Mr. Phinney, lassen Sie uns mit einer Frage beginnen, die im zweifelnden Denken lauert. Wie realistisch ist es für die Kirche Christi, Wissenschaftler, Heilung durch Gebet im 21. Jahrhundert als zentralen Grundsatz zu haben? Ist Christliches Heilen ein Phänomen, dessen Zeit gekommen und gegangen ist?
Ich denke, die einfachste Antwort darauf ist, dass Heilung durch Gebet die einzig wirklichkeitsnahe ist. Gebet und Heilung stehen im Christentum absolut im Mittelpunkt, und die Christliche Wissenschaft ist der Aufgabe gewidmet, das ursprüngliche Christentum und sein heilendes Element wieder einzuführen. Aber noch wichtiger ist die Tatsache, dass das Christliche Heilen nicht etwas ist, das wieder verschwinden wird. Es ist etwas, das im Kommen ist.
Nie zuvor hat sich die Gesellschaft so sehr auf die Frage konzentriert, wer wir Menschen sind. Sind wir nur genetisch und umweltgeprägt? Sind Idealismus, Liebe und Geistigkeit hauptsächlich anachronistische Begriffe? Es gibt einen neuen Drang, nach befriedigenden Antworten zu suchen, einen Hunger nach Wahrheit. Und Gebet, gekoppelt mit dem Beweis des Heilens, kann der Menschheit etwas absolut Zentrales über den Geist der Menschheit und über unser wahres Sein zeigen. Also ist Christliches Heilen nicht etwas Vergangenes. Es ist etwas Gegenwärtiges und Zukünftiges. Christliches Heilen ist das, worauf die Menschheit zugeht.
Anders gesagt, es gibt jeden Grund zu der Annahme, dass ein tiefes geistiges Verständnis von Leben und Wirklichkeit — ein Verständnis unserer wissenschaftlichen Einheit mit der unendlichen Kraft des Guten, die von jedem Problem erlöst — nicht verschwindet, sondern das menschliche Denken und die menschliche Erfahrung verbessert.
Ja. Und ich glaube nicht, dass es jemals einen Verlust an geistigem Interesse und Verlangen, einen Verlust an einem Interesse an Gott, geben wird. Verschwinden werden einige der Unzulänglichkeiten religiöser Vorstellungen und der Aberglaube, der früher fälschlicherweise für Einsicht und Wahrheit gehalten wurde. Die ständige Veränderung und die Gärung des Denkens geht also weiter, aber das bedeutet nicht, dass die Menschen nicht mehr so begierig danach sind, eine solide geistige Grundlage für das Leben zu entdecken. Wir stellen fest, dass wir manchmal um ein Interesse an Gott kämpfen müssen, aber trotzdem entwickelt es sich Schritt für Schritt und wächst in einigen Teilen unserer Gesellschaft.
Und soweit es die Christliche Wissenschaft betrifft — wir sind neu, wir sind jung, wir sind erst im zweiten Jahrhundert der Christlichen Wissenschaft. Wenn Sie auf den Stand des Christentums im zweiten Jahrhundert zurückschauen, erhalten Sie eine Vorstellung davon. Ich dachte darüber nach, wie einige der in Zahlen ausgedrückten Maße uns in die Irre führen. Maße in Bezug auf finanzielle Sicherheit und die Größe der Kirchengemeinde. Dies sind wirklich keine besonders christlichen Maßstäbe!
