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Meine Aufgabe ist es, euch zu lieben

Aus der Juli 2007-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Für Paul White, einen Christlichen Wissenschaftler, der bei Los Angeles, Kalifornien, lebt, ist Unterrichten eine Berufung, nicht nur ein Beruf. Als er in einen Schuldistrikt versetzt wurde, in dem schwierige und störende Schüler während des Unterrichts fernsehen durften anstatt zu lernen oder bei den Aufgaben in der Klasse mitzumachen, begann er mit einem anderen Lehrer nach Alternativen zu suchen. Das Ergebnis ist die West Valley Leadership Academy, eine kommunale Ganztagsschule, die im San Fernando Tal, nahe Los Angeles, Kalifornien, liegt. Sie bietet ein Oberstufenprogramm für Schüler an, die im traditionellen Schulsystem nicht zurecht kommen.

Kürzlich sprach Rosalie E. Dunbar vom Christian Science Sentinel mit Paul White über die Schule, die Jugendlichen und seine Herangehensweise an Erziehung mit Gebet.

Mr. White, welche Art Schüler besuchen die West Valley Leadership Academy?

Unsere Schüler sind junge Leute, die mit dem traditionellen Schulsystem einfach nicht erreicht werden konnten. Einige besuchten schon monatelang oder auch über Jahre keine Schule mehr. Andere hatten Probleme mit Drogen-oder Alkoholmissbrauch. Andere waren von der Schule verwiesen worden, weil sie gewalttätig waren oder Waffen in die Schule mitgebracht hatten. Oder sie waren wegen krimineller Banden-Delikte zu Gefängnisstrafen verurteilt worden.

Dies ist eine kommunale Schule, keine besonders geförderte private Institution?

Genau. Ehrlich gesagt, alles, was Sie bei uns an der Schule sehen, sollte an allen Schulen als Standard gelten. Unsere Jugendlichen sind 100 Prozent clean bei freiwilligen Drogentests. An unseren monatlichen Elternabenden nehmen 100 % der Eltern teil. Und die Rate der Schüler mit Abschlüssen liegt um 20 % höher als bei traditionellen kommunalen Schulen. Die Zahl von Gewaltanwendung, Banden-Problemen, Vandalismus und rassistischen Zwischenfällen liegt nahe Null.

Wie sieht das Schulprogramm aus?

Ich habe eine in sich geschlossene Klasse, was bedeutet, dass ich meine Schüler in allen Fächern unterrichte: Lesen, Schreiben, Grammatik, Geographie, Biologie, Geschichte, Wirtschaft, Mathematik. Ich muss hinzufügen, dass das wichtigste Fach, das ich unterrichte, und das zieht sich durch das gesamte Kurrikulum, ein starker Sinn für Moral, Werte und selbstlosen Dienst an anderen und am Gemeinwesen ist. Unsere Schüler lernen gewissermaßen nicht nur zu überleben, sondern sie verstehen, wozu sie leben — um ein Mitglied und ein Mitgestalter zu sein, um zu helfen, dass unsere Welt zu einer besseren werde.

Welche Rolle spielt Gebet bei all diesen Themen?

Ich gehe nie in die Schule — auch nicht nur einen Tag — ohne zu beten, dass ich wissen möge, dass das wahre geistige Ziel ist, die Gottesgegenwart zu erhellen, die sich in Liebe, Intelligenz, Harmonie ausdrückt. Und meine Rolle zu kennen, dass ich jemand bin, der dafür einsteht. Ich werde nichts Geringeres an dieser Schule oder bei den Schülern akzeptieren. Meine eigentliche Aufgabe hier ist nicht, unterbrochene Lebensläufe einzurenken, egal wie überzeugend deren Erscheinungsbild sein mag, sondern die Kinder zu ihrer gegenwärtigen Reinheit, Intelligenz, Vollkommenheit und Freiheit von Angst und Mangel aufzuwecken. Ich tue das, indem ich sie als Gotteskinder erkenne, jedes von ihnen ist in der Tat geistig, uneingeschränkt.

