Am 17. Dezember 1900 reichte Mary Baker Eddy den Titel „Mann und Frau” beim amerikanischen Urheberrechtsamt ein. Den Aufsatz selbst reichte sie nie dort nach, doch das mit der Maschine geschriebene Originalmanuskript befindet sich heute in der Sammlung der Mary Baker Eddy Bibliothek für den Fortschritt der Menschheit. „Mann und Frau” ist zweifellos einer von Eddys interessantesten und originellsten Aufsätzen, denn er befasst sich mit Fragen, die in ihren veröffentlichten und bisher unveröffentlichten Schriften kaum abgehandelt werden: die Gleichheit der Geschlechter als eine metaphysische Realität, als feststehende Tatsache.
Die Entstehungsgeschichte des Artikels „Mann und Frau” geht wohl zum Teil auf Ereignisse zurück, die einige Wochen, bevor Eddy den Titel beim Urheberrechtsamt einreichte, stattgefunden hatten. Zwei Wochen zuvor, nämlich am 1. Dezember, hatte sie den Richter Joseph R. Clarkson aus Omaha im US-Staat Nebraska zu einer zweistündigen Unterredung in Pleasant View, ihrem Haus in Concord, New Hampshire, empfangen. Clarkson hatte 1898 an Eddys Lehrerbildungsklasse teilgenommen und war jetzt Mitglied des Christian Science Vortragsrates. Mitglieder des Vortragsrates hielten im ganzen Land Vorträge über die Grundlagen und die Praxis von Christian Science und sprachen über diese Religionsgemeinschaft und ihre Gründerin.
Einige Jahre zuvor hatte Clarkson seine Lehrerin fast vergöttert (ein Beispiel dafür befindet sich in den Erinnerungen von Daisette S. McKenzie), doch im Dezember 1900 plagten ihn schwere Zweifel, ob sie die Fähigkeit besäße, die wachsende Christian Science Bewegung zu führen. Calvin Frye, Eddys langjähriger, vertrauter Sekretär, hielt in seinem Tagebuch am 7. Dezember 1900 fest, worüber Clarkson und Eddy am 1. Dezember und sechs Tage danach gesprochen hatten: „Heute hatten Richter Clarkson und Mrs.Eddy Dinner zusammen & danach versuchte Clarkson sie wieder davon zu überzeugen, dass sie Unrecht habe & dass die Bewegung dem Ruin entgegengehe & dass Männer unbedingt die Führung der Christian Science Bewegung übernehmen & ihr Recht ohne Eddys Direktiven geltend machen müssten.” Clarksons Argumente waren typisch für die viktorianische Einstellung zu Frauen in führenden Positionen: Dass es unnötig und wahrscheinlich sogar von Nachteil sei, dass Eddy bei den Entscheidungen der Männer, denen sie die Leitung übergeben hatte, das letzte Wort hatte.
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