Ich habe einmal gelesen, dass Mary Baker Eddy davon erzählt hat, wie sehr sie es genossen hatte, eine sehr kleine Klasse im Christlichen Heilen zu unterrichten — sie hatte nur drei Teilnehmer. Aber eine davon war Julia Bartlett, die anschließend nach New Hampshire ging und eine große Heilpraxis aufbaute. Dass als Ergebnis der heilenden Arbeit einer Person, die Christliche Wissenschaft „das Thema in der Stadt und in den Zügen, die die Stadt verließen“, war, ist meine Lieblingsstelle in der Geschichte. (Wir kannten Mary Baker Eddy, S. 25)
Mr. Phinney, die segensreichen Auswirkungen der Geistigkeit sind das Eine. Ich erinnere mich an einen Satz aus Wissenschaft und Gesundheit: „Die Heilige Schrift erklärt missverständlich den verhängnisvollen Einfluss sündiger Gedanken auf den Körper.“ (S. 400) Ich glaube, dass viele Menschen dieser Auffassung zustimmen würden. Ich glaube aber auch, dass die gleichen Menschen Schwierigkeiten damit haben, dass sich andere Menschen heutzutage ausschließlich auf Gebet verlassen wollen, anstatt sich medizinischer Praxis zuzuwenden.
Was Sie sagen wollen ist, dass die Menschen zu einem gewissen Grad den Einfluss des Denkens auf den Körper akzeptiert haben, aber noch nicht soweit sind, sich völlig auf Gebet zu verlassen, um den Körper zu heilen. Das stimmt. Manchmal sagen die Menschen, dass man sehr Vertrauen haben muss, um sich ausschließlich auf Gott zu verlassen. Aber für einen Christlichen Wissenschaftler trifft das nicht zu, oder?
Soweit es die Christliche Wissenschaft betrifft — wir sind neu, wir sind jung, wir sind erst im zweiten Jahrhundert der Christlichen Wissenschaft. Wenn Sie auf den Stand des Christentums im zweiten Jahrhundert zurückschauen, erhalten Sie eine Vorstellung davon.
Nicht für mich. Es kommt mir absolut normal vor, sich auf Gott zu verlassen. Ich weiß nicht, in welcher Verfassung mein Leben sonst heute wäre. Ich weiß nicht, wie ich sicher durch einen Tag kommen würde, ohne den „erhaltenden Einfluss oder die schützende Macht“ des göttlichen Geistes zu erleben. (WuG, S. 387)
Richtig. Und umso mehr jemand Gottes unendliche Güte und Seine Fürsorge erlebt, umso natürlicher und praktischer scheint es zu sein, darauf zu vertrauen. Eines meiner Lieblingsthemen ist: „Umso größer dein Gottessinn ist, desto kleiner ist das Problem.“ Dies ist ein grundlegendes Konzept in der Christlichen Wissenschaft, in der es eigentlich nicht darum geht, den Glauben eines Menschen zu verstärken, sondern darum, ein geistigeres Verständnis zu erlangen, das einer erweiterten Wahrnehmung von Gott entspringt. Eine neue Überzeugung dessen, was Gott wirklich ist, ersetzt die Frage: „Soll ich es versuchen? Wird Gebet wirken?“ Ich glaube, dass viele Menschen,die der Christlichen Wissenschaft zum ersten Mal begegnen, feststellen, dass sie dadurch ein erneuertes, frischeres Verständnis der Bibel bekommen. Menschen erzählen oft, wie sie nach einer Heilung in ihrem Leben wieder auf die Bibel zurückgegriffen haben und fühlten, dass sie zum ersten Mal wirklich verstanden, wie eindeutig das göttliche Prinzip dort wirkt.
Gut, lassen Sie mich also Folgendes fragen: Warum verlassen Sie sich bei der Heilung eindeutig und vollständig auf wissenschaftliches Gebet?
Das liegt an meiner Erfahrung. Ich wuchs als Christlicher Wissenschaftler auf und erlebte viele Heilungen bei Familienmitgliedern und Haustieren. Aber irgendwann kommt man offensichtlich an den Punkt, an dem man die Christliche Wissenschaft selber anwenden muss. Dieser Zeitpunkt kam für mich vermutlich, als ich um die zwanzig war.
