Phil Davis: Es gibt ein weiteres Element sollte man versucht sein, menschlichen Rat zu geben. Ich denke, es hat uns alle schon berührt. Es gibt Patienten, die leiden. Es gibt Menschen, die sich danach sehnen und danach suchen, und wir können regelrecht fühlen, wie intensiv ihr Wunsch ist – nicht nur nach Heilung, sondern nach einem Weg, einer Führung – und suchen sie in lhnen. Das passiert allen Berufen im Gesundheitswesen. Aber ich glaube, dass besonders der Praktiker der Christlichen Wissenschaft wachsam sein muss, nicht in menschliches Mitleid verwickelt zu werden, sondern sich stattdessen auf die göttliche Liebe zu stützen, die göttliche lntelligenz, Weisheit und Führung beinhaltet. Was Du gerade schon gesagt hast, Sandy, ist so wahr. Ich würde es so ausdrücken: Es geht nicht so sehr darum, einer Person einen Fisch zu essen zu geben, sondern ihn das Fischen zu lehren. Jeder von uns kann ganz individuell realisieren, dass er Zugang zu Gott hat. Diese Grundlage ist eine Hilfe, um uns zu schützen und zu führen, damit wir nicht einfach nur von einer Sympathie zu dem lndividuum angezogen werden, sondern ihn auf eine höhere Ebene erheben, wo er erkennen kann, dass er eine Beziehung zu Gott hat.
Sandy Sandberg: Dieser Gedanke, dass der Praktiker sich vor seiner eigenen Sympathie oder dem persönlichen Engagement für den Patienten hüten muss, kann sehr speziell werden, wenn zum Beispiel eine ältere, allein stehende Person ohne Familie niemanden mehr hat, der sie pflegen könnte, und den Praktiker fragt: „Wollen Sie nicht mein Gesundheitsbevollmächtigter sein?", „Können Sie nicht die Rechtsvollmacht für mich übernehmen?", „Würden Sie mein Vermögensverwalter werden?" Das geht uns oft zu Herzen, denn wir sehen, dass da wirklich niemand da zu sein scheint, der diese Dinge übernehmen könnte. Aber wäre das denn eine angemessene Aufgabe für uns als Praktiker?
Judy Wolff: Wenn wir im Gebet zu Gott gehen, dann gibt es immer eine Lösung für dieses lndividuum, die richtigen Leute zu finden, die diese Dinge erledigen können, aber es ist nicht die Rolle des Praktikers noch seine rechte Tätigkeit. lch begebe mich auf die Ebene, auf der Jesus sich wohl tatsächlich befand, als er die Goldene Regel formulierte. Wir wollen als geistige kinder Gottes angesehen werden, als vollkommen und gesund, und konsequenterweise sehen wir andere so, wie wir selbst gesehen werden wollen – als gesund, geistig vollständig. Wenn jemand einen Praktiker um Hilfe anruft, dann sagt er eigentlich: „Ich möchte in meinem wahren Licht gesehen werden, als die geistige, vollkommene Schöpfung Gottes." Obwohl die menschliche Situation ein bestimmtes Problem sein kann – wie z. B. „Ich brauche einen Rechtsbeistand" oder „Ich kann mich nicht selbst versorgen. Können Sie zu mir nach Hause kommen und helfen?" Wenn wir die wahre Goldene Regel praktizieren, dann werden wir diese Person sehen, wie wir gesehen werden möchten, als die reine, vollkommene, geistige ldee Gottes, geliebt und versorgt von Gott. Und die Macht Gottes wird gegenwärtig sein, um diese Nöte in einer Weise aufzulösen, die für dieses lndividuum heilsam und machbar ist, ohne dass der Praktiker in den menschlichen Traum, in dieses menschliche Bild, einsteigt. Man kann den Traum nicht ändern, wenn man selbst in dem Traum drin ist und den gleichen Traum träumt wie der Patient. Jemand muss wach bleiben und das lndividuum aus seinem Traum erwecken anstatt in den Traum hineinzugehen und dann zu versuchen, ihn auf menschliche Weise zu reparieren. Dadurch, dass der Praktiker wach bleibt für das Göttliche und das lndividuum schon als erwacht sieht, wie er auf Gott reagiert und für Gott empfänglich ist, werden wir den Beweis sehen, dass die Person wahrhaftig wach ist und auf Gott reagiert und von Gott geheilt wird, und nicht von unseren guten menschlichen Anstrengungen.