Entsprechend, wie ich diese göttlich inspirierte Sicht festhalte, reagiert jedes Kind, mit dem ich in Kontakt komme, darauf. Und in unterschiedlichem Grad wachen sie auf aus den früheren Haltungen von schlechtem Benehmen, Lernschwierigkeiten, Drogenabhängigkeit oder anderen Problemen. Und es geschehen unglaubliche Dinge. Wie Sie wissen, müssen wir die Schüler ständig testen. Und ein Schüler hält den Rekord im Bewältigen des Lernpensums, denn er hat sieben Jahre Lesenlernens in zwölf Monaten aufgeholt. Dies wurde in einem standardisierten Testverfahren dokumentiert.

Dieser Junge war aus Mexiko Stadt zu uns gekommen, konnte so gut wie kein Englisch und stieg von Klasse zwei im Lesen innerhalb von zwölf Monaten auf zu Klasse neun. Es erscheint unglaublich, aber wir haben mehrere vergleichbare Beispiele von Lernzuwachs und Charakterbildung, weil wir eine Atmosphäre aufrechterhalten, die dieses geistige Erwachen unterstützt.

Wie deuten die Schüler solche drastischen Veränderungen?

Gerade das habe ich bei den Schülern nachgefragt. Ich sagte: „Wie erklärt ihr euch diesen Lernerfolg? Wir wissen, dass es eine Tatsache ist, weil wir sein Lesen kennen und weil er den Test geschafft hat. Ich fänd's Klasse, wenn ich ein so guter Lehrer wäre und nur einen großen Trichter in seinen Kopf zu stecken bräuchte und einfach alles in den Kopf hineintröpfeln lassen könnte. Aber“, fügte ich hinzu, „so war das nicht!“ Und wissen Sie, was die Jungs antworteten? Sie sagten: „Stimmt, so gut sind Sie auch wieder nicht!“ Und ich sagte: „Nun, wie können wir das dann erklären? Ich hab es ihm nicht eingetrichtert. Wie ist es dann geschehen?“ Es war für einige Augenblicke still. Und dann sagte einer, „Na, vielleicht war es schon in ihm drin?“ Ist das nicht toll?

Welchen Anteil an der Schularbeit haben die Eltern?

Ich gebe den Eltern und den Schülern meine Telefonnummer, damit sie mich rund um die Uhr erreichen können. Ich bitte sie, mich jederzeit anzurufen, um mir gute Neuigkeiten mitzuteilen oder Unterstützung zu bekommen, wenn es schlechte Nachrichten gibt. Und ich hatte fast nie ein Kind, das diese Möglichkeit missbraucht hätte. Ich bitte die Eltern auch, mir zu sagen, wenn ihre Kinder sich schlecht benehmen oder respektlos ihnen gegenüber verhalten. Wenn die Kinder hier angemeldet werden, verlangen wir von den Eltern, dass sie einmal monatlich zu einer einstündigen Versammlung herkommen. Und das tun alle.

Die meisten Eltern sind allein erziehend und kämpfen ums Überleben. Darum tun wir alles nur irgend Mögliche, sie zu unterstützen. Mehrere Jahre schon kamen Eltern zu mir in die Klasse, um ihre eigenen Fähigkeiten aufzufrischen. Wir bieten immer eine Kinderbetreuung während der abendlichen Versammlungen an. Einige Male hatten wir Notfälle in den Familien, dass unsere Schüler hätten zu Hause bleiben müssen, um ein kleines Geschwisterkind zu versorgen. In so einem Fall ließen wir einfach die Schüler das Kleinkind mit zur Schule bringen und organisierten die Betreuung, damit das ältere Geschwisterkind keinen Stoff versäumt.

Und wie gehen Sie mit Gewalt um?

Einige Jahre wurde ich wiederholt von Schülern angegriffen, denn die Schüler kommen mit einer ganzen Reihe von Gewalttätigkeiten und starker Bandenzugehörigkeit zu uns. Am Anfang musste ich einige Schüler gewaltsam aus der Schule entfernen lassen. Aber nach einigen Jahren hat sich der Ruf der Schule gefestigt, die Kultur des Gehorsams und Respekts wurde stärker und mein Verständnis ist auch gewachsen. Jetzt gibt es nur noch wenige gewalttätige Konfrontationen und sie werden immer seltener.

