Skip to main content Skip to search Skip to header Skip to footer

Zeit-Lupe

Mauern einreißen!

Aus der November 2009-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


In diesem Monat feiern wir Deutschen den zwanzigsten Jahrestag des Mauerfalls. Ich erinnere mich noch daran, wie schrecklich diese Mauer war, die Deutschland in zwei Staaten, ja sogar in zwei feindliche Systeme teilte und wie beklemmend und beängstigend es jedes mal war, wenn man diese innerdeutsche Grenze passierte. Noch viel stärker ist mir jedoch die Welle der Freude und Euphorie in Erinnerung, die ganz Deutschland erfasste, als diese unmenschliche Mauer so unerwartet in sich zusammenfiel. Besonders lebhaft ist mir das ungläubige Staunen in Erinnerung, das ich empfand, als ich im Fernsehen (ich gebe zu unter Tränen) Hunderte von Trabis diese ehemals so gefürchtete Grenze passieren sah, einfach so.

Das euphorische Gefühl ist leider allzu schnell der nüchternen Realität gewichen: Die Politik hatte die Größe der (finanziellen) Aufgabe unterschätzt. Und die Menschen hatten unterschätzt, dass es mit dem Fall der Mauer alleine nicht getan ist, sondern dass jetzt „Zusammenwachsen muss, was zusammengehört", wie Willy Brandt damals so treffend bemerkte. Dass dieses Zusammenwachsen ein Prozess ist, der sich nicht von heute auf morgen vollzieht, das haben viele Menschen verkannt und so konnte sich, lange Zeit unbemerkt, eine „Mauer in den Köpfen" erhalten.

Diese „Mauer in den Köpfen" ist ein Phänomen, das man leider auch in vielen anderen Bereichen findet. Das Problematische an dieser Mauer ist, dass man sie nicht sieht und sie deshalb auch häufig gar nicht als solche wahrnimmt, und so kann sie weiter bestehen bleiben und sich sogar noch verfestigen. Diese Mauer, das kann eine Voreingenommenheit, ein vorbehalt oder sogar ein Vorurteil sein. Sie kann sich in einer falschen, verknöcherten Gedankenhaltung darstellen oder sich in der Ablehnung einer Person oder einer ganzen Personengruppe manifestieren.

Sie kann auch das Ergebnis einer Vermeidungshaltung sein. Man hat irgendwann einmal eine unangenehme Situation erlebt und im Bemühen, dieses unangenehme Gefühl zu vermeiden, umgeht man alles, was einen in eine ähnliche Lage führen kann. Das zugrunde liegende Übel bleibt dabei allerdings unangetastet — und die „Mauer" leider auch. Es kann sogar geschehen, dass man die Vermeidungshaltung (Mauer) beibehält, obwohl das Übel längst vergangen ist. So wird dann aus einer „Stützmauer", die zunächst vielleicht sogar einen durchaus nützlichen Effekt hatte, eine Mauer, die einen einengt und am Fortschritt hindert.

Genau so schnell und vergleichsweise widerstandslos kann jede andere Mauer auch verschwinden. In dem Augenblick, in dem wir erkennen, dass ein bestimmtes Verhalten eine Mauer darstellt, können wir sie einreißen.

Hierzu ein Beispiel: Ich hatte mir am Fuß eine Verletzung zugezogen. Der Zustand war sehr schmerzhaft und um überhaupt gehen zu können, vermied ich es, mit dem ganzen Fuß aufzutreten. So lange dieser schmerzhafte Zustand anhielt, rollte ich meinen Fuß auf eine ganz bestimmten Art und Weise ab, und zwar mit derzeit ganz automatisch. Als dann die Schmerzen vergangen waren, bemerkte ich, dass ich immer noch so kontrolliert ging, obwohl das gar nicht mehr nötig war! Das Bemerkenswerte dabei war, dass sich dieser Bewegungsablauf bereits so eingeprägt hatte, dass ich mich regelrecht um-trainieren musste. Aber ich wollte auf keinen Fall, dass aus der „Stützmauer" eine dauerhafte Mauer würde, und ich bin wirklich sehr dankbar, dass mir das so bald bewusst geworden ist, denn wer weiß, was für eine komische Gangart (Mauer) sonst daraus entstanden wäre.

Diese Erfahrung hat mich dazu animiert, nach weiteren Mauern in meinem Denken zu suchen und ich kann Ihnen, liebe Leserin und lieber Leser, diesen interessanten Denksport nur wärmstens zur Nachahmung empfehlen. Jedes „ich bin halt so" oder „das ist eben so" sollte ein Alarmsignal sein. Sie werden möglicherweise erstaunt sein, welches (zum Teil hübsch überrankte) Mauerwerk da zu Tage tritt. Denn nicht jede Mauer wird gleich bei ihrem Entstehen bemerkt, im Gegenteil, manche haben sehr viel Zeit zum Versteinern und Überwuchern gehabt.