Ich heiratete mit zwanzig. Ungefähr sechs Monate nach der Hochzeit stand meine Frau eines Nachts auf, taumelte ins Bad und brach zusammen. Ich war jung und hatte sehr viel Angst. Ich brachte sie wieder ins Bett und kniete mich neben sie. Ich versuchte sie dazu zu bewegen, mit mir das Gebet des Herrn zu sprechen. Beim ersten Mal konnte sie es nicht. Beim zweiten Mal kam ein kleines Flüstern, beim dritten Mal war sie in der Lage, es deutlich mit zu sprechen. Glauben Sie mir, nie in meinem Leben hatte das Gebet so eine klare Bedeutung. Schließlich atmete meine Frau wieder normal und ich ging zurück ins Wohnzimmer.
Damals waren wir in Vermont und ich beendete gerade mein letztes Jahr auf dem College. Wir hatten kein Telefon, um Freunde oder Familienangehörige anzurufen. Ich sah hinaus und sah den Schnee, der bis ans Fenster reichte und einen kalten Vollmond. Ich schaute hinaus und dachte: „In dieser leeren Welt der vermeintlichen materiellen Existenz gibt es keine Hilfe.“ Und ich wandte mich an Gott. Ich betete weiter und geistige Wahrheiten über das vollkommene geistige Sein meiner Frau erreichten mich die ganze Nacht. Am Morgen ging es ihr wieder gut und sie ging wieder zur Arbeit. Dadurch bekam unsere Ehe, die bis heute besteht, eine völlig neue Grundlage.
Es gab viele Erlebnisse dieser Art. Sie führten zu einer tieferen Bedeutung der Gegenwart und der Wirklichkeit des göttlichen Geistes, der göttlichen Liebe, des göttlichen Prinzips. Diese Heilungen veränderten meine Sicht des Lebens vollkommen.
Das ist sehr schön.
Wissen Sie Mr. Hildner, ich habe gelernt gegenüber den Beeinflussungen die sagen: „Wie wahrscheinlich ist es?“, wachsam zu sein. Ich glaube, diese „wie wahrscheinlich“ Beeinflussungen begegnen fast allen Menschen, ob sie Christliche Wissenschaftler sind oder nicht. Das menschliche Gemüt ist ein Unruhestifter. Wenn Sie Ihren Gedanken zuhören, stellen Sie fest, dass Sie ständig dieses Band laufen haben: „Wie-wahrscheinlich ist es, dass ich rechtzeitig durch diesen Stau zu meinem Termin komme? Wie wahrscheinlich ist es, dass der Mensch, der in der Kirche ein Problem hat, geheilt wird?“ Aber vom Standpunkt der Christlichen Wissenschaft aus erkennt man, dass diese “Wie wahrscheinlich” -Szenarien nicht von dem Standpunkt ausgehen, dass Gott Alles ist, dass Gott das unendlich Gute ist. Wenn Sie wirklich eine wachsende Wahrnehmung des unendlichen göttlichen Guten haben, dann werden diese Wahrscheinlichkeitsfragen auf den Kopf gestellt.
Wie kann jemand mehr von der Tatsache erleben, dass Gott, die göttliche Liebe, sein Leben tatsächlich auf segensreiche Weise führt, koordiniert und harmonisiert?
Das Denken der Menschen öffnet sich auf unterschiedliche Weise. Manchmal tritt diese Öffnung des Denkens ein, wenn man mit Demut erfüllt ist und sehr daran arbeitet, die Eigenschaften des Geistes stärker auszudrücken. Wenn Sie z. B. ein Pianist werden wollen, müssen Sie mehr Musik in sich haben. Sie drücken die Eigenschaften der Musikalität aus — der göttlichen Seele — um die Musik zu spielen, die in ihrem Klavier steckt. Wenn Sie also mehr von Gottes Güte ausdrücken wollen, müssen Sie z. B. die Eigenschaften der Seligpreisungen bei sich selbst besser erkennen — mehr Reinheit des Herzens, mehr Sanftmut, mehr Barmherzigkeit.
