Zusammengestellt von den wissenschaftlichen Mitarbeitern der Mary Baker Eddy Bibliothek
Generaldirektorin
1882 reiste das Ehepaar Eddy von Lynn, Massachusetts, nach Washington, kehrte nach kurzem Aufenthalt nach Boston zurück und zog in das Haus an der Columbus Avenue 569 ein, das nun auch das Massachusetts Metaphysical College beherbergte. Im selben Jahr, kurz nach dem Umzug, starb Asa Gilbert Eddy. In den darauf folgenden fünf Jahren befanden sich Mary Baker Eddy Wohnsitz und das stetig wachsende College in zwei verschiedenen Häusern an der Columbus Avenue. 1887 kaufte sie das Haus an der Commonwealth Avenue 385 für 40 000 Dollar. Dieses vierstöckige Wohnhaus aus rotem Sandstein und sein hoher Preis (fast 740 000 Dollar zu heutigen Preisen) zeigen an, dass M. B. Eddy im Alter von 66 Jahren eindeutig in gesicherten Verhältnissen lebte. Für eine Frau, die jahrelang ohne festen Wohnsitz war, muss das Haus an der Commonwealth Avenue ein Symbol dafür gewesen sein, dass sie und auch die Christian Science Bewegung in Boston aus der Obskurität herausgerückt waren und einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt hatten. Später vermachte sie das Haus ihrer Kirche, damit der Erste Leser der Mutterkirche dort wohnen konnte.
Das Wohnhaus an der Commonwealth Avenue 385 war von der Art, wie sie für gut situierte Bostoner Bürger gebaut wurden. Es besaß viele elegante architektonische Details, darunter eine Eingangshalle mit einem reich gemusterten Fliesenboden und einer Tür aus Mahagoni, ferner mehrere geschnitzte Kaminsimse, Dachfenster, einen Balkon zum Hof und einen „Turm”, einen großen, mit Kupfer verkleideten, einstöckigen Aufsatz, der auf Eddys Wunsch 1895 gebaut wurde, um das Haus von den Nachbarhäusern zu unterscheiden. Das Turmzimmer mit seinen Fenstern ringsum war ein stiller Ort zum Meditieren und Lesen.
Eddy war Generaldirektorin einer wachsenden Bewegung, als sie in die Prestigeadresse an der Commonwealth Avenue einzog. Sie war Rektorin eines College, hielt Vorträge in vielen Städten, war Gründerin und Pastorin einer Kirche und ferner Gründerin eines Verlagshauses. Während dieser Zeit veröffentlichte sie auch eine oft zitierte theologische Schrift über Christian Science, nämlich Die Einheit des Guten. Außerdem reiste sie nach New York und Chicago, wo sie viel beachtete und gut besuchte Vorträge hielt. Sie predigte auch gelegentlich in der Chickering Hall in Boston und gab regelmäßig Unterricht im Massachusetts Metaphysical College.
Als sie in der Commonwealth Avenue wohnte, löste sie jedoch vieles von dem, was sie geschaffen hatte, kurzerhand wieder auf. Bevor das Jahr 1889 zu Ende ging, hatte sie das College und ihre Kirche aufgelöst und sich wieder nach New Hampshire zurückbegeben, um Wissenschaft und Gesundheit gründlich zu überarbeiten.
Mit ihrem Einzug in die commonwealth Avenue hatte Eddy wohl etwas Distanz zu ihrem prosperierenden College gewonnen und konnte sich daher auf das Schreiben und Überarbeiten und auf das Planen für die Zukunft der Christian Science Bewegung konzentrieren. Deren Zukunft war gesichert mit der im Januar 1891 veröffentlichten 50. Ausgabe von Wissenschaft und Gesundheit und mit der Reorganisation der Kirche Christi (Wissenschaftler) gute anderthalb Jahre später.
Im Juni 1892 ließ sich Eddy in Pleasant View nieder. Es heißt, dass sie dort am liebsten gewohnt habe. In Briefen an Freunde schrieb sie: „Mein Heim ist wirklich schön, richtig heimelig; [oh] die singenden Vögel und die herrliche Aussicht von meinem, trauten Heim' ist so wunderbar, ich kann gar nicht dankbar genug dafür sein.” L05972 (15. Juli 1892); L06073 (8. August 1892). Anscheinend hatte Eddy dieses Haus ins Herz geschlossen. Es war nach ihrem Geschmack ausgestattet, hatte bunte Gärten und fruchtbare Felder und gewährte einen Blick auf die Hügel von Bow. Heute steht das Haus jedoch nicht mehr.