Davis: Ich habe gelernt mich zu fragen: „Warum erwarte ich nicht, dass Gebet diese Sache vollständig versorgt?" Vor einiger Zeit rief mich eine Patientin frühmorgens an. Diese Person hatte kürzlich einige Tragödien erlebt und hatte zu der Zeit drei kleine Kinder und das Familienleben drohte zu zerbrechen. Es sah so aus, als müssten einfach gewisse Dinge erledigt werden an diesem Morgen, um den Kindern zu helfen, der Familie zu helfen. Diese Person bat mich nicht dies zu tun, sie rief mich an, um zu beten. Aber ich fühlte wie ein Freund:, Sollte ich ihr nicht meine Hilfe anbieten?' Ich musste mich hinsetzen und sagen, „Was brauchst sie am dringendsten"? Sie muss wissen, dass sie Gottes Hilfe genau jetzt zur Erledigung jedes einzelnen dieser Dinge, die zu tun sind, zur Verfügung hat." lnnerhalb einer Stunde war jede dieser extremen Nöte versorgt. Alles durch Gebet und das war eine so wichtige Lehre für mich. Wir sind berufen, als Praktiker der Christlichen Wissenschaft zu erkennen, dass Gebet das wirksamste Werkzeug ist – ausnahmslos.
Wolff: Manchmal kann essein, dass wir zu einem Fall hingehen, zu jemandem nach Hause, und mit ihm beten. Einmal war eine Freundin von mir in einen schlimmen Unfall verwickelt, wurde in ein Krankenhaus in meiner Nähe eingeliefert und wollte aber christlich-wissenschaftliche Hilfe durch Gebet. Ich ging also zur Notaufnahme und setzte mich neben sie und betete, bis sie kräftig genug war, selbst aufzustehen, und erklären konnte, dass es ihr gut genug ginge, um ohne ärztliche Hilfe nach Hause zu gehen. Das war eine ungewöhnliche Situation, aber es kann Zeiten geben, in denen wir zu jemandem hingehen und mit ihm beten. Aber jede Situation ist einzigartig und individuell.
Davis: Aber während des Krankenhausbesuchs versuchtest Du nicht, Sozialarbeiter zu werden oder einfach nur ein persönlicher Freund zu sein. Du gingst hin, um zu beten. Ich besuche gern Patienten, aber immer im Rahmen dieser Rolle, nicht wahr?
Wolff: Genau. Der Gedanke, der mir zur damaligen Zeit kam, war „Tu anderen, was Du gern hättest, das man dir tut." Hätte ich in dieser Situation nicht gern jemanden, von dem ich weiß, dass er Christlicher Wissenschaftler ist, an meiner Seite gehabt, um mit mir metaphysisch zu arbeiten? Und so ging ich ins Krankenhaus, betete, und als sie fit genug war, traf sie ihre eigenen Entscheidungen und entschied sich, sich nur auf die Christliche Wissenschaft zu stützen. Sie informierte die Ärzte von ihrer Entscheidung und hatte eine wunderbare Heilung, die die Ärzte mit ansehen und bezeugen konnten. Die Ärzte hatten noch nicht einmal die Möglichkeit gehabt, die medizinischen Maßnahmen, die sie für sie vorgesehen hatten, einzuleiten. Es gab andere Gelegenheiten, in denen Personen in dieses gleiche Krankenhaus eingeliefert worden waren, in das man mich gerufen hatte, und ich fühlte nicht die Notwendigkeit hinzugehen und bei ihnen zu sein, sondern empfand, dass ich da beten konnte, wo ich gerade war. Jeder Fall ist ein Fall, den wir vor Gott bringen, und Gott sagt uns in jedem Fall, was zu tun ist.
Sandberg: Bevor wir diesen Punkt über Verwicklung in persönliche Angelegenheiten von Patienten verlassen: Es gibt eine Ethik, die uns der Apostel Paulus in seinen Briefen hinterließ. Er schreibt: „Meidet allen Anschein des Bösen." (1. Thessalonicher 5, nach der englischen Bibel) Das ist etwas, worauf wir achten müssen, dessen wir uns bewusst sein müssen. In den Augen des Publikums von Familienmitgliedem und Personen um den Patienten herum würde ein Praktiker, der es übernimmt, Rechtsbeistand oder Vormund für den Patienten zu sein, den Anschein erwecken, eine Art Kontrolle auszuüben, um aus den Umständen möglicherweise einen finanziellen Vorteil zu schlagen. Ein Patient kann mit Recht erwarten, dass ein Praktiker sich solcher Umstände bewusst ist, die zu Streitigkeiten, Unruhe und weiteren Schwierigkeiten in dem Fall führen, anstatt sie zu vermindern.
Davis: Du beschreibst hier zumindest den Anschein einer ethischen Herausforderung, eines lnteressenskonfliktes.
Sandberg: Ja, und den Anschein des Bösen zu vermeiden, achtsam zu sein, was wir tun und welche Folgen es hat, ist absolut grundlegend. Zurück zu dem Thema Hausbesuche: Du hast darauf hingewiesen, Phil, als Du den Ausdruck „Sozialarbeiter" benutzt hast. Die meisten Praktiker haben ein weites Herz und haben solch ein Verlangen danach, ihre Nächsten zu segnen und ihnen behilflich zu sein, dass sie alles tun würden, buchstäblich jemandem ihr letztes Hemd geben würden, um zu helfen. Und doch ist in einer professionellen Beziehung zwischen Praktiker und Patient absolute Klarheit darüber nötig, dass die Aufgabe des Praktikers nicht die eines Sozialarbeiters ist, oder einfach nur Gutestun, sondern vielmehr ist es seine Aufgabe, durch Gebet die Tatsache zu demonstrieren, dass das eine Gemüt alles regiert und für alles sorgt und dass wir in der Lage sind, diese Tatsache in dem Fall demonstriert zu sehen. Aber das bedeutet nicht, wie du es bereits sagtest, Phil, dass wir keine Hausbesuche machen sollten. Manchmal ist es sehr hilfreich, einen Hausbesuch zu machen, um die Gedanken-Atmosphäre um den Patienten herum zu erkennen und unsere metaphysische Arbeit sauber auszuführen.