Wir sind alle von der Welt geprägt — viel mehr als wir glauben. Und die Welt nimmt Gott nicht besonders deutlich wahr. Also muss auf die eine oder andere Weise diese harte Schale des Widerstands aufgebrochen werden, egal ob es sich um ein Gefühl von Geltungsbedürfnis oder Macht oder einen leicht intellektuellen Anspruch handelt oder darum, in welche Rolle wir uns drängen lassen. Wir müssen die Schale aufbrechen und besser erkennen, wer wir wirklich sind. Und wer wir sind ist nicht irgendein unerreichbares metaphysisches Modell. Worüber wir reden, ist die wahre Menschheit, das wahre Sein, wir reden darüber, unsere wahre Natur zu erfüllen. Es ist nicht so schwer wie es aussieht, denn wenn wir uns schließlich öffnen, erkennen wir schnell: „Das ist es, was ich wirklich fühle, das ist es, was ich wirklich sagen will, das ist es, was mich wirklich interessiert.“
Das Denken der Menschen öffnet sich auf unterschiedliche Weise. Manchmal tritt diese Öffnung des Denkens ein, wenn man mit Demut erfüllt ist und sehr daran arbeitet, die Eigenschaften des Geistes stärker auszudrücken.
Wenn sich das Denken öffnet, strömt Licht herein und und besiegt die Dunkelheit — unsere Blindheit gegenüber der großartigen Wahrheit, dass unbegrenzte Gesundheit und Reichtum hier und jetzt zu jedem von uns gehören. Wir sind der wahre Ausdruck Gottes, der Intelligenz. Was für eine atemberaubende Entdeckung von Mary Baker Eddy!
Einer meiner Lieblingsabsätze in Mrs. Eddys Schriften ist eine Antwort auf die Frage: „Steht nicht bei jeder Auseinandersetzung ein Gemüt gegen das andere?“ (Vermischte Schriften 1883-1896 S. 59) Ich denke, sie nahm diese Frage wie immer sehr einfühlsam auf, indem sie erkannte, dass viele Menschen dachten, man könne die Christliche Wissenschaft mehr oder weniger so beschreiben: Mein Gemüt weiß etwas Geistiges und das führt die Harmonie oder die Veränderung herbei, die ich brauche. Aber sie lässt dies völlig beiseite und sagt: „Es gibt nur ein wahres Gemüt, und dieses sollte den Menschen regieren und regiert ihn auch. Irgendeine Partnerschaft mit diesem Gemüt ist unmöglich...“ Dies ist eine erstaunliche Aussage.
Heilung ist etwas, das wir erkennen. Wir erkennen, dass wir der Ausdruck des Gemüts selbst sind.
Ich fuhr auf meinem Weg zum Flughafen immer an einer Kirche vorbei, die ein Schild mit wechselnden Botschaften hatte, manchmal ernste, manchmal humorvolle. Einmal stand auf dem Schild: „Wenn Gott Ihr Beifahrer ist, sollten Sie besser die Plätze wechseln.“ Ist das nicht genau das, was Mrs. Eddy sagt — dass Harmonie oder Heilung nicht das sind, was wir tun wollen? Heilung ist vielmehr etwas, kennen. Wir erkennen, dass wir der Ausdruck des Gemüts selbst sind.
Ich glaube, die Versuchung besteht darin, uns als den Empfänger von Gottes Güte zu sehen, anstatt die Wirklichkeit zu sehen, dass wir in der Tat der Ausdruck dieser Güte sind. Wir sind in der Tat das Sternenlicht. Wir sind der wahre Ausdruck der Kreativität, des Einfallsreichtums, der Intelligenz, der Freundlichkeit und des Edelmuts. Mir scheint es, als sei dies Beispiel die Grundlage, um uns von den alten theologischen Gesichtspunkten wegzubringen, die manchmal der Heilung im Wege stehen. Sind Sie auch dieser Meinung?
