Eine der vielleicht bemerkenswertesten Tatsachen in der Geschichte des Klassenunterrichts der Christlichen Wissenschaft ist die bescheidene Art und Weise, wie er begann. Als Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, ihren ersten Schüler annahm, war sie keine erfahrene Lehrerin. Und doch war dies ihr Weg, ihre Entdeckung mit anderen zu teilen. Später schrieb sie in ihrer Autobiographie Rückblick und Einblick: „Im Jahre 1867 führte ich ein rein metaphysisches Heilverfahren ein, das erste seit den Tagen der Apostel. Ich begann den Unterricht im christlich-wissenschaftlichen Gemüts-Heilen mit nur einem Schüler." (S. 43)
1867 war Mary Baker Eddy weder Führerin noch Lehrerin einer religiösen Bewegung. Sie war eine alleinstehende Frau mit äußerst knappen Mitteln. Kaum ein Jahr zuvor hatte sie eine außergewöhnliche Erfahrung eine augenblickliche Genesung von schweren Verletzungen als Folge eines Unfalls. Die Heilung setzte ein, nachdem sie sich mit der Bibel beschäftigt hatte, und dies inspirierte sie zu einem gründlichen Studium der Heiligen Schrift. Im Zuge dessen kam sie zu der Überzeugung, dass christliches Heilen kein spezielles Talent ist, sondern ein Geschenk, um es mit anderen zu teilen, ein Geschenk an die ganze Menschheit.
So ist es nicht verwunderlich, dass ihr erster Schüler kein Geistlicher oder Arzt war, sondern ein Schuhmacher. Ihre Lehrtätigkeit lief einige Jahre auf dieser eins-zu-eins Basis, bis sie 1870 eine Klasse mit einem halben Dutzend Schüler unterrichtete. Zu dieser Zeit verwendete sie einen schriftlichen Leitfaden, obwohl es sich dabei nicht um Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift handelte, da dieses Buch noch gar nicht geschrieben war. Die Sammlung von Fragen und Antworten, die sie in diesem Unterricht verwendete, bildeten letztendlich ein Kapitel in Wissenschaft und Gesundheit, mit der Überschrift „Zusammenfassung". Dieses Kapitel dient auch heute noch als Textgrundlage für den christlich-wissenschaftlichen Klassenunterricht der Elementarklasse.
Frühe Aufzeichnungen zeigen, dass die Fragen-und Antwortensammlung aus dem Jahr 1870 in vielerlei Hinsicht der endgültigen Version, wie wir sie heute im Lehrbuch finden, ähnelt. Die erste Frage ist dieselbe: „Was ist Gott?" Dieser Fokus auf Gott wird in bewegender Weise von der späteren Schülerin Lulu Blackman beschrieben, die sich wie folgt erinnert: „Die ersten drei Tage im Klassenzimmer stellten Mrs. Eddys Verständnis von Gott sowie ihre beständige Anerkennung der Tatsache, dass es nichts neben Ihm gibt, überwältigend unter Beweis. In meiner eigenen Erfahrung schien sie alles, was ich als substanziell oder real erachtet hatte, ausgelöscht zu haben. Der Begriff„ Gott'–,Gott'–,Gott' kreiste ständig in meinem Bewusstsein, bis alles andere verschwand." (We knew Mary Baker Eddy [Wir kannten Mary Baker Eddy], S. 56-57, second series, Ausgabe 1979)
Dieses neue Verständnis von Gott erforderte üppige Portionen des geschriebenen Wortes und des Geistes, ganz zu schweigen von der Demonstration durch Heilung. Lulu Blackman erinnert sich weiter: „Mrs. Eddy erweckte uns zu der Erkenntnis, dass sie nicht nur bloße Theorie lehrte, sondern die praktische lebendige Wahrheit, und sie beendete die dritte Lektion mit den Worten: ,Geht jetzt nach Hause und nehmt euren ersten Patienten an.' (ebd. S. 57) Von 1867 an wurde der Klassenunterricht ins Leben gerufen, um ein sehr konkretes Ergebnis zu erzielen: eine Gemeinde von christlichen Heilern.
Im Jahr 1880 hatten die Früchte des Klassenunterrichts–Heiler und Heilungen–ein gewisses Ansehen in Boston und Umgebung gewonnen. Man wusste nun, dass Mary Baker Eddy die Autorin von Wissenschaft und Gesundheit war sowie die Gründerin und Pastorin einer Kirche. Ebenso hatte sie die Lehranstalt für Metaphysik in Massachusetts ins Leben gerufen, in der sie reguläre Klassen unterrichtete. Innerhalb weniger Jahre waren ihre Klassen immer voll besetzt und die Studenten kamen von weit her, um unterrichtet zu werden.
Zu diesem Zeitpunkt entschied sich Mary Baker Eddy, so genannte „Lehrerbildungsklassen" abzuhalten–das heißt Klassen, in denen sie anderen beibrachte, Lehrer der Christlichen Wissenschaft zu werden. 1889 schloss sie die Lehranstalt im Zuge ihres Rückzuges aus dem Bostoner Feld. 1898 unterrichtete sie ihre letzte Klasse, eine Lehrerbildungsklasse. Doch hatte sie noch vorher im selben Jahr den Unterrichtete gegründet und diesem übergab sie die Verantwortung, Lehrer zu unterrichten, um so sicher zu gehen, dass das Lehren der Christlichen Wissenschaft weitergehen würde, lange nachdem sie ihre letzte Klasse unterrichtet hatte.
Hörte Mary Baker Eddy mit dem Unterrichten in fortgeschrittenem Alter auf, weil sie es als unwichtig oder überflüssig erachtete? Auf keinen Fall. Während der Eröffnungsrede vor einer ihrer letzten Klassen in der Lehranstalt für Metaphysik in Massachusetts erklärte sie deren Zielsetzung auf eine Weise, die über einen bestimmten Ort oder eine bestimmte Zeit hinausgeht und die zu den heutigen Schülern der Christlichen Wissenschaft spricht: „Wir, heute in diesem Klassenzimmer, sind genug, die Welt zu bekehren, wenn wir ein Gemüt haben; denn dann wird die ganze Welt den Einfluss dieses Gemüts spüren,..." (Vermischte Schriften, S. 279)