Aber, keine Sorge: Wir sind dieser Entwicklung nie ausgeliefert. Wir können jederzeit unsere Zustimmung entziehen. Wir müssen uns nicht einsperren und gefangen nehmen lassen. Denn genau so, wie diese „innerdeutsche Mauer" auf einmal weg war, genau so schnell und vergleichsweise widerstandslos kann jede andere Mauer auch verschwinden. In dem Augenblick, in dem wir erkennen, dass ein bestimmtes Verhalten eine Mauer darstellt, können wir sie einreißen. Da das alles einen mentalen Ursprung hat, kann alles auch mit mentalen Mittel aufgelöst Werden. Und wir sollten uns nicht täuschen lassen von dem scheinbar ach so materiellen Gebilde, das uns einengt.

Wenn wir die Macht nicht in der Materie, sondern im Geist suchen, dann können wir: Berge versetzen, alle Widerstände überwinden, jeden nur denkbaren Erfolg erringen und Furcht und jede Form von Disharmonie überwinden. Wir können uns selbst ein Gesetz sein und niemand kann uns daran hindern — auch unser eigenes Denken nicht, wenn es uns etwa einreden möchte: Das hast du nun schon so lange so gedacht, jetzt musst du dabei bleiben (das ist halt so). Nein! Stattdessen können wir wissen: „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen" (siehe Psalm 18). Ich liebe solche humorvollen Aussagen, weil sie augenblicklich eine andere Perspektive bieten. Dieser Satz besagt, dass wir die Mauer nicht untersuchen, abklopfen oder beurteilen müssen, sondern einfach überwinden. Beim Überspringen verschwindet sie unter unseren Füßen und bleibt hinter uns zurück. Wir müssen noch nicht einmal zurückschauen. Es lohnt sich nicht, denn sobald wir uns klar machen, dass eine (solche) Mauer keine Substanz hat, „verschwindet sie unter dem Mikroskop des Geistes" (siehe Wissenschaft und Gesundheit, S. 264).

Wir dürfen und können das Urteil des sterblichen Denkens zu jeder Zeit von uns weisen. Eine Freundin berichtete mir kürzlich von einer Erfahrung, die das Einreißen einer „alten" Mauer sehr schön verdeutlicht:

Sie hatte über viele Jahre an den Symptomen von niedrigem Blutdruck gelitten. Medikamente halfen nicht wirklich und so hatte sie sich angewöhnt, sehr viel und starken Kaffee zu trinken. In der Firma, in der sie arbeitete, gab es einen Kaffeeautomaten und sie trank tagsüber fast nichts anderes als Kaffee, einfach um sich aufrecht und fit zu halten. Ganz besonders aber „brauchte" sie den Kaffee morgens, um überhaupt wach zu werden und (wie sie dachte) ihren Kreislauf in Schwung zu bringen.

Die erste Aktion des Tages war: eine Tasse Kaffee zu trinken — vorher war sie „zu nichts zu gebrauchen". Ganz besonders unangenehm war es allerdings, wenn sie im Hotel übernachtete, (was häufig geschah, da sie geschäftlich viel unterwegs war), denn sie glaubte, es kaum zu schaffen, sich zu duschen und anzukleiden, um endlich in den Frühstücksraum und zu dem ersehnten Kaffee zu gelangen.

Fazit: Statt gegen die Krankheit zu „rebellieren" (s. WuG, S. 391) hatte sie sie als wirklich akzeptiert und versucht, sie durch ein Gegenmittel erträglich zu machen. Die Tendenz solcher Mittel ist aber leider häufig die, die Situation zu verfestigen: aus einem Hilfsmittel wird eine Notwendigkeit oder anders ausgedrückt: aus einer Stütze wird eine Mauer. Aber da es unser Denken ist, das die Mauer entstehen lässt, liegt es auf der Hand, dass unser Denken sie auch wieder auflösen kann.

Meine Freundin kam eines Tages mit der Christlichen Wissenschaft in Berührung und hat durch die Anwendung der geistigen Gesetze das beschriebene Problem in sein natürliches Nichts aufgelöst. Für sie war es eine befreiende Erkenntnis, dass wir nicht eine Krankheit loswerden werden müssen, sondern den Glauben, wir wären krank. Wie sie mir zugleich stolz und dankbar erzählte, konnte sie sowohl die oben beschriebene als auch etliche andere „Mauern" einreißen.

So, wie der Fall der innerdeutschen Mauer andere Nationen ermutigen kann, so können uns solche Beispiele wie das meiner Freundin ermutigen, die Mauern in unseren Köpfen aufzuspüren und einzureißen. Es ist so befreiend, alles falsche Denken verschwinden zu sehen und es durch das reine und klare geistige Verständnis zu ersetzen.

Wenn Sie mehr Inhalte wie diese erforschen möchten, können Sie sich für wöchentliche Herold-Nachrichten anmelden. Sie erhalten Artikel, Audioaufnahmen und Ankündigungen direkt per WhatsApp oder E-Mail. 

Anmelden

Mehr aus dieser Ausgabe / November 2009

  

Die Mission des Herolds

„... die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit zu verkünden ...“

                                                                                                                            Mary Baker Eddy

Nähere Informationen über den Herold und seine Mission.