Ich glaube jeder muss sich mit dieser grundlegenden Veränderung der Sichtweise befassen. Es ist interessant, dass Wissenschaft und Gesundheit auf so viele Arten die Notwendigkeit dieser Veränderung behandelt. Das Buch spricht viele verschiedene Stufen des menschlichen Denkens an. Um den wahren Ausdruck des göttlichen Geistes als ständige Wahrnehmung von uns selbst zu erlangen, brauchen wir viele moralische und geistige Schritte — viel Aufgeben des eigenen Selbst, viel Aufgeben des menschlichen Willens und viel geistige Arbeit. Diese Erkenntnis erreichen wir nicht dadurch, dass uns gefällt wie sie klingt. Zum Glück waren wie größen geistigen Lehrer geduldig mit uns. Jesus war geduldig — er sprach in Gleichnissen, damit wir seine Botschaft leichter verstehen können.
Wenn wir uns selber so sehen — als gleichzeitig mit der göttlichen Kraft und Intelligenz bestehend — hilft uns dies, uns aus dem Denken zu erheben, das göttliche Prinzip sei unberechenbar, aus dem Denken, dass Gott Heilung senden könnte, wenn wir nur ernsthaft genug beten, aber so funktioniert das Universum nicht.
Und das Verständnis der Natur Gottes ist ein Teil dessen, was diese Einheit zwischen Gott und dem Menschen ausmacht, nicht unser so genannter Glaube. Es handelt sich nicht um unseren menschlichen Wert. Es handelt sich nicht um unsere menschliche vollkommenheit — bzw. um Perfektionismus. Diese Frage des menschlichen Perfektionismus ist oft eine Hürde, weil die Menschen denken, sie seien nicht gut genug, um geheilt zu werden. Aber darum geht es nicht. Wir können uns fragen: „Woher kommt all das Gute, das ich so sehr liebe?“ Es kann nur von Gott kommen. Und so hat Er uns geschaffen — gut. Er hat nicht eine Wahlmöglichkeit geschaffen und gesagt: „Vielleicht kannst du dem gerecht werden und vielleicht auch nicht.“ Das ist eine falsche Auffassung der Einheit zwischen Gott und Mensch, die schon besteht.
Wenn ich ein allumfassendes Motto über unser heutiges Gespräch setzen müsste, wäre das Erneuerung. Was meinen Sie dazu?
Ja, das trifft es. Und ich denke es geht nicht nur um die Erneuerung des Lebens des einzelnen Menschen. Wenn Wissenschaft und Gesundheit generell ein neues Buch für uns wird, werden wir eine erneuerte und erfrischte Bewegung des Heilens erleben. Wir sind noch lange nicht am Ende dieses Buches angekommen. Wir kratzen nur an der Oberfläche.
Ich denke da an eine Erfahrung, von der Freundin erzählte. Ihre betagte Muter war sehr krank und schien an dem Punkt zu sein, an dem sie weiterging. Sie hatte seit einiger Zeit einen Praktiker der Christlichen Wissenschaft, der für sie betete. Meine Freundin sagte, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt so wie nie zuvor fühlte, dass die Krankheit ihrer Mutter nichts mit Gott zu tun hatte. Und es war ihr so bewusst, dass dies eine Tatsache war. Und die Heilung begann. Von diesem Augenblick an wurde ihre Mutter sehr schnell gesund, und sie lebte noch weitere zehn Jahre.