Ich möchte noch hinzufügen, dass es in der Region um Los Angeles 50 Schulen dieser Art gibt. Fast alle von ihnen durchsuchen die Jugendlichen jeden Tag mit Metalldetektoren, bevor sie in die Schule gelassen werden. Bei uns gibt es das nicht. Ich habe unsere Kinder vielleicht dreimal in den letzten sechs Jahren auf die Art durchsucht. Wenn die Leute fragen: „Sorgen Sie sich gar nicht um Ihre Sicherheit?“, dann antworte ich: „Oh natürlich, wir bauen auf Sicherheit!“ Ich habe aber die größte Sicherheit, wenn ich die Kinder auf einem tief verwurzelten geistigen Niveau weiß, wo ich eine starke zwischenmenschliche Beziehung zu ihnen habe und eine Schule habe, die sich auf Integrität, moralischen Mut und Ehrlichkeit gründet. Der unausgesprochene Anteil unserer Sicherheitspolitik sind meine eigenen Gebete an jedem Tag — absolut zu wissen, wer unsere Kinder und die Mitglieder unseres Gemeinwesens sind, nämlich Gottes geistige Kinder, und dass keine Macht oder Gegenwart, die der göttlichen entgegensteht, hier eindringen kann. Und natürlich muss man den Gebeten das menschliche Geradestehen für Recht folgen lassen, wenn sich tagsüber irgendwelche Vorkommnisse ereignen.

Der unausgesprochene Anteil unserer Sicherheitspolitik sind meine eigenen Gebete an jedem Tag — absolut zu wissen, wer unsere Kinder und die Mitglieder unseres Gemeinwesens sind, nämlich Gottes geistige Kinder.

Wie handhaben Sie Furcht?

Ich bete jeden Morgen meines Lebens und ich werde täglich durch die Wahrheiten aus der Bibel und aus Wissenschaft und Gesundheit (WuG) gestärkt. Zum Beispiel denke ich über die inspirierende Stelle aus der Bibel nach: „Die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus“ (1. Johannes 4). Sie erinnert mich daran, dass ich hier in der Schule nicht zu meinem Spaßvergnügen bin. Ich bin hier, um den Kindern zu helfen. Ich bin hier, um sie — auf welche Art auch immer — zu lieben, um das Notwendige zu tun, was sie brauchen. Wenn du überhaupt noch eine Hoffnung hast, auf die täglichen Herausforderungen eine heilende Wirkung haben zu können, musst du deine eigenen Gefühle hinter dir lassen, das heißt, dir keine Sorgen machen, was dir passieren könnte. Zu Zeiten, wenn es in der Schule oder in der eigenen Stadt brenzlige Situationen gegeben hat — und es gab sie —, fand ich immer Trost, wenn ich daran dachte, dass Daniel nicht aus der Löwengrube gerettet wurde, sondern in der Löwengrube. Für mich ist meine Arbeit eine von Gott gelenkte Aufgabe und darum ist sie auch von Gott geschützt. Die Kernfrage ist immer die gleiche: „Was ist das Richtige in diesem Moment?“ Und ich definiere sie, indem ich dem Beispiel Jesu Christi folge.

Wenn du überhaupt noch eine Hoffnung hast, auf die täglichen Herausforderungen eine heilende Wirkung haben zu können, musst du deine eigenen Gefühle hinter dir lassen, das heißt, dir keine Sorgen machen, was dir passieren könnte.

Es scheint, als gäben Sie niemals einen Menschen auf?

