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Von hastiger Unrast zum stillen Sein

Aus der September 2008-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Desmond Tute (der Erzbischof der Anglikanischen Kirche in Südafrika) schreibt in seinem Buch „Gott hat einen Traum“: „Viel zu oft verstehen wir uns als Macher.“ Und: „Nicht immer haben wir gelernt, einfach nur empfänglich zu sein, in der Gegenwart Gottes zu verweilen, still und offen und Gott Gott sein zu lassen, der will, dass wir Gott werden. Wir sind geradezu schockiert, wenn wir hören, das Gott von uns möchte, dass wir gottähnlich, dass wir immer mehr wie Gott werden. Nicht indem wir irgendetwas tun, sondern indem wir Gott in und durch uns Gott sein lassen.“

Heißt das, dass wir die Hände in den Schoß legen und nichts mehr tun sollen? Und dass wir dann gottähnlich werden. In der Untätigkeit?

Ich verstehe das so: Vor jeder Handlung, die physisch wahrgenommen werden kann, stehen Gedanken, Ideen und Motive. Und diese sind entweder materieller oder geistiger Gesinnung.

Unter „materiell gesinnt sein“ verstehe ich alles, was aus einer Einstellung der Begrenzung heraus entsteht. Also zum Beispiel der Gedanke: „Arbeitsplätze sind Mangelware, deshalb muss ich ganz viele hervorstechende Bewerbungen schreiben, um die anderen Bewerber auszustechen“. Es ist z. B. auch die Grundeinstellung, dass der Mensch erst etwas leisten muss, bevor er etwas wert ist. Das Motiv für die Handlung ist also Mangel. Mangel an Arbeitsplätzen, an Geld oder ganz grundsätzlich der Mangel am Wert der eigenen Person.

Motive, die auf eine geistige Gesinnung hindeuten, drücken sich eher so aus: „Da ich ein Kind Gottes bin, habe ich viele hervorragende Eigenschaften. Diese Eigenschaften möchte ich in meinem Beruf einsetzen. In meiner Bewerbung bringe ich dies zum Ausdruck. Und ich vertraue darauf, dass ich den Platz finden werde, an dem ich diese Eigenschaften einsetzen kann.“ Die Grundeinstellung hier ist folgende: „Ich bin wertvoll, weil ich ein Kind Gottes bin.“ Gute, wertvolle Handlungen entspringen diesem Bewusstsein.

Unter Umständen entstehen aus der materiellen und der geistigen Gesinnung die rein äußerlich betrachtet gleichen Handlungen wie eine Bewerbung beispielsweise, vielleicht manchmal sogar die gleichen Ergebnisse wie ein Arbeitsplatz. In jedem Fall ist aber die Lebensqualität völlig unterschiedlich. Derjenige, der aus der Begrenzung heraus denkt und handelt, ist aufgrund des Mangelgedankens von Furcht getrieben. Von der Furcht zu wenig zu haben, benachteiligt zu sein oder etwas zu verpassen. Das wiederum bringt Unruhe und Hektik in das Bewusstsein, in das Erleben und das Handeln.

Ein Mensch, der die geistige Gesinnung verinnerlicht hat, ist nicht langsam oder untätig. Nein, aber er fühlt, denkt und handelt aus einer gedanklichen Position der Fülle, der Vollkommenheit, ja aus einer Position der Herrschaft. An dieser Stelle möchte ich gleich klar stellen, dass damit nicht Überheblichkeit gemeint ist, denn Überheblichkeit hat keinen Platz bei einem Menschen, der bestrebt ist, das Geistige zu leben. Die Herrschaft eines solchen Menschen entspringt eher der Demut denn der Überheblichkeit. Der demütigen Gewissheit nämlich, dass der Ursprung seiner Herrschaft Gott ist, den er widerspiegelt.

Demut — ein nicht gerade modernes Wort. Es widerspricht regelrecht dem Denken des modernen Menschen, dass er sich als „Macher“ betrachtet, wie Desmond Tutu es ausdrückt. Demut heißt, innerlich zur Seite treten. Demut ist auch innerlich still werden. Still aufgrund des Wissens, dass es die Allmacht des Guten gibt, der man sich anvertrauen kann.

Aber wie können wir still werden, Stille erleben, tiefen und wahren Frieden empfinden, wenn wir uns selbst als „Macher“ oder mit anderen Worten als „Schöpfer“ betrachten? „Seid stille und erkennet, dass ich Gott bin“, sagt der Psalmist. Um diesen Bibelvers zu lieben und zu leben, ist Demut nötig. „Sei still“, heißt es. Und nicht: „Tu dies oder das“ oder „Sage mir, Gott, was ich tun muss, dass es Dir gut geht.“ Sei still“, also wirf alle menschlichen Vorstellungen über Bord, befreie Dich von vorgefassten Meinungen, schreib Gott nicht vor, wie die Lösung auszusehen hat. Nein! Sei still! Und dann? Auch dann kommt keine Anweisung zum praktischen Handeln für gewisse tagtägliche Situationen. Sondern die Aufforderung, Gott zu erkennen. Wenn wir den gesamten Psalm 46 lesen, kommt diese Aufforderung nicht nur für Zeiten der Ruhe, sondern für turbulente Zeiten. Es ist die Rede von Weltuntergang, von wütenden Meeren und fallenden Bergen. Was für eine Verheißung, dass wir, selbst wenn die Welt unterginge, stille sein sollen und können. Frieden und Ruhe empfinden können.

Gut, dass wir in unserem Alltag ständig Gelegenheiten bekommen, diese Stille zu üben. Gut, dass wir Gelegenheiten bekommen, Gott zu erkennen — zu verstehen. Nehmen wir uns die Zeit, die wir brauchen, um Gott zu erkennen. Für den einen mag es bedeuten, Gottesdienste und Vorträge zu besuchen, und ein anderer findet Gott mehr darin, wenn er die Natur betrachtet. Überlassen wir es den Menschen selbst oder besser: Überlassen wir es Gott, jedem Menschen seinen individuellen Weg zum „Stillesein“ und „Gott-erkennen“ zu zeigen.

Es genügt, selbst stille zu sein und sich daran zu machen, auf individuelle Weise Gott zu erkennen, und zwar auch in jedem Menschen. Zu wissen, dass Gott den Rest macht, gibt die innere Ruhe, um die Stille wahrnehmen zu können, die uns allzeit umgibt. Und diese in unserem Inneren erlebte Stille gibt uns die Kraft zum ruhigen und überlegten Handeln — auch in turbulenten Zeiten.

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