Das faszinierende daran war für mich, dass meine Freundin mir erzählte, seit Zeit könne sie nicht genug von Wissenschaft und Gesundheit bekommen. Darin zu lesen veränderte sich von einer religiösen Pflicht in ein inspiriertes Studium der Erklärung dafür, wie die Dinge tatsächlich sind. Die Erfahrung einer Heilung verändert also die Art, wie wir dieses Buch lesen. Wenn wir uns nicht mit Heilung befassen, gelangen wir nicht unter die Oberfläche von Wissenschaft und Gesundheit. Natürlich schätzen wir das Buch. Manchmal hilft es uns, manchmal inspiriert es uns. Aber wir erkennen nicht unbedingt das, was die Frau, die dieses Buch schrieb — Mary Baker Eddy — uns damit sagen wollte. Sie verbrachte ihr ganzes Leben damit und sie ließ gewaltige Anstrengung in ihren Versuch fließen, anderen zu helfen, das zu verstehen, was sie entdeckt hat. Sie wusste, dass ihre Entdeckung vollkommen wahr ist. Sie hatte nicht das Gefühl, eine persönliche Theologie darzulegen. Und sie wollte, dass andere auch erkennen, was sie erkannt hatte und dadurch in der Lage sind, dies zu leben und zu beweisen. Ich glaube also, dass die wachsende Praxis des Christlichen Heilens viel mit der Neuheit und Wiederbelebung der Kirche und der Bewegung zu tun hat. Wenn das Buch neu für Sie ist, werden Sie ein bereicherndes, aktiviertes Gefühl von Kirche haben, eine neue Sicht auf die Bewegung der Christlichen Wissenschaft — ein Gefühl dafür, was Christliche Wissenschaftler mit der Welt teilen können.
Ein klassisches Missverständnis von Religion ist, dass sie Ihnen den Reichtums des Lebens und die Erfahrung vorenthalten könnte. Aber ich glaube überhaupt nicht, dass dies so ist. Für mich ist es eher so, dass diese Wissenschaft mir die Augen geöffnet hat und mir die wahren Ausmaße des menschlichen Lebens viel bewusster gemacht hat, als es mir sonst möglich gewesen wäre. Diese Wissenschaft erweitert eher, als zu begrenzen, sie führt zu mehr Farbe, mehr Leben und mehr Bedeutung, anstatt diese zu schmälern. Und heute sehe ich bei einigen meiner neuen und jungen Schüler der Christlichen Wissenschaft, dass sie nur so vor Leben sprühen. Großartige Kinder, großartige Vielfalt, großartige geistige Abenteuer und Erfahrungen.
Dass Gott das Leben an sich ist dass göttliche Liebe die einzige Wirklichkeit ist — die einzige Macht — ist für mich eines der kraftvollsten Dinge, die Mary Baker Eddy herausgefunden hat.
Dass Gott das Leben an sich ist, dass göttliche Liebe die einzige Wirklichkeit ist — die einzige Macht — ist für mich eines der kraftvollsten Dinge, die Mary Baker Eddy herausgefunden hat. Das ist eine überwältigende Entdeckung. Natürlich glaubt die Welt, dass das Gegenteil des Lebens — der Tod — allmächtig ist. Dass der Tod unvermeidlich ist.
Ja, auf gewisse Weise begrenzt dieser Tod das Leben. Es ist nicht nur etwas, das am Ende des Lebens geschieht, nein es färbt die ganze Lebenserfahrung. Wenn dieses einengende, begrenzende Gefühl des Todes das gesamte Konzept des Lebens färbt, können Sie erkennen, dass dadurch unvermeidlich das Leben eines Menschen viel weniger lebendig ist.
Christus Jesus hat all dies so viel besser verstanden, als irgendjemand anderes vor oder nach ihm, und er war so darauf eingestellt, dass „Leben in und aus dem Geist und die einzige Wirklichkeit des Daseins ist.“ — um Mrs. Eddys Worte zu benutzen (Vermischte Schriften S. 24) — dass er fähig war, die Auferstehung zu erfahren. Dann kam 1866 und Mary Baker Eddy entdeckte die Wissenschaft der Wahrheit des Seins, die Jesus offensichtlich instinktiv verstanden haben muss. Sie stützte sich auf die ursprüngliche Bedeutung der Worte in der Bibel, um unser schlafendes Verständnis zu wecken.