Niemals, nie! Ich sage ihnen immer: „Meine Arbeit ist nicht, dich zu retten. Meine Aufgabe ist, dich zu lieben, dir zu zeigen, wer du wirklich bist, und dir zu helfen, so weit du willens bist und es mir erlaubst, dir das zu beweisen.“ Und ich sage ihnen immer: „Wir müssen dabei zusammenarbeiten. Der Erfolg, den du in der Schule erreichst, gehört dir wie mir — und ebenso die Misserfolge. Ich stehe morgens nicht um 4 Uhr auf, fahre eine Stunde, um hierher zu kommen und um dann Misserfolg zu haben. Und auch du kommst nicht für Misserfolge her.“ Und so wird daraus eine gemeinsame Anstrengung: Der Schüler wird von mir und seinen Eltern unterstützt und geliebt und er reagiert auf diese Liebe.

Wie kann Gebet helfen, überall die Schulen zu verbessern?

Erst einmal gibt uns Gebet die allgemeine geistige Überzeugung, dass die aktuellen erzieherischen Herausforderungen und Beschränkungen keine unüberwindbaren Probleme sind, was sie zu sein scheinen, und dass intelligente Lösungen möglich sind. Zweitens inspiriert uns das Gebet zu spezifischem und praktischem Verständnis und zu Ideen, wie wir das beweisen können. Mary Baker Eddy erklärte dies, wenn sie sagt: “Wenn sich die Strahlen der unendlichen Wahrheit im Brennpunkt der Ideen sammeln, dann bringen sie augenblicklich Licht ...” (WuG, S. 504). So helfen uns die Strahlen der unendlichen Wahrheit (unser Verständnis von Gottes Gegenwart) uns zu zeigen, dass Gottes Allheit, Seine Güte und unendliche Gegenwart hier und jetzt ist — und nichts weiter.

Jenes Gebet schließt den Gedanken ein, dass es ein göttliches Gemüt gibt und dass alle seine Ideen heil und vollkommen sind. Es gibt ein Gesetz, von Gott gegeben: das Gute, das diese Situation regiert. Es gibt ein beständiges Bewusstsein für Leben und Lebendigkeit. Es gibt keinen Stillstand bei dem Versuch, Dinge zu erledigen. Wenn du diese Wahrheiten wahrnimmst und im Gebet deinen Blick darauf richtest und sie zum Beispiel auf deine Schule beziehst, bedeutet das, dass sich nichts Gutes in deiner Schule verzögern kann. Kein willkürlicher Vorgang kann die Tätigkeit des göttlichen Prinzips, das auch Liebe ist, unterbrechen und so weiter. Solch ein Gebet bringt Veränderung, in welcher Lage du dich auch befinden magst — oft schneller, als du es erwartet hättest.

Das Gebet schließt den Gedanken ein, dass es ein göttliches Gemüt gibt und dass alle seine Ideen heil und vollkommen sind.

Aber eine Schule zu verändern ist mehr als nur zu reden. Man muss danach streben, das geistige Konzept, über das ich gerade gesprochen habe, zu verkörpern.

Und wie lange musst du das durchhalten? Tja, wie die Kinder Israel musst du die „Mauern von Jericho“ umrunden — man könnte sie mit Furcht und Begrenzungen beschreiben — bis sie nachgeben und durch die Strahlen der Wahrheit in sich zusammenfallen. Das muss man tun. Moral — im Sinne von Ehrlichkeit und Integrität — ist nicht nur ein Nebengleis der Erziehung. Die Akademiker vermitteln den Studenten die erforderlichen Fähigkeiten, um in der Gesellschaft zu funktionieren. Aber moralische Erziehung ist, was diesen Fähigkeiten Bedeutung beimisst, und sie lehrt einen Menschen deren Relevanz und wie er diese Fähigkeiten in seinem Leben anwenden kann. Aristoteles hatte recht, wenn er sagte: „Den Geist erziehen, ohne das Herz zu erziehen, ist gar nicht erziehen.“

Es ist nicht immer leicht, aber wenn ein Elternteil oder ein Lehrer sich an diese Ideen hält, fühlen die Kinder unsere tiefe Hingabe, das Rechte zu tun, und sie reagieren darauf. Für mich gibt es nur gute Resultate, wenn ein solcher Einsatz (eine solche Geisteshaltung) dahinter steht.

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