Pastorin Emerita
M. B. Eddy blieb bis in ihre späten Achtzigerjahre in Pleasant View und hielt es dann für das Beste, nach Boston zurückzukehren. Sie entschied sich nicht nur aus Rechts- und Sicherheitsgründen dafür, sondern auch, um dem Verwaltungssitz ihrer Kirche näher zu sein. Zu diesem Zweck wurde in Chestnut Hill, am Stadtrand von Boston, das Anwesen an der Beacon Street 384 (heute 400) gekauft, das von dem renommierten Architektenbüro Peabody and Stearns gebaut worden war. Dieses große aus Stein errichtete Haus wurde vor Eddys Einzug weitgehend renoviert, um den wachsenden Haushalt aufzunehmen, der für ihre zunehmenden Aktivitäten als Gründerin von Christian Science nötig geworden war. Zuerst erhielt es am westlichen Ende einen Anbau, um Räume für das Personal und für Dienstzimmer zu schaffen. Nach Eddys Einzug wurden die Fenster in ihrem Büro tiefer gesetzt, damit sie wie in Pleasant View von ihrem Stuhl aus die umliegende Landschaft sehen konnte. Ihre Zimmer im ersten Stock wurden auch kleiner gestaltet, um sie den Größenverhältnissen in Pleasant View anzupassen, denn sie fühlte sich zunächst in den riesigen Räumen dieser „Scheune von einem Haus” nicht wohl.
Heute vermitteln diese Räume einen Eindruck davon, worauf Eddy in ihrer Wohnung Wert legte. Ihr Schlafzimmer ist klein, ebenso ihr Ankleideraum. Das Büro bildet ganz offensichtlich den Mittelpunkt. Ein bequemer mit Samt gepolsteter Stuhl und der Schreibtisch stehen dicht am Fenster, um das Licht zu nutzen. Ihre Nachschlagewerke sind in greifbarer Nähe. Die Stühle sind des Komforts wegen ausgewählt worden und die aus Spitzen gefertigten Sessel- und Sofaschoner und die frischen Blumen geben dem Raum eine feminine Note. Von den Fenstern hat man einen schönen Blick auf die Blue Hills.
Eddy empfing Gäste in ihrem privaten Wohnzimmer, dem „rosa Zimmer”, und hier sammelte sie auch die Mitglieder ihres Haushalts zu Gesprächen um sich und hier kamen sie an Sonntagen zusammen, um Kirchenlieder zu singen und zu beten. Ein Aufzug vom Erdgeschoss zum ersten Stock wurde eingebaut, damit Eddy ihn für ihre tägliche Spazierfahrt in der Pferdekutsche benutzen konnte. Ein paar von ihren Kutschen sind heute im Kutscherhaus am Eingang zum Grundstück zu sehen.
In Chestnut Hill gründete Eddy den Christian Science Monitor — ihr bleibender Beitrag zum amerikanischen Journalismus. Im Sommer 1908 trug sie dem Christian Science Vorstand und der Verlagsgesellschaft auf, eine Tageszeitung herauszugeben, die das Ziel haben sollte, „keinem Menschen zu schaden, sondern die ganze Menschheit zu segnen” Mary Baker Eddy, Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes, S. 353.. Dieses Unternehmen erforderte einige Anlaufzeit, doch schon am 25. November 1908 wurde der Gründerin die erste Nummer vorgelegt. In den folgenden zwei Jahren las sie den Monitor täglich und freute sich über den Erfolg ihrer Zeitung und deren Qualität, die von der damaligen Sensationspresse abstach.
Besucher des Anwesens mit seinen ausgedehnten Grünanlagen und dem prächtigen Kutscherhaus werden vielleicht denken, dass das Haus die Krönung von Mary Baker Eddys erfolgreichem Werdegang darstellt. „Heim” hatte jedoch eine tiefere Bedeutung für sie. Ein Mitglied des Haushalts von Chestnut Hill vermittelt uns etwas davon in ihren Erinnerungen aus dem Jahr 1910:
Sonntag, 13. Feb 1910 — Mutter schärfte uns ein (nachdem wir Kirchenlieder und „Home sweet Home” gesungen hatten): „Heim ist kein Ort, sondern eine Macht.” Was ist also unser Heim[?]
Mr. Dickey antwortete, wir würden unser Heim finden, wenn wir ein Verständnis von Gott hätten. Mutter sagte ja ... Mr. Rathvon sagte so etwas wie, dass wir unseren Himmel, unser Heim, hier finden. Sie antwortete: „Wenn wir es nicht hier finden, können wir es auch nicht dort finden”, und sie hob ihre Hand und deutete nach oben. Erinnerungen von Laura Sargent, S. 86.
Ausblick
In vielen der in diesem Artikel erwähnten Häuser arbeitete Mary Baker Eddy an ihrem bahnbrechenden Buch Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift — sie schrieb, revidierte, veröffentlichte und machte Werbung dafür. In Chestnut Hill überwachte sie zum Beispiel die Vorbereitungen für weitere Auflagen und gab eine deutsche Übersetzung ihres Buches in Auftrag (die schließlich 1912 erschien). Weitere Artikel in dieser Serie werden die faszinierende Geschichte erzählen, wie Wissenschaft und Gesundheit geschrieben und veröffentlicht wurde.