Davis: Die Heilpraxis eines Praktikers der Christlichen Wissenschaft ist öffentlich. Daher müssen wir, wenn wir Schritte hin zu einer öffentlicheren Praxis unternehmen, uns darüber im Klaren sein, dass im Grunde die meisten Leute in der Öffentlichkeit nicht verstehen, was ein Praktiker der Christlichen Wissenschaft macht. Es kann sein, dass man uns mit einem medizinischen Modell oder einer anderen professionellen Heilmethode gleichstellt und dabei nicht den einzigartigen Status und die einzigartige Stellung eines Praktikers der Christlichen Wissenschaft erkennt. Ich hoffe, dass alle Praktiker immer leichter für die Öffentlichkeit ansprechbar werden. Dabei müssen wir aber auf unser Verhalten achten und darauf, wie wir vom Publikum wahrgenommen werden. Also, so wichtig es auch ist Patienten zu besuchen, so wollen wir doch, wenn dies der Fall ist, sehr bewusst daran denken, dass wir nicht in andere Rollen oder Modelle verfallen. Man könnte sich z. B. fragen: Werde ich in irgendeiner Rolle wahrgenommen, die sich von der eines Praktikers der Christlichen Wissenschaft unterscheidet, der Gebet bereitstellt?
Sandberg: In Fällen von Kindern ist es z. B. wichtig, die Öffentlichkeit und die Familie wissen zu lassen, wie sehr uns das Wohl des Kindes am Herzen liegt. Und wir machen in solchen Fällen Hausbesuche, oft sogar regelmäßige Besuche, wenn sie gewünscht sind. Nicht nur um zu sehen, was in der Atmosphäre im Zuhause des Kindes im Gebet angesprochen werden muss, sondern auch, um den Eltern und der Öffentlichkeit zu erkennen zu geben, dass wir uns kümmern.
Davis: Selbstverständlich erwarten wir in allen Fällen sofortige Heilung, aber bei Kindern müssen wir erwarten und regelrecht einfordern, dass die Heilung „rasch und vollständig" erfolgt. (Kirchenhandbuch, S. 92)
Wolff: Ich finde es sehr hilfreich, mit Familienmitgliedern zu sprechen, entweder telefonisch oder bei den Hausbesuchen, besonders wenn ein Elternteil die Christliche Wissenschaft praktiziert und der andere nicht. Ich spreche gern auch mit demjenigen, der kein Christlicher Wissenschaftler ist, um Fragen und Sorgen zu beantworten und um sie zu vergewissern, dass sie das gleiche Recht haben, das kind zu versorgen, und dass sie frei sind, eine medizinische Behandlung in Anspruch zu nehmen, wenn sie glauben, dass es das Richtigste wäre. Ein Kind ist das Kind beider Eltern und jedes Elternteil hat das Recht zu entscheiden, was das Beste für das Wohlbefinden des Kindes ist. Ich erfahre oft, dass Friede und Einheit herrscht, wenn ich mit dem Elternteil spreche, der womöglich den medizinischen Weg einschlagen würde. Ich versichere diesem Elternteil, dass sie oder er alles Recht hat, dies zu tun, und dass ich mit dem anderen Elternteil, der sich für Gebet entschieden hat, weiter beten werde. Dann herrscht ein Verständnis, dass wir alle zusammenarbeiten. Sobald die Angst, die Kontrolle zu verlieren, gehandhabt ist, erfolgt die Heilung oft über Nacht. Wenn ein besorgter Elternteil sagt: „Würde es lhnen etwas ausmachen, wenn ich das Kind zur Notaufnahme oder zum Arzt bringe?" und ich sage: „Das ist nicht meine Entscheidung, sondern lhre. Tun Sie, was Sie für notwendig halten" – in diesem Moment ist die Angst weg und ich bete mit dem anderen Elternteil weiter. Wir haben schon Heilungen auf dem Weg zum Notarzt gesehen, einige, die sogar vom Arzt in jenem Moment dokumentiert wurden. Und ich habe gesehen, dass eine Reihe dieser Eltern das Studium der Christlichen Wissenschaft aufgenommen und Wissenschaft und Gesundheit gelesen haben oder zumindest den Elternteil, der Christlicher Wissenschaftler ist, unterstützt haben, wenn die Familie andere Situationen durchlebte. Es geht darum, die ganze Familie zu lieben und alle ins Gebet einzuschließen.