Das geschieht mit Sprache. Sie kann zu vertraut werden und abgenutzt erschienen. Um das wahrscheinlich offensichtlichste Beispiel zu nennen: Ich glaube, dass die Worte Christliche Wissenschaft zu oft in einer Form und einem Rhythmus gesprochen werden, die zeigen, dass wir uns der Tatsache nicht bewusst sind oder nicht den Akzent daraufsetzen, dass dies die wahre Wissenschaft des Seins ist, eine Christliche wissenschaftliche Erklärung dessen, wie die Dinge wirklich sind. Wir können uns dies nicht leisten. Und wir werden es uns nicht leisten. Denn mit anhaltender geistiger Erfahrung werden uns diese Worte wieder lebendig werden. Es kommt nicht darauf an, seit wann Sie sie schon lesen oder aussprechen — sie werden jedes Mal lebendig, wenn Sie ihnen richtig wach und offen begegnen.
Also Mr. Phinney, hier ist ein kleines Experiment. Wenn Sie mit einer Physikerin reden würden und sie bitten würden, Ihnen die Bedeutung des Worts Teilchenphysik zu erklären, würde sie dies wahrscheinlich in einer klaren, einfachen Art tun. Und sie hätte nicht die Vorstellung, Sie überzeugen zu müssen, ein Teilchenphysiker zu werden. Ihre Erklärung wäre nur sachbezogen. Und jetzt nehmen wir einmal an, diese Physikerin würde Sie daraufhin fragen: „Was bedeuten die Worte Christliche Wissenschaft?“ Was würden Sie ihr sagen?
Ich denke, in etwa Folgendes: „Sehen Sie, es ist hilfreich zu wissen, dass die Christliche Wissenschaft mehr mit Gesetz zu tun hat als mit Glauben, zu wissen, dass das Christentum in seiner tiefsten ursprünglichen Bedeutung in den göttlichen Gesetzen begründet ist, in den Gesetzen des göttlichen Geistes. Die Christliche Wissenschaft geht weit über uninspiriertes menschliches Verständnis hinaus, aber nicht über das, was frische, inspirierte, rationale Vorstellung verstehen kann.,Die vollkommene Richtigkeit des Seins' ist manchmal die Art und Weise, wie ich die Christliche Wissenschaft gerne sehe.“
Wir sehen also, wie wichtig es ist, ständig unser Verständnis von Wörtern und deren Gebrauch neu anzuregen und zu beleben. Zum Beispiel das Wort vollkommen. Das Wort vollkommen macht eine schwere Zeit durch. Wir könnten es unbewusst in das menschliche Wort Perfektionismus übersetzen. Aber wenn Sie es als etwas sehen, das einfach so schön und geistig richtig ist, dass Sie nichts daran verändern würden — dann haben Sie einen besseren Hinweis auf Vollkommenheit. Zu versuchen, geistig vollkommen zu sein, ist bewundernswert. Aber Sie können mehr Fortschritt machen, wenn Sie Tatsache aufdecken, dass Sie bereits vollkommen sind — da Gottes Gleichnis zwangsläufig vollkommen sein muss.
Ich denke im Moment ist nichts wichtiger, als der reinen Wirklichkeit Gottes und der Allmacht gottes Auge in Auge gegenüberzustehen. Lassen Sie uns aufmerksam beobachten: „Was kann Gott denn nicht tun?“ (WuG S.135) — für jeden einzelnen von uns und für unsere Kirche. Denn diese Auffassung von Gott bringt Innovation, Erneuerung, Weisheit und Effektivität hervor. Aber genau das ist wichtig — mehr Gott. Es ist wichtig, das Reich Gottes in uns selber zu finden.
Das heilige Reich in unserem eigenen Bewusstsein zu finden, in dem wir unsere eigene Geistigkeit und die Geistigkeit unseres Nächsten erkennen.
