphysik geht es um die eine grundlegende Frage: Wie ist Substanz beschaffen? Die Welt möchte in jeder Hinsicht das Leben auf die falsche Voraussetzung gründen, dass Materie im Großen wie im Kleinen das ist, was die Menschheit braucht und will, dass sie substanziell und gut ist — ja das, was wir sind und was alles andere ist. Aber überdenken wir doch einmal eine Frage, die Mary Baker Eddy in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift stellt: „Was sollte für uns Substanz sein — das Irrende, Veränderliche und Sterbende, das Wandelbare und Sterbliche, oder das Unfehlbare, Unveränderliche und Unsterbliche?“Wissenschaft und Gesundheit, S. 278. Geht es nicht im Grunde genau darum? Sollen wir uns auf die Ungewissheiten des Glaubens an ein Leben in und aus Materie verlassen oder auf die Sicherheit und Gewissheit eines Lebens in Gott, Geist, dem unendlichen Gemüt? Beide Standpunkte können wir nicht einnehmen.
Das wahre Selbst des Menschen ist weder ein Glücksspiel noch ein Glücksspieler. Wir können uns nicht von der Harmonie unseres Schöpfers abkoppeln.
Eine tiefsinnige Aussage Jesu erklärt, warum es so wichtig ist, ein richtiges Verständnis von Substanz zu haben: „Wer da hat, dem wird gegeben; und wer nicht hat, dem wird man auch das nehmen, was er hat.“ Mk 4:25. Wer das richtige Verständnis von Substanz erlangt hat — wer weiß, dass sie Geist, göttliches Bewusstsein, unendliche Liebe ist —, der erkennt einen ununterbrochenen Strom des Guten und eine Ordnung darin. Das Wissen um die wahre Beschaffenheit von Substanz offenbart, dass sie immer in Fülle verfügbar ist. Doch wenn man dieses Verständnis nicht hat und daran festhält, dass Materie die Grundlage und der Baustein des Seins ist, muss diese falsche Auffassung mit all ihren so genannten Vorteilen aufgegeben werden. Sobald aber der Betreffende erkennt, dass sein Standpunkt falsch ist, begreift er auch, dass er nichts Substanzielles verloren hat. Die Bibel zeigt uns, dass jeder Mensch als Kind Gottes und Miterbe Christi in Wirklichkeit geistig, vollständig und vollkommen ist. Geist ist unsere wahre Substanz.
Jeder Mensch — Mann, Frau oder Kind —, der die Verlässlichkeit und Verfügbarkeit des all-guten liebenden Vater-Mutter Gottes verstehen lernt, wird ganz natürlich in der Lage sein die falschen Versprechungen von Befriedigung in der Materie wie auch das Chaos der sich dauernd wandelnden Vorstellungen von der physischen Welt zu erkennen und sich davon abzuwenden. Dieses Abwenden ist eine Voraussetzung für das Christentum und für wahres Glück. Zuerst das Himmelreich zu suchen, wie Jesus es uns anbefahl — zu erkennen, dass wahre Substanz geistig ist — bedeutet in keiner Weise eine Begrenzung, sondern es erschließt uns die wahren Schätze des grenzenlosen Seins. Gottes Güte ist absolut verlässlich. Sie ist unveränderlich und steht überall zur Verfügung.
Je mehr wir die Unzuverlässigkeit, die Ungewissheit und Nichtsheit der Materie verstehen, desto weniger Einfluss hat sie auf uns. In dem Maße, wie uns klar wird, was in unserem Leben wirklich dauerhaft ist, auf was wir zählen können, was die Substanz ist, aus der wir gemacht sind und auf die wir uns stützen, erkennen wir, dass Glück oder Zufall — ob als Spiel oder als Metapher für die Bausteine des Universums — eine bedeutungslose Illusion ist.
Wir können uns täglich klarer darüber werden, was wirklich befriedigt, was uns regiert und unsere wahre Substanz ausmacht. Dann wird weder das Glücksspiel im Kasino noch das Glücksspiel mit einem Dasein, das angeblich von launischen Naturgesetzen beherrscht wird, einen Reiz für uns haben. Unser Leben, das auf dem göttlichen Prinzip, auf Liebe, beruht, ist nie ein Glücksspiel.
