Am Morgen, bevor der Tag so richtig losgeht, setze ich mich gerne hin, bete und lese die Bibellektion. Ich habe Freude daran, Abschnitte aus der Bibel zu einem bestimmten Thema zu studieren und jeweils nachzuschlagen, wie die Christliche Wissenschaft die Stellen interpretiert und mir so meinen Glauben zu geistigem Verstehen und Wahrnehmen erhebt. 26 lebensnahe, praktische Themen kann man mit Hilfe der Bibellektion durcharbeiten.
Einmal war das Thema der Lektion „Liebe" und die Auslegung dazu aus dem Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft von Mary Baker Eddy begann mit der kurzen, klaren Aussage, „Gott ist Liebe". Dieser folgte die Frage an den Leser: „Können wir lhn bitten mehr zu sein?" (WuG, S. 2)
Wegweisend finde ich, dass diese schöne, klare Beschreibung Gottes fast ganz am Anfang des mehrere hundert Seiten langen Buches steht.
In der erwähnten Bibellektion schlossen sich dann folgende Gedanken an: „Die Tiefe, Breite, Höhe, Macht, Majestät und Herrlichkeit der göttlichen Liebe füllen allen Raum. Das genügt!" (WuG, S. 520)
Diese letzten beiden Worte ließen mich schon tief durchatmen und ich wiederholte für mich noch einmal ihren Sinn. Also diesen vorhergehenden Satz („Die Tiefe, ...") zu verstehen bedeutet die Lösung für Mangel aller Art, in seiner Bedeutung steckt der Schlüssel zur vollen Genüge — kein Sehnen, kein Hunger, kein Wollen, keine Unzufriedenheit bleiben mehr bestehen. Also gibt es auch keinen Streit mehr, keinen Neid, keinen Hass mehr — wahrlich himmlisch. Ich überlegte weiter: volle Genüge, im Angesicht von Finanzkrisen, volle Genüge im Angesicht von Not und Elend im Gazastreifen, volle Genüge im Angesicht von vielen Aidskranken und Waisen in Afrika.
In meinem Denken zeichnete sich eine wunderbare Verheißung ab, die mich konsequenterweise zu der Frage führte: „Verstehe ich, was es heißt, dass aller Raum von der göttlichen Liebe erfüllt ist?"
Mein ersterehrlicher Eindruck war der einer großen Distanz zwischen meiner Wahrnehmung und der hier beschriebenen Aussage. Für einen Moment entstand daraus ein Gefühl von Hilflosigkeit, aber bald fing mich die Ehrlichkeit, die diesem Gefühl zugrunde lag, auf und lenkte mein Vertrauen hin zu Gott, als jemanden, der jetzt mein Bedürfnis kennt und es stillt. Mich überkam eine wohltuende Ruhe und mir wurde klar, dass der Mensch, als Ebenbild Gottes, wie im 1. Schöpfungsbericht der Bibel erklärt, (1. Mose 1) geistig ist und daher seine Wahrnehmung entsprechend rein geistig ist. Das heißt auch, dass er geistige Tatsachen, die im Gegensatz zur materiellen Wahrnehmung stehen, empfinden kann, und nicht hilflos den Aussagen der fünf Sinne ausgeliefert ist.
Die Sinne, die materiell und entsprechend auf alles Materielle bezogen sind und an die wir durch Weltmeinung und Erziehung scheinbar gewöhnt sind, geben ein oberflächliches Bild, oft zeugen sie von Mangel, Zerstörung, Krankheit usw. Die geistigen, wahren Sinne des Menschen hingegen vermitteln ldeen, die geistige Tatsachen widerspiegeln. Es ist also richtig, dass man geistige Wirklichkeiten wie die, dass Gott Liebe ist, die in ihrer Macht, Herrlichkeit und Majestät allen Raum erfüllt, genau dann wahrnehmen kann, wenn Eindrücke des Bösen die Wahrnehmung mit düsteren Bildern zu beherrschen scheinen.
Genau das erlebte ich dann auch. Ich spürte die Gegenwart und Macht der Liebe als eine unendliche, alles-erfüllende, gegenwärtige Wirklichkeit und damit wichen die falschen Eindrücke.
An diesem Punkt angekommen kam mir für einen kurzen Moment unser Sohn in die Gedanken, der mit einem Bekannten im Wald arbeitete und u. a. Bäume fällte, also nicht ganz ungefährliche Arbeiten mit ausführte. In diesem Waldabschnitt arbeiteten gleichzeitig mehrere Leute an verschiedenen Stellen. Spontan sah ich, dass also auch in dieser Situation Liebe allen Raum erfüllt und alle Macht darstellt. Ich freute mich an dieser schönen Tatsache und war dankbar, dass ich durch die Christliche Wissenschaft die Möglichkeit habe, tief in die gegenwärtige Wirklichkeit zu blicken. Doch nicht nur das, dieses Wahrnehmen und Annehmen des Wahren macht mich — so empfand ich jedenfalls — zu einer Transparenz für die Liebe und ihre alleinige, große Macht, die heilt, tröstet, aufbaut, führt, erleuchtet und schützt, indem sie falsche Vorstellungen von Gefahr, Unfall, Zerstörung, Krankheit und Tod auslöscht.
Das hat sich ganz konkret bestätigt. Als unser Sohn am Abend nach Hause kam, erzählte er, dass sie beinahe von einem umfallenden, schweren Baum getroffen worden wären. Ihnen sei allerdings der schützende Gedanke gekommen, schnell zurückzugehen und noch etwas von einer anderen Stelle im Wald zu holen, was sie sofort taten, als ein Baum unvorhergesehen an die Stelle stürzte, wo sie sonst gearbeitet hätten. Das, was Gott mir zu Hause als Wirklichkeit gezeigt hatte, ist anderen zur Realität geworden.
Ja, es hat genügt, Gott als Liebe zu verstehen. Und was sich in diesem Fall so klar bewiesen hat, gilt auch für andere Fälle. Ganz gewiss.
Und ebenso gewiss ist, dass jeder die Fähigkeit hat, geistige Tatsachen wahrzunehmen und sie in seinem Leben heilend und schützend zu erleben.
Ganz gewiss.
Und auch ganz gewiss ist, dass Gott unwandelbare, uns alle einschließende Liebe ist, war und immer sein wird.
Ganz gewiss!