Richtig. Und ich bin sicher, dass Sie, genau wie ich, feststellen, dass dies ein völlig neues Bewusstsein ist. Es ist so neu, so anders, dass es zu einer neuen Art des Denkens wird. Sie stellen fest, dass Sie von einer anderen Quelle gespeist werden, von der unendlichen göttlichen Intelligenz.
Aber Gott erschafft diese Erneuerung. Wir können sie nicht erschaffen. Tatsächlich kommt alles, was wirklich individuell und inspiriert und neu ist, von Gott. Das sterbliche Gemüt — das der Apostel Paulus „fleischlich gesinnt sein“ nannte (Römer 8) — hat keine Individualität. Die menschliche Auffassung der Dinge, der uninspirierte Traumsinn der Dinge, ist nicht individuell. Er verdoppelt und wiederholt. Sie sehen ihn überall. Er ist langweilig.
Aber ständige Erneuerung kommt, wenn wir mehr Liebe zu Gott entwickeln. Und das bedeutet mehr Verständnis für die Wirklichkeit des All-Gottes zu entwickeln. Und das ist die Wissenschaft des Seins. Es ist erstaunlich, wie eine auf Gott gerichtete Sicht neue und unerwartete Perspektiven öffnet.
Mrs. Eddy bestand sehr auf der Tatsache, dass der falsche Glaube an Persönlichkeiten ein großes Hindernis für individuellen Fortschritt und den Fortschritt der Christlichen Wissenschaft ist.
Hier die letzte Frage: Haben Sie kürzlich noch über irgendetwas anders auf eine neue Weise gedacht?
Über viele Dinge. Ich glaube, ich war weniger beeindruckt von so genannten unerbittlichen menschlichen Persönlichkeiten, weil ich gesehen habe, wie ihre Fassade sich ständig in dem Licht der göttlichen Liebe auflöst. Keiner von uns ist so, wie wir uns und anderen zu sein scheinen. Ich habe festgestellt, dass Sie als Fotograf besonders empfindsam dafür sind, wie die Qualität des Lichts das ganze Bild einer Szenerie verändert. Nun, das Licht der allumfassenden und verändernden Gegenwart der Liebe, das in eine menschliche Szenerie scheint, gibt uns eine völlig andere Sicht der Menschen. Dadurch können wir freier auf den Ausdruck Gottes in jeder Seiner Ideen eingehen. Mrs. Eddy bestand sehr auf der Tatsache, dass der falsche Glaube an Persönlichkeiten ein großes Hindernis für individuellen Fortschritt und den Fortschritt der Christlichen Wissenschaft ist.
Ich habe über den außerordentlichen Effekt nachgedacht, den sogar eine menschliche Auffassung der Liebe hervorruft. Denken Sie an das Gefühl, das Sie haben, wenn jemand anderes sich für Sie interessiert und Ihre Gedanken kennt. Sogar diese Liebe rückt die Dinge auf kraftvolle Weise ins rechte Licht. Das ist sehr erstaunlich, denn es liegt nicht daran, dass diese Liebe Sie idealisiert, aber sie schließt das eigene Herz auf. Sie fühlen: „Ja, es ist gut, ich bin in Ordnung.“ Durch die Liebe entstehen also eine Entwicklung und ein unvermeidlicher Einfluss. Wenn wir diese Erfahrung dadurch machen, menschlich geliebt, versorgt, geachtet und verstanden zu werden, dann wird dies auch durch die göttliche Liebe hervorgerufen. Und das ist nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was göttliche Liebe vermag. Ich meine, woher kommt das, was wir selbstlose menschliche Zuneigung nennen? Es entsteht nicht aus der Materie. Woher kommt es also? Es kommt aus dem Prinzip des Universums, aus der göttlichen Liebe. Und die kleinen Kostproben der Liebe, egal in welcher Form sie uns erreichen, deuten auf so viel mehr hin. Es gibt viel zu erwarten — unendliche Liebe.